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Aktueller Stand: Überstunden

Verfasst: Mittwoch 18. März 2015, 14:30
von Tibor
zur Einordnung einer Rechtfrage aus einem anderen Rechtsgebiet: Wenn sich ein ArbN im ArbVertrag "bereit erklärt" "im Rahmen seiner Möglichkeiten" Überstunden zu erbringen, er zugleich aber eine 40h Woche und ein eher übliches Gehalt (Branchenüblich) vereinbart, ergibt sich aus der Rspr ein Überstundenausgleichsanspruch in Geld/Freizeit?

Danke!

Re: Aktueller Stand: Überstunden

Verfasst: Mittwoch 18. März 2015, 14:40
von Tibor
Kann man diesbezüglich BAG, Urteil vom 10.04.2013 - 5 AZR 122/12, DB 2013, 2089 als st. Rspr. einordnen?

Re: Aktueller Stand: Überstunden

Verfasst: Mittwoch 18. März 2015, 15:29
von Tikka
Tibor hat geschrieben:zur Einordnung einer Rechtfrage aus einem anderen Rechtsgebiet: Wenn sich ein ArbN im ArbVertrag "bereit erklärt" "im Rahmen seiner Möglichkeiten" Überstunden zu erbringen, er zugleich aber eine 40h Woche und ein eher übliches Gehalt (Branchenüblich) vereinbart, ergibt sich aus der Rspr ein Überstundenausgleichsanspruch in Geld/Freizeit?

Danke!
Das muss man etwas auseinanderhalten:

1. Der Passus im Arbeitsvertrag über die grundsätzliche Verpflichtung Überstunden zu leisten, eröffnet dem Arbeitgeber überhaupt erst das Recht Überstunden anzuordnen. Fehlt eine solche Klausel im Formulararbeitsvertrag oder in ergänzenden kollektivrechtlichen Bestimmungen (BV, TV), kann sich der Mitarbeiter auf die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit berufen.
Über eine Vergütung der Überstunden sagt die Regelung erstmal nichts aus. Daraus alleine wird man entsprechend keinen Anspruch herleiten können.
2. Sind dann tatsächlich Überstundenn geleistet worden, gibt es keinen automatischen Anspruch auf Vergütung, denn grundsätzlich ist nur der vereinbarte Bruttomonatslohn geschuldet.
Der Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung ergibt sich entweder aus dem AV oder ergänzenden kollektivrechtlichen Regelungen (BV, TV).
3. Gibt es keine ausdrückliche Regelung, weder individual- noch kollektivrechtlich, kann sich der Anspruch aus § 612 BGB ergeben. Dazu muss eine Überstundenvergütung nach der Verkehrsanschauung für die Tätigkeit üblich sein. Der Arbeitnehmer ist hier Darlegungs- und Beweisbelastet (wie auch für die Überstunden und deren Anordnung bzw. Duldung selbst).
Wie schon an anderer Stelle hier diskutiert, geht das BAG davon aus das bei "höheren Diensten" nach der Verkehrsnschuung eine Überstundenvergütung nach der Verkehrsanschauung regelmäßig nicht geschuldet hat. Bei "Normalverdienern" wird das hingegen regelmäßig der Fall sein. Es hängt aber vom Einzelfall und der Branche ab.
Tibor hat geschrieben:Kann man diesbezüglich BAG, Urteil vom 10.04.2013 - 5 AZR 122/12, DB 2013, 2089 als st. Rspr. einordnen?
Ja, wobei das sich eher auf das Thema Beweislast zu den Überstunden selbst bezieht.

Re: Aktueller Stand: Überstunden

Verfasst: Mittwoch 18. März 2015, 15:30
von Tibor
Danke, hat mir sehr geholfen für die Einordnung. In meinem Fall also doch nicht so klar, wie es hier der ein oder andere gern hätte.

Re: Aktueller Stand: Überstunden

Verfasst: Mittwoch 18. März 2015, 18:10
von Parabellum
Tibor hat geschrieben:Danke, hat mir sehr geholfen für die Einordnung. In meinem Fall also doch nicht so klar, wie es hier der ein oder andere gern hätte.
Ja, Du kannst Dich also im Urteil für die Auslegung entscheiden, die Dir die geringste Arbeit macht. ;)

Re: Aktueller Stand: Überstunden

Verfasst: Mittwoch 18. März 2015, 18:17
von Tibor
Wenn es nur so wäre.

Re: Aktueller Stand: Überstunden

Verfasst: Dienstag 4. August 2015, 09:54
von schuper
Natürlich im Arbeitsvertrag darauf achten, dass sich der AN nicht generell zu Mehrarbeit verpflichtet, die mit dem Bruttolohn abgegolten sein soll.
Hatte den Fall auch schon von einem Freund. Aber die Beweislast jeder einzelner Überstunde ist, wenn nicht gerade der ArbG diese Überstunden schriftlich angeordnet hat bzw. einen Überstundenzettel unterzeichnet hat, nicht ganz so einfach :D