Täterschaft und Teilnahme - wo prüfen? Akzessorietät?

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

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apple9
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Täterschaft und Teilnahme - wo prüfen? Akzessorietät?

Beitrag von apple9 »

Hallo!

Ich weiß leider so garnicht, wo man Sachen wie Anstiftung oder mittelbare Täterschaft usw. Macht man das im objektiven TB?

Und kann mir jemand eventuell das mit der Akzessorietät erklären? Das vesteh ich beim besten Willen nicht ::? ](*,)


LG
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[enigma]
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Re: Täterschaft und Teilnahme - wo prüfen? Akzessorietät?

Beitrag von [enigma] »

Du prüfst im objektiven Tatbestand zunächst, ob der Täter eine entsprechende Tathandlung begangen hat. Ist das nicht der Fall (und nur dann) prüfst du, ob ihm die Tathandlung eines anderen Täters (dessen Strafbarkeit du im Idealfall schon zuvor geprüft hast) zugerechnet werden kann. Da empfiehlt sich in Fällen, in denen sowohl Mittäterschaft wie auch Teilnahme in Betracht kommt, eine umfangreiche Abgrenzung. Beispiel: A und B planen, C zu töten. A lenkt C entsprechend des gemeinsamen Tatplans ab, während B ihn von hinten ersticht. Hier prüfst du zunächst die Tötung durch B und dann durch A. Bei A hast du keine direkte Tötungshandlung, kannst aber den Messerstich zurechnen, wenn A und B Mittäter waren.

Kommst du bei dieser Abgrenzung zum Ergebnis, dass keine Mittäterschaft, sondern Anstiftung oder Beihilfe vorliegt, beendest du die Prüfung und prüfst dann im Anschluss die Teilnahme. Du kannst theoretisch auch mit einer Mittäterschaft in die Prüfung einsteigen, dann eine Beihilfe oder Anstiftung weiterprüfen und zum Ergebnis der Teilnahme kommen. Ist mE aber nicht so schön und birgt die Gefahr, den Korrektor zu verwirren, das ist nie gut.

Es ist jedenfalls wichtig, dass du die Mittäterschaft nur dann prüfst, wenn es auch tatsächlich nötig ist, und dies auch begründest. Konkret also immer dann, wenn du einem Täter Tathandlungen eines anderen Täters zurechnen musst, weil arbeitsteilig gehandelt wurde. Ansonsten kommt auch eine Alleintäterschaft in Betracht. Dann wären Ausführungen zur Mittäterschaft (streng genommen) falsch, da Zweck der Mittäterschaft eben die Zurechnung von Tatbeiträgen ist. Ähnlich ist es mit der mittelbaren Täterschaft. Auch diese wird zunächst im objektiven Tatbestand festgestellt. Im subjektiven TB musst du natürlich auch den entsprechenden Vorsatz feststellen.

Akzessorietät bedeutet, dass die Teilnahme sich stets auf die Haupttat des unmittelbaren Täters bezieht. Teilnahme ist also nur möglich, wenn eine vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat vorliegt. Handelt der Haupttäter dagegen schuldlos oder tritt von der Tat zurück, ist Teilnahme dennoch möglich. Der Teilnehmer braucht deshalb nicht nur Vorsatz bezüglich seiner Teilnahmehandlung, sondern auch bezüglich der Haupttat. Im objektiven TB stellst du dagegen erstens das Vorliegen einer vorsätzlichen und rechtswidrigen Hauptat und zweitens die Teilnahmehandlung fest.
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apple9
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Re: Täterschaft und Teilnahme - wo prüfen? Akzessorietät?

Beitrag von apple9 »

Danke dir erstmal!

ohje, das klingt nach furchtbar viel :( Ich hab mir im Rengier die Schemata angeschaut, da wird das immer so gemacht, dass man zuerst die Strafbarkeit des Tatmittlers prüft und dann die des mittelbaren Täters unter Bezugnahme auf §25 (also Mittäterschaft und mittelbare Täterschaft). Das sind dann glaub ich zwei verschiedene Prüfungen, oder jedenfalls sehr abgegrenzt voneinander. Hast du das auch so gemeint?
Und wenn ch von Anfang an den Verdacht hab, dass es Anstiftung ist oder Beihilfe, kann ich die auch gesondert nach einem Schemata prüfen? Ich versteh das nicht ganz mit der Abgrenzen ](*,)
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[enigma]
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Re: Täterschaft und Teilnahme - wo prüfen? Akzessorietät?

Beitrag von [enigma] »

Du prüfst immer zuerst den unmittelbaren Täter, dann den Tatbeteiligten, also Mittäter, mittelbarer Täter oder Teilnehmer. Die Reihenfolge ist deshalb wichtig und anzuraten, weil du bei der Prüfung des Tatbeteiligten Bezug auf die Haupttat nehmen musst (Akzessorietät, siehe oben). Abgrenzen musst du Täterschaft (also Mittäterschaft oder mittelbare Täterschaft) von Teilnahme (also Anstiftung oder Beihilfe) deshalb, weil sich diese Beteiligungsformen ausschließen. Entweder jemand ist Täter (eigene Tat) oder Teilnehmer (fremde Tat). Zur Abgrenzung werden verschiedene Ansätze vertreten, die du in jedem Lehrbuch findest und in einer Klausur diskutieren musst. Am besten du entscheidest dich schon vor der Prüfung des Teilnehmers, ob die Sache auf Täterschaft oder Teilnahme rausläuft. Dann kannst du zB. gleich die Anstiftung prüfen, in der Abgrenzung erklären, warum hier keine Mittäterschaft in Betracht kommt und dann die Anstiftung ganz normal weiterprüfen. Die Abgrenzung Täterschaft/Teilnahme kannst du im Rahmen einer Anstiftungsprüfung beim Prüfungspunkt "bestimmen" vornehmen. Hat der Tatbeteiligte den unmittelbaren Täter tatsächlich zu einer für ihn (den Tatbeteiligten) fremden Tat bestimmt, oder war er Mittäter einer eigenen Tat? Wie gesagt, lies das entsprechende Kapitel im Lehrbuch dann wird es dir klar.

Klar gibt es ein Prüfungsschema für die Teilnahme, das besteht wie gesagt aus vorsätzlicher, rechtswidriger Haupttat und Teilnahmehandlung im objektiven und dem doppelten Vorsatz (bzgl. Haupttat und Teilnahme) im subjektiven Tatbestand. Sollte sich in deinen Rengier Schemata auch finden.

Wenn du das nicht verstehst, solltest du die Schemata zunächst mal links liegen lassen und ein Lehrbuch oder zumindest Skript zum Thema Täterschaft und Teilnahme lesen, um dir das grundsätzliche Wissen anzueignen. Ohne die Grundlagen bringen dir Aufbauschemata ziemlich wenig.
Zuletzt geändert von [enigma] am Sonntag 25. Mai 2014, 22:35, insgesamt 1-mal geändert.
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Vortex
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Re: Täterschaft und Teilnahme - wo prüfen? Akzessorietät?

Beitrag von Vortex »

Was Teilnahme angeht, merk dir den Satz "Täterschaft vor Teilnahme prüfen", dann sollte es klarer werden.

Bei der Mittäterschaft gibt es zwei verschiedene Aufbaumöglichkeiten, je nachdem, ob du mehrere Personen zusammen prüfst oder nacheinander. Prüfst du mehrere zusammen, kannst du im obj. TB einen letzten Prüfungspunkt machen, den nennst du dann meinetwegen "wechselseitige Zurechnung gem. § 25 II StGB" oder dergleichen (mir fällt gerade nicht ein, wie ich das bis jetzt immer genannt habe). Dort dann auf die Voraussetzungen der Mittäterschaft eingehen.
Prüfst du zB. A und B hintereinander und taucht bei A ein Problem auf, sagen wir es fehlt an der obj. Zurechnung, dann sprichst du dort an, dass ihm das Verhalten von B über § 25 II StGB zugerechnet werden könnte (sozusagen Zurechnung der obj. Zurechnung in meinem Beispiel). Dann wieder auf die Voraussetzungen der Mittäterschaft eingehen, also inzident Mittäterschaft prüfen.
Je unproblematischer die Konstellation, desto eher kannst du mehrere Personen zusammen prüfen, wird's etwas komplizierter, dann lieber getrennt.
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Re: Täterschaft und Teilnahme - wo prüfen? Akzessorietät?

Beitrag von apple9 »

Ja, ich komm halt einfach garnicht klar mit den Schemata und wie man was aufbaut. Ich wüsste auch nie, wie man zB versuchten Mord prüfen könnte oder sowas, weil 211 ja da irgendwie mit reingehört. Deswegen versuche ich, irgendwie alle möglichen Schemata auswendig zu lernen. Macht wohl wenig Sinn, aber ich erkenn da einfach keine Struktur ::?
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Re: Täterschaft und Teilnahme - wo prüfen? Akzessorietät?

Beitrag von Vortex »

Versuchter Mord ist nicht so schwer; unter dem Punkt "Tatentschluss" prüfst du ja den Vorsatz bzgl. der Verwirklichung der obj. TB-Merkmale (also auch zB. Heimtücke) aus Tätersicht. Dann prüfst du unter dem selben Punkt noch, ob ggf. subj. TB-Merkmale vorliegen (zB. Habgier). Der Rest ist dann gleich.


Nur Schemata zu lernen bringt zwar nix, aber ich mache mal ein Bsp. zu Täterschaft u. Teilnahme.:

A + B töten O gemeinschaftlich. C hat sie dazu angestiftet.

A. Strafbarkeit von A + B gem. §§ 212 I, 25 II StGB

I. TB
1. Obj. TB
a) Erfolg
b) Kausalität
c) Obj. Zurechnung
d) Gegenseitige Zurechnung gem. § 25 II StGB (-> VSS der Mittäterschaft prüfen, Tatherrschaftslehre, mod. animus-Theorie und den ganzen Kram diskutieren, falls problematisch)
2. Subj. TB
II. RW
III. Schuld

B. Strafbarkeit von C gem. §§ 212 I, 25 II StGB (-) [Wie gesagt, Täterschaft vor Teilnahme prüfen, aber hier bin ich mir nicht mal sicher, ob das notwendig wäre, weil es so eindeutig ist.]

C. Strafbarkeit von C gem. §§ 212 I, 26 StGB

I. TB
1. Obj. TB
a) Vorsätzliche rechtswidrige Haupttat eines Anderen
b) Bestimmen
2. Subj. TB
Vorsatz bzgl. a) und b) [= "doppelter Anstiftervorsatz", prüfst aber im Prinzip nix anderes als sonst auch]
(3. Akzessorietätsdurchbrechung gem. § 28 StGB)
II. RW
III. Schuld


Immer wenn ich Beispiele kreiere, mache ich irgendwelche Fehler, ich hoffe diesmal nicht; wenn doch, wird es sicher jmd. richtigstellen.
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Re: Täterschaft und Teilnahme - wo prüfen? Akzessorietät?

Beitrag von [enigma] »

apple9 hat geschrieben:Ja, ich komm halt einfach garnicht klar mit den Schemata und wie man was aufbaut. Ich wüsste auch nie, wie man zB versuchten Mord prüfen könnte oder sowas, weil 211 ja da irgendwie mit reingehört. Deswegen versuche ich, irgendwie alle möglichen Schemata auswendig zu lernen. Macht wohl wenig Sinn, aber ich erkenn da einfach keine Struktur ::?
Das liegt daran, dass dir das Grundlagenwissen fehlt. Wenn du erstmal ein Lehrbuch gelesen und verstanden hast, warum der Versuch trotz fehlendem Erfolgsunrecht strafbar ist, macht das Aufbauschema auch Sinn. Ähnlich ist es mit der Teilnahme. Wenn du die Akzessorietät der Teilnahme begriffen hast, weisst du, dass du im objektiven TB der Teilnahmehandlung sowohl die Teilnahmehandlung selbst als auch das Vorliegen einer Haupttat und im subj. TB den doppelten Vorsatz prüfen musst. Schemata ohne diese Grundlagen lernen bringt mE gar nichts.

Versuch es am Anfang mal mit Strafrecht AT von Rolf Schmidt. Gute Mischung aus Lehrbuch und Skript, sehr anschaulich und klausurorientiert. Die etablierten Lehrbücher wie Wessels/Beulke dürften ganz am Anfang etwas zu schwer sein.
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