Die Welt erklärt in einfachen Worten der Rechtsprechung
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Re: Die Welt erklärt in einfachen Worten der Rechtsprechung
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Und ja, es gibt da Institute für, die sich damit beschäftigen, ob ein Text hinreichend verständlich ist. Ich finde es durchaus eine spannende Idee. Urteile in leichter Sprache wird es freilich nicht so schnell geben.
Und ja, es gibt da Institute für, die sich damit beschäftigen, ob ein Text hinreichend verständlich ist. Ich finde es durchaus eine spannende Idee. Urteile in leichter Sprache wird es freilich nicht so schnell geben.
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Re: Die Welt erklärt in einfachen Worten der Rechtsprechung
Das hat nichts mit Überheblichkeit zu tun.
Ich kann mich bei der Lektüre der entsprechend gestalteten Homepages nur nicht des Eindrucks erwehren, dass der ganzen Sache eher ein gewisser Aktionismus vorausging und den Leuten, für die dieses Angebot gedacht ist, damit nicht geholfen ist. Ich habe ja nun beruflich sehr viel mit eher einfach strukturierten und/oder schlecht deutsch sprechenden Menschen zu tun, und ich hatte bisher nicht den Eindruck, dass denen damit geholfen ist, wenn man auf einer Ministeriums-Homepage mehr oder weniger wahllos ein paar Begriffe in (vermeintliche) Simpel-Sprache packt. Und wer z.B. den Begriff "Finanzen" in den komplexen Bedeutungen, wie er in den Nachrichten über den Bundeshaushalt oder was auch immer verwendet wird, nicht kennt, der ist auch nicht schlauer, wenn man ihm erklärt, das sei "das Geld, das man gerade hat".
Außerdem ist es komplett inkonsequent umgesetzt - warum nicht "Zivil-Prozess", wenn man schon bei "Zivil-Recht" ist?
Ich kann mich bei der Lektüre der entsprechend gestalteten Homepages nur nicht des Eindrucks erwehren, dass der ganzen Sache eher ein gewisser Aktionismus vorausging und den Leuten, für die dieses Angebot gedacht ist, damit nicht geholfen ist. Ich habe ja nun beruflich sehr viel mit eher einfach strukturierten und/oder schlecht deutsch sprechenden Menschen zu tun, und ich hatte bisher nicht den Eindruck, dass denen damit geholfen ist, wenn man auf einer Ministeriums-Homepage mehr oder weniger wahllos ein paar Begriffe in (vermeintliche) Simpel-Sprache packt. Und wer z.B. den Begriff "Finanzen" in den komplexen Bedeutungen, wie er in den Nachrichten über den Bundeshaushalt oder was auch immer verwendet wird, nicht kennt, der ist auch nicht schlauer, wenn man ihm erklärt, das sei "das Geld, das man gerade hat".
Außerdem ist es komplett inkonsequent umgesetzt - warum nicht "Zivil-Prozess", wenn man schon bei "Zivil-Recht" ist?
Zuletzt geändert von Eagnai am Dienstag 23. September 2014, 20:48, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Die Welt erklärt in einfachen Worten der Rechtsprechung
Was daran überheblich sein soll, den Verfall des Kulturgutes "Sprache" zu kritisieren, erschließt sich mir jetzt nicht wirklich. Von der - sehr begrüßenswerten - Ausnahme der Teilhabe von Menschen mit Behinderung abgesehen, muss man doch diese "leichte Sprache" heute allein schon deshalb anwenden, weil kaum ein Achtklässler mehr in der Lage ist, einen den Regeln der Grammatik entsprechenden Hauptsatz zu bilden...
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Re: Die Welt erklärt in einfachen Worten der Rechtsprechung
Du ärgerst Dich also über schlecht gemachte Leichte Sprache. Ach so. Kam oben noch nicht so rüber.
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Re: Die Welt erklärt in einfachen Worten der Rechtsprechung
Über einen aus meiner Sicht etwas hilflosen Versuch der Umsetzung eines an sich sinnvollen Ziels, der dadurch - in meinen Augen - etwas absurd rüberkommt, ja.
Vielleicht nochmal zur Klarstellung:
Ich will weiß Gott nichts gegen Bemühungen sagen, einfacher strukturierten Menschen verständliche Informationen zur Verfügung zu stellen, es gibt zweifellos auch Angebote, in denen das gut umgesetzt ist.
Mir ging es hier konkret um die Seite des BMJ, auf der ich die Bemühungen eben für ziemlich sinnlos bzw. planlos umgesetzt halte.
Vielleicht nochmal zur Klarstellung:
Ich will weiß Gott nichts gegen Bemühungen sagen, einfacher strukturierten Menschen verständliche Informationen zur Verfügung zu stellen, es gibt zweifellos auch Angebote, in denen das gut umgesetzt ist.
Mir ging es hier konkret um die Seite des BMJ, auf der ich die Bemühungen eben für ziemlich sinnlos bzw. planlos umgesetzt halte.
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Re: Die Welt erklärt in einfachen Worten der Rechtsprechung
@eagnai: über die Sinnhaftigkeit von solchen Erklärungen auf Internetseiten von Ministerien kann man sicherlich streiten.
Die Schreib- und Ausdrucksweise hat aber tatsächlich den Zweck, Leuten das lesende Erfassen eines Textes zu erleichtern. Bundes und Kanzler sind etwa leichter zu lesen und dann zu dem bekannten Wort Bundeskanzler zusammenzufügen als ein Wort mit immerhin 13 Buchstaben in eins zu lesen. Daher etwa eigentlich unnötige Bindestriche.
Und gerade für geistig Behinderte ist es dann ein Erfolgserlebnis, einen Text überhaupt zu verstehen. Mag r noch so albern klingen.
Die Schreib- und Ausdrucksweise hat aber tatsächlich den Zweck, Leuten das lesende Erfassen eines Textes zu erleichtern. Bundes und Kanzler sind etwa leichter zu lesen und dann zu dem bekannten Wort Bundeskanzler zusammenzufügen als ein Wort mit immerhin 13 Buchstaben in eins zu lesen. Daher etwa eigentlich unnötige Bindestriche.
Und gerade für geistig Behinderte ist es dann ein Erfolgserlebnis, einen Text überhaupt zu verstehen. Mag r noch so albern klingen.
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Re: Die Welt erklärt in einfachen Worten der Rechtsprechung
Bei allem Verständnis für Inklusionsbemühungen - ich finde, solche Texte sind eine Zumutung (wobei mich wundert, daß so viele Bindestriche verwendet werden, die sind nach meinem Eindruck eigentlich auf dem Rückzug, selbst in der Aktuellen Stunde im WDR fehlen in Bilduntertiteln regelmäßig eigentlich nötige Bindestriche) und so viele geistig Behinderte gibt es ja nun nicht, daß öffentliche Stellen einer derartigen Verflachung der deutschen Sprache Vorschub leisten sollten.
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Re: Die Welt erklärt in einfachen Worten der Rechtsprechung
Ich für meinen Teil finde den Gedanken eher abstrus, dass die Macher solcher Angebote sich offenbar einen Menschen vorstellen, der zwar einerseits in der Lage ist, zielgerichtet über Google o.ä. den Internetauftritt eines bestimmten Bundesministeriums herauszusuchen und dort das Wörterbuch aufzurufen, dem aber gleichzeitig unterstellt wird, dass er nicht weiß, was die Bundeskanzlerin ist, wenn ihm nicht irgendjemand sagt, dass das die "Chefin" ist.julée hat geschrieben:über die Sinnhaftigkeit von solchen Erklärungen auf Internetseiten von Ministerien kann man sicherlich streiten.
- Tibor
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Re: Die Welt erklärt in einfachen Worten der Rechtsprechung
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Re: Die Welt erklärt in einfachen Worten der Rechtsprechung
Herrje, die "leichte Sprache" wird immer nur alternativ angeboten - kein Grund also, einen Abgesang auf das Deutsche anzustimmen. Wer also meint, die nötige Intelligenz und Sprachgewandheit zu besitzen, kann doch schlicht und ergreifend die nicht vereinfachte sprachliche Darstellung lesen. Wer einmal mit Menschen zusammengearbeitet oder -gelebt hat, die sich mit der deutschen Sprache aus verschiedenen Gründen schwer tun, weiß die Idee der leichten Sprache zu schätzen - nicht wenige freuen sich über solche Angebote, da sie sprachliche Ausgrenzung ein Stück weit zurücknehmen. Das Ganze als "Aktionismus" zu brandmarken, ist zwar keine leichte Sprache, aber wahrscheinlich leichtes Denken.j_laurentius hat geschrieben:Bei allem Verständnis für Inklusionsbemühungen - ich finde, solche Texte sind eine Zumutung (wobei mich wundert, daß so viele Bindestriche verwendet werden, die sind nach meinem Eindruck eigentlich auf dem Rückzug, selbst in der Aktuellen Stunde im WDR fehlen in Bilduntertiteln regelmäßig eigentlich nötige Bindestriche) und so viele geistig Behinderte gibt es ja nun nicht, daß öffentliche Stellen einer derartigen Verflachung der deutschen Sprache Vorschub leisten sollten.
Hier gibt's nichts zu lachen, erst recht nichts zu feiern.
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Re: Die Welt erklärt in einfachen Worten der Rechtsprechung
+ 1Einwendungsduschgriff hat geschrieben:Herrje, die "leichte Sprache" wird immer nur alternativ angeboten - kein Grund also, einen Abgesang auf das Deutsche anzustimmen. Wer also meint, die nötige Intelligenz und Sprachgewandheit zu besitzen, kann doch schlicht und ergreifend die nicht vereinfachte sprachliche Darstellung lesen. Wer einmal mit Menschen zusammengearbeitet oder -gelebt hat, die sich mit der deutschen Sprache aus verschiedenen Gründen schwer tun, weiß die Idee der leichten Sprache zu schätzen - nicht wenige freuen sich über solche Angebote, da sie sprachliche Ausgrenzung ein Stück weit zurücknehmen. Das Ganze als "Aktionismus" zu brandmarken, ist zwar keine leichte Sprache, aber wahrscheinlich leichtes Denken.j_laurentius hat geschrieben:Bei allem Verständnis für Inklusionsbemühungen - ich finde, solche Texte sind eine Zumutung (wobei mich wundert, daß so viele Bindestriche verwendet werden, die sind nach meinem Eindruck eigentlich auf dem Rückzug, selbst in der Aktuellen Stunde im WDR fehlen in Bilduntertiteln regelmäßig eigentlich nötige Bindestriche) und so viele geistig Behinderte gibt es ja nun nicht, daß öffentliche Stellen einer derartigen Verflachung der deutschen Sprache Vorschub leisten sollten.
Allerdings bin ich mir nicht ganz sicher, ob dem BMJV die „Übersetzung“ in die leichte Sprache rundum gelungen ist. So wird im Wörterbuch bisweilen nur ein Abstraktum durch ein anderes ersetzt („Eine Behörde ist eine Einrichtung…“). Das scheint mir ein Stehenbleiben auf halber Strecke zu sein. Ohne irgendeine Ahnung von der Materie zu haben: Vielleicht müsste man sich von den abstrakten Sprechweisen völlig lösen zugunsten einer konkreten und bildhaften „leichten“ Rechtssprache.
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Re: Die Welt erklärt in einfachen Worten der Rechtsprechung
Vielleicht ist das eine versehentlich oeffentlich gewordene Intranetseite fuer die Mitarbeiter?
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Re: Die Welt erklärt in einfachen Worten der Rechtsprechung
+1.Einwendungsduschgriff hat geschrieben:Herrje, die "leichte Sprache" wird immer nur alternativ angeboten - kein Grund also, einen Abgesang auf das Deutsche anzustimmen. Wer also meint, die nötige Intelligenz und Sprachgewandheit zu besitzen, kann doch schlicht und ergreifend die nicht vereinfachte sprachliche Darstellung lesen. Wer einmal mit Menschen zusammengearbeitet oder -gelebt hat, die sich mit der deutschen Sprache aus verschiedenen Gründen schwer tun, weiß die Idee der leichten Sprache zu schätzen - nicht wenige freuen sich über solche Angebote, da sie sprachliche Ausgrenzung ein Stück weit zurücknehmen. Das Ganze als "Aktionismus" zu brandmarken, ist zwar keine leichte Sprache, aber wahrscheinlich leichtes Denken.j_laurentius hat geschrieben:Bei allem Verständnis für Inklusionsbemühungen - ich finde, solche Texte sind eine Zumutung (wobei mich wundert, daß so viele Bindestriche verwendet werden, die sind nach meinem Eindruck eigentlich auf dem Rückzug, selbst in der Aktuellen Stunde im WDR fehlen in Bilduntertiteln regelmäßig eigentlich nötige Bindestriche) und so viele geistig Behinderte gibt es ja nun nicht, daß öffentliche Stellen einer derartigen Verflachung der deutschen Sprache Vorschub leisten sollten.
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Re: AW: Die Welt erklärt in einfachen Worten der Rechtsprech
Sei dem, wie dem sei - "leichte Sprache" ist sozusagen sprachmodisch der letzte Schrei und groß im Kommen. Wenn es den Gender-Gap erspart und das Binnen-I ersetzt - und so lange es eine Alternative bleibt -, soll's mir recht sein.j_laurentius hat geschrieben:Bei allem Verständnis für Inklusionsbemühungen - ich finde, solche Texte sind eine Zumutung (wobei mich wundert, daß so viele Bindestriche verwendet werden, die sind nach meinem Eindruck eigentlich auf dem Rückzug, selbst in der Aktuellen Stunde im WDR fehlen in Bilduntertiteln regelmäßig eigentlich nötige Bindestriche) und so viele geistig Behinderte gibt es ja nun nicht, daß öffentliche Stellen einer derartigen Verflachung der deutschen Sprache Vorschub leisten sollten.
Ich habe mich auf den Webseiten des BGH allerdings aus ähnliches Gründen gefragt, ob die Idee wirklich gelungen ist ...
Deutsches Bundesrecht? https://www.buzer.de/ - tagesaktuell, samt Änderungsgesetzen und Synopsen
Gesetze mit Rechtsprechungsnachweisen und Querverweisen? https://dejure.org/ - pers. Merkliste u. Suchverlauf
Gesetze mit Rechtsprechungsnachweisen und Querverweisen? https://dejure.org/ - pers. Merkliste u. Suchverlauf
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Re: Die Welt erklärt in einfachen Worten der Rechtsprechung
Ob leichte Sprache aber auch in eine falsche Richtung schulen kann?
Aber vielleicht wäre es viel sinnvoller, wenn der, der auf leichte Sprache angewiesen ist, diese nicht nur bei obersten Bundesbehörden voraussetzen könnte, sondern auch beispielsweise beim Einwohnermeldeamt, wenn er Passierschein A braucht. Mir scheint das insoweit eher Aktionismus zu sein.
Ich habe es nicht auf Anhieb verstanden, bin das derart abgehackte Lesen aber auch nicht gewohnt.BMJ hat geschrieben:"Jeder Mensch kann Texte in Leichter Sprache besser verstehen.
Hier finden Sie Hinweise was Sie wo auf der Seite finden.
Damit Sie schnell finden was Sie suchen.
Aber vielleicht wäre es viel sinnvoller, wenn der, der auf leichte Sprache angewiesen ist, diese nicht nur bei obersten Bundesbehörden voraussetzen könnte, sondern auch beispielsweise beim Einwohnermeldeamt, wenn er Passierschein A braucht. Mir scheint das insoweit eher Aktionismus zu sein.