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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Sonntag 19. November 2017, 12:15
von famulus
Eagnai hat geschrieben:"Haus des Jugendrechts"
Sind das die Einrichtungen, in denen spezialisierte Staatsanwälte, Polizisten und die Jugendgerichtshilfe Tür an Tür sitzen?

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Sonntag 19. November 2017, 12:45
von Einwendungsduschgriff
So ist das jedenfalls in 0711.

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Sonntag 19. November 2017, 16:32
von thh
Eagnai hat geschrieben:Man müsste die Möglichkeiten, die das Jugendstrafrecht bietet, da einfach konsequenter ausnutzen. Eine Institution wie das "Haus des Jugendrechts", das es inzwischen ja doch in einigen Städten gibt und durch die Versammlung aller beteiligten Stellen unter einem Dach zügigere Eingriffsmöglichkeiten gegen jugendliche Täter bietet, ist da zumindest mal ein Ansatzpunkt.
So die Theorie. Ob die Praxis da auch immer mithalten kann ...

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Sonntag 19. November 2017, 17:01
von Eagnai
famulus hat geschrieben:
Eagnai hat geschrieben:"Haus des Jugendrechts"
Sind das die Einrichtungen, in denen spezialisierte Staatsanwälte, Polizisten und die Jugendgerichtshilfe Tür an Tür sitzen?
Ja, genau. Das gibt es mittlerweile in mehreren Bundesländern (Wikipedia behauptet: BW, RLP, NRW und Hessen). Hier im Bezirk haben wir sowas seit einer Weile (in erster Linie für Intensivtäter), wobei ich selbst nicht involviert bin und aus eigener Erfahrung deshalb nicht viel dazu sagen kann... die Kollegen, die das machen, finden aber, dass es auf jeden Fall besser funktioniert als vorher. Luft nach oben ist bei so neueren Projekten natürlich immer.

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Sonntag 19. November 2017, 17:12
von Ara
thh hat geschrieben:
Eagnai hat geschrieben:Man müsste die Möglichkeiten, die das Jugendstrafrecht bietet, da einfach konsequenter ausnutzen. Eine Institution wie das "Haus des Jugendrechts", das es inzwischen ja doch in einigen Städten gibt und durch die Versammlung aller beteiligten Stellen unter einem Dach zügigere Eingriffsmöglichkeiten gegen jugendliche Täter bietet, ist da zumindest mal ein Ansatzpunkt.
So die Theorie. Ob die Praxis da auch immer mithalten kann ...
Wobei man dazu sagen muss, dass die Ergebnisse solcher Einrichtungen eher schlecht waren. Der Ansatz "eine möglichst schnelle Sanktion" ist heute überholt, da eine schnelle Reaktion in Studien überraschenderweise eine höhere Rückfallgefahr aufzeigte. Je länger ein Strafverfahren dauert, desto geringer ist das Rückfallrisiko (auch bei Jugendlichen). Denn solange das Verfahren noch schwebt beschäftigt sich der Beschuldigte damit und was viel wichtiger ist: Er hat das Gefühl, solange er ein offenes Strafverfahren hat, muss er sich zurücknehmen. Dies führt zu einer längeren Straffreiheit. Der Effekt ist übrigens auch auf extrem lange Verfahren anwendbar über 3 oder 4 Jahre.

Die ganze Idee der "schnellen Reaktion" basierte vermutlich, so wohl die heutige Erklärung, darauf, dass man den pädagogischen Ansatz der schnellen Reaktion missverstanden hat. In der Pädagogik und der Kindererziehung ist es wichtig, dass unmittelbar und sofort ein Kind sanktioniert oder belohnt wird. Sonst weiß das Kind nämlich nicht mehr, für was es überhaupt bestraft oder belohnt wird. Das "Zeitfenster" beträgt aber nur wenige Sekunden. Eine Ausdehnung auf 2 Wochen (Was wohl die Minimalzeit wäre für die Strafjustiz) zerstört diesen Effekt schon gänzlich. Da hat man in Verfahren die 2 Jahre dauert, rein aus präventiven Gründen, den größeren Effekt. Daher macht es eigentlich gar kein Sinn, solche "Häuser des Jugendrechts" einzurichten.

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Sonntag 19. November 2017, 19:52
von Liz
@Ara: Bei einem Kandidaten, der fleißig sammelt, dürfte es gleichwohl angebracht sein, dort zeitig eine klare Reaktion zu zeigen, anstatt mit dem Jugendlichen zwei Jahre später über die gesammelten Taten sprechen zu wollen.

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Sonntag 19. November 2017, 20:08
von Ara
Liz hat geschrieben:@Ara: Bei einem Kandidaten, der fleißig sammelt, dürfte es gleichwohl angebracht sein, dort zeitig eine klare Reaktion zu zeigen, anstatt mit dem Jugendlichen zwei Jahre später über die gesammelten Taten sprechen zu wollen.
Klar, ich wollte nur erwähnen, dass es am Ende aber nicht wirklich darauf ankommt, ob es 5 Wochen oder 5 Monate dauert. Wichtiger ist imo viel mehr, was ja auch Eagnai im Ausgangspost schrieb, dass effektive Maßnahmen ergriffen werden. Häufig wird ja einfach das 0815-Prozedere durchgezogen. Bissel DuDu, bissel mehr DuDu mit Arbeitsauflagen, dann Jugendarrest und dann Jugendstrafe. Anstatt vielleicht einfach schon beim 2. oder 3. mal wirklich unangenehme Weisungen zu erteilen. So jede Woche irgendwo antanzen ,statt mit seinen Freunden zu chillen, stört die Jugendlichen dann erfahrungsgemäß dann doch. Aber die Überwachung solcher Weisungen kostet natürlich Zeit und auch müssen die sozialen Angebote wirklich da sein.

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Sonntag 19. November 2017, 22:15
von Honigkuchenpferd
Neues zum Fall des in Hamburg inhaftierten Italieners:

http://www.taz.de/18-jaehriger-Italiene ... /!5460695/

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Sonntag 19. November 2017, 22:37
von Tobias__21
Honigkuchenpferd hat geschrieben:Neues zum Fall des in Hamburg inhaftierten Italieners:

http://www.taz.de/18-jaehriger-Italiene ... /!5460695/
Die haben ja nicht mehr alle Latten am Zaun. Hoffentlich isser bis zur WM wieder draußen. Oh, wait.... :D

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Montag 20. November 2017, 11:23
von TobiasG
Ara hat geschrieben:
thh hat geschrieben:
Eagnai hat geschrieben:Man müsste die Möglichkeiten, die das Jugendstrafrecht bietet, da einfach konsequenter ausnutzen. Eine Institution wie das "Haus des Jugendrechts", das es inzwischen ja doch in einigen Städten gibt und durch die Versammlung aller beteiligten Stellen unter einem Dach zügigere Eingriffsmöglichkeiten gegen jugendliche Täter bietet, ist da zumindest mal ein Ansatzpunkt.
So die Theorie. Ob die Praxis da auch immer mithalten kann ...
Wobei man dazu sagen muss, dass die Ergebnisse solcher Einrichtungen eher schlecht waren. Der Ansatz "eine möglichst schnelle Sanktion" ist heute überholt, da eine schnelle Reaktion in Studien überraschenderweise eine höhere Rückfallgefahr aufzeigte. Je länger ein Strafverfahren dauert, desto geringer ist das Rückfallrisiko (auch bei Jugendlichen). Denn solange das Verfahren noch schwebt beschäftigt sich der Beschuldigte damit und was viel wichtiger ist: Er hat das Gefühl, solange er ein offenes Strafverfahren hat, muss er sich zurücknehmen. Dies führt zu einer längeren Straffreiheit. Der Effekt ist übrigens auch auf extrem lange Verfahren anwendbar über 3 oder 4 Jahre.

Die ganze Idee der "schnellen Reaktion" basierte vermutlich, so wohl die heutige Erklärung, darauf, dass man den pädagogischen Ansatz der schnellen Reaktion missverstanden hat. In der Pädagogik und der Kindererziehung ist es wichtig, dass unmittelbar und sofort ein Kind sanktioniert oder belohnt wird. Sonst weiß das Kind nämlich nicht mehr, für was es überhaupt bestraft oder belohnt wird. Das "Zeitfenster" beträgt aber nur wenige Sekunden. Eine Ausdehnung auf 2 Wochen (Was wohl die Minimalzeit wäre für die Strafjustiz) zerstört diesen Effekt schon gänzlich. Da hat man in Verfahren die 2 Jahre dauert, rein aus präventiven Gründen, den größeren Effekt. Daher macht es eigentlich gar kein Sinn, solche "Häuser des Jugendrechts" einzurichten.
+1

Kannst Du ggf. - ich kann noch keine PNen schreiben - sagen, auf welche Studien Du Dich dabei beziehst? Ich kenne u.a. die von Bliesener/Thomas, in der tatsächlich ein (allerdings nicht signifikanter) Zusammenhang zwischen längerer Verfahrensdauer und Rückfälligkeit nachgewiesen werden konnte und als Ursache die von Dir schon angeführte Begründung der "Bewährung durch schwebendes Verfahren" vermutet wird. Dann gibt es noch eine Untersuchung von Verrel, und die restlichen Studien, die ich kenne, beleuchten eine solche umgekehrte Korrelation nicht, sondern stellen i.d.R. "nur" darauf ab, dass es eben keinen positiven Effekt schnellerer Bestrafung gebe. Wäre sehr interessant, wenn Du da noch mehr Material hättest, zumal Du ja ausdrücklich darauf hinweist, dass dies auch bei 3-4-jähriger Verfahrensdauer der Fall sei. Danke!

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Montag 20. November 2017, 13:44
von Ara
TobiasG hat geschrieben:
Ara hat geschrieben:
thh hat geschrieben:
Eagnai hat geschrieben:Man müsste die Möglichkeiten, die das Jugendstrafrecht bietet, da einfach konsequenter ausnutzen. Eine Institution wie das "Haus des Jugendrechts", das es inzwischen ja doch in einigen Städten gibt und durch die Versammlung aller beteiligten Stellen unter einem Dach zügigere Eingriffsmöglichkeiten gegen jugendliche Täter bietet, ist da zumindest mal ein Ansatzpunkt.
So die Theorie. Ob die Praxis da auch immer mithalten kann ...
Wobei man dazu sagen muss, dass die Ergebnisse solcher Einrichtungen eher schlecht waren. Der Ansatz "eine möglichst schnelle Sanktion" ist heute überholt, da eine schnelle Reaktion in Studien überraschenderweise eine höhere Rückfallgefahr aufzeigte. Je länger ein Strafverfahren dauert, desto geringer ist das Rückfallrisiko (auch bei Jugendlichen). Denn solange das Verfahren noch schwebt beschäftigt sich der Beschuldigte damit und was viel wichtiger ist: Er hat das Gefühl, solange er ein offenes Strafverfahren hat, muss er sich zurücknehmen. Dies führt zu einer längeren Straffreiheit. Der Effekt ist übrigens auch auf extrem lange Verfahren anwendbar über 3 oder 4 Jahre.

Die ganze Idee der "schnellen Reaktion" basierte vermutlich, so wohl die heutige Erklärung, darauf, dass man den pädagogischen Ansatz der schnellen Reaktion missverstanden hat. In der Pädagogik und der Kindererziehung ist es wichtig, dass unmittelbar und sofort ein Kind sanktioniert oder belohnt wird. Sonst weiß das Kind nämlich nicht mehr, für was es überhaupt bestraft oder belohnt wird. Das "Zeitfenster" beträgt aber nur wenige Sekunden. Eine Ausdehnung auf 2 Wochen (Was wohl die Minimalzeit wäre für die Strafjustiz) zerstört diesen Effekt schon gänzlich. Da hat man in Verfahren die 2 Jahre dauert, rein aus präventiven Gründen, den größeren Effekt. Daher macht es eigentlich gar kein Sinn, solche "Häuser des Jugendrechts" einzurichten.
+1

Kannst Du ggf. - ich kann noch keine PNen schreiben - sagen, auf welche Studien Du Dich dabei beziehst? Ich kenne u.a. die von Bliesener/Thomas, in der tatsächlich ein (allerdings nicht signifikanter) Zusammenhang zwischen längerer Verfahrensdauer und Rückfälligkeit nachgewiesen werden konnte und als Ursache die von Dir schon angeführte Begründung der "Bewährung durch schwebendes Verfahren" vermutet wird. Dann gibt es noch eine Untersuchung von Verrel, und die restlichen Studien, die ich kenne, beleuchten eine solche umgekehrte Korrelation nicht, sondern stellen i.d.R. "nur" darauf ab, dass es eben keinen positiven Effekt schnellerer Bestrafung gebe. Wäre sehr interessant, wenn Du da noch mehr Material hättest, zumal Du ja ausdrücklich darauf hinweist, dass dies auch bei 3-4-jähriger Verfahrensdauer der Fall sei. Danke!
Wie Tobias sich wieder n neuen Account gemacht hat :D

Ich weiß, dass es im Jahr 2012/2013 ein Forschungsschwerpunkt an der Uni Hamburg war und es daher umfangreich behandelt wurde. Ich habs leider in meinen Unterlagen nicht mehr gefunden.

Ich bin aber auf Paeffgen, Zur historischen Entwicklung des „Beschleunigungsdenkens“ im Straf(prozeß)recht, ZJJ 2015, 9 gestoßen. Kann ich leider nicht abrufen, behandelt aber laut Zusammenfassung:

"Die nachfolgenden Überlegungen stellen das inhaltlich geringfügig erweiterte und um Fußnoten ergänzte Eröffnungsreferat dar, das der Verfasser auf einem Symposion an der Universität Hamburg gehalten hat, welches die Kollegen Wilhelm Degener, Florian Jeßberger und Peter Wetzels Ende November 2013 zu dem Thema „Beschleunigung und Jugendstrafverfahren“ ausgerichtet haben. Es bietet einen kurzen Überblick zu einigen Kontroversen um diesen Topos in historischer und dogmatischer Sicht."

Die Chancen sind gut, dass da die gewünschten Quellen sind.

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Montag 20. November 2017, 13:56
von Tobias__21
:eeeek: :eeeek: Damit dürfte das dann wohl auch vom Tisch sein :D

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Montag 20. November 2017, 14:10
von TobiasG
Hey, ich hab mich extra angemeldet, um Tobias_21 zu rehabilitieren ;)

@Ara:

Lieben Dank. Das mit dem Forschungsschwerpunkt der Uni Hamburg werde ich mir nochmals ansehen. Den Aufsatz von Paeffgen habe ich, dieser behandelt indessen eher die Herleitung des Beschleunigungsgedankens sowie die ggf. folgenden Konsequenzen überlanger Verfahrensdauer, trägt aber - studientechnisch - leider nichts Erhellendes bei.

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Montag 20. November 2017, 14:47
von Ara
http://www.foxnews.com/auto/2017/11/19/ ... s-her.html

WOW... Sowas kann es nur in den USA geben.

Das Gericht kann Fahrern auferlegen, dass sie ein Gerät am Auto haben, was alle X Minuten dich auffordert zu pusten und von dir ein Foto macht. Wenn du nicht schnell genug pustest, dann stoppt das Auto und du musst per Hotline das Auto für 100 Dollar wieder freischalten... Nun hat er halt während der Fahrt gepustet...

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Dienstag 21. November 2017, 17:57
von Tobias__21
Weil wir es neulich von yellowpress und dem Alexanderplatz hatten:

https://www.welt.de/vermischtes/article ... ellig.html