Polizeirecht VA/Realakt (bayern)

Staatsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht (Bau-, Kommunal-, Polizei- und Sicherheitsrecht, BImSchG etc.)

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Seb
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Polizeirecht VA/Realakt (bayern)

Beitrag von Seb »

Moin,

ich bräuchte dringend eine genaue Aufklärung in Sachen Abgrenzung VA/Realakt bei polizeilichen Maßnahmen. Und zwar hab ich letztens meine ÖffR Klausur für den großen Schein geschrieben und mir ist nun ein, naja nicht unerhblicher Fehler, aufgefallen.
Ich habe für die Standardbefugnisse "Durchsuchung von Personen" und "Gewahrsam" einen VA angenommen(konkludenter DuldungsVA) und keinen Realakt. Somit natürlich die FFK analog und keine Festellungsklage angewendet. Mit großer Wahrscheinlichkeit habe ich dadurch die Klausur nicht bestanden.

Dadurch habe ich mich jetzt nochmals genauer mit dem Thema VA/Realakt beschäftigt und würde mir hier gerne ein Feedback einholen ob ich es jetzt richtig verstanden habe.

Beispiel:

Angenommen ein Polizist fordert eine Person auf, seine Feuerwerkskörper aus der Jackentasche herauszugeben, dieser sich aber zunächst weigert und im Anschluss aber eine Durchsung seiner Person zulässt. Dann müsste ich doch folgende Konstelation haben ->
1. Die Aufforderung ist ein VA
2. Das dursuchen ist die Standardbefugniss nach Art.xy PAG ? ( Und dies ist ein Realakt!)
Hier liegt aber keine Zwangsvollstreckung vor, da die Person ja in die Durchsung eingewillgt hat oder?

Soviel erstmal dazu. Jetzt kommt für mich ein weiteres Verstädnisproblem.
Was passiert aber bei einer Verweigerung der Durchsuchung ? Dann müsste es ja so ausschauen:
->1.Aufforderung der Herausgabe VA
->2.Durchsung welche aber verweigert wird
->3.Zwangsvollstreckung nach Art.53 I oder Art. 53 II PAG ?

Hier kann ja dann nur das Einaktigevollstreckungsverfahren in Betracht kommen, da ja für ein Mehrakktivesvollstreckungsverfahren ein VA notwendig ist, welcher aber ja mit der Polizeilichen Maßnahme "Durchsung von Personen" nach Art.xy PAG nicht vorliegt, da dieser ja gerade ein Realakt ist. (Außer man würde die Maßnahme als VA sehen i.S.e konkludenten Duludungsverfügung, was aber veraltet und falsch ist..)

Ist das richtig so ? Hoffe ihr konntet mir folgen :D :eeeek:

Danke

edit:

"Dagegen liegt eine Regelung vor bei:
klassischen Standardmaßnahmen wie Durchsuchung, Beschlagnahme, Platzverweis usw.
Arg: Ein Realakt kann nicht Grundlage für eine Verwaltungsvollstreckung sein aufgrund des VerwaltungsvollstrekungsG, welches für die Durchsetzung von Verwaltungszwang einen VA vorsieht.

Jura Individuell -Tipp: Nochmals: Die Kontrollfrage lautet immer: Was passiert,wenn der Betroffene nicht mit der Maßnahme einverstanden wäre? Ist sie dann vollstreckbar? Bei einem Platzverweis ist die Maßnahme bspw. dadurch vollstreckbar,dass der Betroffene notfalls von dem betreffenden Standort durch die Polizei weggebracht wird. Dies wäre dann Verwaltungsvollstreckung,und für diese ist ein VA Voraussetzung.

Als Klagearten kommen nun hier die Anfechtungsklage, FFK sowie Verpflichtungsklage in Betracht, wobei den Großteil in der Fallbearbeitung wohl die Anfechtungsklage und die FFK einnehmen wird.(bzw. in Fällen des Einstweiligen Rechtsschutzes ein Antrag gem. § 80 V VwGO).
Auch hier ist die Statthaftigkeit anhand des Merkmals der Erledigung abzugrenzen. Erledigung liegt vor,wenn die rechtliche oder tatsächliche Beschwer nachträglich wegfällt liegt Erledigung vor, ist die FFK statthaft, ansonsten die Anfechtungsklage.

Beispiele für das Vorliegen eines VA im POG Rhl.-Pfl.
§10 POG ( Identitätsfeststellung)
§12 POG (Vorladung)
§13 I POG (Platzverweis)
§14 POG ( Gewahrsam)
§18 POG (Durchsuchung)"

http://www.juraindividuell.de/artikel/v ... bgrenzung/


Nach diesem Aufsatz hätte ich ja dann bei der "Durchsung von Personen" und "Gewahrsam" ja dann doch keinen Realakt sondern einen VA ?!

Jetzt bin ich komplett verwirrt .. ::roll:
Tobias__21
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Re: Polizeirecht VA/Realakt (bayern)

Beitrag von Tobias__21 »

Schau mal hier:

http://forum.jurawelt.com/viewtopic.php?f=44&t=52898

Und bei Schenke - Polizeirecht, dort finde ich es gut erklärt.

Ich habe es mir jetzt so gemerkt:

Die Standardmaßnahmen erhalten eine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass eines VA und der Vornahme eines Realakts. Wird eine Person dursucht ergeht ein VA "Dulde die Durchsuchung", fasst der Polizist dann die Person an und fängt an zu suchen ist das ein Realakt. Leistet die Person Widerstand kann die Duldungsverfügung (VA) vollstreckt werden. Anderer Ansicht nach erhält die EGL für die Durchsuchung gleichzeitig auch die Ermächtigung Zwang anzuwenden, ein Rückgriff auf das Vollstreckungsrecht braucht es nicht. Andere nehmen die Durchsuchung als Realakt und fingieren dann dazu noch eine Art Verfügung nach der polizeilichen Generalklausel, die dann vollstreckt wird.

Im verlinkten topic findest du weitere Nachweise. Ich hatte da neulich nämlich auch Probleme :)
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Seb
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Re: Polizeirecht VA/Realakt (bayern)

Beitrag von Seb »

Okay. Vielen Dank schonmal. Das hat meinem Verständnis weiter geholfen.

Ich habe mir jetzt 4 Fälle nochmal zusammen gereimt.

1. Direkte Durchsuchung einer Person, in welche sie auch einwilligt -> Es liegt nur ein Realakt vor ?!
2. Aufforderung zur Herausgabe einer Sache, welche die Person nicht gewährleistet, wodurch die Person mit ihrer Einwilligung durchsucht wird. -> 1. Aufforderung stellt einen VA dar 2. Durchsuchung selbst ist wiederum nur ein Realakt
3. Aufforderung zur Herausgabe einer Sache, welche die Person nicht gewährleistet wodurch die Person gegen ihren Willen durchsucht wird -> 1. Aufforderung stellt einen VA dar. 2. Durchsuchung selbst ist wiederum nur ein Realakt 3. Dieser wird gestützt auf den VA mit Hilfe eines mehraktigenvollstreckungsverfahren auch durchgesetzt. Nach Art. 53 I PAG ?!
4. Direkte Durchsuchung der Person, welche sich aber hierzu verweigert -> Hier nur ein Realakt; dieser kann aber auch nicht durch ein mehraktigesvollstreckungsverfahren durchgesetzt werden, da ja ein Grund-VA fehlt. Wäre dann hier das Einaktigevollstreckungsverfahren anwendbar nach Art. 53 II PAG ?!


So all das ist ja wiederum entscheidend und wichtig für die statthafte Klageart. Diese richtet sich ja nach dem Begehren des Klägers. Dies dürfte ja zumeist die polizeiliche Maßnahme sein, also in allen Beispielen von oben die Durchsuchung selbst.

In Fall.1 liegt ja nur ein Realakt vor. Somit wäre eine Feststellungsklage statthaft
In Fall.2 liegt zwar ein VA vor, aber auch hier müsste man ja wiederum auf die Maßnahme selbst, also die Durchsuchung abstellen, somit Feststellungsklage
In Fall.3 und Fall.4 gilt selbiges.

Somit kommt man ja nur zu eine FFK analog wenn man in dem Realakt selbst einen VA sehen würde oder ? Wäre im Fall 2 eine FFK analog anwendbar ? Hier liegt ja erst der VA vor und dann die Durchsuchung. Wobei man sagen muss, der Kläger begehrt ja die Feststellung ausschließlich gegen die rechtswidrige Polizeiliche Maßnahme und diese ist ja in allen Fällen einfach "nur" der Realakt .. und somit wäre dann ja auch immer eine Feststellungsklage die statthafte Klageart.
Stimmt das soweit ?

Kann man schon leicht verrückt werden :twevil :)
Tobias__21
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Re: Polizeirecht VA/Realakt (bayern)

Beitrag von Tobias__21 »

Ich mach das so: Durchsuchungshandlung selbst ist immer ein Realakt, gleichzeitig liegt aber auch immer eine Duldungsverfügung vor. Auch in deinem Bsp. 1)
Will der Betroffene die Durchsuchungsverfügung und die Durchführung angreifen ist Gegenstand der Klage nur ein VA. Wendet er sich nur gegen das "wie" der Durchsuchung: FK

Bsp: Person wird vor einem Fussballspiel in einem kalten nicht blickdichten Zelt auf Feuerwerkskörper durchsucht und muss sich entkleiden. Dabei friert sie und wird von anderen nackt gesehen.

Wenn diese Person nun generell mit der Durchsuchung einverstanden ist, also der Verfügung, sich aber über die Umstände beschwert, nur FK. Wenn die Person aber sagt, dass sie es schon unverschämt fand, sich überhaupt durchsuchen zu lassen müssen, dann reicht der Angriff der Duldungsverfügung mit der AK bzw. in den allermeisten Fällen der FFK. Die Umstände der Durchsuchung, das "wie", kann man dann in der Verhältnismäßigkeit prüfen.

Wie gesagt, man kann das auch anders machen, den Weg find ich aber persönlich am Besten
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