Gelegentlich liest man, die Einziehung von Taterträgen gemäß § 73 StGB (bzw. nach früherem Recht der Verfall) sei auch beim nur versuchten Delikt möglich.
Das leuchtet mir jedenfalls ein, wenn der Täter „für“ die Tat etwas erlangt. Beispiel: A stiftet den Täter an, B zu verprügeln und zahlt zur Belohnung 1.000 Euro "Vorschuss". Das Geld unterliegt bei T der Einziehung, auch wenn die Körperverletzung im Versuchsstadium bleibt.
Wie wäre aber folgender Fall zu beurteilen: Handwerker H - in finanziellen Schwierigkeiten – „versteckt“ in einer Rechnung Positionen, die er nicht erbracht hat. Der Rechnungsempfänger erkennt dies, zahlt aber trotzdem voll (etwa weil er von H’s Schwierigkeiten weiß und ihn unterstützen möchte). Der Betrug ist damit nur versucht, weil kein Irrtum entstanden ist. Unterliegt jetzt der nicht geschuldete Teil des Rechnungsbetrags der Einziehung? M. a. W.: Hat H diesen Betrug „durch“ die Tat erlangt? - Oder (praxisnäherer Fall): Die Staatsanwaltschaft beschränkt bei einem Massenbetrugsverfahren die Strafverfolgung von vornherein gemäß § 154a StPO auf den Versuch, und zwar auch in Fällen, in denen die „Opfer“ eine Zahlung erbracht haben.
Einziehung beim versuchten Delikt
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Re: Einziehung beim versuchten Delikt
Man könnte überlegen, ob hier etwas "durch" die Tat erlangt wurde, da die Täuschung nicht kausal für die Vermögensverfügung wurde. Die Rspr. stellt aber soweit mir ersichtlich nur auf die Verwirklichung des obj. Tatbestandes ab. Wenn man den generalpräventiven Zweck des Verfalls (Einziehung) in den Blick nimmt, muss es hier m.E. auch zu einer Einziehung kommen. "Verbrechen darf sich nicht lohnen" Es kann m.E. nicht darauf ankommen, dass das Opfer gar kein Interesse daran hat sein Geld wiederzubekommen. Dass mit § 73 a.F. auch generalpräventive Zwecke verfolgt werden, hat der BGH schon entschieden. Es ist da ja einiges streitig, was Sinn und Zweck des Verfalls ist.Gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB unterliegt das vom Täter oder Teilnehmer
einer rechtswidrigen Tat Erlangte dem Verfall. Als rechtswidrige Tat
kommt dabei auch eine versuchte Straftat in Betracht (BGH, Urteil vom 29. Juni
2010 – 1 StR 245/09 Rn. 37, wistra 2010, 477; BGH, Beschluss vom 5. September
2013 – 1 StR 162/13).
Andere vergleichen den Verfall mit dem Bereicherungsrecht des BGB. Hier könnte man dann evtl. zu einem Ausschluss der Einziehung kommen (vgl. auch § 814 BGB). Ich würde aber stark für eine Einziehung plädieren. Dass das Opfer mit der Vermögensverschiebung einverstanden ist, kann hier m.E. keine Rolle spielen, denn sonst könnte das Tatopfer über die Einziehung disponieren.
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Re: Einziehung beim versuchten Delikt
Aber gerade der objektive Tatbestand ist doch in meinem Handwerker-Beispiel nicht erfüllt.Tobias__21 hat geschrieben: ↑Sonntag 27. Mai 2018, 19:43Die Rspr. stellt aber soweit mir ersichtlich nur auf die Verwirklichung des obj. Tatbestandes ab.
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Re: Einziehung beim versuchten Delikt
Ist das nicht ein Zirkelschluss? Denn ob das "Opfer" ein Opfer ist, ist ja gerade die Frage.Tobias__21 hat geschrieben: ↑Sonntag 27. Mai 2018, 19:43"Verbrechen darf sich nicht lohnen" Es kann m.E. nicht darauf ankommen, dass das Opfer gar kein Interesse daran hat sein Geld wiederzubekommen.
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Re: Einziehung beim versuchten Delikt
Stimmt.....Aber ich bleibe trotzdem dabei. Handlungsunrecht ist ja trotzdem da. Die §§ 73ff. StGB haben zwar keinen Strafcharakter, ich würde aber den generalpräventiven Zweck in den Vordergrund stellen und zu einer Einziehung kommen. Ob man das anders sehen kann weiss ich nicht. Vielleicht meldet sich ja noch einer von den Strafrechtsexperten.Urs Blank hat geschrieben: ↑Sonntag 27. Mai 2018, 21:03Aber gerade der objektive Tatbestand ist doch in meinem Handwerker-Beispiel nicht erfüllt.Tobias__21 hat geschrieben: ↑Sonntag 27. Mai 2018, 19:43Die Rspr. stellt aber soweit mir ersichtlich nur auf die Verwirklichung des obj. Tatbestandes ab.
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