Ach, und: Alan Wilder braucht nicht mal 'nen Emulator II.
Wenn er sich nur an ein Klavier oder an einen Flügel setzt und nur mal Bowies "Life on Mars" covert, klingt es trotzdem sofort richtig cool und auch ein bißchen nach DM:
https://www.youtube.com/watch?v=vcP5HO9_uVE
Letztlich sind es also mehr die Künstler selbst als die Geräte. Und deshalb kann das praktisch keiner nachmachen, selbst wenn er diese Geräte hat. (Eine ganze Reihe der alten DM-Samples sind in Umlauf, aber mehr als sie für eine Cover-Band zu nutzen, kommt dabei nicht heraus.)
Dann, falls noch ein paar Fans mitlesen: DM hatten damals auch erstaunliches Glück mit der technischen Entwicklung. Bei "Speak & Spell" und davor fingen sie an mit einfachen monophonen, analogen Synths, bestenfalls mit einem Moog Prodigy. 1981 kam dann der "Jupiter 8" von Roland auf den Markt sowie der "Waldorf PPG", also ein großer polyphoner Analoger und ein polyphoner Digitaler. Die hört man in Kombination auf "A Broken Frame".
1983 kam dann der Yamaha DX7, außerdem konnten sie einen frühen Sampler, das sündhaft teure und seltene
Synclavier nutzen. Dies führte dann zu einem stark veränderten Sound ab "Construction Time Again". Das wurde in der Folgezeit mit dem Emulator II (Markteinführung 1984) noch ausgebaut.
Die großen DM-Alben fielen also gerade in die Zeit, als - zufällig - neue Technologien der Klangerzeugung erstmals auf den Markt kamen. Unter anderem dadurch konnte jedes Album anders klingen als das vorherige.
Seitdem kam es in dem Bereich aber irgendwie zu einer Stagnation. Die genannten Synths sind nach wie vor das Maß aller Dinge, es sind seither praktisch keine weiteren Klassiker dazugekommen. Stattdessen bemüht man sich, den Klang der genannten mit dem Computer nachzumachen (durch virtuell-analoge Synthesizer oder fertige Samples der Klassiker in einem sog. "Rompler"). Das führt dann aber bestenfalls nur wieder zu demselben Sound (eher mit einigen Abstrichen), nicht zu einem wirklich neuen Sound.
Und selbst DM konnten ab "Songs of Faith and Devotion" nur noch selten mit wirklich neuen Klängen überraschen.
Stattdessen wurden sie dann "rockiger", Dave mit langen Haaren, Martin an der Gitarre, zusätzlich ein Schlagzeuger. Was man in jeder Hinsicht als Rückschritt deuten mußte. Alan verließ die Band (es war wirklich er, der weg und auch nicht zurückkommen wollte; obwohl er nach DM praktisch keinen kommerziellen Erfolg hatte, und die Band unter seinem Weggang enorm litt, er war verantwortlich für den Sound und den Beat, und an beidem hapert es seitdem; bei den neuen Sachen ist es sogar besser, wenn jemand, der das wirklich gut kann, es einfach
auf dem Klavier spielt (das ist eine ausgebildete Konzertpianistin)). Die fetten Jahre waren vorbei.
Stattdessen kam der Drogenabsturz. Schließlich Therapie,
Erholung und Vorbereitung auf den Ruhestand. Sei's ihnen gegönnt.
Es macht mich traurig, daß in über 20 Jahren nicht einer erschien, der ihnen auch nur entfernt das Wasser reichen konnte. Das sagt einiges über den Zustand der Gesellschaft aus.