BGH VIII ZR 277/16Formularmäßige Übertragung der Schönheitsreparaturen bei unrenoviert übergebener Wohnung auch bei
Renovierungsvereinbarung" zwischen Mieter und Vormieter unwirksam
Aktuelles aus dem Zivilrecht
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Re: Aktuelles aus dem Zivilrecht
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Re: Aktuelles aus dem Zivilrecht
Hast du sicher Recht. Ehrlich gesagt verstehe ich aber die Begründung nicht ganz, soweit sie aus der Pressemitteilung ersichtlich ist. So heißt es u.a.:
"Nach der Rechtsprechung des Senats hält die formularvertragliche Überwälzung der nach der gesetzlichen Regelung (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB) den Vermieter treffenden Verpflichtung zur Vornahme laufender Schönheitsreparaturen im Falle einer dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Wohnung der Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand, sofern der Vermieter dem Mieter keinen angemessenen Ausgleich gewährt, der ihn so stellt, als habe der Vermieter ihm eine renovierte Wohnung überlassen. (...)
Diese Grundsätze bleiben auch dann anwendbar, wenn der betreffende Mieter sich wie hier durch zweiseitige Vereinbarung gegenüber seinem Vormieter zur Vornahme von Renovierungsarbeiten in der Mietwohnung verpflichtet hat. Denn eine derartige Vereinbarung ist in ihren Wirkungen von vornherein auf die sie treffenden Parteien, also den Mieter und den Vormieter, beschränkt. Sie vermag deshalb keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der im Mietvertrag zwischen Vermieter und neuem Mieter enthaltenen Verpflichtungen zu nehmen; insbesondere nicht dergestalt, dass der Vermieter so gestellt würde, als hätte er dem neuen Mieter eine renovierte Wohnung übergeben. "
Ist das nicht ein Widerspruch in sich?
Wenn die Umwälzung der Renovierungspflicht auf den (Neu-)Mieter ohnehin nur zwischen diesem und dem Vormieter Wirkung entfaltet ("Denn eine derartige Vereinbarung ist in ihren Wirkungen von vornherein auf die sie treffenden Parteien, also den Mieter und den Vormieter, beschränkt") - was sich wohl daraus ergibt, dass der Vermieter schon nicht Partei ist -, welche Rolle spielt dann überhaupt die Rspr. zu " 307 I, II BGB?
Oder anders ausgedrückt: wenn die Klausel den Mieter gegenüber dem Vermieter (und nur darum geht es) nach allgemeinen Grundsätzen des Vertragsrechts (Relativität der SV) schon nicht bindet, wieso sollte die Vertragsreglung Mieter-Vormieter dann überhaupt unwirksam sein (bzw. weshalb sollte es hierauf im Urteil Mieter-Vermieter ankommen)?
"Nach der Rechtsprechung des Senats hält die formularvertragliche Überwälzung der nach der gesetzlichen Regelung (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB) den Vermieter treffenden Verpflichtung zur Vornahme laufender Schönheitsreparaturen im Falle einer dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Wohnung der Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand, sofern der Vermieter dem Mieter keinen angemessenen Ausgleich gewährt, der ihn so stellt, als habe der Vermieter ihm eine renovierte Wohnung überlassen. (...)
Diese Grundsätze bleiben auch dann anwendbar, wenn der betreffende Mieter sich wie hier durch zweiseitige Vereinbarung gegenüber seinem Vormieter zur Vornahme von Renovierungsarbeiten in der Mietwohnung verpflichtet hat. Denn eine derartige Vereinbarung ist in ihren Wirkungen von vornherein auf die sie treffenden Parteien, also den Mieter und den Vormieter, beschränkt. Sie vermag deshalb keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der im Mietvertrag zwischen Vermieter und neuem Mieter enthaltenen Verpflichtungen zu nehmen; insbesondere nicht dergestalt, dass der Vermieter so gestellt würde, als hätte er dem neuen Mieter eine renovierte Wohnung übergeben. "
Ist das nicht ein Widerspruch in sich?
Wenn die Umwälzung der Renovierungspflicht auf den (Neu-)Mieter ohnehin nur zwischen diesem und dem Vormieter Wirkung entfaltet ("Denn eine derartige Vereinbarung ist in ihren Wirkungen von vornherein auf die sie treffenden Parteien, also den Mieter und den Vormieter, beschränkt") - was sich wohl daraus ergibt, dass der Vermieter schon nicht Partei ist -, welche Rolle spielt dann überhaupt die Rspr. zu " 307 I, II BGB?
Oder anders ausgedrückt: wenn die Klausel den Mieter gegenüber dem Vermieter (und nur darum geht es) nach allgemeinen Grundsätzen des Vertragsrechts (Relativität der SV) schon nicht bindet, wieso sollte die Vertragsreglung Mieter-Vormieter dann überhaupt unwirksam sein (bzw. weshalb sollte es hierauf im Urteil Mieter-Vermieter ankommen)?
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Re: Aktuelles aus dem Zivilrecht
Die Übertragung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter bei Übergabe einer unrenovierten Wohnung durch den Vermieter ist nur zulässig, wenn die Klausel gewisse Vrs. erfüllt (einiges str., manche gehen von einer generellen unzulässigkeit aus). Unproblematischer ist es die Schönheitsreparaturen bei Übergabe von renoviertem Wohnraum auf den Mieter abzuwälzen. In dem Fall hielt die Klausel nicht den Anforderungen die bei Übergabe unrenoviertem Wohnraum gelten stand. Jetzt kam man auf die Idee, dass der Vermieter ja so gestellt werden könnte, als hätte er die Wohnung renoviert übergeben, weil der Mieter ja mit dem Vormieter diese Vereinbarung hatte die Wohnung zu renovieren. Wäre das möglich, hätte man auch die Klausel halten können. Deswegen spielt diese Vereinbarung hier auch eine Rolle.
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Re: Aktuelles aus dem Zivilrecht
Ich verstehe den Punkt dennoch nicht.
Der Einfachheit halber prüfe ich (ich weiß, in dem Urteil ging es um SE) mal wie folgt:
Vermieter --> Mieter auf Schönheitsreparaturen
Anspruch besteht, wenn 1. im Verhältnis Vermieter-Mieter vereinbart und 2. (AGB-rechtlich) wirksam.
1. Hier schon keine Vereinbarung im Verhältnis Vermieter-Mieter. Auf die Vereinbarung Vormieter-Mieter kann sich der Vermieter nicht berufen, Relativität der Schuldverhältnisse.
2. AGB-Wirksamkeit der Klausel demnach irrelevant.
Oder?
Der Einfachheit halber prüfe ich (ich weiß, in dem Urteil ging es um SE) mal wie folgt:
Vermieter --> Mieter auf Schönheitsreparaturen
Anspruch besteht, wenn 1. im Verhältnis Vermieter-Mieter vereinbart und 2. (AGB-rechtlich) wirksam.
1. Hier schon keine Vereinbarung im Verhältnis Vermieter-Mieter. Auf die Vereinbarung Vormieter-Mieter kann sich der Vermieter nicht berufen, Relativität der Schuldverhältnisse.
2. AGB-Wirksamkeit der Klausel demnach irrelevant.
Oder?
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Re: Aktuelles aus dem Zivilrecht
1. Vermieter -> Mieter Schönheitsreparaturen (+) wenn AGB Klausel im Mietvertrag in deren Verhältnis wirksam. AGB Klausel aber in diesem Fall, da kein Ausgleich vorgesehen, nur wirksam, wenn renovierter Wohnraum vom Vermieter übergeben wurde. Das war nicht der Fall.Suchender_ hat geschrieben: ↑Mittwoch 22. August 2018, 16:59 Ich verstehe den Punkt dennoch nicht.
Der Einfachheit halber prüfe ich (ich weiß, in dem Urteil ging es um SE) mal wie folgt:
Vermieter --> Mieter auf Schönheitsreparaturen
Anspruch besteht, wenn 1. im Verhältnis Vermieter-Mieter vereinbart und 2. (AGB-rechtlich) wirksam.
1. Hier schon keine Vereinbarung im Verhältnis Vermieter-Mieter. Auf die Vereinbarung Vormieter-Mieter kann sich der Vermieter nicht berufen, Relativität der Schuldverhältnisse.
2. AGB-Wirksamkeit der Klausel demnach irrelevant.
Oder?
2. Kann Vermieter so gestellt werden, als wäre renovierter Wohnraum übergeben, weil sich der Mieter dem Vormieter ggü. verpflichtet hat bei Einzug zu renovieren?
Die AGB Klausel spielt natürlich von Anfang eine Rolle, denn da kommt der vermeintliche Anspruch des Vermieters ja her. Vom Gesetz her trägt er nämlich die Schönheitsreparaturen. Nur wenn die Klausel hält hat der Vermieter überhaupt einen Anspruch gg. den Mieter, ansonsten bleiben die Schönheitsreparaturen bei ihm. Ich versteh auch dein Problem nicht so ganz. Der BGH argumentiert ja gerade damit, dass die Vereinbarung nicht zu Gunsten des Vermieters wirken kann, aber ansprechen muss der BGH das natürlich schon. Zumindest mittelbar spielt diese Vereinbarung schon eine Rolle (Relativität der SVe hin oder her), wenn man die Frage aufwirft, ob der Vermieter so gestellt werden kann, als wäre die Wohnung renoviert übergeben worden.
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Re: Aktuelles aus dem Zivilrecht
Nein, Schönheisreparaturklausel wurde zwischen Mieter und Vermieter vereinbart. Es gab eine Vereinbarung zwischen Mieter und Vormieter hinsichtlich der Renovierungsübernahme durch den Mieter. Diese wirkt sich aber nicht auf das Verhältnis Mieter zu Vermieter aus.Suchender_ hat geschrieben:Ich verstehe den Punkt dennoch nicht.
1. Hier schon keine Vereinbarung im Verhältnis Vermieter-Mieter. Auf die Vereinbarung Vormieter-Mieter kann sich der Vermieter nicht berufen, Relativität der Schuldverhältnisse.
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Re: Aktuelles aus dem Zivilrecht
Doch, gerade schon.Suchender_ hat geschrieben: ↑Mittwoch 22. August 2018, 16:591. Hier schon keine Vereinbarung im Verhältnis Vermieter-Mieter.
Nach dem Formularvertrag schuldet der Mieter dem Vermieter die Vornahme der Schönheitsreparaturen, obschon er die Wohnung unrenoviert übernommen hat. Letzteres basiert auf einer Vereinbarung mit seinem Vormieter.
Lebensnah könnte man folgenden Sachverhalt vermuten:
Mieter A mietet eine Wohnung. Er ist Vermieter V ggü. zur Vornahme der Schönheitsreparaturen verpflichtet, die Wohnung wäre also "renoviert" zu übergeben. Mieter A zieht aus, Mieter B ist sein Nachmieter. Die beiden einigen sich untereinander: Mieter B übernimmt die Wohnung so, wie sie ist und "renoviert" selbst - das ist ihm recht, weil er dann alles so machen kann, wie er es haben möchte. Mieter A freut sich, dass er nicht "renovieren" muss, und zahlt dem Nachmieter B daher einen angemessenen Betrag. Vermieter V schließt mit dem neuen Mieter B wieder denselben Vertrag wie zuvor mit A.
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Re: Aktuelles aus dem Zivilrecht
Genauso wirds auch gelaufen sein. Kommt permanent vor, deswegen hat man die Entscheidung ja auch mit Spannung erwartet. Und für Klausuren eignet sie sich auch prima, den fall kann man gut mit grundwissen lösen, ohne die Entscheidung zu kennen.thh hat geschrieben:Doch, gerade schon.Suchender_ hat geschrieben: ↑Mittwoch 22. August 2018, 16:591. Hier schon keine Vereinbarung im Verhältnis Vermieter-Mieter.
Nach dem Formularvertrag schuldet der Mieter dem Vermieter die Vornahme der Schönheitsreparaturen, obschon er die Wohnung unrenoviert übernommen hat. Letzteres basiert auf einer Vereinbarung mit seinem Vormieter.
Lebensnah könnte man folgenden Sachverhalt vermuten:
Mieter A mietet eine Wohnung. Er ist Vermieter V ggü. zur Vornahme der Schönheitsreparaturen verpflichtet, die Wohnung wäre also "renoviert" zu übergeben. Mieter A zieht aus, Mieter B ist sein Nachmieter. Die beiden einigen sich untereinander: Mieter B übernimmt die Wohnung so, wie sie ist und "renoviert" selbst - das ist ihm recht, weil er dann alles so machen kann, wie er es haben möchte. Mieter A freut sich, dass er nicht "renovieren" muss, und zahlt dem Nachmieter B daher einen angemessenen Betrag. Vermieter V schließt mit dem neuen Mieter B wieder denselben Vertrag wie zuvor mit A.
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Re: Aktuelles aus dem Zivilrecht
Ah, habe nicht gesehen, dass zudem eine reguläre Schönheitsreparaturklausel bestand.
Dennoch ist die Entscheidung mE nicht sehr spektakulär:
1. Die Unwirksamkeit einer solchen Klausel war bereits BGH-Rspr.
2. Die Unerheblichkeit der Vereinbarung mit dem Vormieter folgt aus der Relativität der SV.
3. Dass daneben die Vereinbarung Vormieter-Mieter einen „Ausgleich“ des Vermieters (!) für die Klausel darstellen soll, liegt hiernach mehr als fern. Diese Überlegung beruht mMn eher auf Erwägungen iSv „es kann doch nicht sein, dass der Neumieter absahnt“, die mit den Punkten 1. und 2. kaum vereinbar sind.
Dennoch ist die Entscheidung mE nicht sehr spektakulär:
1. Die Unwirksamkeit einer solchen Klausel war bereits BGH-Rspr.
2. Die Unerheblichkeit der Vereinbarung mit dem Vormieter folgt aus der Relativität der SV.
3. Dass daneben die Vereinbarung Vormieter-Mieter einen „Ausgleich“ des Vermieters (!) für die Klausel darstellen soll, liegt hiernach mehr als fern. Diese Überlegung beruht mMn eher auf Erwägungen iSv „es kann doch nicht sein, dass der Neumieter absahnt“, die mit den Punkten 1. und 2. kaum vereinbar sind.
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Re: Aktuelles aus dem Zivilrecht
Naja, die Vorinstanzen haben das anders gesehen Für die Praxis ist die Entscheidung schon ziemlich relevant. Und gerade weil man den Fall auch mit der Anwendung von Grundwissen lösen kann isser auch klausurtauglich.
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Re: Aktuelles aus dem Zivilrecht
Tatsächlich erscheint mir die LG-Begründung kaum nachvollziehbar:
(LG Lüneburg (6. Zivilkammer), Urteil vom 16.11.2016 - 6 S 58/16)
Die Argumentation erscheint mir nicht nachvollziehbar. Das Verhältnis Vormieter - Mieter betrifft den Vermieter schlicht nicht. Wenn die ersten beiden Parteien ausmachen, dass der Mieter die Schönheitsreparaturen durchführen soll, ist das eine nette Nebenfolge für den Vermieter. Es erschließt sich mir aber nicht, weshalb der Vermieter deshalb (obwohl er dies idR gerade nicht hat, § 307 BGB, und nur bei einer Übernahme der Renovierung durch ihn) einen klagbaren Anspruch gegen den Mieter haben sollte.
?!Der Inhalt einer Vereinbarung zwischen Mieter und Vormieter schlägt nicht auf das Vertragsverhältnis zwischen dem Vermieter und dem Mieter durch und wirkt sich nicht auf die Wirksamkeit einer mietvertraglichen Schönheitsreparaturklausel aus. [...] Diesen Interessen entspricht es, den Mieter, der Schönheitsreparaturen zu Beginn des Mietverhältnisses auf Grund einer Vereinbarung mit dem Vormieter durchführt, so zu behandeln, als hätte ihm der Vermieter die Mietsache in renoviertem Zustand übergeben.
(LG Lüneburg (6. Zivilkammer), Urteil vom 16.11.2016 - 6 S 58/16)
Die Argumentation erscheint mir nicht nachvollziehbar. Das Verhältnis Vormieter - Mieter betrifft den Vermieter schlicht nicht. Wenn die ersten beiden Parteien ausmachen, dass der Mieter die Schönheitsreparaturen durchführen soll, ist das eine nette Nebenfolge für den Vermieter. Es erschließt sich mir aber nicht, weshalb der Vermieter deshalb (obwohl er dies idR gerade nicht hat, § 307 BGB, und nur bei einer Übernahme der Renovierung durch ihn) einen klagbaren Anspruch gegen den Mieter haben sollte.
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Re: Aktuelles aus dem Zivilrecht
In der Praxis wird es so laufen, dass der Vermieter einen Anspruch gegen den Vormieter auf Vornahme der Schönheitsreparaturen hat, denn die werden in den allermeisten Fällen tatsächlich bei Auszug fällig sein. Dann geht aber alles ganz schnell. Der Vormieter kündigt plötzlich, dann sucht man schon Nachmieter, der Nachmieter will schnell in die Wohnung, der Vormieter schnell raus und der Vermieter seine Kohle. Dann geht der Nachmieter zum Vormieter hin und sagt: Komm, geh raus, ich renovier selbst. Oder der Vormieter geht zum Nachmieter und sagt: Ich muss noch renovieren, dauert also noch was, bis du in die Wohnung kannst, oder willst Du das machen und ich zahl dir ggf. das Material? Dann einigt man sich und teilt das auch so dem Vermieter mit. Der denkt sich, na gut, Hauptsache irgendeiner renoviert. Dann zieht irgendwann der Nachmieter aus und es ist nix renoviert. Da kann ich den Vermieter schon verstehen, dass der nen Hals kriegt.Suchender_ hat geschrieben: ↑Donnerstag 23. August 2018, 17:05 Tatsächlich erscheint mir die LG-Begründung kaum nachvollziehbar:
?!Der Inhalt einer Vereinbarung zwischen Mieter und Vormieter schlägt nicht auf das Vertragsverhältnis zwischen dem Vermieter und dem Mieter durch und wirkt sich nicht auf die Wirksamkeit einer mietvertraglichen Schönheitsreparaturklausel aus. [...] Diesen Interessen entspricht es, den Mieter, der Schönheitsreparaturen zu Beginn des Mietverhältnisses auf Grund einer Vereinbarung mit dem Vormieter durchführt, so zu behandeln, als hätte ihm der Vermieter die Mietsache in renoviertem Zustand übergeben.
(LG Lüneburg (6. Zivilkammer), Urteil vom 16.11.2016 - 6 S 58/16)
Die Argumentation erscheint mir nicht nachvollziehbar. Das Verhältnis Vormieter - Mieter betrifft den Vermieter schlicht nicht. Wenn die ersten beiden Parteien ausmachen, dass der Mieter die Schönheitsreparaturen durchführen soll, ist das eine nette Nebenfolge für den Vermieter. Es erschließt sich mir aber nicht, weshalb der Vermieter deshalb (obwohl er dies idR gerade nicht hat, § 307 BGB, und nur bei einer Übernahme der Renovierung durch ihn) einen klagbaren Anspruch gegen den Mieter haben sollte.
Und völlig abwegig ist es nicht, dass man sich hier dann die Interessenlage anschaut und den Nachmieter auf Grund seiner Absprache und Verpflichtung die er ggü. dem Vormieter übernommen hat so behandelt, als hätte er eine renovierte Wohnung übernommen. Das heisst noch lange nicht, dass man diese Vereinbarung Vormieter - Nachmieter auf das Verhältnis Mieter - Nachmieter durchschlagen lässt, oder an der Relativität der SVe rüttelt. Das tut auch das LG Lüneburg nicht. Es stellt auf eine Interessenalge ab und setzt an der Frage "renovierte Wohnung" ja oder nein an. Da kann man auch über § 242 ran und verwehrt es dem Nachmieter sich auf die unwirksame Klausel zu berufen, da er diese Verpflichtung ja selbst und freiwillig ggü. dem Vormieter übernommen hat und sicher dadurch auch irgendeinen tatsächlichen Vorteil gezogen hat. Man kann den Fall auch anders entscheiden ohne in Konflikt mit rechtlichen Grundsätzen zu geraten. Die Lösung des BGH ist natürlich auch sehr gut vertretbar und schützt eben den Mieter stärker. Die Frage ist aber, ob der in diesen Fällen überhaupt schutzwürdig ist. Und das kann man gut und gerne auch anders sehen..
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Re: Aktuelles aus dem Zivilrecht
BGH, Urteil vom 13. September 2018 – III ZR 294/16: Kein Vergütungsanspruch des Zahnarztes bei fehlerhafter zahnärztlich-implantologischer Leistung, wenn durch sein vertraswidriges Verhalten der Patient zur Kündigung des Behandlungsvertrags veranlasst wird und die erbrachten implantologischen Leistungen infolge der Kündigung für diesen nutzlos sind (§ 628 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB).
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Re: Aktuelles aus dem Zivilrecht
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