Abgrenzung Gesetzgebungskompetenz kraft Sachzusammenhangs / Annex-Kompetenz

Staatsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht (Bau-, Kommunal-, Polizei- und Sicherheitsrecht, BImSchG etc.)

Moderator: Verwaltung

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dionysos
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Abgrenzung Gesetzgebungskompetenz kraft Sachzusammenhangs / Annex-Kompetenz

Beitrag von dionysos »

Hallo zusammen,

Ich hab jetzt in zwei Lehrbücher und ein Skript geguckt, aber der Unterschied zwischen der Gesetzgebungskompetenz kraft Sachzusammenhangs und der Annex-Kompetenz leuchtet mir immer noch nicht ein. Es scheint irgendwie zweimal das gleiche mit verschiedener Formulierung zu sein. Hier steht zwar überall, dass die Grenzen verschwimmen, aber wo bitte soll der grundsätzliche Unterschied sein?
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Kritschgau
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Beitrag von Kritschgau »

Sachzusammenhang:

Eine dem Bund zugewiesene Materie kann sinnvollerweise bzw. verständigerweise nicht geregelt werden, ohne dass zugleich eine nicht ausdrücklich zugewiesene Materie mitgeregelt wird. Kompetenz geht quasi in die Breite

Annex:

Erweiterung eines vorhandenen Kompetenztitels um die Stadien der Vorbereitung und Durchführung. Notwendig ist enger, unlösbarer Zusammenhang der Sachbereiche. Kompetenz geht quasi in die Tiefe.

Die Abgrenzung ist im Einzelnen nicht immer klar und schon gar nicht immer überzeugend. Wenn man das in der Klausur ordentlich diskutiert und sich dann für das eine oder andere entscheidet, ist sicher kein fehler dabei.
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Arnold
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Beitrag von Arnold »

Bei dem Thema trifft der Spruch, drei Juristen 4 Meinungen wirklich zu. Das hat bei uns damlas in der HA jeder anderes abgegrenz und je nach Vorliebe des Korrektors, war dann "eher" das eine oder "eher" das andere richtig. Aber richtig falsch war auch nichts.
BGH NJW 2001, 603, 604 über "Der Preis ist heiß!" Das Unterhaltungsniveau der Show kann nur als eher schlicht und anspruchslos bezeichnet werden.
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dionysos
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Beitrag von dionysos »

Danke schonmal! Könnte jemand noch ein oder zwei Beispiele bringen, bei denen die Zuordnung eindeutig ist?
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Kritschgau
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Beitrag von Kritschgau »

Der Klassiker ist folgendes:

Sicherheitskontrollen am Flughafen:

Fällt wohl nicht unter "Luftverkehr" iSd ausschließlicher Gesetzgebung. Folge: Länderkompetenz (irD allg. Sicherheitsrechts). Aber Luftverkehr lässt sich nicht sinnvoll regeln, wenn man nicht auch die Sicherheit regelt. Der Bund bekommt daher die Kompetenz durch eine Verbreiterung der Gesetzgebungskompetenzen (breiter, weil es eben um ein Gebiet geht, das "daneben" liegt).

Gebühren für Beurkundungen etc. dagegen sind Annex, weil hier nicht eine fremde Kompetenz partiell dem Bund eingeräumt wird, sondern eine bestehende (Gerichtsverfahren, etc) vertieft wird.

Ob das eindeutig ist, wage ich zu bezweifeln, aber das ist so das klassische Beispiel...
Erst Pflicht dann Kür!
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Kritschgau hat geschrieben:Die Abgrenzung ist im Einzelnen nicht immer klar und schon gar nicht immer überzeugend. Wenn man das in der Klausur ordentlich diskutiert und sich dann für das eine oder andere entscheidet, ist sicher kein fehler dabei.
Warum soll ich das überhaupt entscheiden? Das ist doch ein Streit um Worte.
Wenn ich feststelle, dass eine Gesetzgebungskompetenz sinnvollerweise bestehen muss, kann ich doch die theoretische Einsortierung dahingestellt lassen.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Es geht wie so oft, um die dogmatisch "richtige" Lösung :)
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Ich vergaß, wir sind ja alle kleine Wissenschaftler.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Naja, zähle mich eher zu den Pragmatikern. Auch wenn mich manch' ein Professor deswegen als Hoftberichterstatter des BGH/BVerfG/BVerwG bezeichnen würde. :D
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dergrinch
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Beitrag von dergrinch »

andy.jura hat geschrieben:Naja, zähle mich eher zu den Pragmatikern. Auch wenn mich manch' ein Professor deswegen als Hoftberichterstatter des BGH/BVerfG/BVerwG bezeichnen würde. :D
Tse, Tse, Tse.
Sogar die Örechtler fangen an dogmatisch unsauber zu werden.
Da ich gerade 'Systemgedanken und Systembegriff in der Jurisprudenz' von Canaris durch habe, muß ich wohl manolaw zustimmen.

*undabzudenzivilrechtlernverschwind*
Jetzt meine eigene Hausreihenseite:

MOTEL (in großen beleuchteten Buchstaben an meinem Haus).

Das Bild stammt vom Campus.

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Kritschgau
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Beitrag von Kritschgau »

Manolaw hat geschrieben:
Kritschgau hat geschrieben:Die Abgrenzung ist im Einzelnen nicht immer klar und schon gar nicht immer überzeugend. Wenn man das in der Klausur ordentlich diskutiert und sich dann für das eine oder andere entscheidet, ist sicher kein fehler dabei.
Warum soll ich das überhaupt entscheiden? Das ist doch ein Streit um Worte.
Wenn ich feststelle, dass eine Gesetzgebungskompetenz sinnvollerweise bestehen muss, kann ich doch die theoretische Einsortierung dahingestellt lassen.
Richtig, aber solang man keine Robe um- und ein schickes Käppi aufhat, sollte man in der Klausur eine Lösung mit Begründung hinschreiben.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

In diesem Fall vielleicht ja. Wenn ich jedoch eine Streitigkeit habe, die im Ergebnis gleich läuft, nur der dogmatische Lösungsweg ein anderer ist, verbietet sich sogar eine Stellungnahme, da sie überflüssig ist. Anders sieht es nur aus, wenn die Stellungnahme für nachfolgende Prüfungspunkte von Relevanz ist.
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