Leitest Du die Gleichstellung von Bösgläubigkeit und Klageerhebung deshalb aus § 819 I BGB her, weil die Bösgläubigkeit in § 990 I BGB gerade nicht zur Zufallshaftung nach § 287 S.2 führt (vgl. Torquemada´s Einwand)?Schnitte hat geschrieben:Nix da, wir kommen nämlich über § 292 BGB auch zu § 990 II BGB, also zurück ins Schuldrecht AT und dort über § 287 BGB genauso zu einer verschuldensunabhängigen Haftung. Der bösgläubige Bereicherungsschuldner ist nämlich wegen § 286 I 2 Var. 1 BGB (Klageerhebung wirkt wie Mahnung) iVm § 819 I BGB (Bösgläubigkeit wirkt wie Klageerhebung) in Verzug.Torquemada hat geschrieben: Die Verweisungskette über § 292 BGB in das EBV endet demgegenüber bei einem verschuldensabhängigen (!) Schadensersatzanspruch (§§ 989, 990 BGB: "..., dass infolge seines Verschuldens ...").
Verschärfte Haftung nach §§ 818 IV, 819 I BGB
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Re: Verschärfte Haftung nach §§ 818 IV, 819 I BGB
- Schnitte
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Re: Verschärfte Haftung nach §§ 818 IV, 819 I BGB
Ich leite die Gleichstellung von Boesglaeubigkeit und Klageerhebung deshalb aus § 819 I BGB her, weil sie genau dort und nicht in anderen Normen geregelt ist.
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen [...], verstoßen nicht gegen göttliches Recht."
--- Offizialat Freiburg, NJW 1994, 3375
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Re: Verschärfte Haftung nach §§ 818 IV, 819 I BGB
In meinem Gesetzestext steht das so nicht. In meinem Gesetzestext steht bei §§ 819 I, 818 IV BGB nicht "Klageerhebung", sondern "Rechtshängigkeit".Schnitte hat geschrieben:Ich leite die Gleichstellung von Bösgläubigkeit und Klageerhebung deshalb aus § 819 I BGB her, weil sie genau dort und nicht in anderen Normen geregelt ist.
In § 291 BGB (Prozesszinsen) und § 292 BGB (Verweisung ins EBV) steht auch "Rechtshängigkeit", die sind deshalb unproblematisch auf den bösgläubigen Bereicherungsschuldner anwendbar. In § 286 I 2 BGB steht aber "Erhebung der Leistungsklage", was gegenüber der bloßen Rechtshängigkeit ein Mehr mit eigener Teleologie ist (weshalb z.B. die Feststellungsklage zwar die Rechtshängigkeit, nicht aber den Verzug herbeiführt).
Deshalb ist es eben keineswegs richtig (und erst recht nicht selbstverständlich), den bösgläubigen Bereicherungsschuldner aufgrund der Rechtshängigkeitsfiktion auch aus Verzug haften zu lassen - weitere Argumente s. S. 1 des Threads. Für den Anfechtungsgegner bei der Insolvenz- und Gläubigeranfechtung, der kraft gesetzlicher Anordnung ebenfalls wie ein bösgläubiger Bereicherungsschuldner haftet (§§ 143 I 2 InsO, 11 I 2 AnfG), ist das im übrigen so gut wie unbestritten und wird auch vom BGH so gesehen.
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Re: Verschärfte Haftung nach §§ 818 IV, 819 I BGB
Mir geht es im Endeffekt nur darum, eine für das Staatsexamen geeignete Lösung zu finden. Den Standardsatz, dass bei Bösgläubigkeit bzw Rechtshängigkeit die Berufung auf den Einwand der Entreicherung ausgeschlossen ist, kann ich so nicht aus dem Gesetz (§ 818 IV BGB) ableiten. Dort heisst es lediglich, dass derjenige nach den allgemeinen Regeln haftet. Ich würde dem bösgläubigen bzw verklagten Berecherungsschuldner daher nicht den Einwand der Entreicherung aufgrund von § 818 IV abschneiden, sondern den Entreicherungseinwand für beachtlich halten.
Vielmehr haftet er außerdem nach den allgemienen Vorschriften, insbesondere nach EBV. Daher ist dann mE mit einem neuen Oberstatz zu beginnen (§§ 819 I, 818 IV, 292, 989, 990).
Dadurch wird also eine Vindikationslage fingiert und ich kann bei Untergang der Sache nach §§ 989, 990 Schadensersatz verlangen. Grundsätzlich geht dies aber nur bei einem Verschulden des Bereicherungsschuldners.
Jetzt stellt sich aber die Frage, ob ich zu einer Zufallshaftung nach § 287 S. 2 komme. Dann muss sich der Berecherungsschuldner im Verzug befunden haben. Dies setzt jedenfalls eine Mahnung voraus. Die Mahnung wird aber der Erhebung der Leistungsklage gleichgestellt, § 286 I 2 BGB.
Fraglich ist also jetzt, ob ich aus § 819 I BGB die Wertung übernehmen kann, dass die Bösgläubigkeit der Rechtshängigkeit gleichsteht.
@Torquemada:
Du verneinst dies, weil du das Gesetz so verstehst, dass zwar die Bösgläubigkeit der Rechtshängigkeit gleichsteht, aber nicht die Bösgläubigkeit der Erhebung der Leistungsklage, oder?
Wie würdest Du solche Fälle lösen?
Vielmehr haftet er außerdem nach den allgemienen Vorschriften, insbesondere nach EBV. Daher ist dann mE mit einem neuen Oberstatz zu beginnen (§§ 819 I, 818 IV, 292, 989, 990).
Dadurch wird also eine Vindikationslage fingiert und ich kann bei Untergang der Sache nach §§ 989, 990 Schadensersatz verlangen. Grundsätzlich geht dies aber nur bei einem Verschulden des Bereicherungsschuldners.
Jetzt stellt sich aber die Frage, ob ich zu einer Zufallshaftung nach § 287 S. 2 komme. Dann muss sich der Berecherungsschuldner im Verzug befunden haben. Dies setzt jedenfalls eine Mahnung voraus. Die Mahnung wird aber der Erhebung der Leistungsklage gleichgestellt, § 286 I 2 BGB.
Fraglich ist also jetzt, ob ich aus § 819 I BGB die Wertung übernehmen kann, dass die Bösgläubigkeit der Rechtshängigkeit gleichsteht.
@Torquemada:
Du verneinst dies, weil du das Gesetz so verstehst, dass zwar die Bösgläubigkeit der Rechtshängigkeit gleichsteht, aber nicht die Bösgläubigkeit der Erhebung der Leistungsklage, oder?
Wie würdest Du solche Fälle lösen?
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Re: Verschärfte Haftung nach §§ 818 IV, 819 I BGB
Meine Empfehlung fürs Examen ist folgende:
1) Wenn es sich bei dem Bereicherungsgegenstand um eine (mittlerweile untergegangene oder beschädigte) bewegliche Sache handelt, prüft man zunächst §§ 819 I, 818 IV i.V.m. §§ 292, 989 BGB. Wenn der Anspruch durchgeht (weil den Bereicherungsschuldner an dem Untergang oder der Beschädigung ein Verschulden traf), macht man an dieser Stelle Schluss. Wenn der Anspruch insoweit mangels Verschuldens scheitert, prüft man noch §§ 819 I, 818 IV i.V.m. §§ 286 I 2, 287 S. 2 BGB und problematisiert, ob es eine Verzugshaftung als Folge der Rechtshängigkeitsfiktion überhaupt gibt (mit welchem Ergebnis auch immer - das ist ja nunmal streitig, und was "Schnitte" schreibt, wird ja durchaus vertreten).
2) In allen anderen Fällen, also wenn es sich bei dem Bereicherungsgegenstand nicht um eine bewegliche Sache handelt, schreibt man, dass sich der verschärft haftende Bereicherungsschuldner (= § 818 IV BGB + § 819 I BGB) nicht auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 III BGB) berufen kann und deshalb nach § 818 II BGB Wertersatz leisten muss, und kein Wort mehr.
Das kann man sich gut merken und riskiert nicht, viel falsch zu machen (viele BGH-Entscheidungen machen es genauso).
1) Wenn es sich bei dem Bereicherungsgegenstand um eine (mittlerweile untergegangene oder beschädigte) bewegliche Sache handelt, prüft man zunächst §§ 819 I, 818 IV i.V.m. §§ 292, 989 BGB. Wenn der Anspruch durchgeht (weil den Bereicherungsschuldner an dem Untergang oder der Beschädigung ein Verschulden traf), macht man an dieser Stelle Schluss. Wenn der Anspruch insoweit mangels Verschuldens scheitert, prüft man noch §§ 819 I, 818 IV i.V.m. §§ 286 I 2, 287 S. 2 BGB und problematisiert, ob es eine Verzugshaftung als Folge der Rechtshängigkeitsfiktion überhaupt gibt (mit welchem Ergebnis auch immer - das ist ja nunmal streitig, und was "Schnitte" schreibt, wird ja durchaus vertreten).
2) In allen anderen Fällen, also wenn es sich bei dem Bereicherungsgegenstand nicht um eine bewegliche Sache handelt, schreibt man, dass sich der verschärft haftende Bereicherungsschuldner (= § 818 IV BGB + § 819 I BGB) nicht auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 III BGB) berufen kann und deshalb nach § 818 II BGB Wertersatz leisten muss, und kein Wort mehr.
Das kann man sich gut merken und riskiert nicht, viel falsch zu machen (viele BGH-Entscheidungen machen es genauso).
- Schnitte
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Re: Verschärfte Haftung nach §§ 818 IV, 819 I BGB
Dein Gesetzestext kennt aber vielleicht auch einen § 261 I ZPO, aus dem ich schließe, dass eine Differenzierung zwischen Klageerhebung und Rechtshängigkeit nicht zulässig ist.Torquemada hat geschrieben:In meinem Gesetzestext steht das so nicht. In meinem Gesetzestext steht bei §§ 819 I, 818 IV BGB nicht "Klageerhebung", sondern "Rechtshängigkeit".
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Re: Verschärfte Haftung nach §§ 818 IV, 819 I BGB
Es ist doch Dein Anliegen, die Anwendbarkeit der verschärften Verzugshaftung nach § 287 S. 2 BGB zu begründen, und deshalb reden wir hier nicht allgemein von "Klageerhebung", sondern von der zur Verzugsbegründung als Mahnungsersatz notwendigen Form der "Klageerhebung" = "Erhebung der Klage auf die Leistung", was nach Wortlaut, Gesetzessystematik (§ 286 I 2 BGB ./. §§ 291, 292 BGB) und Teleologie etwas anderes ist als "Rechtshängigkeit" (wie, ich sagte es schon, sehr leicht am Beispiel der Feststellungsklage demonstriert werden kann).Schnitte hat geschrieben:Dein Gesetzestext kennt aber vielleicht auch einen § 261 I ZPO, aus dem ich schließe, dass eine Differenzierung zwischen Klageerhebung und Rechtshängigkeit nicht zulässig ist.Torquemada hat geschrieben:In meinem Gesetzestext steht das so nicht. In meinem Gesetzestext steht bei §§ 819 I, 818 IV BGB nicht "Klageerhebung", sondern "Rechtshängigkeit".
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Re: Verschärfte Haftung nach §§ 818 IV, 819 I BGB
§§ 819 I, 818 IV i.V.m. §§ 286 I 2, 287 S. 2 BGB soll also inzident im Verschulden des §§ 989, 990 geprüft werden, wenn ich zu dem Ergebnis komme, dass der Bereicherungsschuldner den Untergang nicht zu verschulden hat?Torquemada hat geschrieben:Meine Empfehlung fürs Examen ist folgende:
Wenn der Anspruch insoweit mangels Verschuldens scheitert, prüft man noch §§ 819 I, 818 IV i.V.m. §§ 286 I 2, 287 S. 2 BGB und problematisiert, ob es eine Verzugshaftung als Folge der Rechtshängigkeitsfiktion überhaupt gibt (mit welchem Ergebnis auch immer - das ist ja nunmal streitig, und was "Schnitte" schreibt, wird ja durchaus vertreten).
(Schnitte würde dann dasselbe Ergebnis über §§ 990 II, 286 I 2, 287 S. 2 BGB erreichen)
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Re: Verschärfte Haftung nach §§ 818 IV, 819 I BGB
Die Frage nach dem Aufbau - also insbesondere, ob man noch einmal mit einem neuen Obersatz anfangen muss - hat mit der Frage des Haftungsmaßstabs (Verschuldens- oder Zufallshaftung) nichts zu tun.
Ich persönlich würde es der Übersichtlichkeit halber vorziehen, das als Frage des Haftungsmaßstabs innerhalb des Bereicherungsanspruchs zu behandeln, also:
I. Anspruch auf Wertersatz iHv x,- EUR aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB
1. Voraussetzungen der Leistungskondiktion
2. Wertersatz wegen Unmöglichkeit der Herausgabe in Natur, § 818 II BGB
3. Einwand des Wegfalls der Bereicherung
a) Voraussetzungen nach § 818 III BGB
b) Verschärfte Haftung
aa) Voraussetzungen nach §§ 818 IV, 819 I BGB
bb) Rechtsfolgen
(1) unstr.: Verschuldenshaftung (§§ 818 IV, 292, 989 BGB)
[falls (1) nicht zum Ziel führt:
(2) str.: Zufallshaftung (§§ 818 IV, 292, 989, 990 II, 287 S. 2, 286 I 2 BGB)].
Die im Hinblick auf den doppelten Rechtsfolgenverweis der §§ 818 IV, 292 BGB konstruktiv genaugenommen richtigere Alternative wäre:
I. Anspruch auf Wertersatz iHv x,- EUR aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB
1. Voraussetzungen der Leistungskondiktion
2. Wertersatz wegen Unmöglichkeit der Herausgabe in Natur, § 818 II BGB
3. Einwand des Wegfalls der Bereicherung - Voraussetzungen nach § 818 III BGB
Ergebnis: Anspruch (-)
II. Anspruch auf Schadensersatz iHv x,- EUR aus § 989 iVm §§ 818 IV, 292 BGB
I. Anwendbarkeit des EBV gem. §§ 812, 818 IV, 819 I, 292 BGB
II. Rechtsfolgen:
1. unstr.: Verschuldenshaftung (§ 989 BGB)
[falls 1. nicht zum Ziel führt:
2. str.: Zufallshaftung (§§ 989, 990 II, 287 S. 2, 286 I 2 BGB)].
Nach meiner Einschätzung ist die oben genannte Alternative eher üblich, aber dies ist wie immer bei Aufbaufragen schwer festzustellen, da es keine Übersichten über den "Meinungsstand" gibt.
Ich persönlich würde es der Übersichtlichkeit halber vorziehen, das als Frage des Haftungsmaßstabs innerhalb des Bereicherungsanspruchs zu behandeln, also:
I. Anspruch auf Wertersatz iHv x,- EUR aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB
1. Voraussetzungen der Leistungskondiktion
2. Wertersatz wegen Unmöglichkeit der Herausgabe in Natur, § 818 II BGB
3. Einwand des Wegfalls der Bereicherung
a) Voraussetzungen nach § 818 III BGB
b) Verschärfte Haftung
aa) Voraussetzungen nach §§ 818 IV, 819 I BGB
bb) Rechtsfolgen
(1) unstr.: Verschuldenshaftung (§§ 818 IV, 292, 989 BGB)
[falls (1) nicht zum Ziel führt:
(2) str.: Zufallshaftung (§§ 818 IV, 292, 989, 990 II, 287 S. 2, 286 I 2 BGB)].
Die im Hinblick auf den doppelten Rechtsfolgenverweis der §§ 818 IV, 292 BGB konstruktiv genaugenommen richtigere Alternative wäre:
I. Anspruch auf Wertersatz iHv x,- EUR aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB
1. Voraussetzungen der Leistungskondiktion
2. Wertersatz wegen Unmöglichkeit der Herausgabe in Natur, § 818 II BGB
3. Einwand des Wegfalls der Bereicherung - Voraussetzungen nach § 818 III BGB
Ergebnis: Anspruch (-)
II. Anspruch auf Schadensersatz iHv x,- EUR aus § 989 iVm §§ 818 IV, 292 BGB
I. Anwendbarkeit des EBV gem. §§ 812, 818 IV, 819 I, 292 BGB
II. Rechtsfolgen:
1. unstr.: Verschuldenshaftung (§ 989 BGB)
[falls 1. nicht zum Ziel führt:
2. str.: Zufallshaftung (§§ 989, 990 II, 287 S. 2, 286 I 2 BGB)].
Nach meiner Einschätzung ist die oben genannte Alternative eher üblich, aber dies ist wie immer bei Aufbaufragen schwer festzustellen, da es keine Übersichten über den "Meinungsstand" gibt.
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Re: Verschärfte Haftung nach §§ 818 IV, 819 I BGB
Danke, der Lösungsvorschlag lässt sich gut hören, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass Du nur ein interessierter Laie bist .
Aber inwieweit ist nun in vertretbarer Weise eine verschuldensunabhängige Haftung über § 287 S. 2 anzuerkennen?
Aber inwieweit ist nun in vertretbarer Weise eine verschuldensunabhängige Haftung über § 287 S. 2 anzuerkennen?
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Re: Verschärfte Haftung nach §§ 818 IV, 819 I BGB
Ich habe mal versucht, die Argumente und Ansichten hier mal zu bündeln. Da Schnitte bereits geschrieben hat, dass die "kann sich nicht auf Entreicherung berufen"-Formel "kraft Gewohnheitsrecht" (sprich:fast ausnahmslos) verwendet wird, gehen wir einfach davon aus, dass sich der Bereicherungsschuldner im Falle der verschärften Haftung nach §§ 818 IV, 819, 820 BGB nicht auf Entreicherung i.S.d. § 818 III BGB berufen kann. Dies folgt nicht unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut des § 818 IV BGB, sondern ergibt sich in dogmatischer Hinsicht aus folgender Überlegung: Nach § 818 IV BGB haftet der Bereicherungsschuldner ab dem Eintritt der Rechtshängigkeit nach den allgemeinen Vorschriften. Zu diesen allgemeinen Vorschriften zählt – darin ist man sich einig – § 292 BGB. § 292 I BGB wiederum verweist auf die §§ 987 ff. BGB und damit auf die verschuldensabhängige Schadensersatzhaftung der §§ 989, 990 BGB („…, dass infolge seines Verschuldens…“). Zwar gelten die Regelungen über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis i.S.d. §§ 987 ff. BGB nur für bewegliche Sachen, nicht hingegen für unkörperliche Gegenstände, da aber eine solche Ungleichbehandlung zwischen beiden Fällen nicht gerechtfertigt ist, sollte man eine einheitliche Logik für alle Bereicherungsschuldner etablieren und die Verweisung des § 818 IV BGB entsprechend ihrem Rechtsgedanken auch bei unkörperlichen Gegenständen anwenden und in § 818 IV BGB den Rechtssatz hineinlesen, dass sich „der bösgläubige Bereicherungsschuldner nicht auf Entreicherung berufen kann“.
Im Ergebnis führt die Aussage „der bösgläubige Bereicherungsschuldner kann sich nicht auf Entreicherung berufen“ dazu, dass man in § 818 IV BGB eine verschuldensunabhängige Wertersatzersatzpflicht hineinliest, obwohl die Verweisung des § 818 IV BGB auf § 292 I BGB, der wiederum auf die §§ 987 ff. BGB verweist, lediglich zu einer verschuldensabhängigen Schadensersatzpflicht nach §§ 989, 990 BGB („…, dass infolge seines Verschuldens…“) führt. Dieser scheinbare Widerspruch lässt sich dadurch auflösen, dass 292 BGB auch zur Anwendung des § 990 II BGB führt, der wiederum zu den Verzugsregeln und damit zu § 287 S. 2 BGB („…Zufall…“) führt, der ebenfalls eine verschuldensunabhängige Haftung regelt. Zwar sieht § 286 I 2 BGB vor, dass der Mahnung die Erhebung der Klage auf Leistung gleichsteht – was gegenüber der bloßen Rechtshängigkeit in § 818 IV BGB ein Mehr ist –, da aber § 818 IV BGB nach zutreffender h.M. [so u.a. auch der BGH: BGH NJW 1984, 2095; BGH NJW 1985, 1074; BGH NJW 1986, 2057; BGH NJW 1992, 2415; BGH NJW 1998, 2433 (2434); NJW 2000, 740 (741); NJW-RR 2003, 1155 (1156)] nur bei Rechtshängigkeit der Leistungsklage Anwendung findet, ist dies unschädlich.
Im Ergebnis führt die Aussage „der bösgläubige Bereicherungsschuldner kann sich nicht auf Entreicherung berufen“ dazu, dass man in § 818 IV BGB eine verschuldensunabhängige Wertersatzersatzpflicht hineinliest, obwohl die Verweisung des § 818 IV BGB auf § 292 I BGB, der wiederum auf die §§ 987 ff. BGB verweist, lediglich zu einer verschuldensabhängigen Schadensersatzpflicht nach §§ 989, 990 BGB („…, dass infolge seines Verschuldens…“) führt. Dieser scheinbare Widerspruch lässt sich dadurch auflösen, dass 292 BGB auch zur Anwendung des § 990 II BGB führt, der wiederum zu den Verzugsregeln und damit zu § 287 S. 2 BGB („…Zufall…“) führt, der ebenfalls eine verschuldensunabhängige Haftung regelt. Zwar sieht § 286 I 2 BGB vor, dass der Mahnung die Erhebung der Klage auf Leistung gleichsteht – was gegenüber der bloßen Rechtshängigkeit in § 818 IV BGB ein Mehr ist –, da aber § 818 IV BGB nach zutreffender h.M. [so u.a. auch der BGH: BGH NJW 1984, 2095; BGH NJW 1985, 1074; BGH NJW 1986, 2057; BGH NJW 1992, 2415; BGH NJW 1998, 2433 (2434); NJW 2000, 740 (741); NJW-RR 2003, 1155 (1156)] nur bei Rechtshängigkeit der Leistungsklage Anwendung findet, ist dies unschädlich.