Habt ihr manchmal auch "Angst" vor dem Vergessen?

Alles rund um die Promotion zum Dr. iur. und den LL.M.

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chris0
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Habt ihr manchmal auch "Angst" vor dem Vergessen?

Beitrag von chris0 »

mich würde interessieren ob es euch (richtet sich an diejenigen, die nach dem 1. Examen promovieren) auch manchmal so geht, dass ihr Angst vor dem Vergessen des Examenstoffes habt? Ich habe den Eindruck schon jetzt kaum noch was zu können und will mir gar nicht ausmalen, wie das in einem Jahr aussehen wird. Denn der Stoff vom Zweiten setzt doch auf das Erste auf, wie soll man da alles prozessuale lernen, wenn das materielle Recht "weg" ist? Oder geht es allen anderen auch so, die nicht unmittelbar mit dem Ref anfangen (hier sind es zumindest 6 Monate Wartezeit).
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Kiesela
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Beitrag von Kiesela »

Ach, weg ist das nicht, nur etwas verschüttet. Ich habe es nach dem Jahr gemerkt, das ich im Ausland war und wo ich außer einem ganz kleinen bißchen BGB AT und Schuldrecht AT ja gar kein deutsches Recht gemacht habe - als ich zurückkam, hatte ich im Strafrecht zuerst auch das Gefühl, gar nichts mehr zu wissen, aber das kam dann ziemlich schnell wieder zurück. Klar ist es dann am Anfang im Referendariat was anderes, als direkt vom 1. Examen zu kommen, aber da muß man sich halt ein wenig mehr hinsetzen als die anderen und dann klappt das auch, ich kenn da ein paar sehr aufmunternde Beispiele :)
Nur noch Schnösel und Spießer.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Ich kenne das Gefühl auch nur zu gut.
Aber ich versuche immer, mir genau das einzureden, was Kiesela geschrieben hat (und eigentlich bin ich rational auch davon überzeugt, dass das auch stimmt ;) ).
Man merkt auch, dass einiges wiederkommt, wenn man gezwungen ist, sich mit einem Fall auseinanderzusetzen (in meinem Fall vor allem durch AG-Leitung oder wenn einem jemand was erzählt, so im Sinne von: und dann hat mein Chef mich per sms gekündigt...). Es ist zwar also nicht alles mehr direkt abrufbereit parat, aber eben auch nicht für immer verloren.
Sika
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Beitrag von Sika »

Das Gefühl kenne ich sehr gut und es wird dadurch, dass meine Bürokollegin seit einem Monat im Referendariat ist und des öfteren über das anscheinend unendliche Wissen ihrer AG lamentiert, nicht gerade besser :-s

Vielleicht lege ich vor Beginn des Referendariats einen Lernmonat ein - mal sehen, was das nächste Jahr so bringt (ich schreibe das so vorsichtigt, weil nahezu jeder aus meinem Bekanntenkreis dieses Vorhaben hatte und dann gnadenlos am eigenen Zeitmanagement oder der eigenen Unlust gescheitert ist...)
chris0
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Beitrag von chris0 »

so etwas wie diesen "Lernmonat" hätte ich auch nötig, aber das klappt bestimmt zeitlich wieder alles nicht. Freut mich aber zu hören, dass es euch manchmal auch so geht.
BöhserOnkel
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Beitrag von BöhserOnkel »

Klar sitzt der Stoff nach einem Jahr (oder noch länger) nicht mehr so fest wie das im Examen der Fall ist (oder sein sollte ;) ) aber ich habe auch die Erfahrung gemacht dass es wesentlich leichter ist sich den Stoff wieder anzueignen wenn man ihn einmal konnte. Da reicht es manchmal schon nur ein Schlagwort zu hören und langsam erinnert man sich wieder an das drumherum. Trotzdem muss ich zum Beginn des Refs den materiellen Stoff wohl nochmal etwas tiefer wiederholen.

Ausserdem berichten mir Kollegen vom Ref immer dass das materielle Recht im 2. Examen zwar sicher wichtig ist aber eben auch nicht in allen Einzelheiten präsent sein muss wie im 1. Examen. Ob da was dran ist und ob das wirklich was bringt kann ich natürlich auch nicht sicher sagen, schaun mer mal ;)
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AmunRe
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Beitrag von AmunRe »

Das Hauptproblem ist, sich wieder fürs stinknormale Lernen zu motivieren. Und klar, vergessen ist auch viel. Bei mir fiel noch die Schuldrechtsreform rein - kurz vor dem Ref... Habe dann in knapp drei Monaten den ganzen Zivilrechtsstoff von vor dem Ersten durchgezogen und parallel StPO/StGB. Bin dann leicht benommen zum Examen angetreten... das ist auch nicht empfehlenswert.
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immer locker bleiben
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Beitrag von immer locker bleiben »

Angst vor dem Vergessen? Nein, bei mir ist das inzwischen zu sicherer Erkenntnis gereift (das Vergessen, meine ich). Ich kann aus heutiger Sicht nur jedem empfehlen gleich nach dem 1. ins Referendariat zu gehen und das 2. Staatsexamen zu schreiben und die Promotion (wenn man sie denn dann tatsächlich noch braucht) danach anzugehen ... ich habe erst mit der Diss angefangen, bin dann doch ins Referendariat gegangen (weil ich plötzlich das Gefühl hatte doppelt so schnell zu altern) und habe jetzt Wissenslücken und eine zu 3/4 fertige Diss (die wird dann ab Weihnachten fertig gemacht). Zum Lernen (wie zum 1.) konnte ich mich in den letzten Monaten fast gar nicht motivieren - es ist alles stink langweilig, weil man es eigentlich ja alles schon kann, wenn man es brauch erinnert man sich aber trotzdem nicht.
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Spencer
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Beitrag von Spencer »

Die Angst vor dem Vergessen war der Hauptgrund für mich, die Diss zu schieben und erst ins Referendariat zu gehen ("Erst Pflicht, dann Kür").
Ich schließe mich aber nach meiner 6-monatigen Wartezeit-Erfahrung auch der Meinung an, dass das Wissen nach einiger Zeit nicht komplett ausgelöscht ist, sondern sich darüber lediglich ein "Schleier des Nichtwissens" gelegt hat, frei nach John Rawls ;-)
Es bedarf also einer gewissen Anstrengung, das "Vergessene" wieder nach vorne zu holen, aber es ist kein Vergleich mit dem Aufwand, den man betrieben hat, um es erstmals zu lernen. Allerdings dürfte dieser Aufwand proportional zur Länge der dissbedingten Auszeit anwachsen.
Blöd ist halt, dass einem im Referendariat neben den tausend anderen Terminen schon die Zeit wegläuft und man eigentlich genug damit zu tun hat, den ganzen neuen Stoff zu lernen...
Aber Panik oder Angst würde ich deswegen nicht bekommen, sondern mir nur bewußt machen, dass die Vorbereitung auf das Zweite insgesamt stressiger wird, nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Ich hab vor allem auch die Angst zu vergessen, was die Bearbeitung der Diss angeht. Ich komme gerade mal wieder um vor herum fliegenden kleinen Zetteln... Da muss dann noch mal ne ordentlichere Organisation bei mir erfunden werden.

Ansonsten gebe ich spencer recht...
Gelöschter Nutzer

Re: Habt ihr manchmal auch "Angst" vor dem Vergessen?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

My two cents zu diesem Thema:

Ich habe unmittelbar nach dem 1.Examen 1,5 Jahre ausgesetzt um zu promovieren und bin danach ins Referendariat gegangen. Ich habe dort in den ersten zwei Monaten parallel die Diss. fertiggestellt und in der Verwaltungsstation die Verlagsversion hergestellt.

Meine Erfahrung: mir hat es nicht geschadet. Ich habe mich im Vergleich zum 1. Examen sogar verbessern können (mittleres 9, auf hohes 9,). Ich denke, es hängt von jedem selbst ab, was er aus der Ref.-Zeit macht. Wenn man früh genug mit dem Lernen und dem Klausurschreiben anfängt, in jedem Rechtsgebiet am Ball bleibt und sich die neuen Gebiete (ArbeitsR, FamR, SteuerR, WasserR etc.) zügig aneignet, wird man das (so meine Erfahrung) nur verschüttete Wissens schnell wieder hervorkramen.

Man sollte aber darauf achten, frühzeitig mit dem Wiederholen des Stoffs des 1.Examens zu beginnen. EXTREM bewährt haben sich die für das 1.Examen geschriebenen Karteikarten - diese waren optimal geeignet, in kurzer Zeit sämtliche Rechtsgebiete wieder aufzufrischen (bzw. anhand der Karten sich zu erarbeiten, wo was im Palandt oder in sonstigen Kommentaren steht, was im Hinblick auf die Klausuren im 2.Examen essentiell ist).

Die Angst, möglicherweise im Bezug auf das 2.Examen die "falsche" Entscheidung getroffen zu haben, ist aber in jedem Fall da (vor allem, wenn die erste Klausur gleich mal schön unterm Strich ist, weil man sich die letzten Wochen nur mit der Diss. beschftigt hat ::oops: ). Man sollte davor mit sich selbst ausmachen, wie und ob man mit dieser Unsicherheit klarkommt. Andererseits kann gerade diese Angst ein vortrefflicher Motivator sein...

Beste Grüße,
D_A
Gelöschter Nutzer

Re: Habt ihr manchmal auch "Angst" vor dem Vergessen?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Wenn man es mal beherrscht hat, fehlt nur die Übung, das Wissen ist nicht weg. Ich habe das in der ÖR-Station gemerkt. Während die anderen §, Absatz und Alternative runterrasseln konnten, kam bei mir ein leises "Da war doch was....." Mittlerweile ist da - imho - kein Unterschied mehr feststellbar.
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Einwendungsduschgriff
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Re: Habt ihr manchmal auch "Angst" vor dem Vergessen?

Beitrag von Einwendungsduschgriff »

JM hat geschrieben:Wenn man es mal beherrscht hat, fehlt nur die Übung, das Wissen ist nicht weg. Ich habe das in der ÖR-Station gemerkt. Während die anderen §, Absatz und Alternative runterrasseln konnten, kam bei mir ein leises "Da war doch was....." Mittlerweile ist da - imho - kein Unterschied mehr feststellbar.
Ich bekomm den Effekt auch ohne Pause hin: gleich in der Zivilstation kam da nur noch qualifiziertes Raten :D
Hier gibt's nichts zu lachen, erst recht nichts zu feiern.
Kasimir
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Re: Habt ihr manchmal auch "Angst" vor dem Vergessen?

Beitrag von Kasimir »

Bei mir in der AG haben einige zwischen 1,5 und 2 Jahren mit der Diss ausgesetzt und die gehören alle materiellrechtlich zu den Besten. Ich würde mir da keine Sorgen machen.
Eichhörnchen, Eichhörnchen wo sind deine Nüsse?
Gelöschter Nutzer

Re: Habt ihr manchmal auch "Angst" vor dem Vergessen?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Kasimir hat geschrieben:Bei mir in der AG haben einige zwischen 1,5 und 2 Jahren mit der Diss ausgesetzt und die gehören alle materiellrechtlich zu den Besten. Ich würde mir da keine Sorgen machen.

Um den Partner aus meiner RA-Station zu zitieren: "Ein bisschen Abstand ist nicht nur nicht schädlich, sondern sogar ganz hilfreich".
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