Umfang der Verschwiegenheitspflicht?

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Parmi
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Umfang der Verschwiegenheitspflicht?

Beitrag von Parmi »

Liebes Forum,
ich stecke gedanklich fest, lese mal dies, mal das.
Vielleicht kann mir jemand helfen?
Ich vertrete einen Mandanten, dessen aktueller Wohnsitz unbekannt ist (auch mir!).
Die Gegenseite kann deshalb nicht zustellen (Kündigung eines Darlehensvertrages im Prozess). Ich habe das Mandat zwischenzeitlich niedergelegt, weshalb auch die schriftsätzliche Kündigung nicht ordnungsgemäß zugehen würde (87 ZPO greift m.W. nicht bei Gestaltungsrechten, die im Prozess erklärt werden?). Die Gegenseite ist deshalb mehr denn je darauf angewiesen zu wissen, wo der Mandant wohnt, andernfalls wird sie unterliegen.
Jetzt erhielt ich eine Vfg des Gerichts, wonach ich aufgefordert werde, die Meldeanschrift des Mandanten mitzuteilen.
Ungeachtet der Tatsache, dass mir diese schlichtweg selbst nicht bekannt ist, frage ich mich, ob ich damit nicht gegen meine Verschwiegenheitspflicht verstoße? Zumal ich hierdurch die Interessen meines Mandanten vereiteln würde.
Jemand eine Idee?
Danke vorab!
joee78
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Re: Umfang der Verschwiegenheitspflicht?

Beitrag von joee78 »

Ist das Mandatsverhältnis mangels Zugangs einer Kündigung an die unerreichbare Partei nicht beendet, so bleibt die Vollmacht trotz der Niederlegungsanzeige gegenüber dem Gericht bestehen, BVerwG MDR 84, 170 f.

Aus diesem Grund darfst du auch auf keinen Fall irgendwelche für die Mandantschaft nachteiligen Mitteilungen ans Gericht senden, dies könnte schlimmstenfalls Parteiverrat darstellen, § 356 StGB.
Sind Sie ein Mensch? Sowas Ähnliches, ich bin Anwalt.

Blade II
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thh
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Re: Umfang der Verschwiegenheitspflicht?

Beitrag von thh »

joee78 hat geschrieben: Montag 4. Februar 2019, 15:25Aus diesem Grund darfst du auch auf keinen Fall irgendwelche für die Mandantschaft nachteiligen Mitteilungen ans Gericht senden, dies könnte schlimmstenfalls Parteiverrat darstellen, § 356 StGB.
Das nun sicherlich nicht.
TobiasG
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Re: Umfang der Verschwiegenheitspflicht?

Beitrag von TobiasG »

thh hat geschrieben: Montag 4. Februar 2019, 15:43
joee78 hat geschrieben: Montag 4. Februar 2019, 15:25Aus diesem Grund darfst du auch auf keinen Fall irgendwelche für die Mandantschaft nachteiligen Mitteilungen ans Gericht senden, dies könnte schlimmstenfalls Parteiverrat darstellen, § 356 StGB.
Das nun sicherlich nicht.
Ist sicherlich fernliegend, aber halte ich nicht für völlig abwegig, nachdem der Tatbestand bisweilen extensiv ausgelegt wird. Ein "Dienen" für die gegnerische Partei ist da schon darstellbar, die Frage dürfte aber sein, ob ihm die Sache "anvertraut" ist. Aber immerhin wurde auch schon diskutiert, ob sogar die Staatsanwaltschaft selbst "Partei" i.S.d. § 356 StGB sein kann.
"Wer Du bist? Sicher nicht der Rap-Messias. Für mich bist auch Du nur irgendein Tobias."

~ Harry Quintana
EinHeinz
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Re: Umfang der Verschwiegenheitspflicht?

Beitrag von EinHeinz »

Wieso zieht sich das Gericht nicht selbst die Meldeadresse?
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thh
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Re: Umfang der Verschwiegenheitspflicht?

Beitrag von thh »

EinHeinz hat geschrieben: Montag 4. Februar 2019, 16:32Wieso zieht sich das Gericht nicht selbst die Meldeadresse?
Offenbar weil der tatsächliche Aufenthaltsort nicht bekannt ist.

(Es soll ja wirklich Menschen geben, die sich nicht ummelden. Sodom und Gomorra!)
Parmi
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Re: Umfang der Verschwiegenheitspflicht?

Beitrag von Parmi »

thh hat geschrieben: Montag 4. Februar 2019, 16:35
EinHeinz hat geschrieben: Montag 4. Februar 2019, 16:32Wieso zieht sich das Gericht nicht selbst die Meldeadresse?
Offenbar weil der tatsächliche Aufenthaltsort nicht bekannt ist.

(Es soll ja wirklich Menschen geben, die sich nicht ummelden. Sodom und Gomorra!)
Weil er sich nicht umgemeldet und außerdem außereuropäische Wurzeln hat.
Ich habe dem Gericht jetzt mitgeteilt, dass mir die gegenwärtige Anschrift nicht bekannt ist, was schließlich ja zutrifft.
Das Mandatsverhältnis wurde übrigens wirksam beendet, da der Mandant in meinem Büro anwesend war, als ich die Kündigung ausgesprochen habe.
Die Gegenseite springt im Dreieck :D
EinHeinz
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Re: Umfang der Verschwiegenheitspflicht?

Beitrag von EinHeinz »

Du hast geschrieben, du wurdest aufgefordert, die Meldeanschrift mitzuteilen. Die Meldeanschrift kann das Gericht selbst abfragen. Eine zustellungsfähige Anschrift ist eben nicht bekannt - kenne ich aus einem Mandat. Hoch lebe Whatsapp und E-Mail (bzgl. Whatsapp steckt Ironie drin, das nervt schon sehr).

Hast du die Mandatskündigung gegengezeichnet in deinen Unterlagen?
Swann
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Re: Umfang der Verschwiegenheitspflicht?

Beitrag von Swann »

Parmi hat geschrieben: Montag 4. Februar 2019, 16:54 Die Gegenseite springt im Dreieck :D
§ 132 II BGB wird sie ja schon irgendwann finden.
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Tibor
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Re: Umfang der Verschwiegenheitspflicht?

Beitrag von Tibor »

Oh, es gibt so einige User, die nun darüber grübeln, ob die Norm - da im BGB AT geregelt - überhaupt im Prozess anzuwenden ist.
"Just blame it on the guy who doesn't speak English. Ahh, Tibor, how many times you've saved my butt."
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batman
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Re: Umfang der Verschwiegenheitspflicht?

Beitrag von batman »

"Einige" User dürfte übertrieben sein.
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Re: Umfang der Verschwiegenheitspflicht?

Beitrag von Ara »

Tibor hat geschrieben: Montag 4. Februar 2019, 20:20 Oh, es gibt so einige User, die nun darüber grübeln, ob die Norm - da im BGB AT geregelt - überhaupt im Prozess anzuwenden ist.
:P
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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