Sollten Examen und Studium mehr aufeinander abgestimmt sein?

Allgemeine Fragen zum Jurastudium (Anforderungen, Ablauf etc.)

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Seeker
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Sollten Examen und Studium mehr aufeinander abgestimmt sein?

Beitrag von Seeker »

Das juristische Studium und das (erste) Staatsexamen sind momentan kaum aufeinander abgestimmt.

Grob skizziert ähnelt das Studium dem einer klassischen Geisteswissenschaft: Wissenschaftlichkeit, Grundlagen und Hintergründe werden betont, in Vorlesungen eher Privatmeinungen von Professoren präsentiert, Hausarbeiten spielen eine relativ große Rolle. Daneben werden auch viele Seminare angeboten, Moot Courts beworben usw.

Das Examen funktioniert dagegen fundamental anders. Es ist eine reine Fallösungsprüfung, die nach ganz eigenen Regeln funktioniert. Ein gewisses Systemverständnis ist sicherlich hilfreich (oder sogar unverzichtbar), hierfür genügt aber absolutes Grundlagenwissen. Viel wichtiger ist die Fallösungspraxis, in der man lernt, was es etwa konkret bedeutet, dass das Gewährleistungsrecht teilweise die Anfechtung sperrt.
Ähnliches gilt für Bereiche wie die Methodenlehre: Um die wenigen juristischen Argumentationsfiguren zu verstehen, genügen eine kurze Einführung und hierauf aufbauende Übungsfälle, eine Vorlesung oder ein spezifisches Lehrbuch brauch man dafür nicht. Auch die Wissenschaftlichkeit spielt (abgesehen von der Schwerpunktarbeit) so gut wie keine Rolle und beschränkt sich auf triviale Erkenntnisse wie "entscheidend ist nicht der Autor, sondern die Stärke des Arguments" und "eine Argumentation sollte gründlich und nachvollziehbar sein".

Meines Erachtens hat dieser Bruch zwischen Studium und Examen drastische Auswirkungen. So besteht etwa ein großer Anreiz für Studenten, das Studium und alle dortigen Angebote weitgehend zu vernachlässigen. Ein "Blick über den Tellerrand" in ein rechtsphilosophisches Seminar ist schön und gut, aber was nützt es mir, wenn ich davon (fast) nichts für das Examen mitnehme und es letztlich fast nur auf die dort erzielte Note ankommt? Die Folge ist: Die Uni bietet eine Vielzahl an Veranstaltungen an, welche von den allermeisten Studenten überhaupt nicht genutzt werden. Außerdem studieren die meisten gerade nicht so, wie sich viele Idealisten das vorstellen, also interdisziplinär, mit Blick auf größere Zusammenhänge usw. (ob es sich hierbei um legitime Ziele oder nur um heiße Luft handelt, steht auf einem anderen Blatt; aber jedenfalls wird das selbst gesetzte Ideal nicht im Ansatz erreicht). Stattdessen werden "Schlüsselqualifikationen" bloß abgehakt, Scheine halbherzig erschlagen.

Umgekehrt besteht bei manchen Studenten die Gefahr, dass das Examen vernachlässigt wird. Wer versucht, alles mitzunehmen, schneidet im Zweifel schlechter ab als derjenige, der ab dem ersten Semester fleißig Fälle paukt. Gleichzeitig wird den Studenten teilweise ein falsches Bild vermittelt. Wer sich zunächst nur mit römischem Recht und Rechtsphilosophie beschäftigt, bemerkt sein mangelndes Talent für die Falllösungspraxis (oder auch sein fehlendes Interesse) vielleicht zu spät.

Nun kann man den hier beschriebenen Zustand natürlich mit allerlei Allgemeinplätzen und leeren Phrasen schön reden: Studenten seien erwachsen, müssten eben selbst schauen, was und wie geprüft wird; jeder sei seines Glückes Schmied; "ich habe auch 10 Seminare besucht und trotzdem 12 Pkte geschrieben" (ja, und wie viele andere Leute waren je in den Seminaren?); das Studium sei eben wissenschaftlich und müsse deshalb genau so sein; es gebe ja bereits hinreichende AGs, Übungen, Falllösung usw.; man könne doch nicht 9 Semester Rep machen usw. usf.

Dennoch kann m.E. niemand bestreiten, dass Studium und Examen kaum aufeinander abgestimmt sind. Natürlich wird auch im Studium das Lösen von Fällen geübt, der Fokus ist aber ein ganz anderer. Mir geht es auch nicht darum, dass im Studium nur Fälle gepaukt werden sollten - ich will erstmal überhaupt keinen konkreten Vorschlag machen. Wichtig ist mir eher etwas anderes: die Erkenntnis, dass Studium und Examen vielleicht noch mehr aneinander angenähert werden könnten und sollten. Vielleicht sollte das Jura-Studium einen klareren Fokus setzen: will es mehr eine klassische Geisteswissenschaft sein? Dann wäre es eventuell sinnvoll, auch im Examen entsprechende Prüfungsfragen zu stellen (vgl. Politikwissenschaften, Geschichte, Soziologie usw.). Oder soll es im Examen weiterhin fast ausschließlich um das Subsumieren gehen? Dann wäre es vielleicht geboten, der Fallösung im Studium (noch) mehr Raum zu geben.

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Tibor
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Re: Sollten Examen und Studium mehr aufeinander abgestimmt sein?

Beitrag von Tibor »

Ich lese ein Plädoyer für eine Aufwertung des Schwerpunktbereichs. Das Problem ist nicht der Wissenschaftsansatz der Universität (die Uni ist keine Rechtsschule) sondern das Staatsexamen, das eben ein reines Referendariatszugangsexamen ist und dementsprechend die Grundfertigkeiten prüft, die man im Referendariat vertiefen soll und dann im Großen Staatsexamen geprüft werden. Richtiger wäre es also, wenn man beide Komplexe noch mehr voneinander trennen würde: Universitätsabschluß auf der einen Seite, Zugangsprüfung für das Ref auf der anderen Seite.
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Re: Sollten Examen und Studium mehr aufeinander abgestimmt sein?

Beitrag von Seeker »

Tibor hat geschrieben: Mittwoch 17. März 2021, 14:39 Ich lese ein Plädoyer für eine Aufwertung des Schwerpunktbereichs. Das Problem ist nicht der Wissenschaftsansatz der Universität (die Uni ist keine Rechtsschule) sondern das Staatsexamen, das eben ein reines Referendariatszugangsexamen ist und dementsprechend die Grundfertigkeiten prüft, die man im Referendariat vertiefen soll und dann im Großen Staatsexamen geprüft werden. Richtiger wäre es also, wenn man beide Komplexe noch mehr voneinander trennen würde: Universitätsabschluß auf der einen Seite, Zugangsprüfung für das Ref auf der anderen Seite.
Wäre auch eine Idee. Du bringst das Grundproblem aber treffend zum Ausdruck: Es ist eben ein "Staatsexamen", welches mit der Uni nur begrenzt viel zu tun hat. Das schadet aber m.E. beidem. Von den Professoren hochgehalten und mit Milliarden finanziert wird ein interdisziplinäres, breites, tiefes, vielseitiges wissenschaftliches Studium. Im Examen honoriert wird aber allein eine gute Fallösungstechnik.

(im Referendariat stellt sich ein ähnliches Problem: einerseits soll es dazu dienen, dass man möglichst viele Bereiche der Rechtspraxis kennenlernt, Kontakte knüpft usw.; anderseits ist aber das zweite Examen von größter Bedeutung, es hat aber mit den meisten Stationen und der "echten" Praxis relativ wenig zu tun)
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Re: Sollten Examen und Studium mehr aufeinander abgestimmt sein?

Beitrag von Tibor »

Das spricht (vereinfacht) für Bachelor & Master als Uni-Abschlüsse, eine daran anknüpfende Law-School (Altdeutsch Repetitor), eine abgespeckte Ref-Zugangsprüfung, ein Ref mit sinnvollen Stationen und insb. echter aber kürzerer Anwaltsstation, einer daran anknüpfenden Law-High-School (Altdeutsch Tauchstation) und einem finalen Berufszugangsexamen.
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Re: Sollten Examen und Studium mehr aufeinander abgestimmt sein?

Beitrag von Omnimodofacturus »

Tibor hat geschrieben: Mittwoch 17. März 2021, 15:16 Das spricht (vereinfacht) für Bachelor & Master als Uni-Abschlüsse, eine daran anknüpfende Law-School (Altdeutsch Repetitor), eine abgespeckte Ref-Zugangsprüfung, ein Ref mit sinnvollen Stationen und insb. echter aber kürzerer Anwaltsstation, einer daran anknüpfenden Law-High-School (Altdeutsch Tauchstation) und einem finalen Berufszugangsexamen.
Das klingt allerdings so, als ob es sehr viel länger dauern würde als der Ist-Status.
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Re: Sollten Examen und Studium mehr aufeinander abgestimmt sein?

Beitrag von Tibor »

Warum? Bachelor nach 5 Semestern + Praxissemester. Master = Schwerpunktstudium (2 Semester). Dann ein Jahr LawSchool (Rep) und ein abgespecktes 1. Examen, ggf. auch unter Anrechnung von Leistungen aus dem Bachelor. Dann das Ref, wobei die Stationen nebst Lehrgängen jeweils 3,5 Monate sind (Zivilgericht, StA, Verwaltung, Anwalt = 14 Mo.). Dann 5 Monate Vollzeit LawSchool und im 20. Monat Examen. Danach Wahlstation und mdl. Prüfung im 25. Monat. Das lässt sich alles in der gleichen Zeit bewerkstelligen.
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Re: Sollten Examen und Studium mehr aufeinander abgestimmt sein?

Beitrag von thh »

Tibor hat geschrieben: Mittwoch 17. März 2021, 14:39Ich lese ein Plädoyer für eine Aufwertung des Schwerpunktbereichs. Das Problem ist nicht der Wissenschaftsansatz der Universität (die Uni ist keine Rechtsschule) sondern das Staatsexamen, das eben ein reines Referendariatszugangsexamen ist und dementsprechend die Grundfertigkeiten prüft, die man im Referendariat vertiefen soll und dann im Großen Staatsexamen geprüft werden. Richtiger wäre es also, wenn man beide Komplexe noch mehr voneinander trennen würde: Universitätsabschluß auf der einen Seite, Zugangsprüfung für das Ref auf der anderen Seite.
Ohne allerdings die Anforderungen für die praktische Tätigkeit zu senken, für die tatsächlich die im Staatsexamen abgeprüften Fähigkeiten relevanter sind.

Das ist ja auch kein Problem. Es sollte problemlos möglich sein, alternativ zum Staatsexamen einen Bachelor/Master anzubieten, dessen Abschluss eine wissenschaftliche Tätigkeit erlaubt. Wer Volljurist werden und das Referendariat absolvieren will, kann stattdessen oder zusätzlich die Staatsprüfung absolvieren.
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Re: Sollten Examen und Studium mehr aufeinander abgestimmt sein?

Beitrag von Theopa »

Omnimodofacturus hat geschrieben: Mittwoch 17. März 2021, 17:06
Tibor hat geschrieben: Mittwoch 17. März 2021, 15:16 Das spricht (vereinfacht) für Bachelor & Master als Uni-Abschlüsse, eine daran anknüpfende Law-School (Altdeutsch Repetitor), eine abgespeckte Ref-Zugangsprüfung, ein Ref mit sinnvollen Stationen und insb. echter aber kürzerer Anwaltsstation, einer daran anknüpfenden Law-High-School (Altdeutsch Tauchstation) und einem finalen Berufszugangsexamen.
Das klingt allerdings so, als ob es sehr viel länger dauern würde als der Ist-Status.
Außerdem müsste man wohl die Law-High-School vor die Ref-Stationen einbauen, da man anderenfalls die aktuellen Probleme im Ref nur verlagert und trotzdem schon früher "getaucht" (im Sinne von: "Bei welcher Station muss ich nur 1,5 Tage kommen?") wird. Ich muss selbst zugeben, dass ich trotz Motivation für eigentlich alle Stationen in der Wahlstation überproportional viel mehr mitgenommen und freiwillig gemacht habe, da das Examen eben erledigt war.

Eine andere Variante wäre etwas an den Medizinern orientiert:
- Erst ein Bachelor (6 Semester) nach normalem Uni-Stil ohne Examen am Ende, Stoff Grund+ Hauptstudium + Schwerpunkt
- Weitere 6 Semester "Praxisausbildung" mit schriftlichen Examina nach jeweils drei Semestern (entsprechend 1. und 2. Examen)
- am Ende ein Praktisches Jahr mit Stationen in Beinahe-Vollzeit, abgeschlossen durch eine mündliche Prüfung.

Edit: Wer dann nicht in die Examina will kann den Master in einem ähnlichen (Wirtschaftsrecht o.ä) oder auch anderen Fachbereich dranhängen und bei der rein wissenschaftlichen Schiene ohne "handwerkliche Ausbildung" bleiben.
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Re: Sollten Examen und Studium mehr aufeinander abgestimmt sein?

Beitrag von Grundlagencrack »

Seeker hat geschrieben: Mittwoch 17. März 2021, 14:33 Das juristische Studium und das (erste) Staatsexamen sind momentan kaum aufeinander abgestimmt.

Grob skizziert ähnelt das Studium dem einer klassischen Geisteswissenschaft: Wissenschaftlichkeit, Grundlagen und Hintergründe werden betont, in Vorlesungen eher Privatmeinungen von Professoren präsentiert, Hausarbeiten spielen eine relativ große Rolle. Daneben werden auch viele Seminare angeboten, Moot Courts beworben usw.

Das Examen funktioniert dagegen fundamental anders. Es ist eine reine Fallösungsprüfung, die nach ganz eigenen Regeln funktioniert. Ein gewisses Systemverständnis ist sicherlich hilfreich (oder sogar unverzichtbar), hierfür genügt aber absolutes Grundlagenwissen. Viel wichtiger ist die Fallösungspraxis, in der man lernt, was es etwa konkret bedeutet, dass das Gewährleistungsrecht teilweise die Anfechtung sperrt.
Ähnliches gilt für Bereiche wie die Methodenlehre: Um die wenigen juristischen Argumentationsfiguren zu verstehen, genügen eine kurze Einführung und hierauf aufbauende Übungsfälle, eine Vorlesung oder ein spezifisches Lehrbuch brauch man dafür nicht. Auch die Wissenschaftlichkeit spielt (abgesehen von der Schwerpunktarbeit) so gut wie keine Rolle und beschränkt sich auf triviale Erkenntnisse wie "entscheidend ist nicht der Autor, sondern die Stärke des Arguments" und "eine Argumentation sollte gründlich und nachvollziehbar sein".

Meines Erachtens hat dieser Bruch zwischen Studium und Examen drastische Auswirkungen. So besteht etwa ein großer Anreiz für Studenten, das Studium und alle dortigen Angebote weitgehend zu vernachlässigen. Ein "Blick über den Tellerrand" in ein rechtsphilosophisches Seminar ist schön und gut, aber was nützt es mir, wenn ich davon (fast) nichts für das Examen mitnehme und es letztlich fast nur auf die dort erzielte Note ankommt? Die Folge ist: Die Uni bietet eine Vielzahl an Veranstaltungen an, welche von den allermeisten Studenten überhaupt nicht genutzt werden. Außerdem studieren die meisten gerade nicht so, wie sich viele Idealisten das vorstellen, also interdisziplinär, mit Blick auf größere Zusammenhänge usw. (ob es sich hierbei um legitime Ziele oder nur um heiße Luft handelt, steht auf einem anderen Blatt; aber jedenfalls wird das selbst gesetzte Ideal nicht im Ansatz erreicht). Stattdessen werden "Schlüsselqualifikationen" bloß abgehakt, Scheine halbherzig erschlagen.

Umgekehrt besteht bei manchen Studenten die Gefahr, dass das Examen vernachlässigt wird. Wer versucht, alles mitzunehmen, schneidet im Zweifel schlechter ab als derjenige, der ab dem ersten Semester fleißig Fälle paukt. Gleichzeitig wird den Studenten teilweise ein falsches Bild vermittelt. Wer sich zunächst nur mit römischem Recht und Rechtsphilosophie beschäftigt, bemerkt sein mangelndes Talent für die Falllösungspraxis (oder auch sein fehlendes Interesse) vielleicht zu spät.

Nun kann man den hier beschriebenen Zustand natürlich mit allerlei Allgemeinplätzen und leeren Phrasen schön reden: Studenten seien erwachsen, müssten eben selbst schauen, was und wie geprüft wird; jeder sei seines Glückes Schmied; "ich habe auch 10 Seminare besucht und trotzdem 12 Pkte geschrieben" (ja, und wie viele andere Leute waren je in den Seminaren?); das Studium sei eben wissenschaftlich und müsse deshalb genau so sein; es gebe ja bereits hinreichende AGs, Übungen, Falllösung usw.; man könne doch nicht 9 Semester Rep machen usw. usf.

Dennoch kann m.E. niemand bestreiten, dass Studium und Examen kaum aufeinander abgestimmt sind. Natürlich wird auch im Studium das Lösen von Fällen geübt, der Fokus ist aber ein ganz anderer. Mir geht es auch nicht darum, dass im Studium nur Fälle gepaukt werden sollten - ich will erstmal überhaupt keinen konkreten Vorschlag machen. Wichtig ist mir eher etwas anderes: die Erkenntnis, dass Studium und Examen vielleicht noch mehr aneinander angenähert werden könnten und sollten. Vielleicht sollte das Jura-Studium einen klareren Fokus setzen: will es mehr eine klassische Geisteswissenschaft sein? Dann wäre es eventuell sinnvoll, auch im Examen entsprechende Prüfungsfragen zu stellen (vgl. Politikwissenschaften, Geschichte, Soziologie usw.). Oder soll es im Examen weiterhin fast ausschließlich um das Subsumieren gehen? Dann wäre es vielleicht geboten, der Fallösung im Studium (noch) mehr Raum zu geben.

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Ich bin voll und ganz auf Deiner Seite. Vor allem, weil mir selbst die von Dir angesprochene "geisteswissenschaftliche" Sichtweise immer wichtiger war, weil es mir wirklich darauf ankam, wissenschaftlich zu studieren, ich davon aber im Examen rein gar nichts hatte. Mein Examen war nicht schlecht (knappes VB), aber die Technik der Fallbearbeitung hatten andere besser drauf, die im Gegensatz zu mir aber weniger oder gar keine Seminare absolviert hatten. Ok, ich habe immerhin ein paar Sozialpünktchen (Nachkommastellen) für meine absolvierten und guten bis sehr guten Seminarscheine erhalten, die es letztlich auch waren, welche mich von einem oberen Befriedigend auf ein knappes VB hoben. Aber ansonsten hätte ich mir das alles sparen können, weniger Grundlagen belegen können und hätte ein wahrscheinlich (noch) besseres Examen gemacht.
Zuletzt geändert von Grundlagencrack am Dienstag 26. September 2023, 08:42, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Sollten Examen und Studium mehr aufeinander abgestimmt sein?

Beitrag von Grundlagencrack »

Tibor hat geschrieben: Mittwoch 17. März 2021, 17:41 Warum? Bachelor nach 5 Semestern + Praxissemester. Master = Schwerpunktstudium (2 Semester). Dann ein Jahr LawSchool (Rep) und ein abgespecktes 1. Examen, ggf. auch unter Anrechnung von Leistungen aus dem Bachelor. Dann das Ref, wobei die Stationen nebst Lehrgängen jeweils 3,5 Monate sind (Zivilgericht, StA, Verwaltung, Anwalt = 14 Mo.). Dann 5 Monate Vollzeit LawSchool und im 20. Monat Examen. Danach Wahlstation und mdl. Prüfung im 25. Monat. Das lässt sich alles in der gleichen Zeit bewerkstelligen.
Das sind sehr gute Vorschläge, wie ich finde. Ich selbst hätte dann wahrscheinlich einfach nach dem Master promoviert und auf die "Law School" verzichtet, da ich ohnehin nie in den klassischen juristischen Berufsbereich wollte,
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