Der US-Spionageskandal

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immer locker bleiben
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Re: Der US-Spionageskandal

Beitrag von immer locker bleiben »

Ganz ehrlich (bei aller Wut, die natürlich auch ich auf die USA deswegen habe): ich gehe fest davon aus, dass der BND und die Dienste anderer Staaten es ganz genauso machen.

Das eigentlich böse bei den Amis ist, dass offenbar die Regierung und diverse private Unternehmen da zusammenarbeiten und letztlich Industriespionage betreiben.
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julée
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Re: Der US-Spionageskandal

Beitrag von julée »

[enigma] hat geschrieben:
Am meisten stört mich wie gesagt der diplomatische Affront. Antiamerikanismus ist natürlich scheiße und geht gar nicht, aber die USA machen es einem im Moment auch nicht gerade einfach, Verständnis für sie zu haben.
Man mag ja verstehen, dass Regierungen nach Terroranschlägen leicht paranoid werden, aber wer "unter Freunden" in den Zustand des kalten Krieges zurückfällt und nicht nur im großen Stil die Zivilbevölkerung ausspioniert, sondern auch die befreundeten (und wohl außerhalb jeglichen rationalen Terrorverdachts stehenden) Regierungen abhört, der handelt weit außerhalb des akzeptablen Bereichs. Und wer so weit jenseits der roten Linie steht, der hat m. E. durchaus ein ernstzunehmendes Glaubwürdigkeitsproblem.
Insofern dürfte derzeit das Stichwort "Antiamerikanismus" eher eine Nebelkerze sein - denn in der Sache dürfte derzeit eine erhebliche Skepsis gegen die politische Kultur (die solche Blüten treibt) in den USA angebracht sein, die aber natürlich dennoch nicht in einen grundsätzlichen Antiamerikanismus verfallen sollte.
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famulus
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Re: Der US-Spionageskandal

Beitrag von famulus »

[enigma] hat geschrieben:Am meisten stört mich wie gesagt der diplomatische Affront. Antiamerikanismus ist natürlich scheiße und geht gar nicht
Die Aussage ist doch genau so pauschal wie Antiamerikanismus selbst.
immer locker bleiben hat geschrieben:ich gehe fest davon aus, dass der BND und die Dienste anderer Staaten es ganz genauso machen.
Ich nicht. So etwas lässt sich doch auf Dauer nicht verheimlichen.
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[enigma]
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Re: Der US-Spionageskandal

Beitrag von [enigma] »

So sehe ich das auch. Mit dem Unterschied dass Antiamerikanismus in Deutschland derzeit wieder sehr im kommen ist. Merke ich bei fast jeder Diskussion im Freundes- und Bekanntenkreis.

Vor allem die Snowden-Geschichte befeuert solche Einstellungen. Da dominiert für meinen Geschmack viel zu sehr die Schadenfreude, dass die USA international bloßgestellt wurden, ohne dass man sich Gedanken darüber macht, was das denn jetzt in der Realität und konkret bedeutet. Solange es dem amerikanischen Geheimdienst schadet ist es ne gute Sache, selbst wenn der russische oder chinesische Geheimdienst davon profitieren.

Einerseits verständlich, andererseits auch ignorant und kontraproduktiv.
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HRP
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Re: Der US-Spionageskandal

Beitrag von HRP »

[enigma] hat geschrieben:So sehe ich das auch. Mit dem Unterschied dass Antiamerikanismus in Deutschland derzeit wieder sehr im kommen ist. Merke ich bei fast jeder Diskussion im Freundes- und Bekanntenkreis.

Vor allem die Snowden-Geschichte befeuert solche Einstellungen. Da dominiert für meinen Geschmack viel zu sehr die Schadenfreude, dass die USA international bloßgestellt wurden, ohne dass man sich Gedanken darüber macht, was das denn jetzt in der Realität und konkret bedeutet. Solange es dem amerikanischen Geheimdienst schadet ist es ne gute Sache, selbst wenn der russische oder chinesische Geheimdienst davon profitieren.

Einerseits verständlich, andererseits auch ignorant und kontraproduktiv.
Jo, Antiamerikanismus ist schon deswegen dämlich, weil es schlicht keine für uns gute Alternative zur amerikanischen Vormachtstellung gibt. In vielen Belangen bin ich auch ein großer Bewunderer des Landes, das es immer wieder schafft, sich selbst zu korrigieren und zu erneuern.

Aber ich muss gestehen, dass ich im Moment ziemlich angep*sst bin von diesem Vorgehen. Solange kein konkreter Verdacht gegen mich besteht, geht es verdammt noch mal keine Sau etwas an, worüber ich mich mit anderen unterhalte. Der Staat agiert insoweit vielleicht als Beschützer, aber ich empfinde ihn wohl nicht grundlos als potentiellen Tyrannen.
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[enigma]
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Re: Der US-Spionageskandal

Beitrag von [enigma] »

HRP hat geschrieben:Solange kein konkreter Verdacht gegen mich besteht, geht es verdammt noch mal keine Sau etwas an, worüber ich mich mit anderen unterhalte.
Wobei das ein kleiner aber feiner Unterschied ist. Der Inhalt der Kommunikation wird ja gerade nicht aufgezeichnet, sondern nur DASS und MIT WEM du WANN kommunizierst. Das ist natürlich dennoch absolut nicht zu akzeptieren, aber auch deutlich weniger schlimm als eine tatsächliche, inhaltliche Überwachung.
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famulus
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Re: Der US-Spionageskandal

Beitrag von famulus »

Woher kennst du denn den konkreten Umfang der Maßnahmen?
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Re: Der US-Spionageskandal

Beitrag von [enigma] »

Ich lese nur die Berichterstattung sehr genau, die sich wiederum auf die geleakten Informationen bezieht, von deren Echtheit man ja wohl ausgehen muss.

Dementsprechend geht es explizit um Verbindungsdaten, also Zeitpunkt, Dauer und Anschlüsse. Von inhaltlichen Aufzeichnungen ist abgesehen von einigen ungenauen Formulierungen in den Medien, die von "Überwachung" sprechen, derzeit nichts bekannt.

Man kann sich ja wohl nicht einerseits auf die Informationen stützen, wenn man (zu recht) die USA kritisert, und dann andererseits unterstellen, dass die Überwachung in Wahrheit noch viel intensiver sei, ohne dass es dafür Beweise gibt. Wenn man schon diese Leaks als Beweise ins Feld führt, sollte man auch keine Behauptungen aufstellen, die sich daraus eben nicht ergeben.
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famulus
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Re: Der US-Spionageskandal

Beitrag von famulus »

Wieso sollte hier irgendein in-dubio-Grundsatz Geltung entfalten? Ich finde, dass man als "Betroffener" nach so einem massiven Vertrauensbruch schon erstmal vom Schlimmsten ausgehen kann und sollte.
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Re: Der US-Spionageskandal

Beitrag von [enigma] »

Die inhaltliche Aufzeichnung von ein paar Milliarden E-Mails und SMS in regelmäßigen Abständen wäre technisch vielleicht möglich, bei Telefongesprächen kannst du das schon mal vergessen, das wären Millionen von Terabyte an Daten jeden Monat, die durch Backups auch noch vervielfacht werden. Wohlgemerkt Speicherplatz, nicht Traffic. Und monatlich/täglich. So ein Datencenter hat (ich gebe zu, ich kanns nicht wissen, aber es ist sehr unwahrscheinlich) nicht mal Google.

Und wie Scaevola bereits richtig angemerkt hat, deckt sich die Meldung von 500 Millionen Verbindungsdaten in Deutschland pro Monat nicht mit der "Wir werden alle überwacht" Massenpanik. Du kannst ja mal schätzen, wie oft du im Monat telefonierst, E-Mails und SMS schreibst, auf Webseiten surfst und das auf 80 Millionen Deutsche hochrechnen. Im Moment spricht viel dafür, dass es sich um Stichproben (oder gezielte Datenspeicherung von Terror"verdächtigen") handelt. Trotzdem ne Sauerei und man muss sich dagegen wehren, aber auch nicht so, als würden die USA tatsächlich jede Kommunikation mitlesen/mithören.

Wenn man darüber diskutieren will, sollte man auch erstmal von den Fakten ausgehen, die sich beweisen lassen. Ansonsten wird das ne reine paranoide Hexenjagd.
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Re: Der US-Spionageskandal

Beitrag von famulus »

Es mag technisch/organisatorisch unmöglich sein, sämtlichen Internet-/Telefonverkehr inhaltlich aufzuzeichnen, keine Frage. Daraus aber abzuleiten, dass eine inhaltliche Überwachung nicht stattfindet, halte ich für übereilt. Und solange nichts geklärt ist, darf m.E. eben doch jeder Einzelne davon ausgehen, dass seine Privatsphäre im höchsten Maße gefährdet ist.
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Re: Der US-Spionageskandal

Beitrag von Scaevola »

Auch dem Tagesspiegel ist es in der deutschen Politik noch viel zu ruhig...

http://www.tagesspiegel.de/meinung/der- ... 27834.html
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Re: Der US-Spionageskandal

Beitrag von famulus »

Mir kommt diese verhältnismäßige Zurückhaltung auch sehr seltsam vor. Wenigstens ist da mal wieder auf Sabine ("Ich sag immer: Sabbel") verlass.
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Re: AW: Der US-Spionageskandal

Beitrag von doctor »

Das GCHQ speichert Inhalte mindestens 3 Tage. Also gehe ich davon aus, dass die NSA das auch so macht. Dank dem Rechenzentrum in Bluffdale wohl eher fuer 3 Jahre + X, statt 3 Tage.

Im Übrigen ist die GCHQ-Vorgehensweise seit Jahren bekannt. Ich sage nur MTI-Project, das letztlich Tempora hervorgebracht hat.

Wer sich ein wenig abseits der Mainstreammedien informiert und schonmal was von Deep Packet Inspection gehört hat, weiß dass mindestens seit Echelon faktisch ALLES an Kommunikation von den Westdiensten (und Chinesen und FSB im Rahmen ihrer Möglichkeiten) abgefischt wird.

Die einzige derzeit noch offene Frage ist die, ob die NSA AES und Blowfish in menschenmöglicher Zeit dechiffrieren kann. Mein Tipp. Kurze PW bruteforcen auf jeden Fall. Mathematische Angriffe auf die Algorithmen mittelfristig auch. Deswegen die erst Recht verpflichtende Speicherung von verschluesselter Kommunikation.

Was die (insbesondere die Chinesen) sonst so fuer Backdoors in Hard- und Software haben wollt ihr sicher gar nicht wissen.

Edit: MIT in MTI (Mastering The Internet) verbessert.

Edit2: Sonstige Typos. Wollen ja die Analyseprogramme nicht überfordern mit unnötigen Vertippern :grin:
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Re: Der US-Spionageskandal

Beitrag von [enigma] »

Das könnte die deutsche Zurückhaltung natürlich auch erklären.

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