Frage zum Versuch mittelbarer Täterschaft

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

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Gelöschter Nutzer

Frage zum Versuch mittelbarer Täterschaft

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hi, also ich hab hier iwie ein leichtes Verständnisproblem bzgl einer Fallösung.es geht um versuchte mittelbare täterschaft.

da wird im Tatentschluss folgendes geprüft:

a wollte einen psychischen Verursachungsbeitrag setzen. <-----ist klar

Dann aber:

Fraglich ist aber, ob die nach seiner vorstellung gegebenen Umstände seine Tatherrschaft begründen. und dann wird die zurechnung über mittelbare täterschaft geprüft, was ja eigentlich ein objektives tatbestandsmerkmal ist.

Wäre es nicht korrekt gewesen, im tatentschluss nur zu prüfen, ob er die Tatherrschaft im rahmen der mittelbaren täterschaft wollte und erst beim unmittelbaren ansetzten als erstes das vorliegen der tatherrschaft und den versuchsbeginn für den mittelbaren täter zu prüfen?
surcam
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Re: Frage zum Versuch mittelbarer Täterschaft

Beitrag von surcam »

Der Tatentschluss muss sich auch auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale beziehen. Haben die in der Falllösung vielleicht das geprüft? ;)
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Motte
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Re: Frage zum Versuch mittelbarer Täterschaft

Beitrag von Motte »

Benno hat geschrieben:Fraglich ist aber, ob die nach seiner vorstellung gegebenen Umstände seine Tatherrschaft begründen. und dann wird die zurechnung über mittelbare täterschaft geprüft, was ja eigentlich ein objektives tatbestandsmerkmal ist.
Irgendwie knirscht es bei mir, wenn ich "mittelbare Täterschaft" und "Zurechnung" höre. Letzteres gehört nämlich eher zu § 25 II StGB.

Tatentschluss muss sich auf die Tat und die Tatherrschaft beziehen, d.h. das Defizit und die eigene Überlegenheit.
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Gelöschter Nutzer

Re: Frage zum Versuch mittelbarer Täterschaft

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Also, um es vielleicht noch mal deutlicher zu machen:

Mir ist klar, dass im Tatentschluss der Vorsatz bzgl aller objektiven TB-Merkmale und somit auch bzgl der Tatherrschaft vorliegen muss. (Danke für die Blumen, surcam, das krieg ich grad noch auf die Kette ;))

Davon zu trennen ist doch die frage, ob überhaupt tatherrschaft vorrliegt. und muss ich das nicht erst beim unmittelbaren ansetzen prüfen? denn ob tatherrschaft vorliegt, wird ja beim vollendeten delikt auch im otb geprüft und nicht beim vorsatz.

in der Fallösung wurde das vorliegen der tatherrschaft hingegen im rahmen des vorsatzes (tatentschlusses geprüft) und ich frage mich, ob es dafür einen grund gibt...

Ich hoffe, es ist jetzt klar geworden. Mir ist durchaus bewusst, dass tatentschluss = Vorsatz + deliktsspezifische subj. Merkmale und unmittelbares Ansetzen = OTB Den versuch kann ich grds gerade noch durchprüfen...

Aber wisst ihr vielleicht, warum die Tatherrschaft als obj Merkmal im Vorsatz geprüft wurde?



Gegenbeispiel:

Wenn ich den Diebstahlsversuch prüfe, dann prüfe ich beim Tatentschluss auch nur den VORSATZ bzgl der wegnahme und erst beim Unmittelbaren ansetzen, ob wirklich eine Wegnahme oder ein Ansetzen hierzu vorliegt...
surcam
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Re: Frage zum Versuch mittelbarer Täterschaft

Beitrag von surcam »

Naja, lies dir § 22 StGB mal genau durch. Danach wird beim Versuch im "objektiven Tatbestand" nur geprüft, ob unmittelbar angesetzt wurde. Dass das Delikt nicht vollendet wurde, wurde entweder vorher in einer einzelnen Prüfung festgestellt oder man prüft es vorher ganz kurz als sogenannte "Vorprüfung". Mehr gehört nicht in den "objektiven Tatbestand" beim Versuch. (btw: So ganz richtig ist es eigentlich nicht, beim Versuch vom objektiven und subjektiven Tatbestand zu sprechen ... ;)) Wenn du also beim Diebstahlsversuch beim unmittelbaren Ansetzen die Wegnahme prüfst, ist das bei Lichte besehen falsch. Du musst dort das unmittelbare Ansetzen zur Wegnahme prüfen.

Beim Versuch der mittelbaren Täterschaft muss im Tatbestand folgendes geprüft werden:
  • * Tatentschluss:
    • * Vorsatz bzgl. Tatbestandsverwirklichung durch Tatmittler
      * Vorsatz bzgl. Tatherrschaft und Defizit des Tatmittlers
    * unmittelbares Ansetzen: "Jetzt geht's los", Feuerprobe der kritischen Situation, Energieeinsatz usw., je nachdem, was man möchte und wie wichtig/eindeutig
Wenn in der Falllösung die Tatherrschaft im Tatentschluss unabhängig von der Vorstellung des Hintermannes geprüft wurde, ist das mE. falsch. Denn ob Tatherrschaft in der Wirklichkeit vorlag, spielt beim Versuch grds. keine Rolle. U.U. kann ja sogar der Punkt sein, weshalb man überhaupt erst zur Versuchsprüfung kommt ... ;)

[Edit] ein falsches "nicht" entfernt ...[/Edit]
Zuletzt geändert von surcam am Samstag 19. Juni 2010, 10:59, insgesamt 1-mal geändert.
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DiffMan
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Re: Frage zum Versuch mittelbarer Täterschaft

Beitrag von DiffMan »

Hey Benno, beim Versuch kommt es gerade nicht darauf an, dass objektiv irgendwas deliktsspezifisches gegeben sein muss. Das zeigt besonders § 23 III BGB, wonach eine Versuchsstrafbarkeit auch vorhanden sein kann, wenn man sich in tatsächlicher Hinsicht völlig falsche Vorstellungen macht. Entscheidend ist nur, dass der Versuchstäter einen Straftatbestand verwirklichen will und dann hierfür solche Handlungen vornimmt, die unmittelbar in die nach seiner (uU völlig irrigen!) tatbestandmäßigen Handlung münden.

So, wie du den Versuch prüfst, hast du letztlich nur ein vollendetes Delikt geprüft und dabei den subjektiven vor den objektiven Tatbestand gezogen.
Gelöschter Nutzer

Re: Frage zum Versuch mittelbarer Täterschaft

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Ne moment jetzt mal...so ganz scheint mir das nicht zu stimmen...ich kenne die definition und die kriterien des unmittelbaren ansetzens und mir ist klar, dass man dort nicht alle objektiven tatbestandsmerkmale prüft.

Bei dem beispiel des Diebstahls muss jedoch nicht zwangsläufig nur ein versuch vorliegen, wenn die wegnahme nicht vorliegt. Mal als Beispiel eher der Totschlag...der Versuch ist auch gegeben, wenn die Tötung und die Tathandlung vorliegen, die objektive zurechnung aber nicht.

Dann würde ich aber dennoch beim unmittelbaren ansetzen sagen, dass die Tötungshandlung und der tötungserfolg eingetreten sind und daher ein unmittelbares ansetzen vorliegt und in der vorprüfung darauf hinweisen, dass vollendeter totschlag nicht gegeben ist, weil es an der objektiven zurechnung ermangelt.

Also sprich, mir ist klar, dass ich nicht die objektiven tatbestandsmerkmale durchprüfen muss beim unmittelbaren ansetzen, dass hab ich entweder schon in der prüfung des vollendeten delikts gemacht oder in der vorprüfung. Ich hab das nur in der form gesagt, weil ich mein eigentliches Problem darstellen wollte, war aber wohl was ungeschickt...ich versuch nochmal anders..

im vorliegenden fall ist die mittelbare täterschaft daran gescheitert, dass der hintermann nicht täter bzgl seiner eigenen körperverletzung sein kann (error in persona des werkzeugs).

Sodann wurde versuchte mittelbare täterschaft bzgl des eigentlich geplanten opfers geprüft. und dort wurde im tatentschluss dann folgendes (in gekürzter form) geprüft:

Tatvollendung entfällt.
Versuchsstrafbarkeit ergibt sich aus...

tatentschluss: zur körperverletzung einer anderen person in mittelbarer täterschaft.
a. körperverletzung und begehungsform in kauf genommen
b. zurechnung der tathandlung gemäß § 25 I 2.alt bleibt zweifelhaft
fraglich ist, ob die nach vorstellung des hintermanns gegebenen umstände seine tatherrschaft begründen...


und dann wird geprüft, ob mittelbare täterschaft (-> hier täter hinter dem täter) vorlag. Und das ist mir unklar. Ich müsste doch eigentlich wortwörtlich nach der definition des tatentscchlusses prüfen, ob der Hintermann Vorsatz bzgl der Tatherrschaft hatte (neben dem Tatherrschaftsbewusstsein) und nicht, ob diese tatsächlich vorlag....

wenn die def ist: endgültiger Wille zur verwirklichung aller den jeweiligen objt tatbestand ausfüllenden obj merkmale einschlkießlich der deliktsspezifischen subj. merkmale.

-> Prüfung des Vorsatzes + etwaiger anderer subjektiver merkmale....

-> dann hat doch die prüfung des vorliegens von tatherrschaft im tatentschluss nichts zu suchen?
surcam
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Re: Frage zum Versuch mittelbarer Täterschaft

Beitrag von surcam »

Die prüfen dort, "ob die nach vorstellung des hintermanns gegebenen umstände seine tatherrschaft begründen". Und das bezeichnet doch dann die Vorsatzprüfung: "nach Vorstellung des Hintermanns". ;)

Übrigens ist das bei dem Beispiel mit dem Totschlag nur deshalb so, weil der Täter schon mindestens ein Tatbestandsmerkmal erfüllt hat. Dann braucht man nicht mehr darauf eingehen, ob ein unmittelbares Ansetzen vorliegt, da mit der Verwirklichung schon begonnen wurde. Unmittelbares Ansetzen bezeichnet jedoch auch schon die Phase, in der noch gar kein Merkmal erfüllt ist. Bsp.: Ich stehe hinter einer Ecke mit erhobener Axt und warte auf mein Opfer. Als es dann vorbeigeht, kriege ich ein schlechtes Gewissen und schlag ihm nicht den Kopf ab. Dann ist kein Tatbestandsmerkmal erfüllt, ein Versuch -- von dem ich allerdings zurückgetreten bin -- liegt aber vor. Hier würde ich beim unmittelbaren Ansetzen nicht prüfen, ob ich jemanden getötet habe und auch nichts davon schreiben, sondern nur ob ich zur Tötung angesetzt habe.
Gelöschter Nutzer

Re: Frage zum Versuch mittelbarer Täterschaft

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Also vielleicht hab ich da nen denkfehler, aber ich wäre gar nicht zu der prüfung des täters hinter dem täter gekommen...ich hätte gesagt:

Zudem müsste der Hintermann auch vorsatz bzgl einer etwaigen Tatherrschaft gehabt haben. Dies ist dann der Fall, wenn er vor augen hatte, dass der Vordermann einem Strafbarkeitsmangel unterliegen und er diesen Strafbarkeitsmangel kraft Überlegenheit ausgleichen würde.


Also um das Kind mal beim namen zu nennen, mir ist unklar, wieso der Täter hinter dem Täter, also letztenendes die tatherrschaft im Tatentschluss geprüft wird. Oder ist es so, dass ich das im tatentschluss prüfen muss, weil ein Vorsatz bzgl eines Strafbarkeitsmangels nicht vorlag (aus dem Sachverhalt geht ja nicht hervor, dass der Hintermann von einem Strafbarkeitsmangel ausgeht) und deshalb ein Vorsatz bzgl des Täters hinter dem Täter gegeben sein muss?

Wobei die Formulierung der Prüfung des Täters hinter dem Täter schon sehr obj angehaucht ist und dort nicht mehr auf einen entsprechenden Vorsatz eingegangen wird...
Gelöschter Nutzer

Re: Frage zum Versuch mittelbarer Täterschaft

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

hm...
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Re: Frage zum Versuch mittelbarer Täterschaft

Beitrag von DiffMan »

Ich kann mich nur noch mal wiederholen und dir die genaue Lektüre einer Versuchsprüfung anraten. Du brauchst hier bei deinem "Sonderfall" nichts anders zu machen als sonst, da der Versuch eines Delikts in mittelbarer Täterschaft nicht anders geprüft wird als ein sonstiger Versuch.

Alles, was du sonst im Tatbestand bei einem vollendeten Delikt prüfen würdest, prüfst du im Rahmen des Tatentschlusses. Damit auch, ob der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat, vgl Wortlaut § 22, Tatherrschaft haben würde.

Bein unmittelbaren Ansetzen wird nur geprüft, ob er Handlungen im unmittelbaren räumlich zeitlichen Zusammenhang zu der von ihm vorgestellten Tat vorgenommen hat. Dass ab und an dort auch mal Tatbestandsmerkmale geprüft werden, liegt nur daran, dass dann ein solcher Zusammenhang unstreitig vorliegt.
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Re: Frage zum Versuch mittelbarer Täterschaft

Beitrag von Motte »

Benno, wenn du es hier nicht verstehst, frag' doch mal im Rep :-k
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Gelöschter Nutzer

Re: Frage zum Versuch mittelbarer Täterschaft

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Ja, das werd ich nochmal tun....ich verstehe nämlich, was diffman meint und mir ist der Versuchsaufbau grundsätzlich MEHR als klar...vielleicht kann ich das problem hier nicht gut genug artikulieren, ich werds nochmal im rep anbringen.
Alles, was du sonst im Tatbestand bei einem vollendeten Delikt prüfen würdest, prüfst du im Rahmen des Tatentschlusses. Damit auch, ob der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat, vgl Wortlaut § 22, Tatherrschaft haben würde.
Das ist mir vollkommen klar. Aber wenn man die Falllösung liest, gewinnt man eher den Eindruck, dass er im Tatentschluss geprüft hat, ob objektiv Tatherrschaft vorliegt ! Und nicht, ob dies nach seiner Vorstellung vorliegt !

Das ist mein Problem :) Der Versuchsaufbau ist mir geläufig und verständnismäßig völlig klar. Gerade deswegen ergibt sich diese Frage :)

Danke
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