Anstiftung und error in persona / Exzess

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

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madcats5
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Anstiftung und error in persona / Exzess

Beitrag von madcats5 »

Hi

ich hab heute etwas über Anstiftung und Irrtümer, sowie Exzess nachgedacht und einige Fragen dazu.

A stiftet B an C zu ermorden und beschreibt ihm das Opfer als "1,80m groß, graue Haar und Schnurrbart". B lauert C nachts im Park auf, aber erschießt den D, weil er in der Dunkelheit wie C aussieht. Als er zur Leiche geht, merkt er, dass es mangels Schnurrbart nicht C war. Doch nun kommt C des Weges, den B nun erschießt.

Hier ist B wegen zweifachen Totschlags (auf Mord gehe ich mal nicht ein) strafbar, da für ihn der error in persona als Motivirrtum unbeachtlich ist.

Wie sich dies bei A auswirkt ist streitig:

Tötung des D:

1. Ansicht: Gleichbehandlung
Arg: B hat aus Vorsatz gehandlt, den A geweckt hat.
Contra: Blutbadargument

2. Ansicht: aberratio ictus für A
Arg: Vergleichbare Konstallation, da gewollte Tat im Versuch stecken bleibt und mittelbarer Angriff verletzt tatbestandlich gleiches Rechtsgut.
Contra: Dass ein Schuss Versuch und Tat für den Anstifter bedeuten soll ist unschlüssig.

-> Wenn ich dieser Ansicht folge müsste man doch danach ausfechten, wie sich ein aberratio ictus auswirkt. Dazu hab ich in nem Fall gelesen, dass §§212,22,26 und §222 in Betracht kommt oder §§212, 30 und §222.
Hier verstehe ich nicht welches aberratio ictus Modell zu welcher Lösung kommt. :-k Es gibt doch 3 Meinungen:

1. Gleichwertigkeitstheorie
2. Adäquanztheorie
3. Konketisierungstheorie

3. Ansicht: Unbeachtlich, wenn vorhersehbar
Arg: Vorsatz umfasst immer kleinere Abweichungen vom Kausalverlauf.
-> dem ist zu folgen und Unbeachtlichkeit zu bejahen, weil A den C nur knapp beschrieben hat und er damit rechnen muss, dass im Park mehrere "passende" Leute unterwegs sind.

Tötung des C:

Muss ich hier erst wieder der 3. Ansicht folgen und erwähnen, dass Abweichung eigentlich unbeachtlich ist und dann diskutieren ob error in persona aber einen Exzess darstellt, der den Vorsatz entfallen lässt. (Bin ich hier an der richtigen Stelle wegen des Exzess?)
Für Exzess spräche, dass A nur die Tötung eines Menschen wollte, dagegen, dass er ja gerade den C tot sehen wollte.

So bin gespannt ob der Aufbau stimmt und v.a. wo der Exzess an der richtigen Stelle diskutiert ist und ihr mir die die Bestrafung nach der aberratio ictus Theorie erklären könnt 8-[

Grüße

Madcat
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Calmy
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Beitrag von Calmy »

Der Anstifterexzess wird unter dem Prüfungspunkt "Vorsatz bzgl. des Bestimmens" geprüft.

Von den drei Theorien die du zum aberatio ictus anführst, habe ich noch nie was gehört. Soweit ich weiß werden 2 Meinungen vertreten:

1. Versuch bzgl. gewolltem Tatobjekt, Fahrlässigkeit bzgl. getroffenem (hM),
2. Beide Taten vollendet (arg.: Täter wollte "einen anderen" töten und hat auch "einen anderen" getötet).

Gehst du mit der hM, so brichst du die Anstiftungsprüfung mangels Vorsatzes ab und prüfst eine versuchte Anstiftung. Die würde im o.g. Fall durchkommen (weil Verbrechen, § 30 I). Bei KV-Delikten wegen der Vergehenseigenschaft eben nicht. Genau das ist auch das Argument gegen die Annahme eines aberatio ictus beim Anstifterexzess.

Alles gut nachzulesen bei Wessels/Beulke AT Rz. 250-257, 575-579, 885.
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madcats5
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Beitrag von madcats5 »

Calmy hat geschrieben:Von den Theorien die du zum aberatio ictus anführst, habe ich noch nie was gehört. Soweit ich weiß werden 2 Meinungen vertreten:

1. Versuch bzgl. gewolltem Tatobjekt, Fahrlässigkeit bzgl. getroffenem (hM),
2. Beide Taten vollendet (arg.: Täter wollte "einen anderen" töten und hat auch "einen anderen" getötet).
Also deine erste Therie ist meine "Konkretisierungstheorie" und deine zweite meine "Gleichwertigkeitstheorie". Da meinen wir also schon das gleiche. Allerdings kommt man zu diesem Standartproblem ja nur, wenn man im ersten Streit entscheidet, dass der error in persona des Täters eine aberratio ictus des Anstifters darstellt. Wenn ich deiner 2. Theorie folge käme bei der Tötung des C ja einfach 212, 26 raus,oder?
Calmy hat geschrieben: Gehst du mit der hM, so brichst du die Anstiftungsprüfung mangels Vorsatzes ab und prüfst eine versuchte Anstiftung. Die würde im o.g. Fall durchkommen (weil Verbrechen, § 30 I). Bei KV-Delikten wegen der Vergehenseigenschaft eben nicht. Genau das ist auch das Argument gegen die Annahme eines aberatio ictus beim Anstifterexzess.

Alles gut nachzulesen bei Wessels/Beulke AT Rz. 250-257, 575-579, 885.
Genau hier stehe ich auf dem Schlauch: Wieso prüfe ich denn versuchte Anstiftung (der A schießt doch?!) und nicht Anstiftung zum Versuch? Worin liegt denn außerdem der Fahrlässigkeitsvorwurf des A? Dass er keinen zielsicheren Täter ausgesucht hat?
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Calmy
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Beitrag von Calmy »

madcats5 hat geschrieben:
Calmy hat geschrieben:Von den Theorien die du zum aberatio ictus anführst, habe ich noch nie was gehört. Soweit ich weiß werden 2 Meinungen vertreten:

1. Versuch bzgl. gewolltem Tatobjekt, Fahrlässigkeit bzgl. getroffenem (hM),
2. Beide Taten vollendet (arg.: Täter wollte "einen anderen" töten und hat auch "einen anderen" getötet).

Also deine erste Therie ist meine "Konkretisierungstheorie" und deine zweite meine "Gleichwertigkeitstheorie". Da meinen wir also schon das gleiche. Allerdings kommt man zu diesem Standartproblem ja nur, wenn man im ersten Streit entscheidet, dass der error in persona des Täters eine aberratio ictus des Anstifters darstellt. Wenn ich deiner 2. Theorie folge käme bei der Tötung des C ja einfach 212, 26 raus,oder?
Richtig.
madcats5 hat geschrieben:
Calmy hat geschrieben: Gehst du mit der hM, so brichst du die Anstiftungsprüfung mangels Vorsatzes ab und prüfst eine versuchte Anstiftung. Die würde im o.g. Fall durchkommen (weil Verbrechen, § 30 I). Bei KV-Delikten wegen der Vergehenseigenschaft eben nicht. Genau das ist auch das Argument gegen die Annahme eines aberatio ictus beim Anstifterexzess.

Alles gut nachzulesen bei Wessels/Beulke AT Rz. 250-257, 575-579, 885.
Genau hier stehe ich auf dem Schlauch: Wieso prüfe ich denn versuchte Anstiftung (der A schießt doch?!) und nicht Anstiftung zum Versuch? Worin liegt denn außerdem der Fahrlässigkeitsvorwurf des A? Dass er keinen zielsicheren Täter ausgesucht hat?
Du meinst wohl B.
Es handelt sich um eine versuchte Anstfitung, weil A zwar wollte, dass B C tötet, dies jedoch nicht passiert ist. Sprich, obj. TB (-), subj. TB (+) --> Versuch. Außerdem hat A ja nicht zum Versuch, sondern zur Vollendung angestiftet.
Ein Fahrlässigkeitsvorwurf bzgl. A liegt nicht vor, da fahrlässige Anstiftung nicht unter Strafe steht.
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madcats5
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Beitrag von madcats5 »

Calmy hat geschrieben:Du meinst wohl B.
Es handelt sich um eine versuchte Anstfitung, weil A zwar wollte, dass B C tötet, dies jedoch nicht passiert ist. Sprich, obj. TB (-), subj. TB (+) --> Versuch. Außerdem hat A ja nicht zum Versuch, sondern zur Vollendung angestiftet.
Ein Fahrlässigkeitsvorwurf bzgl. A liegt nicht vor, da fahrlässige Anstiftung nicht unter Strafe steht.
Hm aber es gibt ja auch die Anstiftung zum Versuch und ich kann mir real nicht vorstellen, dass der Anstifter nur zum Versuch anstiftet, also sagt "hey versuch mal den C zu töten, aber sei bitte ja nicht erfolgreich!".
Liegts daran, dass der Täter die Tat am C ja gar nicht versucht, weil er ja gerade Vorsatz hinsichtlich des D hat?

Außerdem lese ich in jeder Falllösung, dass A hinsichtlich des getroffenen Opfers (also hier D) aus §222 bestraft wird. Ich kanns mir nur damit erklären, dass es pflichtwidrig ist jemand zur Straftat anzustiften.
Mir will diese aberratio ictus Lösung beim error in persona des Täters einfach nicht in den Kopf. Mein Problem stellt sich zwar nur, wenn man dann wiederum der Konkretisierungstheorie folgt, aber verstehen was die da machen würde ich ja schon gerne. :homework:
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madcats5
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Beitrag von madcats5 »

Aha ich lese im Beluke Klausurenkurs I gerade, dass es bei der aberratio ictus Theorie dann wiederum umstritten ist ob wegen Anstiftung zum Versuch bestraft wird oder wegen versuchter Anstiftung. (nun) m.E. ist aber nur letzteres möglich, da bei B kein Versuch vorliegt.

Aber wie wäre es nun, wenn der Täter einem aberratio ictus unterliegt? Also A stiftet B an C zu töten. B zielt auf C, trifft aber D.
Folgt man nun der h.M. ist B wegen §212, 22 an C und §222 an D strafbar.
Wie ist es bei A? Ist er wegen Anstiftung zum Versuch hinsichtlich C und §222 hinsichtlich D strafbar? Die Fahrlässigkeit könnte sich nun wieder daraus ergeben, dass es pflichtwidrig ist einen anderen zur Tat anzustiften.
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Beitrag von Calmy »

madcats5 hat geschrieben:Aha ich lese im Beluke Klausurenkurs I gerade, dass es bei der aberratio ictus Theorie dann wiederum umstritten ist ob wegen Anstiftung zum Versuch bestraft wird oder wegen versuchter Anstiftung. (nun) m.E. ist aber nur letzteres möglich, da bei B kein Versuch vorliegt.

Aber wie wäre es nun, wenn der Täter einem aberratio ictus unterliegt? Also A stiftet B an C zu töten. B zielt auf C, trifft aber D.
Folgt man nun der h.M. ist B wegen §212, 22 an C und §222 an D strafbar.
Wie ist es bei A? Ist er wegen Anstiftung zum Versuch hinsichtlich C und §222 hinsichtlich D strafbar? Die Fahrlässigkeit könnte sich nun wieder daraus ergeben, dass es pflichtwidrig ist einen anderen zur Tat anzustiften.
Für diese Meinung könnte man höchstens anführen, dass der Vorsatz bzgl. der Vollendung erst recht den Vorsatz bzgl. des Versuchs umfasst. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass der Anstiftervorsatz sich auf die Vollendung der Haupttat beziehen muss.
Hast du eine Fundstelle im Beulke zur Hand?

In deinem letzrgenannten Fall ist es sicherlich schwierig zw. versuchter Anstiftung und Anstiftung zum Versuch abzugrenzen. Die hM nimmt versuchte Anstiftung an. Dafür kann argumentiert werden, dass A die Haupttat zwar wollte, diese aber nicht eingetreten ist.
Auf der anderen Seite scheint eine Anstiftung zum Versuch nicht abwegig: Wenn A die Haupttat wollte, diese aber im Versuchsstadium stecken bleibt wäre es unbillig anzunehmen, dass As Vorsatz nicht auch den Versuch umfasste. Außerdem würde man hier die Einschränkung des § 30 I umgehen, wonach versuchte Beteiligung lediglich bei Verbrechen strafbar ist.

Mit der Idee, dem A einen Fahrlässigkeitsvorwurf zu machen, kann ich mich nicht anfreunden. Ist sicher Argumentationssache...
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