Art 12 I GG

Staatsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht (Bau-, Kommunal-, Polizei- und Sicherheitsrecht, BImSchG etc.)

Moderator: Verwaltung

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Rudelfuchs
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Art 12 I GG

Beitrag von Rudelfuchs »

Hallo Forenmitglieder,

muss man in einer Klausur erklären, dass Art 12 I GG ein einheitliches Grundrecht ist und die Schranke des Art 12 I 2 GG auch auf Art 12 I 1 GG anwendbar ist, wenn der Eingriff eine Berufsausübungsregelung ist?

Meines Erachtens nein. Denn hier liegt ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit vor (Art 12 I 2 GG). Es ist daher meines Erachtens überflüssig, zu diskutieren, ob wir die Schranke des Art 12 I 2 GG auf die Berufswahl anwenden, um die es in der Klausur nicht geht. Auch finde ich es überflüssig, zu erläutern, dass Art 12 I GG ein einheitliches Grundrecht ist, denn diese Dogmatik dient letztlich nur der Rechtfertigung der Anwendung der Schranke des Art 12 I 2 GG auf Art 12 I 1 GG.

Man könnte zwar meiner Auffassung entgegnen, dass sich Berufswahl und Berufsausübung nie trennen lassen, da die Berufsausübung die Berufswahl stets neu bestätigt (so der BGH). Dieses Gegenargument halte ich aber für inkonsequent, weil später in der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung eine Einordnung in die 3 Stufen Berufsausübungsregelung (Art 12 I 2 GG), subj u obj Zulassungsbeschränkung (Art 12 I 1 GG) vorgenommen wird, obwohl eine solche Einordnung nach dem BGH-Argument nicht möglich ist.

In der Klausur wurde kritisiert, dass ich nicht - wie die Lösung - erläutert habe, dass die Schranke des Art 12 I 2 GG auch für die Berufswahl gilt, obwohl auch die Lösung von einer Berufsausübungsregelung ausging. Daher frage ich euch, ob diese Kritik berechtigt und die Lösung an dieser Stelle richtig ist.
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Justitian
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Re: Art 12 I GG

Beitrag von Justitian »

Du widersprichst dir ein Stück weit selbst wenn du einerseits sagst dass sich Berufsausübung und Berufswahl kaum trennen lassen, eine Abgrenzung im Gutachten aber andererseits überflüssig sein soll.

Die Berufsfreiheit lebt von der Sonderdogmatik des Apothekenurteils des BVerfG. Ich würde den Prüfungsmaßstab immer darstellen, wenn die Klausur Art. 12 GG zum Schwerpunkt hat
"[...] führt das ja nicht dazu, dass eine Feststellungsklage mit dem Inhalt "Wie wird das Wetter morgen?" zulässig wird" - Swann, 01.03.17
Sektnase
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Re: Art 12 I GG

Beitrag von Sektnase »

Im Examen ist eigentlich nur eine Frage wichtig: ist es wahrscheinlich, dass das in der Lösungsskizze steht? Wenn man das (richtig) bejaht, sollte man die Prüfung machen. So viel Wissen wie möglich zeigen ohne sich dem Vorwurf der Lehrbuchartigkeit auszusetzen, ist die Kunst ;)
In einem Umfeld, in dem mittelschwere Hurensöhnigkeit häufig zum Stellenprofil gehört, muss einen nicht wundern, wenn man Scheiße behandelt wird. -Blaumann
Rudelfuchs
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Re: Art 12 I GG

Beitrag von Rudelfuchs »

Justitian hat geschrieben: Sonntag 31. Mai 2020, 11:25 Du widersprichst dir ein Stück weit selbst wenn du einerseits sagst dass sich Berufsausübung und Berufswahl kaum trennen lassen, eine Abgrenzung im Gutachten aber andererseits überflüssig sein soll.
Das sage ich doch gar nicht. Ich kritisiere ganz im Gegenteil diese Auffassung als inkonsequent.
Rudelfuchs
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Re: Art 12 I GG

Beitrag von Rudelfuchs »

Sektnase hat geschrieben: Sonntag 31. Mai 2020, 12:00 Im Examen ist eigentlich nur eine Frage wichtig: ist es wahrscheinlich, dass das in der Lösungsskizze steht? Wenn man das (richtig) bejaht, sollte man die Prüfung machen. So viel Wissen wie möglich zeigen ohne sich dem Vorwurf der Lehrbuchartigkeit auszusetzen, ist die Kunst ;)
In meiner Vorlesung damals wurde übrigens gesagt, bei einer Berufsausübungsregelung solle man die 3 Stufen-Theorie und die Anwendung des Art 12 I 2 auf Satz 1 nicht erwähnen. Die Erwähnung der 3 Stufen-Theorie würde keinen Sinn machen, da die Berufsausübungsregelung bereits die niedrigste Stufe bildet. Da sind sich die Prüfer also wieder mal anscheinend nicht einig. Schade. So etwas macht die Bewertung von Klausuren vom Zufall abhängig. Der eine Korrektor wird kritisieren, dass du bzgl Art 12 I GG manche Aspekte nicht erläutert hast. Der andere Korrektor wird - wenn du diese Ausführungen bringst - diese als überflüssig kritisieren. That's Jura

Aber ich denke mal die Kritik "überflüssig" ist hier weniger schädlich, als die Kritik, man hätte wesentliche Aspekte zu Art 12 I GG nicht erwähnt. Daher schreib ich in Zukunft den Stoff (mE fälschlicherweise) in die Klausuren.
surcam
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Re: Art 12 I GG

Beitrag von surcam »

Auch wenn eine Berufsausübungsregel nach dem Apothekenurteil die Stufe mit den niedrigsten Anforderungen an die Rechtfertigung darstellt, müsste ja doch irgendwie der Maßstab genannt werden. Es ist ohne kurze Darstellung schon fraglich, wie du auf "vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls" kommst. Meines Erachtens kann man das bei einer Berufsausübungsregel aber recht kurz machen, indem man ein paar Begriffe an geeigneter Stelle fallen lässt, die dem Prüfer/Korrektor zeigen, dass du das Urteil kennst.
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