Reicht ein nicht vollständiges, aber ansonsten fehlerfreies Gutachten zum Bestehen einer Klausur aus?

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kmt
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Reicht ein nicht vollständiges, aber ansonsten fehlerfreies Gutachten zum Bestehen einer Klausur aus?

Beitrag von kmt »

Liebe Community,

Ich habe folgendes Problem: Ich befinde mich derzeit im zweiten Semester und musste bereits im Juli dieses Jahres eine Klausur im Strafrecht schreiben. Trotz intensiver Vorbereitung bin ich leider durchgefallen. Da der Professor, wie ich während des vergangenen Klausurtermins überraschenderweise selbst erfuhr, ausschließlich jene Fälle aus seinen Übungen drannimmt, zu welchen es bereits eine ausformulierte Musterlösung gibt, entschloss ich mich dazu, den mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit drankommenden Fall (gibt ja nur zwei) auswendig zu lernen. Dies habe ich getan und nun führte ich eben einen Probelauf durch. Ich stellte also den Timer auf zwei Stunden und begann zu schreiben. In den 120 Minuten schaffte ich trotz schnellen Schreibens nur 2200 der erforderlichen 3200 Wörter. Der Nachschreibtermin findet bereits in fünf Tagen statt und ich hätte daher nicht mehr die Zeit, um Formulierungen zu kürzen und demnach eine veränderte Version des Falls erneut auswendig zu lernen. Deshalb wollte ich mich mal bei euch erkundigen, was bei euch erfahrungsgemäß die Bewertungsschwerpunkte bei den Korrektoren sind (vor allem wenn man wie ich noch relativ am Anfang steht). Bestünde für mich voraussichtlich die Chance, die Klausur zumindest mit 4 Punkten zu bestehen, wenn ich nur ca. 2/3 der Falllösung bei mir stehen habe, diese dann aber vollkommen richtig ist? Die Frage soll nicht suggerieren, dass ich zu faul oder nicht dazu imstande wäre, um den Fall selber zu lösen. Es ist nämlich fast die Hälfte der Teilnehmenden in der Klausur durchgefallen, da der Professor wohl sehr konservativ sein soll und dementsprechend nur Lösungen in ,,seiner'' Formulierung anerkennt. Ich würde mich über hilfreiche Antworten sehr freuen. Vielen Dank im Voraus!

MfG
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Tibor
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Re: Reicht ein nicht vollständiges, aber ansonsten fehlerfreies Gutachten zum Bestehen einer Klausur aus?

Beitrag von Tibor »

Jeder Trottel erkennt, dass etwas unreflektiert auswendig gelernt wurde. Das wird im Zweifel 0 Punkte geben.
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scndbesthand
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Reicht ein nicht vollständiges, aber ansonsten fehlerfreies Gutachten zum Bestehen einer Klausur aus?

Beitrag von scndbesthand »

Es kann in einer universitären Veranstaltung nicht darum gehen, Texte auswendig zu lernen und wieder hinzuschreiben, sondern darum, den Fall mit eigenen Worten richtig und vollständig und unter Beachtung des Gutachtenstils zu lösen.

Die Idee, einfach den auswendig gelernten Text so schnell wie möglich hinzuschreiben, solltest Du schnell wieder vergessen. Einmal davon abgesehen, dass man Musterlösungen (die zu didaktischen Zwecken notwendigerweise ausführlicher sein müssen) kaum jemals in der vorgegebenen Bearbeitungszeit handschriftlich reproduzieren kann, wäre eine solche Reproduktion auch keine eigene Leistung und an sich mit 0 Punkten zu bewerten. Zu beachten ist ferner, dass unvollständige Lösungen auch oft insgesamt nicht mehr brauchbar sind, auch wenn die reproduzierten 2/3 vielleicht exzellent sein sollten.

Wenn die Korrektur Formulierungen nicht akzeptiert, dann weil sie inhaltlich falsch sind oder Regeln des Gutachtenstils oder der Subsumtionstechnik verletzen und nicht schon deswegen, weil sie nicht den Buchstaben der Musterlösung entsprechen.

Falls es also schon so sein soll, dass Du Dir eine fertige Klausurlösung einprägst, die Du nur noch abrufen musst, dann mit einer eigenen Formulierung, die eine vollständige Bearbeitung zulässt.

Aber auch hier äußerste Vorsicht: der Klausurersteller muss nur ein kleines Detail ändern (z. B. Vorsatz eines Beteiligten), dann ergibt sich eine ganz andere Lösung und das mühsam eingeprägte Transskript kannst Du wegschmeißen.

Zuletzt geändert von scndbesthand am Samstag 19. September 2020, 10:43, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Reicht ein nicht vollständiges, aber ansonsten fehlerfreies Gutachten zum Bestehen einer Klausur aus?

Beitrag von Sektnase »

Troll
In einem Umfeld, in dem mittelschwere Hurensöhnigkeit häufig zum Stellenprofil gehört, muss einen nicht wundern, wenn man Scheiße behandelt wird. -Blaumann
Freedom
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Re: Reicht ein nicht vollständiges, aber ansonsten fehlerfreies Gutachten zum Bestehen einer Klausur aus?

Beitrag von Freedom »

Falsches Studium.

Auswendiglernen war Medizin.
Digiwas?
rewi45
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Re: Reicht ein nicht vollständiges, aber ansonsten fehlerfreies Gutachten zum Bestehen einer Klausur aus?

Beitrag von rewi45 »

An meiner Uni ist es so, dass die Vollständigkeit wichtig ist. Das Hauptmerk liegt aber auf deiner Argumentation.
Gelöschter Nutzer

Re: Reicht ein nicht vollständiges, aber ansonsten fehlerfreies Gutachten zum Bestehen einer Klausur aus?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Ich bin auch schon häufig Professoren begegnet, die ihren eigenen Wortlaut am liebsten hören bzw. lesen. Stures Auswendiglernen ist trotzdem nicht der richtige Weg, schließlich ist das ja auch nicht der Sinn und Zweck des ganzen. Wenn du wieder in so einer Situation sein solltest, empfehle ich dir, dass du den Text auf seine Schlüsselwörter, -formulierungen und vor allem -argumente hin durcharbeitest. Du solltest damit dann in der Lage sein einen eigenen Text zu schreiben!
Der Prof wird es merken, wenn du dich zu sehr an der Musterlösung orientierst!!

Zu deiner genauen Frage: Ich würde in einer solchen Situation nicht sicher davon ausgehen, die Prüfung zu bestehen. Die Aufgabe ist schließlich nicht gelöst, wenn die Falllösung nicht vollständig ist...
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