Anwendbarkeit des §242 BGB

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

Moderator: Verwaltung

Gelöschter Nutzer

Anwendbarkeit des §242 BGB

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hallo,

ich Frage mich gerade, inwieweit § 242 BGB Leistungsverweigerung für Schuldner begründen könnte.

Zum einen ist dies ja durch eine Einrede gemäß § 275 II möglich, aber gibt es noch weitere - eventuell analoge - Anwedungen in Richtung Unmöglichkeit und Leistungsstörung? Vielleicht sogar hinsichtlich § 275 I ?

Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.

Neri
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Baron
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Beitrag von Baron »

z.B. wenn ein "venire contra factum proprium" seitens des gläubigers vorliegt.

ganz wichtig : den 242 nur dann anwenden, wenn auch ein anerkannter fall seiner anwendung vorliegt. die vorschrift nie selber ins spiel bringen, wenn man gerade nicht weiter weiss oder mit der lösungs unzufrieden ist.
Zuletzt geändert von Baron am Montag 6. März 2006, 15:43, insgesamt 1-mal geändert.
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droit77
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Beitrag von droit77 »

...was ganz neues, es gibt für Treu und Glauben feste Regeln??? :-k
Der Pöbel hätte mich fast gesteinigt wie er hörte, ich sei ein Jurist. (J.W. v. Goethe)
Eine friedliche und einträchtige Welt ist der geheime Alptraum der Militärs und der Advokaten. (Norman Mailer)
ProstG!
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Beitrag von ProstG! »

Ja. § 242 ist dem BGH vorbehalten. :)
"Der Stellvertreter hat nur dann die Rechte und Pflichten des Vorsitzenden, wenn dieser behindert ist" (§ 107 I 3 AktG)
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Baron
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Beitrag von Baron »

droit77 hat geschrieben:...was ganz neues, es gibt für Treu und Glauben feste Regeln??? :-k
aber hallo.... natürlich. oder meinst Du jeder student darf in seiner klausur seine lösung gem. 242 so hinbiegen wie er will ?
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Baron von Igidor hat geschrieben:
droit77 hat geschrieben:...was ganz neues, es gibt für Treu und Glauben feste Regeln??? :-k
aber hallo.... natürlich. oder meinst Du jeder student darf in seiner klausur seine lösung gem. 242 so hinbiegen wie er will ?
Genau, das nennt man Bildung von Fallgruppen! Eine übliche Technik in der Rechtswissenschaft.
Neben dem Verbot des venire contra factum usw. gibt's zB noch den dolo agit-Satz und ähnliches.
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TaxMan
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Beitrag von TaxMan »

ProstG! hat geschrieben:Ja. § 242 ist dem BGH vorbehalten. :)
Baron von Igidor hat geschrieben:
droit77 hat geschrieben:...was ganz neues, es gibt für Treu und Glauben feste Regeln???
aber hallo.... natürlich. oder meinst Du jeder student darf in seiner klausur seine lösung gem. 242 so hinbiegen wie er will ?

zu beiden kann ich nur sagen:

=D> =D> =D> =D>
Wer bei Vermietungs- und Gewinneinkünften keinen Steuerberater aufsucht, handelt i.d.R. grob fahrlässig.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Danke für eure Antworten.

Ich überlege gerade explizit daran, wie ich einen Ausschluss nach 275 I mit den Grundsätzen von Treu und Glauben bejahen kann um dann eine Teilunmöglichkeit anzunehmen.

Wird ne hahnebüchene Argumentation, aber mal was neues ;o). Hat jemand von euch Ideen, ob das klappt? Denke eventuell an eine Anwendung der Schrankenfunktion des 242.
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Baron
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Beitrag von Baron »

Neri hat geschrieben:Danke für eure Antworten.

Ich überlege gerade explizit daran, wie ich einen Ausschluss nach 275 I mit den Grundsätzen von Treu und Glauben bejahen kann um dann eine Teilunmöglichkeit anzunehmen.

Wird ne hahnebüchene Argumentation, aber mal was neues ;o). Hat jemand von euch Ideen, ob das klappt? Denke eventuell an eine Anwendung der Schrankenfunktion des 242.
ich habe eine idee : das klappt nicht. die vss. des 275 sind doch recht eindeutig. versuch bloss nicht, da was mit dem 242 zu drehen :)
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Neri hat geschrieben:Danke für eure Antworten.

Ich überlege gerade explizit daran, wie ich einen Ausschluss nach 275 I mit den Grundsätzen von Treu und Glauben bejahen kann um dann eine Teilunmöglichkeit anzunehmen.

Wird ne hahnebüchene Argumentation, aber mal was neues ;o). Hat jemand von euch Ideen, ob das klappt? Denke eventuell an eine Anwendung der Schrankenfunktion des 242.

in 275 ist auch die teilunmöglichkeit normiert (vgl. der wortlaut "soweit"). da brauchst du nix über 242 zu pfuschen.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hm.
Ich habe folgenden Sachverhalt im Medicus (Bürgerliches Recht) gelesen (ungefähr):

A züchtet Ferkel. Hat 80 Stück einer Rasse gezüchtet. Er verkauft B 40 und C 20. Durch die Schweinepest sterben 60 Stück.

Jetzt meint Medicus (im Einklang mit einem Urteil des RGZ (RGZ 84, 135), dass hier eine Gefahrengemeinschaft entsteht und der A die Ferkel nach Treu und Glauben aufteilen muss.

Soweit ist das alles klar, aber wie beziehe ich sowas denn in eine Prüfung ein, denn irgendwo muss ich ja ne Teilunmöglichkeit dahingehend bejahen, dass er die Ferkel nach den Grundsätzen aufteilen muss.

Ansonsten würde ja auf sowohl seitens des B ( Teilunmöglichkeit, Anspruch auf verbleibende 20), als auch seitens des C (Anspruch auf seine 20 ja noch möglich) einen Anspruch bejahen.

Eine Möglichkeit wäre natürlich danach eine Anspruchskonkurrenz festzustellen. Aber das erscheint mir wenig elegant.

Was meint ihr?
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droit77
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Beitrag von droit77 »

Baron von Igidor hat geschrieben: aber hallo.... natürlich. oder meinst Du jeder student darf in seiner klausur seine lösung gem. 242 so hinbiegen wie er will ?
aber hallo...meinst du vielleicht jeder richter darf in seinem urteil seine lösung gemäß 242 hinbiegen wie er gerade lustig ist???

@ neri: ohne medicus zu sein, wäre ich als eresti auch auf diese lösung gekommen und kann ihr nur zustimmen
Der Pöbel hätte mich fast gesteinigt wie er hörte, ich sei ein Jurist. (J.W. v. Goethe)
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Beitrag von Baron »

droit77 hat geschrieben:
Baron von Igidor hat geschrieben: aber hallo.... natürlich. oder meinst Du jeder student darf in seiner klausur seine lösung gem. 242 so hinbiegen wie er will ?
aber hallo...meinst du vielleicht jeder richter darf in seinem urteil seine lösung gemäß 242 hinbiegen wie er gerade lustig ist???
nein. habe ich auch nie gesagt.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

@ droit77: Die Lösung ist ja auch klar. Die Frage ist, wie komme ich dazu.

Entweder durch eine Einrede gem. § 275 II

oder

durch eine Teilunmöglichkeit, folgend aus der Konkretisierungsfunktion des § 242. Würde mich nun für letzteres entscheiden.

Der gute Medicus hat nämlich an dieser Stelle nicht erwähnt, über welchen Weg er dahin gelangt.

PS: Du hattest im 1. Semester schon Schuldrecht? Ich damals nicht ...
Lacan
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Beitrag von Lacan »

Ich würde es als Leistungsververigerungsgrund nach § 275 II 1 prüfen, bei dem § 276 I 1 eine Rolle spielt: Soweit der Sch durch Vereinbarung einer Gattungsschuld ein Beschaffungsrisiko übernommen hat, hat er das Leistungshindernis nach § 276 I 1 zu vertreten, was sich iRd Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 275 II 1 zu seinen Lasten auswirkt (Lorenz, Lehrb z neuen SchR [2002] Rn 313; vgl auch Zimmer NJW 2002, 1, 11).
Von seiner Leistungspflicht wird er aber insbesondere dann frei, wenn die Gattung teilweise untergegangen ist und der Sch daher das Recht hat die Forderungen zu kürzen (Palandt 243, 3).
Vernunft – ein anderer Ausdruck für Ahnungslosigkeit in Bezug auf Widersprüche zwischen Zwecken und Mitteln (Luhmann)
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