Wert der Stationszeugnisse

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Gelöschter Nutzer

Wert der Stationszeugnisse

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Habe jetzt 2 Stationen hinter mir und die Stationszeugnisse sind doch sehr unbefriedigend (Strafrecht 10, Zivilrecht 6). Selbst die Strafrechtsnote ist noch unter meiner Examensnote. Die Note vom Zivilgericht kommt leider aufgrund eines sehr anspruchsvollen Ausbilders der mir bescheinigte, dass ich doch große Probleme bei der Tatsachenfeststellung hätte, was auch kein Wunder ist, wenn man sich zum ersten Mal über den Ablauf eines Insolvenzverfahrens oder über eine Wärmedämmung Gedanken machen muss.
Meine konkrete Frage geht nun dahin inwieweit diese Zeugnisse außerhalb vom Staatsdienst eine Rolle spielen.
Ich weiß, dass es schon Threads dazu gab, aber es wurden wenig konkrete Bewerbungserfahrungen dargestellt.
Daher geht meine Frage vor allem an Leute die eben schon Bewerbungserfahrung haben.
Wurde ihr bei der Bewerbung auf die Zeugnisse angesprochen ? Falls 1, 2 schlechte dabei waren, hattet ihr das Gefühl, dass das sehr negativ ankam oder habt ihr die Zeugnisse gar nicht oder nur selektiv beigelegt und man hat die gar nicht verlangt oder eben ausdrücklich verlangt ? Wie war es speziell bei Grosskanzleien ?

Wäre dankbar für einige Antworten.
iolsai
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Re: Wert der Stationszeugnisse

Beitrag von iolsai »

Grundsätzlich werden für die Stationen eher gute Noten vergeben. Aussagekraft solcher ist also begrenzt.
Dagegen fällt es aber auf, wenn jemand schlechte Noten hat.

Man wird relativ sicher im Vorstellungsgespräch darauf angesprochen werden.
Wenn es nur eine einzige ist, dann kann man das leicht wegerklären. Jeder weiß schließlich, dass es auch Ausbilder gibt, die sehr streng korrigieren. (Ich hatte meine Verwaltungsstation gesplittet und bekam ein Zeugnis mit 15 Punkten und eins mit 7)
Ich wurde fast immer danach gefragt.
Aber, wenn die Examensnoten passen, dann kommt diesen Zeugnissen eher untergeordnete Bedeutung zu.
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fritzCard
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Re: Wert der Stationszeugnisse

Beitrag von fritzCard »

Kann isolai nur zustimmen. Bei guten Examensnoten eher unwichtig. Wenn die Examensnoten nicht ganz im grünen Bereich sind, kann man versuchen, sich mit guten Stationszeugnissen "zu retten", so nach dem Motto: Examensnoten sind nicht alles, praktisch taugt der Mensch.

Auf beide Stellen, auf die ich mich beworben habe in der Vergangenheit (und jeweils eine Zusage bekommen habe), bin ich an Menschen geraten, die die Stationszeugnisse gelesen haben. Das Anwaltszeugnis mit 16 Punkten wurde sicher nicht überbewertet, mein OLG-Zeugnis mit 13 Punkten hingegen schon. Der Ausbilder war aber auch ein echter Glücksgriff. Mir sind durch seine Ausbildung ganze Kronleuchter aufgegangen und ich habe ihm eine ganze Menge Akten weggeschafft. Beide Seiten hatten einen wirklichen Gewinn und das hat man seinem Zeugnistext auch angemerkt. Auf dieses Zeugnis wurde ich bislang in allen Bewerbungsgesprächen auch angesprochen.

Insbesondere wenn man sich direkt nach dem Examen bewirbt, sind das neben den Noten die einzigen Zeugnisse, die man vorlegen kann und die etwas zu "praktischer Verwertbarkeit" des Kandidaten aussagen (könnten). Da ich das Glück guter Stationszeugnisse habe, würde ich sie auch heute noch beilegen. Ob man immer an Leute gerät, die die Zeugnisse in ihr Bild des Bewerbers einbeziehen, ist natürlich fraglich.
Spencer
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Re: Wert der Stationszeugnisse

Beitrag von Spencer »

Auch wenn 6 P. für ein Stationszeugnis ungewöhnlich sind, würde ich mir deswegen allein keine grauen Haare wachsen lassen.
Wenn es ein einmaliger Ausrutscher bleibt, wird man ihn auch als solchen erklären können.
Nur für den Fall, dass du später gerne einmal bei der Justiz anfangen wolltest, würde ich dir eine Wahlstation bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit empfehlen, um die Note wieder auszubügeln.

Ansonsten wurde ich in meinen Vorstellungsgesprächen nie auf meine Stationsnoten angesprochen (alles von 10-16 P.), ich weiß allerdings, dass gerade auf die in den Stationszeugnissen enthaltene Beschreibung der "soft skills" geachtet wurde.
Wenn also etwa in jedem Zeugnis steht, dass du ein einzelgängerischer Wichtigtuer bist, dürfte das viel schwerer wiegen als die einmalige Feststellung (am Anfang deiner Ausbildung!), dass du mit dem Urteilstatbestand nicht so gut zurecht kamst.
iolsai
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Re: Wert der Stationszeugnisse

Beitrag von iolsai »

Mein persönliches Fazit ist folgendes:

Standardmist in den Zeugnissen interessiert niemanden.
Abweichungen nach oben oder unten dagegen werden in der Regel im Vorstellungsgespräch angesprochen -jedenfalls nach meiner persönlichen Erfahrung.
Ich musste schon mehrmals die 7 Punkte aus der einen Verwaltungsstation erklären, dagegen wurde die wirklich individuell gute Beurteilung, die ich von der Staatsanwaltschaft bekam, meist positiv erwähnt.
Referat war Wirtschaftsdelikte, also hauptsächlich für mich unbekannte Straftatbestände. Der STA hat extra erwähnt, wie gut ich mich in die komplizierte und ca 1000 seitige Akte eingelesen und dann tatsächlich ein Ergebnis zustande gebracht habe, dass er fast 1:1 übernehmen konnte.
Meine anderen Stationszeugnisse dagegen hören sich fast alle nichtssagend gleich an und niemand hat die je auch nur angesprochen.
chris0
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Re: Wert der Stationszeugnisse

Beitrag von chris0 »

Punkte im Bereich 4-7 sind schon auffällig. Solche Noten werden von den meisten Ausbildenr ja nur vergeben wenn man sich überhaupt nicht verstanden hat oder der Ref wirklich sehr schlecht war. Natürlich gibt es Ausbilder bei denen solche Noten trotz guter Leistungen gegeben werden. Dann erkennt man aber anhand der anderen - dann hoffentlich zweistelligen - Stationsnoten den Ausrutscher. Jeder kennt aus seiner Refzeit ja den einen oder anderen Horrorausbilder.
Ob man dann nach oben raus besonders hoch punktet ist nach meiner bescheidenen Erfahrung nicht so wichtig. Ich habe auch zT 17 Punkte und habe nicht den Eindruck, dass das besonders aufgefallen wäre. Jeder wird sich denken, dass der Ausbilder wahrscheinlich einfach total wohwollend war.
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Re: Wert der Stationszeugnisse

Beitrag von Offler »

Hallo,

ich frage mich warum hier jeder so selbstverständlich von zweistelligen Stationszeugnissen ausgeht.
Also ich war in Bayern (OLG Nürnberg) und dort haben sich die Stationszeugnisse der AGs nach den
Noten in den Übungsklausuren gerichtet. Klar wenn man beim Richter/Staatsanwalt/Anwalt ist liegt der
Fall anders. Der Notendurchschnitt in den Übungsklausuren lag etwa wie im Examen bei um die 5,X Punkte,
auch gerne mal bei 4,X Punkten.
Ich war von daher doch recht 'stolz' wenn ich einen Schnitt von 8 oder gar 9 Punkten erhalten habe.
Bin ich denn hier damit der einzige? Sollte man diese Zeugnisse dann am besten gar nicht vorlegen wenn
nicht ausdrücklich nach ihnen gefragt wird?
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Einwendungsduschgriff
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Re: Wert der Stationszeugnisse

Beitrag von Einwendungsduschgriff »

Aber hier (TE) geht es doch gerade um Stationszeugnisse, nicht um AG-Zeugnisse, oder?
Hier gibt's nichts zu lachen, erst recht nichts zu feiern.
Offler
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Re: Wert der Stationszeugnisse

Beitrag von Offler »

ah ok, für mich war das ein Überbegriff.

Weil wenn in Stellenausschreibungen alle Stationszeugnisse gefordert werden, dachte ich
gehören auch die 'AG-Zeugnisse' dazu.

Aber wenn wir hier differenzieren (und als Juristen sollten wir uns ja präzise ausdrücken)
dann nehme ich alles zurück und behaupte das Gegenteil. ::oops:
rheinlaender
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Re: Wert der Stationszeugnisse

Beitrag von rheinlaender »

Also mir wurde bei meinen Bewerbungsgesprächen fast immer gesagt (ich hatte nur die einschlägigen Stationszeugnisse beigelegt, im Gespräch aber alle und auch alle AG-Zeugnisse dabei), dass die Stationszeugnisse nicht interessieren, weil sie nicht aussagekräftig seien.

Viele haben eher Wert auf die AG-Zeugnisse gelegt, wohl in der Annahme, dass es dort nicht ganz so subjektiv gefärbt zugeht. Was das aber mit der praktischen Tätigkeit zu tun hat, mag sich mir nicht auf den ersten Blick erschließen.
Zitat Chefreferendar: "Ich bin so gut bei der Vernehmung, dass die Zuhörer die Atmung anhalten und dass diese Ruhe einkehrt, dass man das Herzklopfen des Zeugen hören kann. Die sollen alle Angst vor mir haben."
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Einwendungsduschgriff
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Re: Wert der Stationszeugnisse

Beitrag von Einwendungsduschgriff »

Für die mündliche Prüfung sind schlechte Noten in den Stationszeugnissen vielleicht sogar eher eine Bürde als für das anschließende Bewerbungsverfahren. Zumal wenn man sich in der Anwaltschaft bewirbt und die schlechten Zeugnisse aus den Justizstationen stammen.
Hier gibt's nichts zu lachen, erst recht nichts zu feiern.
Frankoniagirl
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Re: Wert der Stationszeugnisse

Beitrag von Frankoniagirl »

Hallo,

ist jemanden bekannt, ob bei einer Bewerbung für den Staatsdienst zb in Thüringen mit einem bayerischen Staatsexamen lediglich eine Umrechnung an die Verteilung der Gewichtung schriftlicher/mündlicher Teil vorgenommen wird (sprich schriftlicher Teil zählt in Thüringen 65/30% und in BY 75/25%) oder wird der bayerische Examensschnitt nach einer bestimmten Formel hochgerechnet? Danke
stilzchenrumpel
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Re: Wert der Stationszeugnisse

Beitrag von stilzchenrumpel »

Was hast du denn geraucht? Niemanden außerhalb von Bayern interessiert, dass du in Bayern Examen gemacht hast. Nur die Bayern selbst maßen sich die Umrechnung an. Wer weiß wie gut die Klausuren in Bayern im Schnitt bewertet werden.
Hier gibt es nichts zu sehen, ich trolle nur.
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Tibor
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Re: Wert der Stationszeugnisse

Beitrag von Tibor »

In Bayern ist aber alles schwerer, sogar das Kilo Mehl!
"Just blame it on the guy who doesn't speak English. Ahh, Tibor, how many times you've saved my butt."
Freedom
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Re: Wert der Stationszeugnisse

Beitrag von Freedom »

Ist nicht das kleine Prädikat aus Bayern genausoviel wert wie das VB in Thüringen? Müsste das nicht auch umgerechnet werden?
Digiwas?
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