Mittäterexzess

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

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Gelöschter Nutzer

Mittäterexzess

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hallo und guten Abend,

ich hoffe, ihr kennt das und haltet mich nicht für verrückt: Plötzlich denkt man, es müsse doch eigentlich ganz anders sein, als man es immer gemacht hat. Irgendwie bin ich plötzlich ganz verwirrt :D

Bei der Mittäterschaft wird im Rahmen des objektiven Tatbestands geprüft, ob das Handeln auf Grund eines gemeinsamen Tatplans erfolgte; nur dann ist eine Zurechnung über § 25 II StGB möglich.

Wenn nun ein Mittäterexzess vorliegt, handelt der "Exzess-Täter" nicht mehr auf Grund des gemeinsamen Tatplans. Eigentlich müsste doch dann auch für den anderen Täter die Zurechnung nach § 25 II ausscheiden. Tatsächlich wird das aber als eine Frage seines Vorsatzes gesehen; also: objektive Zurechnung ja, aber subjektiver Vorsatz nein.

Wie kann man denn dogmatisch begründen, dass objektiv noch die Zurechnung erfolgt, auch wenn nur Handeln im Rahmen des Tatplans zurechenbar ist?

Levay
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flohofer
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Beitrag von flohofer »

es fehlt schon am objektiven TB, da es nichts gibt, was zugerechnet werden kann. Da es bei Mittätern halt auf den gemeinsamen Tatplan ankommt, ist insoweit auf die "subjektive" Absprache abzustellen. Das geht aber bereits im objektiven TB.
Ferengi-Erwerbsregel Nr. 5: "Wenn du einen Vertrag nicht brechen kannst, interpretiere ihn."
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Aber so ist es ja eben nicht. Beim Mittäterexzess fehlt es am Vorsatz des anderen, so kann man es überall nachlesen. Hier eine Skizze aus einem Rep (in verkürzter Form):

---

1. Obj. TB

- Gemeinsamer Tatplan
- Eigener Tatbeitrag
- Zurechnung nach 25 II

2. Subj. TB

- Vorsatz (beachte: Kein Vorsatz beim Mittäterexzess)

---

Wie soll man denn überhaupt an die Stelle kommen, wenn die konkrete Handlung gar nicht objektiv zugerechnet wird...?

Levay
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flohofer
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Beitrag von flohofer »

Doch, genauso ist es.
Beispiel: A und B sind ursprünglich Mittäter, wollen C ausrauben. B tötet C, was zuvor nicht ausgemacht war. Typischer Fall Mittäterexzess, sind wir da noch einer Meinung?
Du prüfst jetzt, ob A sich gemäß § 212 strafbar gemacht hat, und kommst bereits im objektiven TB dazu, dass es nicht seine Handlung war. Es findet eben keine Zurechnung statt wegen Exzess.

Ich weiss ja nicht, was dein Rep dir sagt. Aber so viel ist gewiss: im subjektiven TB auch nur das Wort Mittäter zu verwenden ist absolut tödlich. Mittäterschaft ist nur, auschliesslich, in allen denkbaren Fällen, ganz allein im ojektiven TB ein Thema.

Glaub einfach mal nem recht guten Juristen: beim Vorsatz gibt es keine Frage der Zurechnung: den hat man oder nicht, § 25 II StGB ist dort überflüssig.
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Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Wie prüft man das denn nochmal in der Reihenfolge:

A und B wollen C bestehlen. A steht Schmiere. B hat jedoch eine Waffe dabei .
Mit welchem fängt man am geschicktesten an?

Erstmal B:

A. § 242, 244 I StGB gegeben

Dann A:

A. § 242, 244 I, 25 II StGB
I. Tatbestand
1. Objektiver TB
nicht selbst gestohlen, muss es sich aber gg zurechnen lassen
also: eigener Verursachungsbeitrag aufgrund eines gemeinsamen
Tatplans und Bewertung als mittäterschaftlich
Hier kann man es beim gemeinsamen Tatplan schon scheitern lassen.

Wie geht es nun bei A weiter?

B. § 242, 25 II StGB?
Und hier wäre es alles gedeckt. Also Strafbarkeit +?
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

flohofer hat geschrieben:es fehlt schon am objektiven TB, da es nichts gibt, was zugerechnet werden kann. Da es bei Mittätern halt auf den gemeinsamen Tatplan ankommt, ist insoweit auf die "subjektive" Absprache abzustellen. Das geht aber bereits im objektiven TB.
In dem von mir geschilderten Fall wäre es doch auch schon im obj. Tatbestand beim Tatplan bzuhandeln. Oder kann man das nicht sagen? Muss man da bis zum subj. Tatbestand? In einer Klausur könnte man ja eh auf Gliederungspunkte verzichten und das Problem einfach aufwerfen. Oder?
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Schleiereule
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Re: Mittäterexzess

Beitrag von Schleiereule »

Aus den unendlichen Weiten dieses Forums krame ich diesen Thread wieder hervor.

Wirklich schlau bin ich von den Ausführungen nämlich nicht geworden. Übergehe ich stillschweigend das Problem, dass es eig. nichts zuzurechnen gibt, um dann den Tatplan im Vorsatz zu prüfen. Oder prüfe ich doch schon beides im obj Tatbestand, obwohl der Tatplan/entschluss etwas subjektives ist?

Wahrscheinlich ist es das ganze Grübeln gar nicht wert, aber mich würde es schon sehr interessieren, wie diese Prüfungsreihenfolge begründet wird.
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Re: Mittäterexzess

Beitrag von markus87 »

Der gemeinsame Tatplan ist eine subjektive Voraussetzung, die im objektiven TB geprüft wird, weil sie zur Frage der Zurechenbarkeit des entsprechenden Tatbeitrags gehört.

Du musst es also zwingend im objektiven TB prüfen. Einzige zulässige Alternative ist es, die Tatbestandsdogmatik vollständig fallen zu lassen, wovon allerdings dringend abzuraten ist.
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Schleiereule
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Re: Mittäterexzess

Beitrag von Schleiereule »

Das ist ja verrückt, aber einleuchtend ;) Danke

Nur wieso wird das ganze dann in Schemata immer anders dargestellt ?
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