Der Praxistest geht weiter...Ich darf mal updaten, nachdem das Söhnchen nun fast ein halbes Jahr alt ist.
Die ersten 3 Wochen nach der Geburt habe ich keine Anrufe entgegen genommen und die Mandanten entweder zurückgerufen, sobald ich Zeit hatte oder per Mail kontaktiert. Schriftsätze etc. habe ich allerdings gemacht bzw. um großzügige Fristverlängerungen gebeten, die allesamt gewährt worden sind.
Nach 3 Wochen war ich wieder für einen 1 Tag in der Kanzlei und habe das langsam gesteigert. Erst 2 Tage, dann 3. Da ich einen ungeplanten Kaiserschnitt hatte, war es für mich durchaus anstrengend, so früh wieder zu arbeiten. Hinzu kamen die schlaflosen Nächte, da das Kindlein anfangs 3mal pro Nacht Hunger hatte.
Seit April bin ich quasi wieder Vollzeit da, so gut das eben geht, wenn man Elterngeld bezieht und nur 30 Stunden arbeiten darf.
Anfang Mai bin ich eine neue Bürogemeinschaft eingegangen und in eine schon seit etlichen Jahren bestehende Kanzlei "eingetreten". Das Ganze hat Vor- und Nachteile: Ich schätze natürlich insbesondere die Anrufannahmen durch das Sekretariat, da ich so flexibler bin, was die Erreichbarkeit angeht. Auf der anderen Seite werde ich von den Kollegen teils belächelt, wenn ich vor 17 Uhr die Kanzlei verlasse. Einen Tag bin ich übrigens im Home Office und freitags ist Elternzeit.
Leider scheinen die Kollegen zu denken, dass Home Office = freier Tag bedeutet. Solche Dinge muss man dann einfach weglächeln bzw. aussitzen. Zwischenzeitlich haben sie es wohl kapiert.
Ansonsten: Die Mandanten finden es toll, dass ich mittlerweile selbst Mutter bin. Ist wohl eine ungeschriebene Voraussetzung als Familienrechtlerin.
Dass ich mir freitags frei nehme, wird akzeptiert. Ich hatte anfangs meine Probleme damit, weil man immer denkt, ohne einen geht es nicht und man könne die Mandanten nicht über's Wochenende warten lassen. Doch! Man kann! Man darf nur nicht den Fehler machen, einmal erreichbar zu sein und einmal nicht.
Was ich unterschätzt hatte, weil es einem niemand sagt bzw. es anderen Müttern, die Mutterschutz haben, vielleicht nicht auffällt: Die mütterlichen Hormone haben doch erhebliche Auswirkungen auf den Arbeitswillen.
Gerade die ersten 12 Wochen nach der Geburt fand ich es schlicht falsch, in der Kanzlei zu sitzen und Schriftsätze zu machen. Ich wollte bei meinem Kind sein. Hatte das vorher nie geglaubt und immer belächelt.
Schlafmangel und Vollzeitjob sind anstrengend. Dazu Baby und Haushalt und das, was sonst noch so zu tun ist.
Wenn ich künftigen Müttern einen Tipp geben kann, dann den, dass man sich eine Auszeit von mehreren Wochen gönnen sollte. Ich plädiere für mindestens 12
Nebenbei darf ich noch erwähnen, dass es kaum Mutter-Kind-Aktivitäten für berufstätige Mütter gibt. Ich bin zwar keine von diesen Müttern, die 3mal pro Woche eine Beschäftigungstherapie mit Baby brauchen, aber hätte es durchaus schön gefunden, mit meinem Kind wenigstens 1 Aktivität wochentags zu machen. Auch Kinderarzttermine etc. werden selbstverständlich vormittags angeboten. Sobald ich dann sage, dass das nicht geht oder nur freitags, löst das Erstaunen aus. Nun ja, mein Mann ist wohl einer der wenigen Väter, die den Kinderarzt mittlerweile öfter gesehen haben als ich.
So groß die Startschwierigkeiten mit Baby sind, wenn man selbständig ist: Es lohnt sich sowas von!
Alles in allem muss man aber auf sich selbst schauen und aufpassen, dass das hohe Pensum nicht auf Kosten der Mutter geht.