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Kanzlei übernehmen / kaufen

Verfasst: Sonntag 18. Oktober 2015, 17:03
von Gelöschter Nutzer
Hallo zusammen,
ich stehe vor einer etwas schwierigen Entscheidung und hoffe, hier ein wenig Hilfe zu bekommen.

Ich habe die Anwaltsstation und die Wahlstation bei einem Anwalt verbracht, bei dem ich schon seit Beginn des Referendariats mitgearbeitet habe. Schon recht früh hat er mir mitgeteilt, dass er nicht mehr allzu lange arbeiten will und mir angeboten, die Kanzlei mittelfristig zu übernehmen. Er hat Mandate in ganz Deutschland und hat sich in seinem Spezialgebiet einen guten Namen gemacht.

Das Problem ist nun, dass ich nicht so recht weiß, wie man das ganze praktisch angehen soll. Gedacht ist es so, dass ich neue Fälle von ihm bekomme, einen eigenen Mandantenstamm dazu aufbaue und ihm zu Beginn der Übergangszeit (ca. 3-5 Jahre) für ca. 6 Monate bei der Bearbeitung seiner Altfälle helfe. Er ist nämlich völlig überarbeitet und kommt mit der Bearbeitung angefangener Fälle gar nicht mehr hinterher. In dieser Übergangszeit wird er mich soweit noch nicht geschehen bei Mandanten einführen (er hat einige "Dauermandate").

Soweit so gut. Nun gibt es einige Punkte, bei denen ich nicht so recht weiß, wie ich sie einschätzen soll.

1. Er will, da er ja aufhören will, keine Partnerschaft/Bürogemeinschaft etc. jeder soll quasi für sich alleine selbständig bleiben. Außerdem hat er haftungsrechtliche Bedenken.
2. Ich soll 20% des Umsatzes, der Mandate, die er mir "vermittelt" für die nächsten 5 Jahre an ihn abgeben. Ein darüberhinaus gehender Kaufpreis wird nicht gezahlt. Eigens aquirierte Mandate rechne ich auch alleine ab.
3. Im Gegenzug werde ich für die Bearbeitung seiner Altfälle ebenfalls entlohnt, wobei ca. der durschnittliche Stundensatz eines angestellten Anwalts zugrunde gelegt werden soll.
4. An den Kanzleikosten muss ich mich nicht beteiligen (keine Miete etc.)

Gerne würde ich dazu eure Meinungen hören.

Wie würde man das am besten vertraglich regeln? Gibt es dazu Muster? Ist das alles so überhaupt durchführbar?

Re: Kanzlei übernehmen / kaufen

Verfasst: Sonntag 18. Oktober 2015, 20:47
von hlubenow
20% scheint mir sogar relativ fair zu sein.

Wie soll denn der Briefkopf aussehen?

Re: Kanzlei übernehmen / kaufen

Verfasst: Sonntag 18. Oktober 2015, 20:58
von Gelöschter Nutzer
hlubenow hat geschrieben:20% scheint mir sogar relativ fair zu sein.

Wie soll denn der Briefkopf aussehen?
Es ist so gedacht, dass er seinen Briefkopf als solchen weiter behält und ich mir einen neuen davon gänzlich unabhängigen erstellen lasse.
Das ist ein Punkt den ich ein wenig seltsam finde und der mich auch ein bischen stört. Andererseits würden dann alle neuen Mandate ausschließlich über "meine" Kanzlei laufen und man würde auch ein Wettbewerbsverbot mit aufnehmen.

Interessant für mich wäre auch was Ihr denkt, wie hoch ein angemessener Stundensatz für die von mir erbrachte Arbeit bzgl. der Altfälle wäre.

Re: Kanzlei übernehmen / kaufen

Verfasst: Montag 19. Oktober 2015, 16:53
von joee78
Du übernimmst eine Kanzlei samt Mandantenstamm ohne irgenwas dafür zahlen zu müssen? Klingt wie im Märchen - sofort zugreifen!

Re: Kanzlei übernehmen / kaufen

Verfasst: Montag 19. Oktober 2015, 17:03
von hlubenow
iura novit advocatus hat geschrieben:1. Er will, da er ja aufhören will, keine Partnerschaft/Bürogemeinschaft etc. jeder soll quasi für sich alleine selbständig bleiben. Außerdem hat er haftungsrechtliche Bedenken.
4. An den Kanzleikosten muss ich mich nicht beteiligen (keine Miete etc.)
...
Es ist so gedacht, dass er seinen Briefkopf als solchen weiter behält und ich mir einen neuen davon gänzlich unabhängigen erstellen lasse.
Wenn die Kanzlei(en) in gemeinsamen Räumen sind, aber unterschiedliche Briefköpfe bestehen, würde ich von einer Bürogemeinschaft (Verwaister Link http://anwaltsblatt.anwaltverein.de/files/anwaltsblatt.de/news/anwaltsrecht/12.13_GesellschaftR 5.Teil.pdf automatisch entfernt) ausgehen. Aus der er dann offenbar bald ausscheiden will. Danach müßtest Du dann wohl die Bürokosten allein tragen, was ja auch logisch ist.
In einem Buch zum Stichwort "Kanzleigründung" könnte man Näheres erfahren.
iura novit advocatus hat geschrieben:und man würde auch ein Wettbewerbsverbot mit aufnehmen.
Wettbewerbsverbot finde ich etwas merkwürdig, wenn Du in seinem Bereich, und sogar bei seinen Fällen mit tätig werden sollst.

Ansonsten klingt das alles für mich aber machbarer als so manches, was mir schon von "potentieller Arbeitgeberseite" angeboten wurde. ::roll:

Re: Kanzlei übernehmen / kaufen

Verfasst: Montag 19. Oktober 2015, 17:57
von scndbesthand
joee78 hat geschrieben:Du übernimmst eine Kanzlei samt Mandantenstamm ohne irgenwas dafür zahlen zu müssen? Klingt wie im Märchen - sofort zugreifen!
§§ 25, 28 HGB scheinen ja für Haftungsfälle nach Ansicht des BGH in der hiesigen Konstellation (keine Gründung einer GbR) nicht analog zu gelten. Oder gibt es in dieser Richtung noch etwas zu bedenken?

Re: Kanzlei übernehmen / kaufen

Verfasst: Montag 19. Oktober 2015, 19:01
von Herr Schraeg
joee78 hat geschrieben:Du übernimmst eine Kanzlei samt Mandantenstamm ohne irgenwas dafür zahlen zu müssen?
Tut er das? Er bekommt neue Mandate weitergeleitet (wohl nicht alle, sonst wäre die Übergangsfrist von 5 Jahren zu lang). Er arbeitet sechs Monate entgeltlich in den Altfällen (im eigenen Namen oder im Namen des Altanwalts?). Das ist alles, d.h. eine Chance. Umgekehrt ist aber auch das Risiko gering.
hlubenow hat geschrieben:Wettbewerbsverbot finde ich etwas merkwürdig, wenn Du in seinem Bereich, und sogar bei seinen Fällen mit tätig werden sollst.
Das habe ich so verstanden, dass der Altanwalt sich zu einem Wettbewerbsverbot nach Ablauf der Übergangszeit verpflichtet; alles andere machte keinen Sinn.

@ TE:

Zahlst Du die 20 % für Mandate oder für Mandanten? Wirtschaftlich ein Riesenunterschied: Er vermittelt Dir die Anfrage des Mandanten A, die Du als Mandat A1 erfolgreich bearbeitest. In den Folgejahren kommt der Mandant A deshalb wieder zu Dir und Du bearbeitest für ihn A2, A3 usw. Zahlst Du dann nur für Mandat A1 oder für alle Mandate von A, die in den ersten fünf Jahren erteilt werden?

Rechtlich: Wenn Ihr jeweils selbständige Anwälte seit, dürfte § 49b III BRAO ein Problem sein. Ein Arbeitsrechtler sollte ausserdem einmal darüber nachdenken, ob sich das Ganze nicht zu einem schleichenden Betriebsübergang nach § 613a BGB auswächst und Du auf einmal Mitarbeiter beschäftigen musst, die Du gar nicht brauchst.

Wirtschaftlich klingt das nicht schlecht: Chance bei kleinem Risiko, weil Du jederzeit die Reissleine ziehen kannst. Rechtlich wird die Gestaltung nicht einfach, so dass ich an Deiner Stelle die Einschaltung eines darauf spezialisierten Anwalts in Betracht ziehen würde.

Re: Kanzlei übernehmen / kaufen

Verfasst: Montag 19. Oktober 2015, 19:27
von Swann
Ich versteh nicht ganz, warum die Alt-Anwalt lieber seine Kanzlei ausfaden lässt, anstatt den Kanzleiwert durch eine Veräußerung zu realisieren. Auf diese Weise verschenkt er doch schlicht Geld.

Re: Kanzlei übernehmen / kaufen

Verfasst: Montag 19. Oktober 2015, 21:54
von Gelöschter Nutzer
Die 20% zahle ich für die Mandate, allerdings wie gesagt nur für von ihm vermittelte. Sollten die Mandanten danach ganz allein von selbst zu mir kommen zahle ich auch nichts dafür.

Der Grund, dass er das ganze so macht dürfte wohl sein, dass er das Geld schlicht und einfach nicht braucht. Er hat die letzten 15 Jahre beinahe jeden Tag der Woche von morgens bis abends durchgearbeitet und ist völlig ausgebrannt. Dabei hat er genug Geld um nicht mehr arbeiten zu müssen und sucht einfach jemanden, der sein "Lebenswerk" weiterführt.

Ich würde das alles auch an sich sehr positiv bewerten, war mir nur nicht sicher, ob es da nicht irgendwo einen Haken gibt. Normalerweise bin ich eher der skeptische Typ, der sich sagt, was zu gut klingt um wahr zu sein, ist auch nicht wahr. Zumal er mir das Angebot schon während der Station im Ref gemacht hat. Zu dem Zeitpunkt habe ich das allerdings nicht wirklich ernst genommen.

Re: Kanzlei übernehmen / kaufen

Verfasst: Dienstag 20. Oktober 2015, 14:10
von joee78
Herr Schraeg hat geschrieben:
joee78 hat geschrieben:Du übernimmst eine Kanzlei samt Mandantenstamm ohne irgenwas dafür zahlen zu müssen?
Tut er das?
Von Geld war nicht die Rede. Wenn ich bei Coca Cola ein Praktikum mache und mir wird nachher die kostenlose Firmenübernahme angeboten mit der Auflage, von jeder verkauften Flasche 10 Cent abzuführen, wär ich dabei.

Re: Kanzlei übernehmen / kaufen

Verfasst: Mittwoch 21. Oktober 2015, 09:30
von Syd26
Ich halte das Angebot auch für gut und würde wohl zugreifen. Aber lass vorher die Verträge prüfen. In eigener Sache ist man meist betriebsblind. ;)

Re: Kanzlei übernehmen / kaufen

Verfasst: Mittwoch 21. Oktober 2015, 19:50
von Gelöschter Nutzer
Syd26 hat geschrieben:Ich halte das Angebot auch für gut und würde wohl zugreifen. Aber lass vorher die Verträge prüfen. In eigener Sache ist man meist betriebsblind. ;)
Auf was würdest du speziell achten?

Re: Kanzlei übernehmen / kaufen

Verfasst: Mittwoch 21. Oktober 2015, 19:59
von TeWe
Was ist denn mit dem nicht realisierten Umsatz seiner Mandate? Will er da auch 20% "abhaben"? Dann Finger weg. so viel Spass macht es auch nicht sich um Probleme anderer zu kümmern.

Re: Kanzlei übernehmen / kaufen

Verfasst: Samstag 24. Oktober 2015, 15:39
von Gelöschter Nutzer
TeWe hat geschrieben:Was ist denn mit dem nicht realisierten Umsatz seiner Mandate? Will er da auch 20% "abhaben"? Dann Finger weg. so viel Spass macht es auch nicht sich um Probleme anderer zu kümmern.
Nein. Nur 20% von dem um die Umsatzsteuer bereinigten Umsatz, der auch tatsächlich erwirtschaftet wird.

Re: Kanzlei übernehmen / kaufen

Verfasst: Mittwoch 13. Januar 2016, 16:19
von Gelöschter Nutzer
Hallo.

Ist die Anfrage hier schon erledigt?

Gruß