Richtlinienkonforme Auslegung

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Gelöschter Nutzer

Richtlinienkonforme Auslegung

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hallo an alle da draußen,

kann mir vielleicht jemand von euch erklären, wie man eine richtlinienkonforme Auslegung der Vorschriften des BGB vornimmt? Gibt es da ein bestimmtes Schema, an das ich mich halten muss? Ich verstehe echt nicht, wie man so was machen muss. Und worauf ich achten muss. Es wäre echt lieb, wenn ihr mir helfen könntet!

Vielen Dank im voraus und viele Grüße an die gesamte Juristenwelt
Babu
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Also ein konkretes Schema kann ich dafür auch nicht liefern.

In dem Zusammenhang fällt mir nur ein: Eben so auslegen, dass es mit der Richtline vereinbar ist. Das hat aber darin seine Grenzen, wenn man entgegen dem klaren Wortlaut das Gesetz "hinbiegt" ,so dass es passt. Das ist, soweit ich weiß, nicht erlaubt.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Wenn`s in einer Klausur darauf mal wirklich ankommt, wird die Richtlinie abgedruckt. Richtlinien stehen nämlich weder im Schönfelder noch im Sartorius. Ansonsten wird bei manchen Problemen eine gewisse Kenntnis der Richtlinie vorausgesetzt, das lernt man aber automatisch mit, wenn man sich mit dem Problem auseinandersetzt.
Ansonsten kann man Eindruck beim Korrektor machen, wenn man die Intention der Richtlinie kennt.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Mal eine ganz praktische Frage: Was ist eigentlich die gängige Sammlung für EU-Sekundärrecht? Ich nehme mal an, da gibt es eine Loseblatt-Sammlung in einigen Bänden, oder? Wie heißen die Herausgeber?

Weiß das jemand?
Christoph
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Beitrag von Christoph »

Manolaw hat geschrieben:Mal eine ganz praktische Frage: Was ist eigentlich die gängige Sammlung für EU-Sekundärrecht? Ich nehme mal an, da gibt es eine Loseblatt-Sammlung in einigen Bänden, oder? Wie heißen die Herausgeber?
Im Sartorius II die Ordnungsnummern 160-192, http://europa.eu.int/eur-lex/lex/de/index.htm (Verwaister Link automatisch entfernt), http://www.amicuria.org/service/cx3-fr.htm und das Amtsblatt.
BöhserOnkel
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Beitrag von BöhserOnkel »

Wird die Richtlinie dann nur bei unbestimmten Rechtsbegriffen relevant? Denn wenn das Gesetz der RL klar entgegensteht wirkt die RL ja nicht zwischen privaten, d.h. wenn der Wortlaut des Gesetzes sich nicht mit der RL vereinbaren lässt findet sie im Zivilrecht keine Anwendung oder?
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Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Interessante Frage.
Wenn das Gesetz der RLinie entgegensteht, wird es jedenfalls nicht angewendet. Aber was würde denn dann pasieren, wenn keine sonstige "passende" Sachregelung vorhanden ist und -wie du schreibst- die RLinie nicht direkt anwendbar ist ? :-k

Aber vielleicht ist das auch praktisch gar nicht relevant, weil man dann eben irgendwie immer Normen findet, die drauf passen...
BöhserOnkel
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Beitrag von BöhserOnkel »

Daniel22 hat geschrieben:Interessante Frage.
Wenn das Gesetz der RLinie entgegensteht, wird es jedenfalls nicht angewendet. Aber was würde denn dann pasieren, wenn keine sonstige "passende" Sachregelung vorhanden ist und -wie du schreibst- die RLinie nicht direkt anwendbar ist ? :-k
Das hab ich aus der Vorlesung Europarecht irgendwie anders in Erinnerung... Wenn das Gesetz nicht richtlinienkonform ist weil die RL zb vom Mitgliedsstaat nicht rechtzeitig oder falsch umgesetzt wurde, dann gilt im Verhältnis zwischen privaten Parteien doch das Gesetz, nicht die RL (RL haben vertikale, keine horizontale Wirkung).

Da gabs doch diesen Fall mit der Italienerin, die ein Haustürgeschäft abschliesst und dann widerrufen will. Italien hat die Verbraucherschutzrichtlinie zu Haustürgeschäften nicht umgesetzt, im nationalen Gesetz fehlt eine Widerrufsregelung für solche Geschäfte. Hier konnte sich die Italienerin nicht auf die RL berufen sondern es war nationales Recht anzuwenden und sie war auf Amtshaftungsansprüche gegen den Staat verwiesen. Oder hab ich das total verpeilt? :-s
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Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Also eins vorweg: Ich hab noch nicht besonders viel Europarecht hinter mir :D

Aber ist es nicht so, dass ein Gesetz, wenn es gegen Europarecht verstößt nicht angewendet werden darf ? Das läuft doch meistens dann so ab, dass eine Vorlage zum EuGH geht und der EuGH das Gesetz dann z.B. für nicht Richtlinienkonform erklärt (bezw. eine richtlinienkonforme Auslegung für ausgeschlossen erklärt) ? Folglich darf es nicht angewendet werden, oder ? :-k
Zuletzt geändert von Gelöschter Nutzer am Sonntag 12. März 2006, 17:10, insgesamt 1-mal geändert.
Christoph
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Beitrag von Christoph »

Daniel22 hat geschrieben:Wenn das Gesetz der RLinie entgegensteht, wird es jedenfalls nicht angewendet.
So pauschal nicht richtig, weil der Unterschied zwischen RL und VO eingeebnet würde, was mit dem Prinzip der begrenzten Ermächtigung nicht zu vereinbaren ist. Zudem müsste man ja nie den Fristablauf abwarten, wodurch die besonderen Voraussetzungen der h.M. für die unmittelbare Anwendung ad absurdum geführt würden.
Christoph
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Beitrag von Christoph »

Daniel22 hat geschrieben:Aber ist es nicht so, dass ein Gesetz, wenn es gegen Europarecht verstößt nicht angewendet werden darf ?
Der Anwendungsvorrang des EuropaR i.e.S. bezieht sich m.E. nur auf die Akte, die die EG rechtsverbindlich endgültig setzen darf. Das ist bei einer RL grds. nicht der Fall.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

marlin4 hat geschrieben: Zudem müsste man ja nie den Fristablauf abwarten, wodurch die besonderen Voraussetzungen der h.M. für die unmittelbare Anwendung ad absurdum geführt würden.
Das Argument stimmt glaub ich hier nicht. Denn die h.M. kennt die unmittelbare Anwendung bei "nicht ordnungsgemäßer oder nicht fristgerechter Umsetzung". Das wäre hier zwar dann eine nicht ordnugsgemäße Umsetzung, aber unmittelbare Anwendung scheitert -wie ihr geschrieben habt- daran, dass kein subj. Recht ggÜ dem Mitgliedsstaat geltend gemacht werden kann bei rein privatrechtl. Normen.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Ich glaube Ihr seht das alles viel zu juristisch. EU-Richtlinien gelten nicht unmittelbar. Wenn also ein Gesetz im Widerspruch zur Richtlinie steht, gilt das Gesetz. Für den betreffenden Staat ist das unangenehm, weil er gegen EU-Recht verstößt. Um z.B. der BRD diese Peinlichkeit zu ersparen, hat irgendjemand - vermutlich der BGH - die richtlinienkonforme Auslegung erfunden: Im Gewande einer vermeintlichen "Auslegung" wird das nationale Recht ignoriert und so getan, als habe es einen mit der Richtlinie vereinbaren Inhalt. Dadurch erspart die Justiz dem Gesetzgeber das Tätigwerden und der Gesetzgeber kann gegenüber Anfeindungen aus der EU ganz bequem darauf verweisen, dass ein seinem Staat die Justiz für die Umsetzung der Richtlinie sorgt.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Doofmann hat geschrieben:Ich glaube Ihr seht das alles viel zu juristisch. EU-Richtlinien gelten nicht unmittelbar. Wenn also ein Gesetz im Widerspruch zur Richtlinie steht, gilt das Gesetz.
Naja, so pauschal stimmt es aber auch nicht. Wenn die Richtlinie dem Bürger ein subjektives Recht gegenüber dem Mitgliedsstaat einräumt und die sonstigen Voraussetzungen zur unmittelbaren Geltung von RLinien vorliegen (Umsetzbarkeit ohne Gesestzgebungsakte usw.), dann wird eben die Richtlinie unmittelbar angewendet auch wenn das Gesetz entgegensteht. Richtlinienkonforme Auslegung ist meines Wissens nur möglich, wenn dabei nicht der klare Wortlaut entgegensteht. Irgendwo hört halt mal das Auslegen auf...
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droit77
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Beitrag von droit77 »

BöhserOnkel hat geschrieben: Wenn das Gesetz nicht richtlinienkonform ist weil die RL zb vom Mitgliedsstaat nicht rechtzeitig oder falsch umgesetzt wurde, dann gilt im Verhältnis zwischen privaten Parteien doch das Gesetz, nicht die RL
so hab ich das auch mitbekommen. aber der benachteiligte bürger, der sich auf die RL berufen könnte, kann seinen staat auf SE verklagen. interessant finde ich diese regelung, dass die VO zwar direkt im nationalen recht gilt, die RL nur indirekt, aber das EU-Recht trotzdem ein höherrangiger rechtskreis ist als das GG :-k
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