Levi hat geschrieben:(1) Es gibt zurzeit keine Probleme mit TARGET-2. Die Zahlungsabwicklung zwischen Exporteuren und Importeuren funktioniert reibungslos. Wirtschaft und Menschen in der Eurozone profitieren davon.
Natürlich gibt es Probleme. Dazu habe ich dir jetzt schon zwei Artikel verlinkt, die das erläutern.
(2) TARGET-2 war nicht zur Staatsfinanzierung gedacht. Faktisch wird es dazu aber eingesetzt, wenn die Zahlungsbilanzen nicht ausgeglichen werden. Das weiß jeder halbwegs informierte Entscheidungsträger und es wird allgemein akzeptiert.
Und weil das so ist, hast du in deinem vorherigen Beitrag natürlich (widersprüchlicherweise) behauptet, das sei ein Vorwurf, den lediglich "einzelne Wirtschaftswissenschaftler" erheben würden?
Darüber hinaus darf ich dich - mal wieder - dezent daran erinnern, dass Europa aus Demokratien besteht. Es mag sein, dass die Entscheidungsträger ganz an der Spitze das verstehen und wollen. Abgesehen davon ganz sicher nicht - weder in den Parlamenten noch bei den Bevölkerungen. Die meisten Menschen verstehen diese Zusammenhänge gar nicht.
(3) Würde man auf einem Zahlungsausgleich bestehen, würden die südeuropäischen Länder und Volkswirtschaften noch schwerer getroffen, als sie es ohnehin schon sind. Das kann im Interesse der dortigen Menschen und der Stabilität der Regierungen keiner wollen. Es gibt daher keine Alternative zu TARGET-2.
Noch einmal: TARGET2 funktioniert als "Lösung" nicht, sondern verschleppt die Probleme in die Zukunft und vergrößert sie. Italien und Griechenland geht es inzwischen übrigens sogar schlechter, was auch den Erfolg von Grillo in Italien erklärt.
(4) Die europäischen Länder haben sich für eine gemeinsame Währung entschieden, jetzt müssen sie auch solidarisch für die Folgen einstehen. Die deutsche Wirtschaft profitiert massiv vom Euro, daher ist es nur legitim, dass sie und die anderen exportstarken Nationen die weniger starken Länder unterstützen.
Sie haben sich zu einer gemeinsamen Währung entschieden, bei der ausdrücklich betont wurde, es bestünde keinesfalls das Risiko einer gemeinsamen Haftung. Darüber hinaus funktioniert das Ganze - die Akzeptanz in den Bevölkerungen mal unterstellt - schon technisch ohne gemeinsame Wirtschaftspolitik und Durchgriffsrechte nicht. Von mir aus kann man gerne an einer gemeinsamen Währung festhalten, aber man muss dann schon ehrlich sein, was das bedeutet, und dafür sorgen, dass sie wirklich funktioniert.
Ich staune übrigens, dass du jetzt plötzlich doch zugibst, dass es hier im Kern um "Unterstützung" geht und nicht darum, dass Deutschland wirtschaftliche Vorteile für sich schafft.
(5) Wenn der Euro scheitert, dann sicherlich nicht an TARGET-2. Eher ist es umgekehrt: wenn der Euro scheitert (beispielsweise ein Schuldnerland aus der gemeinsamen Währung ausscheidet), kann auch TARGET-2 gefährdet sein, weil ein regulärer Ausgleich der Zahlungsbilanzen dann nicht mehr möglich ist. Ursache und Wirkung sind in einem solchen Fall aber genau umgekehrt.
TARGET2 ist ein Notnagel, um den Euro in seiner heutigen Form künstlich ab Leben zu halten, funktioniert aber dauerhaft nicht und bürdet Deutschland immense Lasten auf, während die Südländer ihre Probleme weiterhin verschleppen. Insofern trägt es durchaus dazu bei, die strukturellen Probleme des Euro zu verschärfen.
(6) Deutschland und Europa wird das selbstverständlich alles überstehen und bewältigen. Es geht hier nur um Geldmengen! Nicht um reale Waren, Sachwerte oder Menschenleben. Man sollte hier einfach mal tief durchatmen und die Kirche im Dorf lassen. Europa hat wahrlich wichtigere gemeinsame Probleme als irgendwelche Zahlungsbilanzen.
Es hat allenfalls noch jede Menge andere große Probleme, und zwar m.E. gerade wegen Leuten, die sich weigern, sie zur Kenntnis zu nehmen, an den tatsächlichen Gegebenheiten orientierte Lösungen dafür vorzuschlagen und ergebnisoffen zur Diskussion zu stellen. Stattdessen wird einem irgendetwas von "Kirchen" erzählt und davon, es werde schon alles gut gehen.
Man hat schon die letzten Jahre verschenkt und damit die heutige Situation erst heraufbeschworen. Aber man kann tatsächlich davon ausgehen, dass einfach nichts passieren wird, bis es wirklich zu spät ist, die negativen Folgen wenigstens noch einigermaßen zu begrenzen. Vielleicht passiert aber auch ein Wunder.