Schächten und Art. 4 GG
Moderator: Verwaltung
Schächten und Art. 4 GG
Hi,
kann mir jemand bei meinem kleinen Problemchen weiterhelfen?
Es geht darum, dass ein Muslim eine Genehmigung zum Schächten beantragt die ihm verweigert wird.
Um zu beurteilen, ob Art. 4 verletzt wird, muss man nun schauen, ob die Religionsgemeinschaft von ihm ein Gebot vorschreibt, dass ihn zwingt, nur geschaechtetes Fleisch zu essen, richtig?
Nun las ich allerdings mehrfach, dass die Muslime innerhalb des Islams verscheidene Glaubenszweige bilden, zB sunnitische und schiitische etc.
Kann mir jemand von euch sagen, wie ich in diesem Fall am geschicktesten verfahre? Ich habe keinerlei Angaben zu seiner genauen Zugehörigkeit. SOllte man nun dieses Gebot verneinen, weil der Islam einfach zu pluralistisch aufgebaut ist? Wie würdet ihr vorgehen?
Für Anregungen dankbar,
der Don
kann mir jemand bei meinem kleinen Problemchen weiterhelfen?
Es geht darum, dass ein Muslim eine Genehmigung zum Schächten beantragt die ihm verweigert wird.
Um zu beurteilen, ob Art. 4 verletzt wird, muss man nun schauen, ob die Religionsgemeinschaft von ihm ein Gebot vorschreibt, dass ihn zwingt, nur geschaechtetes Fleisch zu essen, richtig?
Nun las ich allerdings mehrfach, dass die Muslime innerhalb des Islams verscheidene Glaubenszweige bilden, zB sunnitische und schiitische etc.
Kann mir jemand von euch sagen, wie ich in diesem Fall am geschicktesten verfahre? Ich habe keinerlei Angaben zu seiner genauen Zugehörigkeit. SOllte man nun dieses Gebot verneinen, weil der Islam einfach zu pluralistisch aufgebaut ist? Wie würdet ihr vorgehen?
Für Anregungen dankbar,
der Don
- De Owwebacher
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Vielen Dank für diese
Antwort. Ich hatte leider kein Internet, sonst hätte ich mich schon früher bedankt :-)
Darf ich aber nochmal ganz doof fragen: Ich habe bisher meist gelesen, dass der Schutzbereich des Art 4 nicht eröffnet wäre, wenn die Religion zwar das Schächten, nicht aber der Genuss von Fleisch gebietet.
Hast du zufällig nen Namen von einem Autor, der die von dir genannte Meinung vertritt?
Und wie würdet ihr denn vorgehen, wenn man nicht genau weiss, was der Betroffene denkt? Wenn man nur weiss, dass er nach seinem Glauben leben will und eine Ausnahmegenehmigung für das Schächten will? Würdet ihr daraus dann einfach ableiten dass er das für absolut notwendig hält, und Art 4 einfach durchprüfen?
LG,
Der Don
Darf ich aber nochmal ganz doof fragen: Ich habe bisher meist gelesen, dass der Schutzbereich des Art 4 nicht eröffnet wäre, wenn die Religion zwar das Schächten, nicht aber der Genuss von Fleisch gebietet.
Hast du zufällig nen Namen von einem Autor, der die von dir genannte Meinung vertritt?
Und wie würdet ihr denn vorgehen, wenn man nicht genau weiss, was der Betroffene denkt? Wenn man nur weiss, dass er nach seinem Glauben leben will und eine Ausnahmegenehmigung für das Schächten will? Würdet ihr daraus dann einfach ableiten dass er das für absolut notwendig hält, und Art 4 einfach durchprüfen?
LG,
Der Don
- Kritschgau
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Hehe,
dann sollte ich die Urteile einfach NOCHMAL lesen.
Und dann hoffen wir mal, dass ein solcher Sacherhalt nie gestellt werden wird
Und dann hoffen wir mal, dass ein solcher Sacherhalt nie gestellt werden wird
- Kritschgau
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NJW 2002, 663 ff Wünsche auch keinem den Schächten-Fall als Klausur...Bezugspunkt für diese Prüfung sind aber bei einer Religion, die wie der Islam zum Schächtgebot unterschiedliche Auffassungen vertritt, nicht notwendig der Islam insgesamt oder die sunnitischen oder schiitischen Glaubensrichtungen dieser Religion. Die Frage nach der Existenz zwingender Vorschriften ist vielmehr für die konkrete, gegebenenfalls innerhalb einer solchen Glaubensrichtung bestehende Religionsgemeinschaft zu beantworten
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Achtung: In der Schächtentscheidung geht das BVerfG gerade nicht von einem Eingriff in Art. 4 aus, sondern prüft Art. 2 I i.V.m. Art. 4. Wie das zu verstehen ist, ist nicht völlig klar. Das hat zu sehr viel dogmatischer Aufregung und zT harscher Kritik am BVerfG geführt, siehe etwa Kahl, Der Staat 2004 mit Erwiderung Hoffmann-Riem. Der Schächt-Beschluss ist nicht nur gesellschaftspolitisch, sondern auch dogmatisch eine der umstrittensten Entscheidungen des BVerfG in den letzten Jahren.
- Kritschgau
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Soweit ich weiß, hat sich der türkische Metzger im Schächtungs-Fall unter anderem auf seine Berufsfreiheit berufen, oder net? Art. 12 GG ist ja bekanntlich ein Deutschengrundrecht.Flanke hat geschrieben:Achtung: In der Schächtentscheidung geht das BVerfG gerade nicht von einem Eingriff in Art. 4 aus, sondern prüft Art. 2 I i.V.m. Art. 4. Wie das zu verstehen ist, ist nicht völlig klar. Das hat zu sehr viel dogmatischer Aufregung und zT harscher Kritik am BVerfG geführt, siehe etwa Kahl, Der Staat 2004 mit Erwiderung Hoffmann-Riem. Der Schächt-Beschluss ist nicht nur gesellschaftspolitisch, sondern auch dogmatisch eine der umstrittensten Entscheidungen des BVerfG in den letzten Jahren.
Deshalb hat das BVerfG einfach die Allgemeine Handlungsfreiheit genommen und diese im Lichte von Art. 12 und auch Art. 4 GG ausgelegt.
-
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Ich halte die Schächt-Entscheidung für richtig. Wenn man einen solchen Fall unter Art. 4 packt, kommt man auf Rechtfertigungsebene nicht umhin, weiteste Schrankenvorbehalte zuzulassen - zum Schaden des Kernbereichs der Religionsfreiheit. Ein vorbehaltlos garantiertes Grundrecht ist dann letztlich leichter einzuschränken als eines, das unter Gesetzesvorbehalt steht. Insofern sehe ich auch nicht, warum das andere Vorgehen "überflüssig" sein soll.
Dass Art. 2 I hier wegen der Staatsangehörigkeit des Metzgers relevant war, stimmt schon. Die entscheidende Frage ist aber, ob Art. 4 als Abwehrrecht oder (so wohl das BVerfG) nur in seiner objektiv-rechtlichen Funktion greift.
Dass Art. 2 I hier wegen der Staatsangehörigkeit des Metzgers relevant war, stimmt schon. Die entscheidende Frage ist aber, ob Art. 4 als Abwehrrecht oder (so wohl das BVerfG) nur in seiner objektiv-rechtlichen Funktion greift.
- Kritschgau
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Hehe,
hier ging es ja noch richtig rund
Ich hab mir jetzt nochmal so meine Gedanken gemacht...mal sehen was die Leute mit mehr Ahnung dazu sagen.
Dem moslemischen Herren ist durch den Koran der Verzehr von geschächtetem Fleisch erlaubt, nicht aber geboten. Demnach wäre der Schutzbereich von Art. 4 ja erstmal nicht eröffnet (Pieroth/Schlink, 2005, Rn 515). Aaaber es ist wohl nicht passend, wenn Gerichte und Behörden abwägen, was für einen Gläubigen erforderlich ist oder nicht...
Wenn der A nun plausibel darlegen kann, dass es FÜR IHN zur Religion gehört, dann ist SB (+), wa?
Und der Eingriff wird dann durch Art. 20a GG gerechtfertigt....
Hört sich doch ganz gut an, oder?
Grüße,
Der Don
Ich hab mir jetzt nochmal so meine Gedanken gemacht...mal sehen was die Leute mit mehr Ahnung dazu sagen.
Dem moslemischen Herren ist durch den Koran der Verzehr von geschächtetem Fleisch erlaubt, nicht aber geboten. Demnach wäre der Schutzbereich von Art. 4 ja erstmal nicht eröffnet (Pieroth/Schlink, 2005, Rn 515). Aaaber es ist wohl nicht passend, wenn Gerichte und Behörden abwägen, was für einen Gläubigen erforderlich ist oder nicht...
Wenn der A nun plausibel darlegen kann, dass es FÜR IHN zur Religion gehört, dann ist SB (+), wa?
Und der Eingriff wird dann durch Art. 20a GG gerechtfertigt....
Hört sich doch ganz gut an, oder?
Grüße,
Der Don