Wenn er doch vorhat, den Riegel zu bezahlen, dann kann ich mir schon vorstellen, dass ein Laie davon ausgehen könnte, einen anspruch auf den Riegel zu haben. Die Parallelwertung in der Laiensphäre setzt ja gerade nicht voraus, dass der Täter die juristischen Kenntnisse hat, um zu erkennen wann der Anspruch auf den Riegel besteht...Winkeladvokat hat geschrieben:Ich weiß nicht, wie man dazu kommen kann, anzunehmen, dass wenn man ein plötzliches Hungergefühl im Supermarkt bekommt, einen Anspruch auf den Schokoriegel zu haben. Da bringt auch die beste Parallelwertung in der Laiensphäre mE nix. Als StA würde ich die ganze Sache natürlich wegen Geringfügigkeit einstellen.
Verzehr von Lebensmitteln vor der Kasse - § 242 trotz Bezahlen?
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Der SachV lässt nur erkennen, dass A meinte, sein Verhalten sei nicht verboten. Woraus A aber einen Anspruch auf den Schokoriegel abgeleitet haben könnte, lässt der SachV offen. Das macht es ja so schwierig.
Deswegen können wir uns das auch nicht so einfach machen und sagen: A hatte keine Vorstellung darüber, woraus sich sein Anspruch ableiten könnte. Also handelte er vorsätzlich hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Bereicherung.
Weil dort nämlich steht, dass A meinte, sein Verhalten sei nicht verboten, aber wohl gegen den Willen des Ladeninhabers, müssen wir die Irrtumsproblematik erläutern und insbesondere klären, ob schon die Vorstellung vom Handeln gegen den Willen des Ladeninhabers geeignet ist, einen Vorsatz bzgl der Rechtswidrigkeit zu begründen.
Wenn jemand wirklich nur meinte, es sei dem Supermarktinhaber nicht recht (was völlig abwegig ist), hatte er dann einen wenigstens bedingten Vorsatz darüber, gegen eine allgemeine Norm zu verstoßen?
Der Knackpunkt ist, wenn man den Sachverhalt ausnahmsweise ernst nimmt, die rechtliche Qualität der Vorstellung: A meint gegen die Befindlichkeit eines Einzelnen zu verstoßen, nicht aber gegen eine allgemeine Norm. Kann man das gelten lassen, ohne den A für geschäftsunfähig erklären zu müssen?
Deswegen können wir uns das auch nicht so einfach machen und sagen: A hatte keine Vorstellung darüber, woraus sich sein Anspruch ableiten könnte. Also handelte er vorsätzlich hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Bereicherung.
Weil dort nämlich steht, dass A meinte, sein Verhalten sei nicht verboten, aber wohl gegen den Willen des Ladeninhabers, müssen wir die Irrtumsproblematik erläutern und insbesondere klären, ob schon die Vorstellung vom Handeln gegen den Willen des Ladeninhabers geeignet ist, einen Vorsatz bzgl der Rechtswidrigkeit zu begründen.
Wenn jemand wirklich nur meinte, es sei dem Supermarktinhaber nicht recht (was völlig abwegig ist), hatte er dann einen wenigstens bedingten Vorsatz darüber, gegen eine allgemeine Norm zu verstoßen?
Der Knackpunkt ist, wenn man den Sachverhalt ausnahmsweise ernst nimmt, die rechtliche Qualität der Vorstellung: A meint gegen die Befindlichkeit eines Einzelnen zu verstoßen, nicht aber gegen eine allgemeine Norm. Kann man das gelten lassen, ohne den A für geschäftsunfähig erklären zu müssen?
Vernunft – ein anderer Ausdruck für Ahnungslosigkeit in Bezug auf Widersprüche zwischen Zwecken und Mitteln (Luhmann)
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Aber was für ein Irrtum ist das dann?BöhserOnkel hat geschrieben:Wenn er doch vorhat, den Riegel zu bezahlen, dann kann ich mir schon vorstellen, dass ein Laie davon ausgehen könnte, einen anspruch auf den Riegel zu haben. Die Parallelwertung in der Laiensphäre setzt ja gerade nicht voraus, dass der Täter die juristischen Kenntnisse hat, um zu erkennen wann der Anspruch auf den Riegel besteht...
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Also dann machen sich aber viele wegen Diebstahls strafbar.
Selbst ich habe mal Taschentücher aus der Packung genommen, weil ich schnupfte und habe das Eis vor der Kasse schon geöffnet, weil die Schlange so lang war. Wie oft sehe ich Kleinkinder die ihre Schokolade schon vorher bekommen.
Ich sehe auch den Tatbestand bereits am Vorsatz scheitern, wenn ich mit der Verpackung zur Kasse gehe und ordnungsgemäß bezahle, dann habe ich keinen Vorsatz etwas zu stehlen.
Vieleicht kann man schon die Wegnahme verneinen. Der Gewahrsam wurde nicht gebrochen, da ich, und die Schokolade, ja noch nicht den Kassenbereich verlassen haben. Zwar ist die Schokolade unwiderbringlich verschwunden, aber die Verpackung mit dem Strichcode ist ja noch da
Selbst ich habe mal Taschentücher aus der Packung genommen, weil ich schnupfte und habe das Eis vor der Kasse schon geöffnet, weil die Schlange so lang war. Wie oft sehe ich Kleinkinder die ihre Schokolade schon vorher bekommen.
Ich sehe auch den Tatbestand bereits am Vorsatz scheitern, wenn ich mit der Verpackung zur Kasse gehe und ordnungsgemäß bezahle, dann habe ich keinen Vorsatz etwas zu stehlen.
Vieleicht kann man schon die Wegnahme verneinen. Der Gewahrsam wurde nicht gebrochen, da ich, und die Schokolade, ja noch nicht den Kassenbereich verlassen haben. Zwar ist die Schokolade unwiderbringlich verschwunden, aber die Verpackung mit dem Strichcode ist ja noch da
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Obgleich man den Vorsatz verneinen könnte, liegt obj auf jeden Fall Gewahrsamsbruch vor, wenn ich eine Sache aufesse.
Der Vorsatz, etwas aufzuessen (sich einzuverleiben im wahrsten Sinne) und damit die Umstände kennen, die zum Gewahrsamsbruch führen und gleichzeitig ein Vorsatz den Gewahrsam nicht zu brechen, erscheint mir schräg. Das ist aber nicht ein tatsächliches Problem, sondern ein juristisches bzw eines der juristischen Einordnung von Sachverhalten.
In der freien Wildbahn denken die Leute wirklich so, und das muss man juristisch in den Griff bekommen. Am Gewahrsam lässt sich aber meines Erachtens nichts rumdeuteln.
Wir müssen wohl mit einem Irrtum hantieren, was gleichzeitig aber bedeutet, dass viele rechtstreue Bürger damit für strukturell unzurechnungsfähig erklärt werden müssen.
Ich würde es bevorzugen, wenn wir eine mutmaßliche Einwilligung (in den Gewahrsamsbruch) hinbekämen, damit man uns nicht für realitätsfremd erklärt.
Der Vorsatz, etwas aufzuessen (sich einzuverleiben im wahrsten Sinne) und damit die Umstände kennen, die zum Gewahrsamsbruch führen und gleichzeitig ein Vorsatz den Gewahrsam nicht zu brechen, erscheint mir schräg. Das ist aber nicht ein tatsächliches Problem, sondern ein juristisches bzw eines der juristischen Einordnung von Sachverhalten.
In der freien Wildbahn denken die Leute wirklich so, und das muss man juristisch in den Griff bekommen. Am Gewahrsam lässt sich aber meines Erachtens nichts rumdeuteln.
Wir müssen wohl mit einem Irrtum hantieren, was gleichzeitig aber bedeutet, dass viele rechtstreue Bürger damit für strukturell unzurechnungsfähig erklärt werden müssen.
Ich würde es bevorzugen, wenn wir eine mutmaßliche Einwilligung (in den Gewahrsamsbruch) hinbekämen, damit man uns nicht für realitätsfremd erklärt.
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Tolle Idee, aber manchmal bekommen die Blagen auch ein Brötchen, und davon bleibt nichts mehr übrig.Culpa hat geschrieben:Zwar ist die Schokolade unwiderbringlich verschwunden, aber die Verpackung mit dem Strichcode ist ja noch da :D
Das Dilemma ist die Einrichtung selber. Früher bekam man an der Ladentheke erst die Ware in die Hand, wenn man sie bezahlt hatte. Die langen Wege, die man heuet bis zur Kasse zurücklegen muss, die Wartezeiten in der Schlage, das sind Erscheinungen, die erst mit dem Massenkonsum aufkamen.
Warum könnte man nicht wegen dieser Einrichtung durch den Ladeninhaber eine beschränkte Duldung durch eben diesen, der so einen Verkehr eröffnet, herleiten?
Vernunft – ein anderer Ausdruck für Ahnungslosigkeit in Bezug auf Widersprüche zwischen Zwecken und Mitteln (Luhmann)
Um mich mal wieder einzuklinken:
Ist das nicht vergleichbar mit SB-Tankstellen? Da wird auch erst getankt, dann bezahlt. Zwar besteht da zivilrechtlich meistens ein Eigentumsvorbehalt,
aber strafrechtlich liegt da doch ein bedingtes Einverständnis vor.
Supermärkte sind doch auch sozusagen SB-Märkte, und A war schließlich zahlungsfähig und -willig.
Muss aber gestehen, daß mir die Problemlösung auf Irrtumsebene einleuchtet.
Korrigiert mich doch bitte, bin im strafrechtlichen Bereich quasi Grobmotoriker
Ist das nicht vergleichbar mit SB-Tankstellen? Da wird auch erst getankt, dann bezahlt. Zwar besteht da zivilrechtlich meistens ein Eigentumsvorbehalt,
aber strafrechtlich liegt da doch ein bedingtes Einverständnis vor.
Supermärkte sind doch auch sozusagen SB-Märkte, und A war schließlich zahlungsfähig und -willig.
Muss aber gestehen, daß mir die Problemlösung auf Irrtumsebene einleuchtet.
Korrigiert mich doch bitte, bin im strafrechtlichen Bereich quasi Grobmotoriker
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Richtig.BöhserOnkel hat geschrieben:Bei SB Tankstellen hast du immer ein die Wegnahme ausschliessendes Einverständnis des Betreibers.
@Kassandra: Es geht darum, dass man zwar eine mutmaßliche Einwilligung annehmen könnte, aber T ja das subjektive Rechtfertigungselement dafür fehlt. Ob zur Rechtfertigung ein subjektives Element notwendig ist, ist umstritten. Schließlich liegt hinsichtlich der Schuld ein vermeidbarer Verbotsirrtum vor.
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Darum geht es nicht. Die obige Diskussion betraf die Ebene des Tatbestandes, nicht die der Rechtswidrigkeit. Auf die Frage eines subj. Rechtfertigungselementes kommt es hier also nicht an.Phil_77 hat geschrieben: @Kassandra: Es geht darum, dass man zwar eine mutmaßliche Einwilligung annehmen könnte, aber T ja das subjektive Rechtfertigungselement dafür fehlt. Ob zur Rechtfertigung ein subjektives Element notwendig ist, ist umstritten. Schließlich liegt hinsichtlich der Schuld ein vermeidbarer Verbotsirrtum vor.
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-Duke Kahanamoku-
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Also eine die Rechtswidrigkeit betreffende Einwilligung jedweder Art hatte ich schon mit Winkeladvokats Beitrag abgehakt. Recht hat er: Es wurde keine geäußert, sie wäre einholbar gewesen und weitere Anhaltspunkte gibt es nicht.
Aber woran scheitert ein -wenn auch höchstens mutmaßliches- bedingtes Einverständnis? Gut, das beträfe dann den Tatbestand und die schöne Irrtumsproblematik entfiele, aber das ist ja kein Argument. Bei zahlungsfähigen und -willigen Kunden kann man das doch annehmen, oder blamiere ich mich damit gerade total?
Aber woran scheitert ein -wenn auch höchstens mutmaßliches- bedingtes Einverständnis? Gut, das beträfe dann den Tatbestand und die schöne Irrtumsproblematik entfiele, aber das ist ja kein Argument. Bei zahlungsfähigen und -willigen Kunden kann man das doch annehmen, oder blamiere ich mich damit gerade total?
Inwiefern wäre die Einwilligung des Supermarktinhabers denn einholbar gewesen? Der wird wohl kaum erreichbar gewesen sein. Und außerdem kann ohnehin auf das Prinzip des mangelnden Interesses abgestellt werden, sodass es der Einholung nicht bedarf. Aber auch die mutmaßliche Einwilligung erfordert eben ein subjektives Rechtfertigungselement...
Ok, das mit dem subjektiven Rechtfertigungselement sehe ich inzwischen. Aber was ist mit einem tatbestandsausschließendem bedingten Einverständnis? Davon brauchte der A ja nichts zu wissen, wenn es vorlag. Und was spricht dagegen, es anzunehmen, da A doch zahlungswillig und -fähig war? Eine Äußerung des Einverständnisses ist nicht erforderlich. Oder muß es konkret vorliegen, d.h. muß der Inhaber konkret vom Einzelfall Kenntnis haben? Das gibt der Sachverhalt ja nun nicht her...
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Ich hatte so einen Fall mal in der AG behandelt, nur dass es sich um eine Flasche Limo handelte.
Die Lösung sah dann so aus, dass neben der Frage des Diebstahls auch an eine tatbestandliche Sachbeschädigung (durch Öffnen der Flasche, in deinem Fall dann Auspacken des Schokoriegels) zu denken ist. Da die Person jedoch vorhatte, die Ware an der Kasse zu bezahlen, stand der Öffnung der Limo/Schokoriegel kein schutzwürdiges Interesse des Berechtigten entgegen.
Die Lösung sah dann so aus, dass neben der Frage des Diebstahls auch an eine tatbestandliche Sachbeschädigung (durch Öffnen der Flasche, in deinem Fall dann Auspacken des Schokoriegels) zu denken ist. Da die Person jedoch vorhatte, die Ware an der Kasse zu bezahlen, stand der Öffnung der Limo/Schokoriegel kein schutzwürdiges Interesse des Berechtigten entgegen.
Ob nun ein Schokoriegel oder eine Limo ist ja tatsächlich irrelevant; und an die Sachbeschädigung habe ich auch schon gedacht.
Aber sag mal, wo im Aufbau das schutzwürdige Interesse zu prüfen ist? Ich hatte jedenfalls gedacht, daß ich andere doch nicht durch Konsumieren derer Lebensmittel sozusagen zum Abschluß eines Kaufvertrages zwingen kann. Vielleicht hat ja so ein Kunde Hausverbot oder es liegen andere Gründe vor, die den Kaufvertragsschluß scheitern lassen. Findest Du das noch in irgendwelchen Unterlagen?
Aber sag mal, wo im Aufbau das schutzwürdige Interesse zu prüfen ist? Ich hatte jedenfalls gedacht, daß ich andere doch nicht durch Konsumieren derer Lebensmittel sozusagen zum Abschluß eines Kaufvertrages zwingen kann. Vielleicht hat ja so ein Kunde Hausverbot oder es liegen andere Gründe vor, die den Kaufvertragsschluß scheitern lassen. Findest Du das noch in irgendwelchen Unterlagen?