Abtrennung des Verfahrens / VU gegen Nicht Geladenen wenigstens beantragen ?

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Gelöschter Nutzer

Abtrennung des Verfahrens / VU gegen Nicht Geladenen wenigstens beantragen ?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Ok, ok: ich weiß: das VU oben im Titel hört sich sowas von falsch an, aber:

Folgende Fallkonstellation:
2 Beklagte sind auf Schadensersatz und Schmerzensgeldansprüche verklagt worden seitens des Geschädigten.

Der eine Beklagte ist ordnungsgemäß geladen, keinerlei Probleme.
Der andere Beklagte jedoch ist nach Auskunft des EMA unbekannt verzogen, aber immer noch am alten Wohnsitz gemeldet. Das Gericht weist auf die Nichtzustellbarkeit der Klageschrift hin.

Wenn es nun zur HV kommt und der eine Beklagte nicht anwesend ist, wie läuft das nun :/
Kann man mit der absoluten Mindermeinung (LG Koblenz aus 1996) vertreten, daß der nicht erschienene Beklagte trotz nicht zugestellter Ladung als säumig zu behandeln ist. Diese Überlegung basiert darauf, daß man, wenn man sich nicht ordnungsgemäß nach dem MeldeG an- bzw abmeldet nicht privilegiert sein sollte. Es wird quasi ein Verschulden angenommen, so daß ein VU möglich sein soll. Kann mir aber nicht vorstellen, daß das jemand auf der Richterbank mitmacht.

Wie könnte man das sonst handhaben ?
Evtl Abtrennung des Verfahrens nach § 145 beantragen ? Würde das Sinn machen.
Eine öffentliche Zustellung wird leider aus diversen Gründen erst mal nicht in Betracht kommen.
Wäre die Abtrennung ein gangbarer Weg und was würde das nach sich ziehen ? Evtl, daß gegen den erschienenen Beklagten sofort verhandelt wird.
Schwierigkeiten könnten sich daraus ergeben, daß beide Beklagten wegen gemeinschaftlicher KV Schmerzensgeld zahlen sollen, mithin als Gesamtschuldner. Ist da eine Trennung des Verfahrens überhaupt sinnvoll ? Insbesondere, da man nicht einem alleine, sondern nur beiden zusammen die KV zurechnen könnte.

Hmm, bin momentan etwas ratlos..sorry wegen des langen Geblubbers ; P
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j_laurentius
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Beitrag von j_laurentius »

Hallo Samael,

ist das nicht ein Fall der Streitgenossenschaft (§§ 59ff. ZPO)? Je nachdem, ob es sich um eine einfache oder eine notwendige Streitgenossenschaft handelt (das mußt Du in einem Kommentar nachlesen), ist § 61 oder § 62 ZPO einschlägig. In jedem Fall kann aber auch nur mit dem einen Streitgenossen verhandelt werden, wenn ich das richtig sehe.

Viele Grüße, Jana
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Danke Jana,

es wird sich hier wohl lediglich um eine einfache Streitgenossenschaft handeln, wenn ich das richtig sehe.

Dann ist auch ein Verhandeln gegen nur einen der beiden möglich.
Ich frage mich allerdings, ob es sinnvoll ist das Verfahren zu trennen, da es dann bezüglich der Zurechnungen der Verletzungshandlung auf der der Schmerzensgeldanspruch beruht Probleme geben könnte.

Im vorherigen Strafverfahren wurden beide freigesprochen, was nicht gerade Begeisterung für einen nachfolgenden Zivilprozeß wecken würde.

Da es schwierig wird, einem der beiden alleine die Verletzungshandlung zuzurechnen sehe ich bei einem Zivilprozeß im Falle einer Abtrennung die Felle davonschwimmen.

Naja, mal weiterschauen...vielen Dank für Deine Antwort
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Ich würde darauf verzichten, mit der - wohl kaum noch vertretbaren - Mindermeinung bei nicht ordnungsgemäßer Ladung einer Partei ein VU zu beantragen. Wenn Du die Anschrift nicht herausbekommst, müsstest Du schauen, ob es Dir gelingt, das Gericht zu einer öffentlichen Zustellung zu bewegen. Die Frage ist aber natürlich: Was würdest Du mit dem Titel gegen diese Partei anfangen wollen? Ich könnte mir vorstellen, dass die Zwangsvollstreckung durchaus Schwierigkeiten bereiten wird, wenn der Schuldner sich nach Titulierung der Forderung überwiegend in Acapulco oder wohnsitzmäßig nicht gemeldet unerkannt in Cottbus aufhält.


Steilpass
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Torquemada
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Beitrag von Torquemada »

samael hat geschrieben:Ich frage mich allerdings, ob es sinnvoll ist das Verfahren zu trennen, da es dann bezüglich der Zurechnungen der Verletzungshandlung auf der der Schmerzensgeldanspruch beruht Probleme geben könnte. ...
Da es schwierig wird, einem der beiden alleine die Verletzungshandlung zuzurechnen sehe ich bei einem Zivilprozeß im Falle einer Abtrennung die Felle davonschwimmen.
1) Für die Frage, wer von beiden haftet und ob man (jenseits der im Rahmen des § 830 I BGB bestehenden Möglichkeiten) den Verletzungserfolg einem von beiden zurechnen kann, ist vollkommen irrelevant, ob beide zusammen oder nacheinander verklagt werden oder ob einer überhaupt nicht mitverklagt wird.

2) Die angesprochene "Mindermeinung" aus Koblenz, dass innerhalb eines anhängigen Prozesses auf eine Ladung u.U.verzichtet werden kann, klingt abwegig genug. Was aber selbst das LG Koblenz garantiert nicht hat sagen wollen, ist, dass u.U. schon auf die Zustellung der Klageschrift und damit überhaupt auf einen anhängigen Rechtsstreit verzichtet werden kann.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Torquemada hat geschrieben:
samael hat geschrieben:Ich frage mich allerdings, ob es sinnvoll ist das Verfahren zu trennen, da es dann bezüglich der Zurechnungen der Verletzungshandlung auf der der Schmerzensgeldanspruch beruht Probleme geben könnte. ...
Da es schwierig wird, einem der beiden alleine die Verletzungshandlung zuzurechnen sehe ich bei einem Zivilprozeß im Falle einer Abtrennung die Felle davonschwimmen.
2) Die angesprochene "Mindermeinung" aus Koblenz, dass innerhalb eines anhängigen Prozesses auf eine Ladung u.U.verzichtet werden kann, klingt abwegig genug. Was aber selbst das LG Koblenz garantiert nicht hat sagen wollen, ist, dass u.U. schon auf die Zustellung der Klageschrift und damit überhaupt auf einen anhängigen Rechtsstreit verzichtet werden kann.
Doch, genau das tut es ;)
Gelöschter Nutzer

Re: Abtrennung des Verfahrens / VU gegen Nicht Geladenen wenigstens beantragen ?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

samael hat geschrieben: Schwierigkeiten könnten sich daraus ergeben, daß beide Beklagten wegen gemeinschaftlicher KV Schmerzensgeld zahlen sollen, mithin als Gesamtschuldner. Ist da eine Trennung des Verfahrens überhaupt sinnvoll ? Insbesondere, da man nicht einem alleine, sondern nur beiden zusammen die KV zurechnen könnte.
???
§ 830 BGB
Wo ist da das Problem?
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Torquemada
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Beitrag von Torquemada »

samael hat geschrieben:
Torquemada hat geschrieben:
samael hat geschrieben:Ich frage mich allerdings, ob es sinnvoll ist das Verfahren zu trennen, da es dann bezüglich der Zurechnungen der Verletzungshandlung auf der der Schmerzensgeldanspruch beruht Probleme geben könnte. ...
Da es schwierig wird, einem der beiden alleine die Verletzungshandlung zuzurechnen sehe ich bei einem Zivilprozeß im Falle einer Abtrennung die Felle davonschwimmen.
2) Die angesprochene "Mindermeinung" aus Koblenz, dass innerhalb eines anhängigen Prozesses auf eine Ladung u.U.verzichtet werden kann, klingt abwegig genug. Was aber selbst das LG Koblenz garantiert nicht hat sagen wollen, ist, dass u.U. schon auf die Zustellung der Klageschrift und damit überhaupt auf einen anhängigen Rechtsstreit verzichtet werden kann.
Doch, genau das tut es ;)
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Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Torquemada hat geschrieben:
samael hat geschrieben:
Torquemada hat geschrieben:
samael hat geschrieben:Ich frage mich allerdings, ob es sinnvoll ist das Verfahren zu trennen, da es dann bezüglich der Zurechnungen der Verletzungshandlung auf der der Schmerzensgeldanspruch beruht Probleme geben könnte. ...
Da es schwierig wird, einem der beiden alleine die Verletzungshandlung zuzurechnen sehe ich bei einem Zivilprozeß im Falle einer Abtrennung die Felle davonschwimmen.
2) Die angesprochene "Mindermeinung" aus Koblenz, dass innerhalb eines anhängigen Prozesses auf eine Ladung u.U.verzichtet werden kann, klingt abwegig genug. Was aber selbst das LG Koblenz garantiert nicht hat sagen wollen, ist, dass u.U. schon auf die Zustellung der Klageschrift und damit überhaupt auf einen anhängigen Rechtsstreit verzichtet werden kann.

Doch, genau das tut es ;)
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LG Koblenz, RPfleger 1996, S. ist mir gerade entfallen (auch nachzulesen und unterstützt von Egon Schneider, Die Klage im Zivilprozeß, 2. Auflage 2004, S. 211)
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Torquemada
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Beitrag von Torquemada »

samael hat geschrieben:
Torquemada hat geschrieben:
samael hat geschrieben:
Torquemada hat geschrieben:
samael hat geschrieben:Ich frage mich allerdings, ob es sinnvoll ist das Verfahren zu trennen, da es dann bezüglich der Zurechnungen der Verletzungshandlung auf der der Schmerzensgeldanspruch beruht Probleme geben könnte. ...
Da es schwierig wird, einem der beiden alleine die Verletzungshandlung zuzurechnen sehe ich bei einem Zivilprozeß im Falle einer Abtrennung die Felle davonschwimmen.
2) Die angesprochene "Mindermeinung" aus Koblenz, dass innerhalb eines anhängigen Prozesses auf eine Ladung u.U.verzichtet werden kann, klingt abwegig genug. Was aber selbst das LG Koblenz garantiert nicht hat sagen wollen, ist, dass u.U. schon auf die Zustellung der Klageschrift und damit überhaupt auf einen anhängigen Rechtsstreit verzichtet werden kann.

Doch, genau das tut es ;)
Fundstelle?
LG Koblenz, RPfleger 1996, S. ist mir gerade entfallen (auch nachzulesen und unterstützt von Egon Schneider, Die Klage im Zivilprozeß, 2. Auflage 2004, S. 211)
Ich nehme an, es geht um LG Koblenz, Beschluss vom 18.09.1995 - 10 O 223/95, RPfleger 1996, 165. Da steht aber gerade nicht, dass die Zustellung entbehrlich ist, sondern im Gegenteil, dass eine wirksame (!) Zustellung (nach § 181 ZPO) auch dann vorliegt, wenn sie unter einer früheren Anschrift des Beklagten erfolgt und der Beklagte zwar unter dieser Anschrift nicht mehr wohnt, er aber bewusst die Ummeldung unterlässt und so den Anschein erweckt, er würde noch unter der alten Anschrift zu erreichen sein.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Ich glaube, die richtige Auffassung ist die: Es bedarf keines Prozessrechtsverhältnisses. Man teilt dem Gericht -gerne auch per Mail - den Namen des Beklagten sowie die Höhe der zu titulierenden Forderung mit.

Der Rest geht durch Urteil. Ohne Zustellung von irgendwas - ja, sogar ohne Klageerhebung.


:D
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Torquemada hat geschrieben:Ich nehme an, es geht um LG Koblenz, Beschluss vom 18.09.1995 - 10 O 223/95, RPfleger 1996, 165. Da steht aber gerade nicht, dass die Zustellung entbehrlich ist, sondern im Gegenteil, dass eine wirksame (!) Zustellung (nach § 181 ZPO) auch dann vorliegt, wenn sie unter einer früheren Anschrift des Beklagten erfolgt und der Beklagte zwar unter dieser Anschrift nicht mehr wohnt, er aber bewusst die Ummeldung unterlässt und so den Anschein erweckt, er würde noch unter der alten Anschrift zu erreichen sein.
Genau.

Siehe Schneider, Klage, Rn. 959. So abwegig finde ich das nicht.
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Beitrag von Torquemada »

Manolaw hat geschrieben:
Torquemada hat geschrieben:Ich nehme an, es geht um LG Koblenz, Beschluss vom 18.09.1995 - 10 O 223/95, RPfleger 1996, 165. Da steht aber gerade nicht, dass die Zustellung entbehrlich ist, sondern im Gegenteil, dass eine wirksame (!) Zustellung (nach § 181 ZPO) auch dann vorliegt, wenn sie unter einer früheren Anschrift des Beklagten erfolgt und der Beklagte zwar unter dieser Anschrift nicht mehr wohnt, er aber bewusst die Ummeldung unterlässt und so den Anschein erweckt, er würde noch unter der alten Anschrift zu erreichen sein.
Genau.

Siehe Schneider, Klage, Rn. 959. So abwegig finde ich das nicht.
Das ist auch nicht abwegig - dass man bei der Interpretation des Begriffs der "Wohnung" auch eine "Scheinwohnung" berücksichtigen kann, wenn der Zustellungsadressat diesen Anschein bewusst hervorruft, entspricht im Gegenteil der h.M.

Es ist aber einfach etwas ganz anderes als das, was der Threadersteller hier als Auffassung des LG Koblenz verkündet hatte.
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