kleine Frage: Verhältnis GG / sek. Gemeinschaftsrecht
Moderator: Verwaltung
kleine Frage: Verhältnis GG / sek. Gemeinschaftsrecht
Hallo!
Nehmen wir einmal an das BVerfG bekommt eine zulässige Vorlage eines konkreten Normenkontrollverfahrens, bei dem dargelegt wird dass der generelle Grundrechtsschutz des EuGH unter den Mindeststandard ( wie bei Solange II geforder ) abgesunken ist. Wie wird das BVerfG dann entscheiden? Stellt es lediglich fest, dass die betreffende VO wegen Verstoß gegen das GG nicht anwendbar ist oder erklärt es die VO für nichtig und nimmt für sich soweit ein Verwerfungsmonopol in Anspruch das eigentlich nur dem EuGH zusteht?
Da das BVerfG im Maastricht-Urteil ja ausdrücklich dargelegt hat, dass auch Rechtsakte der EG nach Art. 100 GG analog Prüfungsgegenstand sein können, würde ich dazu tendieren, dass sich das BVerfG dann auch konsequenterweise das Recht nimmt den betreffenden Rechtsakt der EG zu verwerfen, also für nichtig zu erklären.
Problem bei der ganzen Sache ist auch noch die Solange I Entscheidung, da hat das BVerfG ja gesagt, dass ihm keine Verwerfungskompetenz zu komme, da das Verwerfungsmonopol beim EuGH liege, allerdings hat es damals auch die Gemeinschaftsrechtsakte nicht als zulässigen Prüfungsgegenstand angesehen, sondern nur ihre Ausführung durch die deutschen Behörden/Gerichte, diese Ansicht hat das BVerfG aber ja im Maastricht Urteil aufgegeben und Rechtsakte der Gemeinschaft als zulässigen Prüfungsgegenstand angesehen...
kann mir jemand weiterhelfen?
Nehmen wir einmal an das BVerfG bekommt eine zulässige Vorlage eines konkreten Normenkontrollverfahrens, bei dem dargelegt wird dass der generelle Grundrechtsschutz des EuGH unter den Mindeststandard ( wie bei Solange II geforder ) abgesunken ist. Wie wird das BVerfG dann entscheiden? Stellt es lediglich fest, dass die betreffende VO wegen Verstoß gegen das GG nicht anwendbar ist oder erklärt es die VO für nichtig und nimmt für sich soweit ein Verwerfungsmonopol in Anspruch das eigentlich nur dem EuGH zusteht?
Da das BVerfG im Maastricht-Urteil ja ausdrücklich dargelegt hat, dass auch Rechtsakte der EG nach Art. 100 GG analog Prüfungsgegenstand sein können, würde ich dazu tendieren, dass sich das BVerfG dann auch konsequenterweise das Recht nimmt den betreffenden Rechtsakt der EG zu verwerfen, also für nichtig zu erklären.
Problem bei der ganzen Sache ist auch noch die Solange I Entscheidung, da hat das BVerfG ja gesagt, dass ihm keine Verwerfungskompetenz zu komme, da das Verwerfungsmonopol beim EuGH liege, allerdings hat es damals auch die Gemeinschaftsrechtsakte nicht als zulässigen Prüfungsgegenstand angesehen, sondern nur ihre Ausführung durch die deutschen Behörden/Gerichte, diese Ansicht hat das BVerfG aber ja im Maastricht Urteil aufgegeben und Rechtsakte der Gemeinschaft als zulässigen Prüfungsgegenstand angesehen...
kann mir jemand weiterhelfen?
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Das ist eine gute Frage! Also ich würde dazu tendieren, dass das BVerfG, da es ja nach eigener Aussage kein Verwerfungsmonopol hat, die VO lediglich für unanwendbar erklärt. Allerdings hat es im Maastrich-Urteil auch ausgeführt, es übe seine Rechtsrprechung in einem "Kooperationsverhältnis" zum EuGH aus, was auch immer damit gemeint ist. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass quasi beide Gerichte eine Norm für nichtig erklären können sollen. Bedenkt man dagegen, dass das BVerfG sich durch Solange I, II und Maastricht gewissermaßen "das letzte Wort" vorbehalten hat, dann könnte man durchaus auf die Idee kommen, dass es tatsächlich die VO für nichtig erklärt. Allerdings glaube ich nicht, dass es das tatsächlich tun würde, aber wohl eher aus diplomatischen Gründen, um keinen offenen Konflikt vom Zaun zu brechen. Habe mich allerdings noch nicht intensiv damit beschäftigt, aber die Frage ist durchaus interessant...
- Olli
- Moderator
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- Registriert: Donnerstag 24. Februar 2005, 16:26
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Bei der RiLi könnte es ja immerhin um das Umsetzungsgesetz gehen. Aber eine VO wirkt ja z.B. unmittelbar.
In Bayern ist prinzipiell alles schwerer als im Rest der Republik, auch das Kilo Mehl. (Ara, 24.01.2012)
Morgenmagazin: Wir geben ab zur Tagesschau nach Hamburg. Auch eine sehr schöne Stadt.
Jens Riewa: Die schönste. Guten Morgen meine Damen und Herren.
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Also dass der Mindeststandard der gewährleisteten Grundrechte unter den des Grundgesetzes fällt, muss ja schon einiges passieren:
--> äußerst schwerwiegendes Absinken im Einzefall oder
--> mehrere Verstöße über längere Zeit
Wenn ich da jetzt nicht ganz falsch liege, würde ich sagen:
Im Falle der Umsetzung einer solchen Richtlinie kommt es zuerst mal darauf an, ob die Richtlinie an sich dem Standard nicht genügt oder das entsprechende Zustimmungsgesetz.
Ist es das Zustimmungsgesetz, lässt aber die Richtlinie auch eine andere Umsetzung zu, die den Standard noch gewährleisten würde, dürfte die Verwerfung des Zustimmungsgesetzes durch das BVerfG "unproblematisch" sein.
Ist es die Richtlinie selber und wird sie entsprechend umgesetzt, dann muss das BVerfG logischerweise die Richtlinie "mitverwerfen". Wobei hier eine Nicht-Anwendung (sofern das in dieser Konstellation überhaupt möglich ist) einer Verwerfung eigentlich gleichkommt, denn was soll das für einen Unterschied machen ? (der Sinn von Nicht-Anwendung ist ja, dass die entspr. Norm später noch einmal angewendet werden kann, was ja hier nicht in Frage käme).
Die Frage der Verwerfung wäre auch interessant, wenn eine Richtlinie aufgrund von mangelhafter Umsetzung usw. unmittelbar gelten würde. Dann bliebe dem BVerfG wohl nur, die gesamte Richtlinie zu verwerfen.
Bei einer Verordnung müsste es ebenfalls die Verordnung als solche verwerfen.
Wobei ich verwerfen hier immer als "auf dem Gebiet der BRD nichtig" definieren würde.
--> äußerst schwerwiegendes Absinken im Einzefall oder
--> mehrere Verstöße über längere Zeit
Wenn ich da jetzt nicht ganz falsch liege, würde ich sagen:
Im Falle der Umsetzung einer solchen Richtlinie kommt es zuerst mal darauf an, ob die Richtlinie an sich dem Standard nicht genügt oder das entsprechende Zustimmungsgesetz.
Ist es das Zustimmungsgesetz, lässt aber die Richtlinie auch eine andere Umsetzung zu, die den Standard noch gewährleisten würde, dürfte die Verwerfung des Zustimmungsgesetzes durch das BVerfG "unproblematisch" sein.
Ist es die Richtlinie selber und wird sie entsprechend umgesetzt, dann muss das BVerfG logischerweise die Richtlinie "mitverwerfen". Wobei hier eine Nicht-Anwendung (sofern das in dieser Konstellation überhaupt möglich ist) einer Verwerfung eigentlich gleichkommt, denn was soll das für einen Unterschied machen ? (der Sinn von Nicht-Anwendung ist ja, dass die entspr. Norm später noch einmal angewendet werden kann, was ja hier nicht in Frage käme).
Die Frage der Verwerfung wäre auch interessant, wenn eine Richtlinie aufgrund von mangelhafter Umsetzung usw. unmittelbar gelten würde. Dann bliebe dem BVerfG wohl nur, die gesamte Richtlinie zu verwerfen.
Bei einer Verordnung müsste es ebenfalls die Verordnung als solche verwerfen.
Wobei ich verwerfen hier immer als "auf dem Gebiet der BRD nichtig" definieren würde.
Ja, aber die Frage ist warum ?? Was macht es denn für einen Unterschied, wenn das BVerfG eine entspr. Norm in Dtl. für nicht-anwendbar erklärt oder wenn es sie verwirft. Wenn es sie aufgrund von Art. 23 i.V.m. dem Grundrechtsstandard für nicht anwendbar erklärt, bedutet dass im Klartext, dass die Norm in Dtl. nie angewendet werden darf.
Wenn wir also verwerfen hier als "in der BRD nichtig" definieren, ist es doch das selbe!
Wenn wir also verwerfen hier als "in der BRD nichtig" definieren, ist es doch das selbe!
Wenn das BVerfG eine Verordnung in seinem Urteil für nichtig erklärt, heisst das, dass es sich die Befugnis herausnehmen würde über die Gültigkeit von Gemeinschaftsrecht zu entscheiden. Diese Befugnis hat aber grds. nur der EuGH. Erklärt es in seinem Urteil jedoch die betr. VO für nicht anwendbar, heisst das lediglich das die VO im deutschen Rechtsraum keine Geltung entfaltet. Dass das praktisch ein und dasselbe sein mag kann schon sein, rechtlich gesehen ist das aber ein Riesenunterschied.
Das gleiche "Problem" stellt sich ja auch bei nationalem Recht das dem GemR. entegensteht. Wäre das nat. Recht dann nichtig könnte es überhaupt nicht mehr angewandt werden. Da es aber nach h.M nur nicht anwendbar ist, bleibt es in anderen Fallgestaltungen die keinen Bezug zum GemR. aufweisen gültig und anwendbar. In meinem Fall wäre es tatsächlich so dass zwischen Nichtigkeit und Anwendungsvorrang praktisch gesehen kein Unterschied bei der Rechtsanwendung bestehen würde, aber ich glaube der EuGH wäre ziemlich "angepisst" wenn sich das BVerfG herausnehmen würde eine Norm des GemR. zu verwerfen. In der Solange I Entscheidung hat das BVerfG das Verwerfungsmonopo des EuGHl ausdrücklich bekräftigt. Aber im Maastricht Urteil nimmt es sich auf einmal die Kompetenz das Gemeinschaftsrecht zum Prüfungsgegenstand einer konkreten Normenkontrolle zu machen ( entgegen Solange I ). Also könnte man ja daraus den Schluß ziehen, dass es im Falle eines Falles eine Norm des GemR. auch gleich für nichtig erklärt.
Jetzt versuch ich meine Frage nochmal auf den Punkt zu bringen: Kann man aus dem Maastricht Urteil ( welches das GemR. zum unmittelbaren Prüfungsgegenstand nach Art. 100 GG macht ) den Schluß ziehen, dass das BVerfG sich auch die Kompetenz nehmen würde einen Gemeinschaftsrechtsakt zu verwerfen?
Das gleiche "Problem" stellt sich ja auch bei nationalem Recht das dem GemR. entegensteht. Wäre das nat. Recht dann nichtig könnte es überhaupt nicht mehr angewandt werden. Da es aber nach h.M nur nicht anwendbar ist, bleibt es in anderen Fallgestaltungen die keinen Bezug zum GemR. aufweisen gültig und anwendbar. In meinem Fall wäre es tatsächlich so dass zwischen Nichtigkeit und Anwendungsvorrang praktisch gesehen kein Unterschied bei der Rechtsanwendung bestehen würde, aber ich glaube der EuGH wäre ziemlich "angepisst" wenn sich das BVerfG herausnehmen würde eine Norm des GemR. zu verwerfen. In der Solange I Entscheidung hat das BVerfG das Verwerfungsmonopo des EuGHl ausdrücklich bekräftigt. Aber im Maastricht Urteil nimmt es sich auf einmal die Kompetenz das Gemeinschaftsrecht zum Prüfungsgegenstand einer konkreten Normenkontrolle zu machen ( entgegen Solange I ). Also könnte man ja daraus den Schluß ziehen, dass es im Falle eines Falles eine Norm des GemR. auch gleich für nichtig erklärt.
Jetzt versuch ich meine Frage nochmal auf den Punkt zu bringen: Kann man aus dem Maastricht Urteil ( welches das GemR. zum unmittelbaren Prüfungsgegenstand nach Art. 100 GG macht ) den Schluß ziehen, dass das BVerfG sich auch die Kompetenz nehmen würde einen Gemeinschaftsrechtsakt zu verwerfen?
sagt der EuGHDiese Befugnis hat aber grds. nur der EuGH.
Maastricht sagt nur, daß Rechtsakte, die nicht vom deutschen Zustimmungsgesetz gedeckt sind, im deutschen Hoheitsbereich unverbindlich sind und nicht befolgt werden dürfen
das BVG macht über das Zust.G. die Gewährleistung des nat. Verfassungsrechts zum Prüfungsmaßstab für ALLE GEMEINSCHFTSRECHTSAKTE ! ... das Gemeinschaftsrecht in Form der Zustimmung ... aber was singe ich hier
...sofern die Gewährleistung des durch das Grundgesetz gebotenen grundrechtlichen Mindeststandards unterschritten ist, was einen Verstoß von einiger Schwere oder mehrere weniger gravierende Verstöße über einen längeren Zeitraum voraussetzt.Hobbydenunziant hat geschrieben:das BVG macht über das Zust.G. die Gewährleistung des nat. Verfassungsrechts zum Prüfungsmaßstab für ALLE GEMEINSCHFTSRECHTSAKTE....