"Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Alle Themen rund um das Referendariat (Organisation, Ablauf, Wahlstation im Ausland etc.)

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Liz
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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von Liz »

@Tobias_21: Wenn man einen Referendar hat, muss man natürlich ein wenig schauen, dass man regelmäßig was halbwegs Taugliches zur Hand hat. Aber der spannenste, examensrelevanteste Fall bringt nichts, wenn sich der Referendar nicht hinsetzt und den Fall vernünftig bearbeitet und möglicherweise zum Anlass nimmt, sich mit dem Themenkreis nochmals intensiv zu beschäftigen. Und natürlich muss der einzelne Ausbilder Zeit für die Referendarausbildung haben bzw. muss sie sich nehmen; das scheint mir bei der StA mit Dezernat und Sitzungsdienst auch für die Ausbilder nicht immer so ganz leicht zu sein. Ein Problem dürfte auch schlichtweg sein, dass grds. jeder Richter / StA Referendare nehmen muss, egal, ob er jetzt Zeit oder Lust dazu hat.
Tobias__21
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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von Tobias__21 »

Ja, keine Frage. Es liegt auch oft an den Referendaren. Viele haben einfach keinen Bock auf Stationsarbeit und kommunizieren das auch so. Ich hab da so oft Gejammer gehört, gerade von Leuten, die eh in den Anwaltsberuf wollen. Da war StA, Gericht, Behörde ein notwendiges Übel, auf dass man gar keinen Bock hatte. Dabei kann man da so viel mitnehmen für die Klausuren. Da kommt halt auch mal der Besoffski der mit dem Auto rumfährt und zu spät Blut abgenommen kriegt und nicht der krasseste Betrugs- oder Untreuefall. Im Ö-Recht genauso. Alltägliche Fälle, wie sie zu Hauf bei der Behörde/VG vorkommen. Natürlich gibt es auch abgefahrene Klausuren, aber ich hab auch schon sehr viele gesehen, die nicht abgehoben waren sondern täglich Brot in der Justiz sind. Und so ne Null Bock Einstellung regt mich eh auf. Man kann auch mal ein bisschen Dankbarkeit zeigen und es wertschätzen, dass man überhaupt die Möglichkeit hat eine solche Ausbildung zu machen. Aber irgendwie ist alles zu viel. Oje, oje, man muss ja auch noch protokollieren. Wie sie da als gekotzt haben, wegen zwei Mal Protokolldienst...

Im Ö-Recht hatte ich u.a. mit der Standvergabe auf einem festgesetzten Markt zu tun. Und in der Klausur kam was aus dem Straßenrecht mit Außenbewirtschaftung. Als ich das mit dem Markt gemacht habe, habe ich auch nachgeschaut, was denn wäre, wäre der nicht festgesetzt und bin auch ins Straßenrecht gekommen (solche "Märkte" haben wir hier nämlich auch). Hat mir in der Klausur unglaublich geholfen. Im Strafrecht ist einer besoffen gefahren. Ich weiss schon gar nicht mehr wie viele Kunden ich mit Alkohol im Sitzungsdienst hatte.
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Liz
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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von Liz »

Das Problem an der Null-Bock-Einstellung ist dann ja im Zweifelsfall auch, dass die Arbeitsergebnisse dann gar nicht mehr dem Selbstbild entsprechen, d. h. man nervt nicht nur den Ausbilder mit seiner Haltung, sondern liefert auch noch Mist ab. Da darf man sich dann auch nicht wundern, wenn einen der Ausbilder für leicht doof hält und einem lieber nicht die hochspannende Akte mitgibt, weil das sowieso nur schiefgehen kann.
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thh
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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von thh »

Tobias__21 hat geschrieben: Donnerstag 21. Juni 2018, 21:27Man sollte m.E da mehr die Lernwilligkeit, das Verhalten und die Motivation des Ref in den Vordergrund stellen, nicht die Qualität der Arbeiten.
Nun ja, letztendlich ist aber die Qualität der Arbeiten das entscheidende. Wer nett, motiviert und auch lernwillig ist, aber leider trotz Motivation und Lernen nichts auf die Reihe bringt, ist leider im Ergebnis wenig hilfreich. (Natürlich muss der Referendar dem Ausbilder nicht in diesem Sinne "helfen", aber der fertig ausgebildete Jurist soll eben vor allem gute Arbeit leisten. Nicht nur, aber vor allem.)
Tobias__21 hat geschrieben: Donnerstag 21. Juni 2018, 22:36Man muss dann ja auch passende Fälle für den Ref haben. Daran kann es auch oft scheitern. Ich hab es zweimal erlebt, dass meine Ausbilderin bei der StA nichts für mich hatte, was sie mir mitgeben konnte. Zumindest nix in ihrem Büro.
Naja, da muss man sich dann eben im Vorfeld schon Gedanken machen und zumindest am Anfang ein paar passende Fälle parat haben. Das hängt auch von der Abteilung ab; im Bereich der Allgemeindelikte ist es kein Problem, ein paar Einsteigerfälle zu finden, aber wer in erster Linie Wirtschaftsstrafrecht oder Arzneimittel- und Tierschutzrecht bearbeitet, muss dann vielleicht schon ein wenig suchen. Zudem sollen die Akten ja (zumindest am Anfang, wo es um das Erlernen der Formalia geht) nicht zu umfangreich sein,
Tobias__21 hat geschrieben: Donnerstag 21. Juni 2018, 21:27Da sind sicher 8 Arbeiten komplett unbesprochen geblieben.
Das sollte nicht sein - wobei ich, glaube ich, auch noch eine Besprechung schulde ...
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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von thh »

Tobias__21 hat geschrieben: Donnerstag 21. Juni 2018, 23:05Oje, oje, man muss ja auch noch protokollieren. Wie sie da als gekotzt haben, wegen zwei Mal Protokolldienst...
Wobei das ja durchaus auch für die Anwaltstätigkeit hilfreich sein kann, wenn man mal gesehen hat, wie ein Protokoll entsteht ...
Tobias__21 hat geschrieben: Donnerstag 21. Juni 2018, 23:05Im Ö-Recht hatte ich u.a. mit der Standvergabe auf einem festgesetzten Markt zu tun. Und in der Klausur kam was aus dem Straßenrecht mit Außenbewirtschaftung. Als ich das mit dem Markt gemacht habe, habe ich auch nachgeschaut, was denn wäre, wäre der nicht festgesetzt und bin auch ins Straßenrecht gekommen (solche "Märkte" haben wir hier nämlich auch). Hat mir in der Klausur unglaublich geholfen.
Man lernt sowieso auch in der Praxis am meisten aus Fällen, die man schonmal hatte - insbesondere, wenn man sich dann auch ein wenig mit der Materie beschäftigt und sich fragt, warum das so ist oder seit wann das so ist oder wie es wäre, wenn der Fall ein wenig anders gestaltet wäre.
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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Ein "Mehr" stelle ich mir schwierig vor. Man hat ja auch noch AGen, Probeexamen, ggf. Sitzungsdienst und irgendwann sollte man auch noch lernen.
AG ist vielleicht einmal die Woche, Sitzungsdienst ist ja letztlich Teil der Station, Probeexamen findet auch nicht häufig statt, und praktische Arbeiten können auch einen Lernwert haben (auch dann, wenn sie nicht unmittelbar examensrelevant sind). Eine 40h/Woche sollte ein Referendar schon haben.
Man muss dann ja auch passende Fälle für den Ref haben. Daran kann es auch oft scheitern.
Das ist allerdings auch eine Frage der Vorbereitung und vorausschauenden Planung des Ausbilders. Ferner: Es ist ja nicht so, dass nur der Ausbilder selbst den Referendar konstruktiv beschäftigen kann/darf. Zu den möglichen Aufgaben von Referendaren gibt es ja in den Ausbildungsgesetzen auch Vorgaben - es gibt viele Aufgaben, gerade Aufgaben von Rechtspflegern, die Referendare selbstständig wahrnehmen dürfen (und sollen!). Der Spielraum des Möglichen wird nur selten wirklich ausgeschöpft. Es gibt extrem viele Referendare (und auch Volljuristen....), die haben von gewöhnlichen Abläufen in der Justiz, der Verwaltung oder der Anwaltschaft überhaupt keine Ahnung, nicht einmal eine entfernte Vorstellung - und das kann es eigentlich nicht sein.

Im Ref hatte ich vor Beginn der Stationen mit allen Ausbildern klar kommuniziert, was ich mir von der Station erhoffe und dass ich so viel wie nur möglich mitnehmen möchte und gerne bereit bin, mich richtig reinzuhängen. Das hat sich als total fruchtbar erwiesen, weil alle meine Ausbilder (gerade auch bei Gericht und der StA - bei der StA hatte ich faktisch sogar ein eigenes Büro) total aufgeschlossen reagiert haben. Jetzt stehe ich auf der anderen Seite und gehe mit Referendaren genauso um: Erwartungen werden frühstmöglich geklärt, in ehrlicher Weise. Dann können beide Seiten sich schon darauf einstellen.
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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von Tobias__21 »

Probeexamen kann man hier 2x schreiben, an Wocheneden sind oft Zusatzqualifikationen und AGen sind eben nicht 1x pro Woche. Es gibt hier auch Einführungskurse die zwei Wochen am Stück sind. Und manch einer muss auch noch nebenher arbeiten, weil er mit den 1000€ Unterhaltsbeihilfe nicht zu Rande kommt und Mama und Papa nicht auf der Tasche liegen will. Alles im Rahmen. Ein Mehr an Praxis kann sicherlich förderlich sein, wenn die Rahmenbedingungen stimmen, aber eine 40h Woche halte ich für etwas übertrieben.
Zuletzt geändert von Tobias__21 am Freitag 22. Juni 2018, 00:24, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von Muirne »

Tief einatmen. Ausatmen.

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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von Liz »

Immer mit der Ruhe. Dass Referendare im Schnitt (inkl. Lernzeit) auf eine 40 Stundenwoche kommen sollten, halte ich jetzt für keine so ganz unverschämte Forderung. Wer ein oder zwei Vor- bzw. Nachmittage pro Woche zur AG und einmal pro Woche für max. einen halben Tag zum Ausbilder geht, der muss schon sehr viel Zeit mit den Stationsakten verbringen, um halbwegs ausgelastet zu sein. Die Höhe der Unterhaltsbeihilfe mag man für unzureichend halten, aber es ist auch nicht so ganz wenig, wenn man noch einen studentischen Lebensstil gewöhnt ist - und das häufig quasi ohne „Gegenleistung“ (Sitzungsdienst für die StA mal ausgenommen, aber das ist hier so selten, dass man es kaum zählen kann).
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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von Muirne »

Ich bin mit Sicherheit regelmäßig drüber gekommen, aber ohne eigenes Büro bei Gericht oder der StA (die hätten mich ausgelacht) und meist ohne mich zureichend vor- und nachbereiten zu können. Man darf ja als Referendar auch 10 Stunden die Woche anderweitig arbeiten. Das habe ich immer getan. Man darf hier auch nicht vergessen, dass man als Referendar regelmäßig 3-4 fremdbestimmte unterschiedliche Verpflichtungen hat, sich dauernd auf neue Aufgaben und Menschen einzustellen hat und gerade keinen 9 to 5 Job macht. Manche Referendare haben dann auch noch Doppelbelastungen durch die Familie. Wie Engagement aussieht und ob es ausgenutzt wird ist erheblich von den Ausbildern abhängig, aber sicher ist es nicht so als hätten sie alle viel zu wenig zu tun.
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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Und manch einer muss auch noch nebenher arbeiten, weil er mit den 1000€ Unterhaltsbeihilfe nicht zu Rande kommt und Mama und Papa nicht auf der Tasche liegen will.
Wenn die Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden würden, dass Referendare eine 40h/Woche hätten, dann müsste natürlich die Unterhaltsbeihilfe entsprechend angepasst werden, keine Frage (wobei man auch jetzt schon dazu sagen muss: es ist gesetzlich überhaupt nicht so gedacht, dass Referendare nur 1x die Woche zum Ausbilder gehen und eine Akte tauschen - ein solches Vorgehen führt auch die Höhe der Unterhaltsbeihilfe ad absurdum, jedenfalls dann, wenn es keine plausiblen Anrechungsgrenzen für Nebeneinkommen gibt...). Wenn ein Ref nebenbei einschlägig juristisch arbeiten möchte, könnte man das ja auch in das 40h-Pensum integrieren. Bei Lehramtsreferendaren gibt es entsprechende Modelle.

Eine 40h/Woche ist in manchen Stationen ja auch eine selbstverständliche Realität. In der Verwaltungsstation war ich in einem Bundesministerium, alle Nicht-Berliner waren von der AG befreit. Es stand gar nicht zur Debatte, wie viele Stunden/Tage die Referndare arbeiten - natürlich so viel wie Vollzeitbeschäftigte. In manchen Bundesländern gibt es gesetzlich festgeschriebene Ansprüche auf Lerntage - die auch niemanden interessiert haben. Das sind aber auch Stationen, die nicht nur auf Ausbildung ausgerichtet sind, sondern ganz klar auch auf Unterstützung durch Referendare. Das finde ich aber auch legitim.

Ich sehe unter'm Strich auf jeden Fall starken Reformbedarf, vor allem auch, um Schieflagen auszugleichen.
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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von Liz »

@Muirne: Man darf 10 Stunden anderweitig arbeiten und mancher Referendar muss es vielleicht auch sogar aus privaten Gründen. Aber wenn man sich für eine Nebentätigkeit entscheidet, dann darf man m. E. nicht davon ausgehen, dass es ohne Mehrbelastung oder nicht zulasten anderer Verpflichtungen geht. Ist doch später auch nicht anders: ich kann jederzeit eine Nebentätigkeitsgenehmigung beantragen, aber es ist dann mein persönliches Problem, wie das alles unter einen Hut bringe.
Und bei ehrlicher Betrachtung bleibt den meisten Referendaren noch wahnsinnig viel Zeit für alles mögliche.
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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von Muirne »

Ich kenne eher wenig Referendare, die das Ref nicht als anstrengend empfinden. Aber mag man unterschiedlich bewerten.
Und sicher, man muss nicht arbeiten. Tun die meisten ja auch nicht. Allerdings beantragen die meisten dann erstmal ALG. Wenn man dagegen arbeitet, ergibt sich leichter ohne Übergang ein Job. Ich werde keinen Tag ALG beziehen müssen und bin auch wirklich froh drum. Das Ref ist nunmal kein normaler Job, sondern eine Ausbildung, die man nur schwer mit einem normalen 40h Job vergleichen kann.
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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von Tobias__21 »

40h sind eine absolut unverschämte Forderung, bei den derzeitigen Rahmenbedingungen? Wo soll der Ref denn arbeiten?? Hier gibt es nirgends Büros oder ähnliches. Man schafft es ja nicht mal dass man einen Rechner mit beck online oder juris bereitstellt. Soll man dann dem audbilder auf dem schoss sitzen? Der wird sich bedanken. Und dass viele Ausbilder Bock drauf haben den Ref 8h am tag zu sehen wage ich mal sehr stark zu bezweifeln. Was soll der Ref denn machen? Zu Hause Akten beackern?

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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von Idee1290 »

Ich kann natürlich nur für mein Bundesland sprechen, aber allein dadurch, wie das Ref hier strukturiert ist, wäre eine echte 40-Stundenwoche, wobei man diese Stunden voll in den Dienst des Ausbilders zu stellen hätte, gar nicht möglich.

Zunächst die äußeren Umstände, entsprechend dem, was Tobias_21 schon sagte: Es gibt keine Arbeitsplätze, geschweige denn Datenbankzugänge. Hier gibt es nicht mal Beckonline/Juris für Referendare (in anderen Bundesländern schon, und zwar umsonst, habe ich gehört). Ich wurde von meinem StA auf die Teeküche (ohne Scheiß, ich habs gehasst) und von den Richtern in die Gerichtsbibliothek verwiesen. Dass eine Küche bzw. eine nur halbtags offene Bib aber keinen 40-Stunden-Arbeitsplatz ermöglicht, versteht sich von selbst. Dazu muss man sich zeitlich stets voll nach seinem Ausbilder, aber auch nach den unabhängig terminierten AGs und ggf. Sitzungsdiensten (StA) richten. Dazu kommt, dass einige Pflicht- und sehr viele erforderliche AGs von Leitern aus dem Staatsdienst gegeben werden, die gemütlich den Unterricht irgendwo in der Zeit zwischen 12-16 Uhr terminieren. Die Termine passten aber bei mir in der Vergangenheit oft nicht zusammen, sodass viele meiner Wochen in den Stationen vor allem aus Fahrerei bestanden.
Rechnet man dann noch An- und Abfahrt dazu, vergeht eben ein ganzer Tag nach dem anderen im Nu nur mit Fahrerei. Richtig sinnvolle juristische Arbeit konnte man da gar nciht leisten, selbst bei maximaler Motivation.

Rechnet man die Unterhaltsbeihilfe dann noch in einen Studensatz um, käme man weit unterhalb des gesetzlichen Mindestlohnes raus. Und das für Referendare, die ein erfolgreich abgeschlossenes Studium vorweisen können und in gewisser Weise "unfreiwillig" das Ref machen müssen. Es ist zwangsweise Zugangsvoraussetzung für die Anwaltsschaft oder den Richterberuf und damit unersetzliche Voraussetzung, wenn man in diesen klassischen Berufen arbeiten will.
Die Diskussion über die angemessene Höhe will ich gar nicht aufmachen. Ich verweise nur darauf, dass selbst Lehramts-Refs mehr bekommen, sowie dass sich auch kürzlich der Arbeitsgerichtsverband zu Wort gemeldet hat, um die geringe Höhe anzuprangern: http://www.arbeitsgerichtsverband.de/up ... endare.pdf


Die Forderung, die Referendare mögen sich doch bitte 40-Stunden/Woche mit dem Ref beschäftigen, halte ich dagegen (vorbehaltlich notwendiger Nebenjobs, um finanziell überhaupt über die Runden kommen zu können) grundsätzlich für angemessen. Denn der Zweck des Referendariats ist hauptsächlich der eines "Vorbereitungsdiensts" für die klassischen Berufszweige: Also die erfolgreiche Ausbildung sicherzustellen. Dass heißt dann aber auch, dass neben der Station und AGs auch die frühzeitige Examensvorbereitung einen nicht unerheblichen Anteil der Wochenarbeitszeit einnehmen sollte . Denn nur bei erfolgreichem Examen ist auch der Vorbereitungsdienst "erfolgreich" verlaufen.
Rechnet man dann in einer 5-Tage-Woche mindestens einen Tag auf AGs und Fahrerei, einen Tag auf Klausurschreiben inkl. Vor- und Nachbereitung und einen sonstigen Lerntag, bleiben nur noch ca. 2 Tage, die man beim Ausbilder und mit der Bearbeitung von Akten verbringen kann. Das entspricht in etwa dem, wie in Hamburg von den meisten Ausbildern am Gericht das Ref auch gelebt wird.
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