Frage zu 812 BGB

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

Moderator: Verwaltung

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Gelöschter Nutzer

Frage zu 812 BGB

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hallo Zusammen,

ich habe eine Frage zur unberechtigten Bereicherung, § 812 BGB. SV: A wohnt zu Miete. Nach einem 1 Jahr wird ein Sachmangel an der Mietsache erkennbar, welcher den A zur Mietminderung nach § 536 BGB berechtigt. Er hat also für das ganze Jahr zuviel Miete gezahlt (pro Monat 100 €). Diese 1200 € möchte er gerne nun gegen die kommenden Mietzinszahlungen aufrechnen. Bei der Aufrechnung komme ich schließlich zu den Prüfungspunkt der Aufrechnungslage § 387 BGB. Hier muss ich die Gegenforderung benennen, welche sich aus 812 BGB ergibt.

Nur jetzt bin am zweifeln nach welcher Anspruchsgrundlage der A sein Geld wiederbekommt. Entweder nach § 812 I 1 Alt. 1 BGB > Die Leistung erfolgte ohne Rechtsgrund oder nach § 812 I 2 Alt. 1 BGB > Der Rechtsgrund für die Leistung fällt nachträglich weg.

Kann man hier überhaupt sagen, dass der Rechtsgrund (hier die Zahlung des Mietzinses) teilweise erst nachträglich weggefallen ist ? War die Leistung nicht von Anfang teilweise rechtsgrundlos, da ja auch der Mietmangel seit Anfang der Mietzeit (zwar unendeckt) bestand? Oder kann der Rechtsgrund nachträglich teilweise weggefallen sein, da der A nach einem Jahr Kenntnis von dem Mietmangel erlangt hat und dadurch kraft Gesetz die Minderung gemäß § 636 BGB eintritt.

Ich weiss nicht so recht, auf welche Kriterien ich hier abzustellen habe. Wäre ganz nett, wenn mir einer von euch eine kleine Gedankenstütze geben könnte. :-({|=

Grüsse

DAX
Lacan
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Beitrag von Lacan »

Du stellst auf das Rechtsverhältnis ab und nicht auf die Kenntnis: Wenn A zur Minderung berechtigt ist und trotzdem (aus Unkenntnis des Minderungsgrundes oder des Minderungsrechts) zahlt, dann fehlt von Anfang zu einem Teil der Rechtsgrund. Von der Rechtsgrundlosigkeit wird er Leistende regelmäßig erst im Nachhinein Kenntnis erlangt haben, sonst läge womöglich ein Fall des § 814 vor. Es ist so aber ein Fall der LK gem § 812 I 1 (1).
Vernunft – ein anderer Ausdruck für Ahnungslosigkeit in Bezug auf Widersprüche zwischen Zwecken und Mitteln (Luhmann)
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Erst einmal vielen Dank für deine Antwort. Ich bin trotzdem noch einwenig verunsichert. Das man nicht auf den Zeitpunkt der Kenntnis abzustellen hat ist mir jetzt klar.

Ich bin jedoch am überlegen, ob nicht doch § 812 I 2 Alt. 1 BGB als Anspruchsgrundlage in Betracht kommt. Die Mietzinszahlung besteht nun für den A auch weiterhin, nur diese ist kraft Minderung § 636 BGB für die Vergangenheit und für die Zunkunft reduziert worden. Damit ist der Rechtsgrund doch nachträglich teilweise weggefallen. Rechtsgrund war doch, die Miete in voller Höhe zu zahlen.

Ferner bin ich mir nicht sicher ob der Rechtsgrund nur zum Teil wegfallen kann oder ob er ganz erlöschen muss. Habe irgendwie einen Knoten im Kopf... Bin für jede Hilfe dankbar.

Gruss

DAX
Deus Ex Machina
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Beitrag von Deus Ex Machina »

Die Leistung kann auch nur zum Teil rechtsgrundlos erfolgt sein, das ist ja bei Mietminderungen, wo der Mieter das Geld über den § 812 zurückbekommt auch häufig der Fall, wenn die Tauglichkeit eben nicht völlig entfällt.

Hinsichtlich der Frage "rechtsgrundlos" oder "später weggefallen" tendiere ich eher zur zweiten Alternative, weil die Minderung nach § 536 rechtsvernichtende Wirkung hat, der Rechtsgrund also später wieder wegfällt, und keine rechtshindernde. Ähnlich wie bei der Anfechtung könnte es aber sein, dass sich darum dann wieder unnötigerweise gestritten wird.
Evtl. (da bin ich mir jetzt alles andere als sicher) hängt das auch davon ab, ob der Mangel von Anfang an bestanden hat (z.B. zu kleine Wohnung) oder später dazukam...
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

ganz unnötig wäre der Streit nicht: keine Anwendbarkeit von § 814 bei condictio ob causam finitam.
Lacan
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Beitrag von Lacan »

Das Problem sehe ich darin, dass es sich um ein Dauerschuldverhältnis handelt. Für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Mietvertrages gibt es die Spezialregelung des § 547 I. Dass es sich dabei grds um einen Fall der condictio ob causam finitam handelt, liegt an der zeitlichen Wirkung der (außerordentlichen) Kündigung: sie wirkt ab dem Zeitpunkt der Erklärung.

Die Minderungswirkung des § 536 I 2 tritt aber ab dem Zeitpunkt ein, ab dem der Minderungsgrund bestanden hat: "für die Zeit". Die Minderungswirkung tritt, anders als im KaufR (durch Erklärung ggüb d Verkäufer, § 441 I 1) kraft Gesetzes ein. Wenn der Mieter den vollen Mietzins entrichtete, obwohl ein gesetzliches Minderungsrecht bestand, dann meine ich, fehlte der Rechtsgrund (für die Zahlung in voller Höhe) von Anfang an. Palandt 536, 37 spricht vom Anspr aus § 812 und will für alle sonstigen Vorleistungen den § 812 I 2 (1) anwenden (Palandt 812, 80); freilich ohne Begründung. Das halte ich aus genannten Gründen für falsch. Kann aber auch sein, dass ich einen Knoten im Kopf habe.
Vernunft – ein anderer Ausdruck für Ahnungslosigkeit in Bezug auf Widersprüche zwischen Zwecken und Mitteln (Luhmann)
Lacan
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Beitrag von Lacan »

Daniel22 hat geschrieben:ganz unnötig wäre der Streit nicht: keine Anwendbarkeit von § 814 bei condictio ob causam finitam.
Das sehe ich von der Dogmatik her auch so. Wenn der Mieter bewusst nicht mindert oder wenigstens die Zahlung unter Vorbehalt stellt, muss es eine Möglichkeit geben, ihm die Kondiktion zu verwehren.
Vernunft – ein anderer Ausdruck für Ahnungslosigkeit in Bezug auf Widersprüche zwischen Zwecken und Mitteln (Luhmann)
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Vielen Dank für eure netten Antworten vor allem an Lacan. Ich werde die ganze Geschichte mal die Tage in der Bib nachlesen. Jedenfalls ist jetzt schon einmal klar, dass es wohl einen Streit (wenn auch einen kleinen) über die Anspruchsgrundlage geben muss.

Gruss

DAX

Ergebnis werde ich die Tage hier vorstellen.
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Motte
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Beitrag von Motte »

Lacan hat geschrieben:
Daniel22 hat geschrieben:ganz unnötig wäre der Streit nicht: keine Anwendbarkeit von § 814 bei condictio ob causam finitam.
Das sehe ich von der Dogmatik her auch so. Wenn der Mieter bewusst nicht mindert oder wenigstens die Zahlung unter Vorbehalt stellt, muss es eine Möglichkeit geben, ihm die Kondiktion zu verwehren.
Nach der Rechtsprechung hat tritt nach 6 Monaten Verwirkung ein (LG Köln, WuM'88, 15 ; LG Paderborn, MDR'89, 455 ; AG Frankfurt, WuM'92, 242)
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