Tattoo als Anwalt

Allgemeine Fragen zum Jurastudium (Anforderungen, Ablauf etc.)

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MartinTattoo
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Tattoo als Anwalt

Beitrag von MartinTattoo »

Guten Tag zusammen,

kurz zu meiner Situation: Ich bin Jurastudent im 5. Semester. Nun habe ich mich - Jahre bevor an das Jurastudium zu denken war - am rechten Unterarm tätowieren lassen. Das Tattoo ist ein Maori-Tattoo, ist also nach außen hin eher nichtssagend, im Vergleich zu anderen Tattoos. Da mittlerweile die Zeit gekommen ist, Praktika zu absolvieren, stellen sich mir dahingehend doch ein paar Fragen. Grundsätzlich ist ja bekannt, dass bei Anwälten Tattoos nicht sonderlich beliebt sind. Da die Praktika die erste gute Möglichkeit sind, Kontakte zu knüpfen, wäre es also ratsam, gut anzukommen. Nun stellt sich mir die Frage: Wie "schlimm" sind Tattoos im Berufsleben für potentielle Arbeitgeber? KO-Kriterium? Oder in Ordnung, solange man sie verdecken kann und auch bereit dazu ist, sie zu verdecken. Mein Tattoo am Unterarm ließe sich nur mit langen Hemden verdecken, die aber, meines Wissens nach, ohnehin die Norm in Kanzleien darstellen. Zudem hätte ich die Befürchtung, dass der Arbeitgeber bei einem Vorstellungsgespräch das Tattoo nicht sieht, es später jedoch sieht und ich dann in einem unangenehmen Arbeitsverhältnis festsitze.

Grundsätzlich bin ich bereit, mir das Tattoo entfernen zu lassen. Ich hänge jedoch schon ziemlich an dem Tattoo und würde es zwar für die Arbeit in meinem Traumberuf aufgeben, aber nicht bevor ich erstmal erfahrene Anwälte befragt habe, ob das wirklich nötig ist. Als Wunscharbeitsplatz steht für mich eine mittelständische Kanzlei. Eine Großkanzlei oder die Justiz würde ich auch nicht ausschließen. Hängt natürlich alles daran, wie gut meine Examen werden.

Ich bin für jeden Rat und jede Erfahrung dankbar! :)
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scndbesthand
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Tattoo als Anwalt

Beitrag von scndbesthand »

Wenn man mal im Forum zur Frage recherchiert, wie die Meinung zu Kurzarmhemden ist, hätte man Dir sicherlich auch ohne Tätowierung zum langen Hemd geraten.

Und falls es in Deinem späteren Job keine Situationen gibt, in denen Du Dich mit nacktem Oberkörper mit Deinem Ausbilder-Partner in der Sammelumkleide des Tennisclubs aufhalten musst, muss wohl auch über eine Entfernung nicht nachgedacht werden.

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Re: Tattoo als Anwalt

Beitrag von Sektnase »

Lass dich nicht verbiegen. Man trägt sowieso nur Langarmhemden.
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arlovski
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Re: Tattoo als Anwalt

Beitrag von arlovski »

willst du wirklich irgendwo arbeiten, wo man dich wegen eines tattoos ächtet?

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gola20
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Re: Tattoo als Anwalt

Beitrag von gola20 »

einem Kollegen hatte eine mittelständische Kanzlei ein Angebot unter der Bedingung gemacht, dass er sich die langen Haare abschneidet. Tattoo auf jeden Fall verdecken. Die Branche ist konservativ.
MartinTattoo
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Re: Tattoo als Anwalt

Beitrag von MartinTattoo »

@scndbesthand Du bist hier der RA. Sag du mir, ob das vorkommt. ;) Spaß beiseite, trotzdem ist es für mich schwer vorstellbar, dass es möglich ist, ein Tattoo dauerhaft versteckt zu halten. Diese Befürchtung kommt sogar lustigerweise aus genau diesem Forum. In dem Thread "Tattoo, Frisuren, Piercings beim Berufseinstieg" erwähnt jemand, dass sein zugeordneter Partner mitbekommen hat, dass einer der Associates ein Tattoo hat und der Partner anscheinend ordentlich wütend wurde. Das löste diese Befürchtung aus.

@Sektnase Wohl wahr.

@arlovski "Achtet" ist vielleicht etwas hart, aber im Grundsatz hast du recht. Leider befürchte ich, dass es da - insbesondere bei den Großkanzleien - nicht wirklich Auswahl gibt. Die werde da alle recht ähnliche Ansichten haben, denke ich.

@gola20 Das geht auch mit dem einher, was ich so bisher gehört habe.

Vielen Dank für die bisherigen Antworten an euch! :)
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Re: Tattoo als Anwalt

Beitrag von Liz »

Die gesellschaftlichen Vorstellungen sind ja durchaus im Wandel begriffen. Gleichwohl gibt es sicherlich Bereiche, die eher konservativ geprägt sind und in denen man mit bestimmten Äußerlichkeiten auf Vorbehalte bis Ablehnung stoßen kann. Solange ein Tattoo keinen unangemessenen Inhalt hat und erforderlichenfalls situationsangemessen verdeckt werden kann, würde ich jedoch keinen Grund sehen, das Tattoo im vorauseilenden Gehorsam entfernen zu lassen. Wahrscheinlich willst Du nämlich für jemanden, der Dich deswegen disst, ohnehin nicht ernsthaft arbeiten.
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Re: Tattoo als Anwalt

Beitrag von Julia »

Tatsache. Ich bin auch nicht wenig tätowiert, ein Freund noch deutlich mehr. Trotzdem hat er bei Freshfields angefangen (gut, das könnte auch am kriminellen Umfeld liegen ;) ).
Wer glaubt, mein fachliches Können wegen eines Tattoos einschätzen zu können, ist eh niemand, bei dem ich arbeiten möchte. Wenngleich ich auf ein Gesichtstattoo eher verzichten würde. Aber gerade am Unterarm ist das ja ohne weiteres versteckbar.
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Re: Tattoo als Anwalt

Beitrag von Sektnase »

Großkanzleien dürften da grundsätzlich aber auch nicht das Ende der Fahnenstange sein. Viele junge Kollegen, viel Durchsatz, inzwischen sehr auf Diversity bedacht.. Kleinere Kanzleien dürften da im Einzelfall noch konservativer sein. Aber wen juckts? Bis mal einer deine Arme ohne Hemd sieht, wirst du ja wohl schon eine Weile dort arbeiten. Wenn man dann ernsthaft versucht, dich deshalb rauszumobben, dürfte der Arbeitsplatz so toll sowieso nicht sein ;)

@Julia: :D In Tax sind wahrscheinlich alle dort tatoowiert. Inzwischen.
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scndbesthand
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Tattoo als Anwalt

Beitrag von scndbesthand »

MartinTattoo hat geschrieben:@scndbesthand Du bist hier der RA. Sag du mir, ob das vorkommt. ;)
Rechtsanwalt? Bin von Beruf Kartenspieler.

Ich dachte, man erkennt den Bezug zu Suits Staffel 1.

Würde es verdecken und fertig. Mit komischen Reaktionen muss natürlich gerechnet werden, aber mit dem Risiko muss man dann einfach umgehen.
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MartinTattoo
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Re: Tattoo als Anwalt

Beitrag von MartinTattoo »

@Liz Meiner Erfahrung nach kommt der gesellschaftliche Wandel in der Juristerei allerdings nur seeehr langsam an. Ich hab dahingehend aber wahrscheinlich auch den begrenzten Horizont der Uni. Und das stimmt wohl. Meine Vorstellung ist - wahrscheinlich fälschlicherweise - immer noch der alte Kanzleipartner, der jeden Tätowierten als Kriminellen ansieht.

@Julia Okay, das ist sehr beruhigend. Danke. :) Und ich weiß nicht, ob man als Berufseinsteiger den Luxus hat, groß wählen zu können. Aber wenn man für eine Großkanzlei in Frage kommt, dann wohl schon.

@Sektnase Hmm, stimmt. Bei den jungen Kollegen denk ich auch immer direkt an die, die zwar physisch jung sind, im Geiste sich aber wie 60-jährige aufführen. So a la Amthor.

@scndbesthand Schande über mein Haupt! Da hab ich doch erst Suits vor kurzem das zweite Mal angefangen und überlese sowas. Die komischen Reaktionen sind bei mir aber weitestgehend ausgeblieben. Selbst im Studium. Aber dem Risiko der komischen Reaktionen war ich mir ja bewusst. Solange es dabei bleibt, bin ich zufrieden.

Und nochmal ein Wort an alle: Für euch erscheint das wahrscheinlich recht offensichtlich, aber ich habe mir echt Gedanken gemacht. Ich liebe mein Tattoo und hätte das auch nur unter besonderen Umständen und mit viel Schmerz ( physisch, emotional und finanziell ) weggemacht. Durch eure Einblicke und Erfahrungen bleibt mir dies erspart und dafür bin ich sehr dankbar. :)
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Re: Tattoo als Anwalt

Beitrag von Liz »

Natürlich wird es immer ein paar Dinosaurier geben, die schon in jungen Jahren unglaublich alt wirken und denen es schwer fällt, ihre festgefahrenen Wege zu verlassen. Aber die meisten werden doch (ggf. seufzend) einsehen, dass sie manche Dinge nicht ändern können, sondern das jetzt eben so ist. Und ich hatte z. B. schon eine Geschäftsstelle, in der alle Mitarbeiter*innen zwischen 25 und 55 mehr oder weniger bunt an Armen und Beinen tätowiert waren. Es hat ersichtlich niemanden gestört.
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thh
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Re: Tattoo als Anwalt

Beitrag von thh »

MartinTattoo hat geschrieben: Sonntag 22. November 2020, 11:11Wie "schlimm" sind Tattoos im Berufsleben für potentielle Arbeitgeber? KO-Kriterium? Oder in Ordnung, solange man sie verdecken kann und auch bereit dazu ist, sie zu verdecken.
Letzteres, würde ich sagen.
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