Das ist eine sehr eingeengte Sicht aus einer seiner persönlichen Perspektive und es wirkt ein bisschen so, als hätte der Autor wenig Erfahrung/Überblick über den breiten Anwaltsmarkt. Er spricht die ganze Zeit zum Beispiel von Stundensatz und dass die Mandanten dann weniger in Rechnung gestellt werden kann. Das ist aber kein "Problem" der KI, sondern des Abrechnungssystems. Stundensatz macht vielleicht Sinn im reinen Beratungsgeschäft, in den meisten Rechtsfällen sind Pauschalisierungen aber sinnvoller. Es interessiert meine Mandanten nicht, ob ich deren Rechtsproblem in 5 Stunden oder in 10 Stunden löse. Wichtig ist denen, dass das Problem gelöst wird. In diesen Fällen bleibt jegliche Effizienzsteigerung bei mir vollständig hängen.
Wir werden in den nächsten Jahrzehnten deutlich weniger Anwälte haben als jetzt. Es ist dagegen nicht zu erwarten, dass die komplexen Rechtsfragen abnehmen werden. Es ist daher nicht schlimm, dass jemand selbst per KI beantworten kann, wie lange die Widerrufsfrist für sein Haustürgeschäft ist, dafür geht heute eh keiner zum Anwalt. Ein Mörder wird aber weiterhin genauso nen Anwalt brauchen, wie jemand der sich mit seiner Exfrau darüber streitet, ob in der Scheidungsfolgevereinbarung mit "Lampen" auch die fest verbauten Deckenkronleuchter gemeint waren.
In der ganzen Diskussion wird nämlich auch folgender Punkt immer wieder übersehen. Sollte es irgendwann einmal eine KI geben, welche all diese "Auslegungsfragen" beantworten kann, dann ist der Beruf des Juristen völlig überflüssig. Denn dann brauch nicht mehr jede Partei einen Rechtsbeistand, sondern es gibt eine KI, welche gleichzeitig Richter, Staatsanwalt und Rechtsanwalt ist. Das wird aber nicht kommen. Erstens erscheint das technisch sehr fernliegend und zweitens würde die Gesellschaft einen Richterspruch durch eine Maschine nicht akzeptieren.
KI wird in absehbarer Zeit ein Hilfswerkzeug sein wie ein Computer, ein Kommentar oder eine juristische Urteilssammlung. Ich brauch keine 10.000 Aktenblätter mehr nach einer Information durchsuchen, sondern die KI macht es für mich. Prompts wie "Liste mir bitte alle relevanten Tatzeugen inklusive Adresse auf" oder "Vergleiche alle Zeitangaben der Zeugen auf Plausibilität" werden Einzug nehmen. Es wird aber weiterhin jemanden dahinter brauchen, der kreative Fragen stellt und die Ausgaben dann auch juristisch einordnet.
Das Wirtschaftsrecht, wo der Autor wohl beheimatet ist, wird die KI sicherlich den Anwälten die Arbeit wegnehmen. Das liegt aber einerseits daran, dass ein großer Teil im Wirtschaftsrecht keine typische juristische Kerntätigkeit ist und andererseits deren Abrechnungsmodell anfällig für Effizienssteigerung ist. Der 0815 Rechtsanwalt, der dem Bürger Probleme löst, wird davon aber weniger betroffen sein.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11