Beurteilung des eigenen Kenntnisstandes und das Studium kurz vor dem Examen

Allgemeine Fragen zum Jurastudium (Anforderungen, Ablauf etc.)

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Hubertus
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Beurteilung des eigenen Kenntnisstandes und das Studium kurz vor dem Examen

Beitrag von Hubertus »

Hallo zusammen,

ich befinde mich in den letzten Monaten vor dem 1. Examen und fühle mich ein wenig verloren.


Zunächst kann ich meinen Leistungsstand schlecht einschätzen und mache mir deshalb ein wenig Sorgen.
Als Ziel hatte ich mir die 11,5 Punkte für das Gut gesetzt.
Einen Klausurenkurs habe ich gemacht, der war dann auch bei ca. 60 Klausuren im Durchschnitt bei etwas über 8 Punkten, also noch ein Stückchen weg von den mindestens ca. 10, die man für ein Gut mit einer hervorragenden mündlichen und Universitätsprüfung bräuchte.
(Auch wenn man hört, dass man im Examen regelmäßig besser abschneidet)
Nur stoße ich beim Lernen immer wieder auf neue Dinge und Gedankengänge, von denen ich mir denke und ich mich frage, warum ich denn nicht selbst auf diese Lösung gekommen bin.
Bei meiner Selbstbeurteilung komme ich oft nur auf 5-7 Punkte, bin also weit weg von meinem eigenen Anspruch.


Und zuletzt kann ich mir die letzten Monate Vorbereitung nicht durchplanen.
Womit soll man die füllen?
Klausurenkurs ist klar, darauf möchte ich nicht verzichten und dabei lerne ich persönlich jedenfalls am meisten, und Klausurpraxis möchte ich für das Examen ohnehin.
Lehrbücher habe ich für jedes Rechtsgebiet durchgearbeitet, und ständig neue Lehrbücher ankarren und durcharbeiten erscheint mir ineffizient.
Auch abseits des Klausurenkurses Klausuren durcharbeiten und lösen?
Rechtsprechungsbesprechungen durcharbeiten, vor allem weil man ja oft mit Rechtsprechung konfrontiert wird?
Egal wie viel ich mache, es scheint, als würde es nicht ausreichen für ein Gut (oder jedenfalls die Noten drumherum).
„Alles“ kann ich ja nicht wissen, aber ich habe das Gefühl trotz guter Leistungen im Studium nur Durchschnitt zu sein und dass die Leistungen nur durch ein gutes Gedächtnis und Fleiß bedingt sind.
Das Gefühl ein „guter“ Jurist (in Relation zu Absolventen des 1. Examens) zu sein, habe ich irgendwie nicht.
Oder ist es nur ein Imposter-Syndrom und der Druck vor dem Examen?
Ins Hemd mache ich mir nämlich auch schon jetzt schon, knapp ein halbes Jahr vor dem Examen.
Ich will gar nicht wissen, wie es währenddessen aussieht.


Über Anregungen und Ratschläge hinsichtlich der Selbstbeurteilung und der Vorbereitung würde ich mich daher sehr freuen.

Und über bissige und sarkastische Kommentare auch, die bekommt man hier ja als Student oft an den Kopf geworfen. :D
LukasW
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Re: Beurteilung des eigenen Kenntnisstandes und das Studium kurz vor dem Examen

Beitrag von LukasW »

Hubertus hat geschrieben: Montag 7. September 2020, 14:24
Auch abseits des Klausurenkurses Klausuren durcharbeiten und lösen?
Das ist mMn ist auf jeden Fall empfehlenswert.
Ich habe die letzten Monate vor dem Examen nicht mehr viel neues gelernt, sondern alles nochmal und nochmal wiederholt. Plus Klausurenkurs und Klausuren durchskizzieren.

Ich glaube, das mit der Selbsteinschätzung geht jedem so. Die Klausurenkursnoten eignen sich mMn dafür auch nur bedingt. Klar, wenn du darin nie mehr als 6 Punkte haben würdest, wären 10 im Examen vielleicht zu optimistisch, aber 8 Punkte im Schnitt klingt für mich recht normal.
Hubertus
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Re: Beurteilung des eigenen Kenntnisstandes und das Studium kurz vor dem Examen

Beitrag von Hubertus »

LukasW hat geschrieben: Montag 7. September 2020, 14:37
Hubertus hat geschrieben: Montag 7. September 2020, 14:24
Auch abseits des Klausurenkurses Klausuren durcharbeiten und lösen?
Das ist mMn ist auf jeden Fall empfehlenswert.
Ich habe die letzten Monate vor dem Examen nicht mehr viel neues gelernt, sondern alles nochmal und nochmal wiederholt. Plus Klausurenkurs und Klausuren durchskizzieren.

Ich glaube, das mit der Selbsteinschätzung geht jedem so. Die Klausurenkursnoten eignen sich mMn dafür auch nur bedingt. Klar, wenn du darin nie mehr als 6 Punkte haben würdest, wären 10 im Examen vielleicht zu optimistisch, aber 8 Punkte im Schnitt klingt für mich recht normal.
Danke dir.

Die Hängepartie hinsichtlich des Leistungsstandes ist wirklich das unangenehmste und raubt mir auch die Motivation.

Ich hatte auch tatsächlich vor, die letzten Monate nur mit Klausuren (und nebenbei etwas kontinuierliche Wiederholung) zu verbringen.
Gefühlt bringt das mehr, als sich an irgendwelche Bücher oder Skripten zu setzen.
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Re: Beurteilung des eigenen Kenntnisstandes und das Studium kurz vor dem Examen

Beitrag von Brainiac »

Mach dir weniger Druck! Warum muss es das Gut sein? Hab doch zB "nur" die Zweistelligkeit als Ziel. Ab einer gewissen Grenze sind Noten nur sehr schwer planbar.
"In a real sense, we are what we quote." - Geoffrey O'Brien
Hubertus
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Re: Beurteilung des eigenen Kenntnisstandes und das Studium kurz vor dem Examen

Beitrag von Hubertus »

Brainiac hat geschrieben: Mittwoch 9. September 2020, 10:36 Mach dir weniger Druck! Warum muss es das Gut sein? Hab doch zB "nur" die Zweistelligkeit als Ziel. Ab einer gewissen Grenze sind Noten nur sehr schwer planbar.
War da nicht was mit „Wer auf ein VB lernt, landet schnell im Befriedigend“? :D

Nein im Ernst, ich sehe in mir selbst viel Potenzial und habe hohe Ziele.
Werde mich aber mit einem „nur“ zweistelligen Examen oder auch weniger nicht von einer Brücke stürzen.

Das mit dem Druck fällt mir natürlich auch auf, gerade mit einem hohen Anspruch merke ich oft, wie mein Kopf überladen wird und man schnell den Blick fürs Wesentliche verliert.
Eben weil so viele Informationen durch den Kopf schwirren und man geneigt ist, so viel wie möglich in die Klausur zu packen.

Vor allem deshalb hatte ich mir eigentlich vorgenommen, die letzten Monate nur mit Klausuren (und Wiederholen) zu verbringen, um die PS im Kopf während einer Klausur besser auf die Straße bekommen zu können, da die Klausuren doch irgendwie den Blick fürs Wesentliche zu schärfen scheinen.

Aber wie ich meinte, es ist schwer einzuschätzen, wie viele PS man denn nun juratechnisch unter der Haube hat und ob man nicht noch mehr neues dazulernen sollte und vor allem was genau.
Liz
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Re: Beurteilung des eigenen Kenntnisstandes und das Studium kurz vor dem Examen

Beitrag von Liz »

Hubertus hat geschrieben: Mittwoch 9. September 2020, 13:18
Nein im Ernst, ich sehe in mir selbst viel Potenzial und habe hohe Ziele.
Werde mich aber mit einem „nur“ zweistelligen Examen oder auch weniger nicht von einer Brücke stürzen.
Ist denn Dein Ziel anhand Deiner bisherigen Leistungen im Studium realistisch oder vielleicht doch etwas zu überambitioniert? Es spricht ja nichts dagegen, etwas höher zu zielen, aber wenn man sich zu hohe Ziele setzt, läuft man Gefahr, sich soviel Stress zu machen, dass man sein Potential gar nicht entfalten kann.

Soweit Deine Leistungen im Klausurenkurs unterhalb Deines Ziels liegen, dürfte es ratsam sein, die Klausuren zu analysieren und zu schauen, woran es liegt, dass Du im Schnitt "nur" 8 Punkte schreibst: Hast Du die Probleme erkannt? Hast Du die Schwerpunkte richtig gesetzt? Hast Du ordentlich argumentiert? Sind die Noten konstant oder ist eine positive Entwicklung zu beobachten? Wie groß ist die Streuung der Ergebnisse?
Hubertus
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Re: Beurteilung des eigenen Kenntnisstandes und das Studium kurz vor dem Examen

Beitrag von Hubertus »

Liz hat geschrieben: Mittwoch 9. September 2020, 14:11
Hubertus hat geschrieben: Mittwoch 9. September 2020, 13:18
Nein im Ernst, ich sehe in mir selbst viel Potenzial und habe hohe Ziele.
Werde mich aber mit einem „nur“ zweistelligen Examen oder auch weniger nicht von einer Brücke stürzen.
Ist denn Dein Ziel anhand Deiner bisherigen Leistungen im Studium realistisch oder vielleicht doch etwas zu überambitioniert? Es spricht ja nichts dagegen, etwas höher zu zielen, aber wenn man sich zu hohe Ziele setzt, läuft man Gefahr, sich soviel Stress zu machen, dass man sein Potential gar nicht entfalten kann.

Soweit Deine Leistungen im Klausurenkurs unterhalb Deines Ziels liegen, dürfte es ratsam sein, die Klausuren zu analysieren und zu schauen, woran es liegt, dass Du im Schnitt "nur" 8 Punkte schreibst: Hast Du die Probleme erkannt? Hast Du die Schwerpunkte richtig gesetzt? Hast Du ordentlich argumentiert? Sind die Noten konstant oder ist eine positive Entwicklung zu beobachten? Wie groß ist die Streuung der Ergebnisse?
Bis jetzt bin ich schon davon ausgegangen, dass 11,5 insgesamt ein relativ realistisches (und vor allem nicht in Stein gemeißeltes) Ziel sind.

Dafür wären 10 im schriftlichen Teil schon eine gute Grundlage, wie ich in den Beiträgen weiter oben angemerkt hatte.
Und von den 10 schriftlich bin ich im Klausurenkurs ja nicht meilenweit entfernt, vor allem wenn der anscheinend immer etwas schlechter ausfällt als das echte Examen, wobei ich mich darauf natürlich nicht verlassen möchte und weiterhin dranbleibe.
In den 8 Punkten, die eher 8,5 sind, sind ja auch einige Klausuren enthalten, deren inhaltliche Grundlage ich zum Teil noch gar nicht auf Examensniveau gelernt hatte und dann bei einer anderen Klausur aus demselben Nebenrechtsgebiet ein viel besseres Ergebnis, konkret sogar 10 statt 4 Punkte, erzielt habe.
(Nicht repäsentativ, ich weiß, dennoch sollte das hinsichtlich des Leistungsniveaus innerhalb eines Rechtsgebietes wenigstens etwas Aussagekraft haben und rein von der Selbstevaluation her fühle ich mich auch viel fitter)

Es waren oft auch schlicht einfach Wissenslücken, rein methodisch wurde ich sogar bei schlechteren Klausuren gelobt, nur fehlten für die extrem guten Ergebnisse schlicht bearbeitete Probleme, weil das konkrete Rechtsgebiet bei mir nicht „frisch“ oder auf Examensnivaeu war und ich mich trotzdem über 5 Stunden durchgekämpft habe, um aus der Nacharbeit viel mitzunehmen. (was auch der Fall ist, aus den schlechten Klausuren habe ich echt viel mitgenommen und die wollte ich demnächst auch wieder mal durchgehen)

Seitdem habe ich auch den kompletten Pflichtfachstoff wirklich auf „hohem“ Niveau nachgearbeitet, oder so scheint es mir jedenfalls, wenn ich mir mittlerweile andere Klausuren aus der JuS anschaue oder mich mit kompetenten Kommilitonen unterhalte.


Was die Streuung der Ergebnisse angeht:
Die streuten eher durch ein geringeres Wissensniveau nach unten, wobei die wirklich schlechten Ergebnisse in letzter Zeit eher weniger wurden und sich eine große Menge der Klausuren bei 8-10 Punkten befindet und ich regelmäßig auch ins Gut komme, auch wenn es trotzdem die Ausnahme bleibt.
Aber wirklich gute Leistungen waren nicht die krasse Ausnahme.



Zu hoch kommt mir mein Ziel also nicht vor, wobei mir natürlich bewusst ist, dass der Sprung vom VB zum Gut mehr Aufwand und Qualität erfordert, als vom Befriedigend zum VB oder Ausreichend zum Befriedigend.
Liz
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Re: Beurteilung des eigenen Kenntnisstandes und das Studium kurz vor dem Examen

Beitrag von Liz »

Ob die echten Examensklausuren besser oder schlechter ausfallen, als die Übungsklausuren, hat sicherlich auch was damit zu tun, ob die Nerven im Examen mitspielen oder nicht, und inwieweit man ggf. "Glück" oder "Pech" mit den Klausuren hat. Mit 10,0-10,5 Punkten schriftlich hat man aber sicherlich in der mündlichen Prüfung eine Chance auf ein "gut".
Wenn Du aktuell regelmäßig 8-10 Punkte schreibst und sich die Ausreißer nach unten in Grenzen halten, sind am Ende schriftlich sicherlich 9-10 Punkte einigermaßen realistisch. Allerdings liegt bewertungsmäßig zwischen einer Klausur mit 8 Punkten ("grundsolide") und 10 Punkten meist doch ein deutlicher Unterschied; der geringe Abstand von zwei Punkten kann da durchaus täuschen, deshalb: Vorsicht.

Ich denke, es wird kein Weg daran vorbeiführen, dass Du Dir die Klausuren, bei denen Du das Gefühl hattest, auf Examensniveau vorbereitet gewesen zu sein (alle Probleme kann man nicht kennen), genau anschaust und guckst, an welchen Stellen Dir die Punkte verloren gehen.
Gelöschter Nutzer

Re: Beurteilung des eigenen Kenntnisstandes und das Studium kurz vor dem Examen

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Auf bestimmte Noten lernen zu wollen, ist illusorisch. Das mag im Einzelfall mal "klappen", eine konkrete Note ist aber nicht planbar. Man kann sich allenfalls reinhängen und sein Bestes geben.

Bei mir lagen zwischen Probeexamen und Erstversuch ca. 2 Punkte, zwischen Erstversuch und Zweitversuch erneut mehrere Punkte. Zwischen erstem und zweitem Examen lagen ebenfalls mehrere Punkte. Dabei war ich zu jedem Zeitpunkt gut vorbereitet und mehr oder weniger "fit".

Eine gewisse Varianz besteht stets, sodass es m.E. wenig Sinn ergibt, krampfhaft ein bestimmtes Ziel anzustreben. Jedenfalls für manche (das mag nicht für dich gelten, TE) ist es der Leistung sogar eher abträglich. Forcieren kann man nichts, eine gewisse Leichtigkeit hilft eher.
Sektnase
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Re: Beurteilung des eigenen Kenntnisstandes und das Studium kurz vor dem Examen

Beitrag von Sektnase »

Unterschreibe ich so.
In einem Umfeld, in dem mittelschwere Hurensöhnigkeit häufig zum Stellenprofil gehört, muss einen nicht wundern, wenn man Scheiße behandelt wird. -Blaumann
Hubertus
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Re: Beurteilung des eigenen Kenntnisstandes und das Studium kurz vor dem Examen

Beitrag von Hubertus »

Vielen Dank an alle!

Mir hat es bereits geholfen, etwas Anspannung aus der Examensvorbereitung zu nehmen.

Alleine die Einschätzung, sich jedenfalls auf einem guten Weg zu befinden, sollte Gold wert sein.

Am Ende bekomme ich mein Niveau im Examensergebnis präsentiert und kann bei Bedarf nachbessern.
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