famulus hat geschrieben:non-liquet hat geschrieben:Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass diese selbsternannten Reichsbürger psychisch auffällig sind.
Auffällig, ja. Aber nicht psychisch krank.
Ich bin da alles andere als ein Fachmann, aber bei den Verschwörungstheoretikern dürfte die Grenze zum Pathologischen wahrscheinlich fließend sein (Stichwort "geschlossenes Wahnsystem").
Damit (und mit Deiner weiteren Darstellung) bin ich völlig einverstanden. Mit einer Ausnahme: Nach meinem Eindruck glauben die meisten, die bei den Gerichten mit der Reichsbürger-Masche oder etwas milderen Version ("Das OWiG ist aufgehoben worden") auflaufen, selbst nicht im Ernst an dieses Zeug.
Ich unterscheide da drei Gruppen:
- Die ersten suchen einen Weg, um ihren Strafzettel nicht bezahlen zu müssen. Die haben dann irgendwo im Internet gelesen, dass jemand mal mit so einem Vorbringen Erfolg hatte, indem er die Bußgeldbehörde oder den Richter zu einem § 47 OWiG gebracht hat. Das probieren sie dann halt auch einmal. Und wenn es nicht funktioniert, wird ganz schnell bezahlt, sobald die Vollstreckung der Erzwingungshaft droht.
- Die zweiten sind Leute, die sich in die Ecke gedrängt sehen und sich dann an jeden Strohhalm klammern (etwa in Zwangsvollstreckungsverfahren). Da ist dieses Verhalten schlicht ein Akt der Verzweiflung und keine Erkrankung.
- Die dritten sind schlichtweg Kriminelle. Nämlich Betrüger, die einfach bei den Angehörigen der ersten Gruppe eine schnelle Mark machen wollen. Bei den Leuten beginnt dann zuweilen schon der von Dir skizzierte Grenzbereich.
Und die von Dir beschriebenen Probleme in der Grenzziehung gibt es bei den hartnäckigen Vertretern der Zunft in der Tat. Aber genau das zeigt ja, dass pauschale Zuschreibungen der Art "die sind doch eh alle krank" verfehlt sind. Dass es solche Fälle durchaus einmal gibt, ist ja dokumentiert (z. B. den des
Reichskanzlers" Ebel (Verwaister Link http://www.krr-faq.net/reg2.php#ebel automatisch entfernt)).
Candor hat geschrieben:non-liquet hat geschrieben:Candor hat geschrieben:Persönlichkeitsstörungen gibt es viele, auch völlig harmlose und sogar erfolgreiche, wenn sie nicht allzu stark ausgeprägt sind bzw. gut kompensiert werden können als akzentuierte Persönlichkeitsstile.
Eine Persönlichkeitsstörung ist ein in Symptomatik beschriebenes und definiertes Krankheitsbild, das über einen "akzentuierten Persönlichkeitsstil" weit hinausgeht.
Würde ich nicht sagen,
OK, jetzt ist mir klar, worauf Du hinauswillst. Nur möchte ich darum bitten, dass wir hier die Begriffe und Bereiche nicht vermischen.
"Persönlichkeitsstörung" ist ein medizinischer Fachbegriff, er bezeichnet eine bestimmte Erkrankung. Deren Vorliegen ist eine medizinische und keine Rechtsfrage. Abgesehen davon wird ja auch bei den Medizinern gestritten wie die Hölle. Ob es z. B. eine Borderline-Persönlichkeitsstörung als eigenes Krankheitsbild gibt, war in der Psychiatrie lange fraglich. Oder ob die dissoziale Persönlichkeitsstörung wirklich eine Erkrankung ist, oder ob das einfach ein bewusst gewählter Lebensstil ist. So veraltet sind die medizinischen Modelle nun auch nicht.
Welche rechtlichen Folgen sich an einen bestimmten Befund anschließen, ist eine andere Geschichte. Du hast natürlich Recht damit, dass dort dann die genaue diagnostische Einordnung nicht so interessant ist als vielmehr die durch den Gesundheitszustand bedingten Einschränkungen. Das ist bei der Frage, ob jemand voll oder teilweise erwerbsgemindert ist, genau so wie (unter anderem Blickwinkel) bei der Frage, ob die Unrechtseinsicht oder die (darauf beruhende) Steuerungsfähigkeit vorhanden sind oder nicht.