Urteilsstil: Inhalt einer Norm wiedergeben?

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Logisch_Win7
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Urteilsstil: Inhalt einer Norm wiedergeben?

Beitrag von Logisch_Win7 »

Hallo zusammen,

kurze Frage zum richtigen Urteilsstil: Im Skript von dem bekannten Repetitorium mit K steht drin, dass man beim Urteilsstil immer auch den Inhalt der angewendeten Norm wiedergeben soll, also etwa so:

Der Kläger kann von dem Beklagten gemäß § 985 BGB die Herausgabe des Autos verlangen.

§ 985 BGB besagt, dass der Eigentümer vom Besitzer einer Sache diese herausverlangen kann, wenn der Besitzer kein Recht zum Besitz gemäß § 986 BGB hat.

Diese Voraussetzungen liegen vor.

[Subsumtion]



Ist das zwingend, dass man den Inhalt der Norm nach dem vorangestellten Ergebnis nochmal wiedergibt? Da schreibt man teilweise ja ewig nur das Gesetz ab (z.B., wenn es um einen Anspruch auf Aufwendungsersatz nach §§ 677, 683, 670 BGB ginge). Ich hab meiner Erinnerung nach in meinen bisherigen Urteils-Klausuren den Urteilsstil folgendermaßen aufgebaut:

Ergebnis: Der Kläger hat einen Anspruch auf ... gemäß § ...

Tatbestands-Merkmal 1 liegt vor. / Definition des Tatbestands-Merkmals. / Subsumtion
Tatbestands-Merkmal 2 liegt vor. [und so weiter]


Bringt es mir was (mehr Punkte / besserer Eindruck), wenn ich in der Klausur auch die Norm abschreibe?
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batman
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Re: Urteilsstil: Inhalt einer Norm wiedergeben?

Beitrag von batman »

Logisch_Win7 hat geschrieben: Donnerstag 29. Oktober 2020, 14:03 Ist das zwingend, dass man den Inhalt der Norm nach dem vorangestellten Ergebnis nochmal wiedergibt?
Das ist weder zwingend noch üblich. Der Inhalt einer Norm ergibt sich aus dem Gesetz und nicht aus einer gerichtlichen Feststellung. Diesen Inhalt mag jeder Leser des Urteils selbst herausfinden.
Gelöschter Nutzer

Re: Urteilsstil: Inhalt einer Norm wiedergeben?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Würde ich im Examen jedenfalls bei den zentralen Normen gegen Anfang der Klausur (z.B. der EGL, der zentralen AGL usw.) schon machen. In der Praxis ist das eher unüblich, gerade bei gängigen Normen, aber im Examen eher Standard.

Man kann es auch leicht abwandeln und gleich auf den konkreten Fall beziehen, etwa:

"Die Klage ist begründet. Der Kläger kann gem. § 985 BGB als Eigentümer von dem Beklagten als nichtberechtigtem Besitzer die Herausgabe des Autos verlangen."

Ich bin damit gut gefahren und ich meine, die meisten Korrektoren erwarten das auch (es gibt 1-2, die derartige Definitionssätze sogar für "falsch, da Gutachtenstil" halten, das ist aber absolute MM).
Liz
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Re: Urteilsstil: Inhalt einer Norm wiedergeben?

Beitrag von Liz »

Für das bloße Abschreiben des Gesetzestextes gibt es auch in der Klausur keine Punkte. Wesentlicher ist, dass überhaupt die Anspruchsgrundlage korrekt bezeichnet wird und deren Voraussetzungen vollständig (soweit erforderlich) und strukturiert geprüft werden.
Gelöschter Nutzer

Re: Urteilsstil: Inhalt einer Norm wiedergeben?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Man kann es handhaben, wie man will. Ich sage nur: ich habe es bei den zentralen Normen der Klausur im Examen und ca 70 Probeklausuren (natürlich nicht alle Urteilsklausuren) so gemacht und wurde wiederholt für meinen Urteilsstil gelobt. Am Anfang des Refs habe ich es nicht gemacht, da hieß es dann: "Vss.?" oder "Obersatz?"

Über die konkreren TB-Merkmale hinaus ist es außerdem zu empfehlen, bei Schwerpunkten der Klausur ausführliche Obersätze zu bilden, bevor man subsumiert. Etwa bei § 253 II BGB. Da kann man nach dem Ergebnissatz (das Gericht erachtet hier ein Schmerzensgeld iHv... für angemessen, §...) ruhig noch 3-7 Sätze aus dem Palandt abschreiben und erst danach: gemessen an diesem Maßstab erscheint hier ein Schmerzensgeld iHv... angemessen. Der Kläger.... Der Beklagte... usw
Liz hat geschrieben: Donnerstag 29. Oktober 2020, 16:45 Für das bloße Abschreiben des Gesetzestextes gibt es auch in der Klausur keine Punkte. Wesentlicher ist, dass überhaupt die Anspruchsgrundlage korrekt bezeichnet wird und deren Voraussetzungen vollständig (soweit erforderlich) und strukturiert geprüft werden.
U.U. aber Punktabzug, wenn man es nicht tut.
Liz
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Re: Urteilsstil: Inhalt einer Norm wiedergeben?

Beitrag von Liz »

Es scheint mir nicht entscheidend darauf anzukommen, den Wortlaut von § 985 BGB oder § 433 Abs. 2 BGB abzuschreiben, sondern darauf, die Voraussetzungen selbst beim Schreiben vor Augen zu haben, an den richtigen Stellen einen Obersatz oder eine Definition zu bringen bzw. den Entscheidungsmaßstab (z. B. bei § 253 Abs. 2 BGB) zu benennen und richtig zu subsumieren. Meiner begrenzten Beobachtung nach meinen viele Referendare, Urteilsstil sei das Ergebnis zu behaupten und dann irgendwie unstrukturiert ihre Gedanken zum Fall mit ein paar juristischen Schlagworten garniert runterzuschreiben, wobei dann abstrakte rechtliche Erwägungen, konkrete Ausführungen zum Fall sowie Beweiswürdigung im konkreten Fall munter durcheinandergehen und korrekte Normzitate eher optional sind.
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Re: Urteilsstil: Inhalt einer Norm wiedergeben?

Beitrag von sai »

Es ist hier (VG) absolut üblich.
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Tibor
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Re: Urteilsstil: Inhalt einer Norm wiedergeben?

Beitrag von Tibor »

Ja, im Verwaltungsrecht ist die Wiedergabe der Norm usus. Das liegt auch daran, dass Art 19 IV im Vordergrund steht und man dem Bürger damit nachvollziehbar erklärt, warum die Exekutive im Recht/Unrecht ist. Der Bürger soll gerade nicht irgendwelchen abseitigen Normen erstmal allein suchen.
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Re: Urteilsstil: Inhalt einer Norm wiedergeben?

Beitrag von Sektnase »

Der Bürger soll lieber nicht in die Norm kucken. Sonst stößt er da noch auf was.. :D
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Re: Urteilsstil: Inhalt einer Norm wiedergeben?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Ich würde es in Klausuren, wie gesagt, einfach machen, jedenfalls bei den zentralen Normen (AGL, EGL, Schwerpunkte):

"Die Klage ist auch begründet. Der Kläger kann von der Beklagten Zahlung von 2000 € aus den §§ 280 I, 241 II BGB verlangen. Nach diesen Vorschriften kann der Gläubiger Ersatz des Schadens verlangen, der aufgrund einer vom Schuldner zu vertretenden Pflichtverletzung entstanden ist. So verhält es sich hier. (...)"

Da freut sich der Korrektor, er sieht unmittelbar das bevorstehende Prüfprogramm. Abgesehen davon halte ich es auch im Zivilrecht grundsätzlich für sinnvoll, wenn dem rechtsunkundigen Bürger zumindest die zentralen Vorschriften ganz kurz wiedergegeben werden.
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Re: Urteilsstil: Inhalt einer Norm wiedergeben?

Beitrag von Sektnase »

Anders ist es mir bislang auch oft angestrichen worden. Ganz witzig, weil selbst die, die da sehr drauf achten natürlich nicht jede Norm so ausdefinieren..
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Re: Urteilsstil: Inhalt einer Norm wiedergeben?

Beitrag von gola20 »

Auf jeden Fall schreiben
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Re: Urteilsstil: Inhalt einer Norm wiedergeben?

Beitrag von Logisch_Win7 »

Okay, ich danke euch für die Rückmeldungen.
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