Candor hat geschrieben:Ohne konkretes Anliegen hab ich nicht gesagt. Es gibt doch sicher genug Gründe, sich zu informieren, ohne gleich mit der Tür ins Haus zu fallen oder als komischer Kauz aufzutreten. Es gibt auch die alltäglich vernünftige normale Mitte der Kommunikation. Dieses Schwarz-Weiß-Denken ist mir doch eher fremd.
Sehe allerdings auch nicht, woraus sich der Grund einer Kontaktaufnahme ergeben soll. "Hallo mein Name ist *grrschhrausch*, ein beeindruckendes Plädoyer heute morgen im Saal 205! Ärgerlich, dass die Richterin den Kerl hat laufen lassen, ich war jedenfalls von seiner Schuld überzeugt. Ich hab derzeit unsäglich viel zu tun, ist das bei Ihnen eigentlich auch so schlimm?" Abgesehen davon, dass es eine Weile dauern könnte, bis die gewünschte Antwort herauskommt, wäre auch die Frage, was man mit dieser Information anfängt. Überspitzt ausgedrückt dürfte die Ankündigung gegenüber dem Ministerium, einen doch bitteschön dem LG X oder der StA Y zuzuweisen, anderfalls gehe man ob der "Wurstigkeit" der Justiz doch zur GK Z, obwohl man Illusionen diesbezüglich wider Erwarten doch auch schon verloren hat, nicht so gut ankommen. Die Erfahrungen vieler zeigen, dass schon dem Wunsch der Tätigkeit (StA oder Richter, Zivil- oder Strafrecht) trotz ggf. einschlägigen Lebenslaufs zumindest für die Erstzuweisung in einigen Bundesländern oftmals nicht entsprochen wird - sofern ein Wechsel nicht ohnehin schon systemisch vorgesehen ist.
Gesetzt, die Zuweisung an die Wunschstelle erfolgt, können nicht zuletzt aber auch Dutzende permanent vorkommender Ereignisse eintreten, die die Arbeitszeit der einstmals komfortablen Stelle auch für längere Zeit in ganze andere Regionen bringen, angefangen bei Schwangerschaften über sich hinziehende und entwickelnde Burn-outs oder ein Karpaltunnelsyndrom, das auf einen komplizierten Bruch beim Urlaub von Kollegen folgt, bis hin zu Versetzungen/Ruhestandseintritt/Jobwechsel von Kollegen oder die damit einhergehende eigene Versetzung, weil es gerade irgendwo brennt und man sich eben mit dem Ministerium und der anderen Stelle so geeinigt hat. Gerade auch an kleineren Gerichten/StAs werfen solche Ereignisse die Planung sehr schnell über den Haufen, aber auch an größeren Gerichten/StAs hängt die Kompensation einiger dieser mehr oder minder spontanen Ausfälle von der Kompetenz des Präsidiums/der Behördenleitung, der Leistungskapazität und Kollegialität der übrigen Richter/StAs und des jeweiligen Ministeriums einschließlich spontaner Sparerwägungen, schlechter Bewerberlage oder divergierender Einschätzungen hinsichtlich der Dringlichkeit von Nachbesetzungen an so manchen Standorten ab.
Die Zuweisung abwarten und sich ggf. nach etwas Zeit, in der man entsprechende Hintergrundinformationen sehr viel leichter und vorallem beiläufig beschaffen kann, um die Versetzung an den Wunschstandort zu bemühen, scheint mir da üblicher und den größeren Erfolg zu versprechen, so sehr der Wunsch nach frühzeitiger Planung ja auch verständlich sein mag.
Hinsichtlich der weiter vorn erwähnten 30h/Woche würden mich dazu konkrete Angaben interessieren: Um welche Art von Dezernat handelt es sich, wie groß war der Ausgangsbestand, wieviele Neueingänge gibt es im Monat und entsprechen diese einem 100% Dezernat, wieviele Terminierungen auf wieviele Verhandlungstage, Quote an § 495a Verfahren/Vergleichen, Regionsstruktur und Zahl der Erledigungen / Monat.
Selbstverständlich kann und wird die reele Arbeitszeitbelastung regelmäßig mit zunehmender Erfahrung gedrückt werden, bei gleichbleibender Sorgfalt erscheint mir aber eine Halbierung der Arbeitszeit unrealistisch. Nichtsdestotrotz wird einem nahezu jeder 55 Jährige altgedienter Richter/StA, der um 9 Uhr kommt und spätestens um 15 Uhr wieder geht, voller Inbrunst der Überzeugung versichern, dass er so sorgfältig wie am ersten Tag verhandelt/untersucht/anklagt/verfügt/beschließt und urteilt - nicht selten spricht das jeweilige Ergebnis aber eine durchaus andere Sprache. Insgesamt würde ich mir aber wiederrum auch keine allzu großen Sorgen darüber machen, besonders schlecht wegzukommen, solange der Anspruch nicht darin besteht, täglich um 15 Uhr bereits im Schwimmbad zu liegen.