Stauffenberg - Guter oder Böse?

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[enigma]
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Re: Fischer ./. Tolksdorf

Beitrag von [enigma] »

Ja, ich meinte tatsächlich Dietrich Bonhoeffer und hatte seinen Bruder nicht auf dem Schirm. Es gab noch hunderte oder sogar tausende anderer Widerstandskämpfer, die den Heldenstatus verdient hätten, in der Geschichte aber untergehen. Alleine die meisten Namen sämtlicher Verschwörer zum 20. Juli sind in der Öffentlichkeit völlig unbekannt. Ein ähnliches Ungleichgewicht hat man auch bei den Scholl-Geschwistern, da fokussiert sich die Wahrnehmung ja auch immer auf Sophie Scholl, schon die Gleichsetzung der Geschwister Scholl mit der Weißen Rose ist ja merkwürdig.

Und wie gesagt ging es mir nicht darum, Stauffenberg mit Fischer als Feigling zu bezeichnen oder ihn in die Nähe von Hitler und anderen Verbrechern zu rücken. Aber das Bild des Helden, der für das "gute Deutschland" gestorben ist, trifft eben auch nicht zu. Diesen "backlash" in der Wahrnehmung Stauffenbergs kann man auch nichtmal ihm vorwerfen, das ist eben eine Reaktion auf die Verklärung seiner Person in der Nachkriegsgeschichte. Ganz ähnlich übrigens wie bei Speer, der in den ersten Nachkriegsjahrzehnten ja auch als grundanständiger Mensch dargestellt wurde, der nur das Pech hatte, zur falschen Zeit zu leben.
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Ryze
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Re: Fischer ./. Tolksdorf

Beitrag von Ryze »

Soviel Gekreisch' wiederrum für den Unverstand eines Kritikers der FAZ, der diese möchtegern-Provokation/Relation Fischers' (unverständlicherweise) nicht als solche erkannt hat und auch die Folgekolumne nicht gelesen hat - vielleicht war sie aber auch nicht im "Sammelband" (oder wie auch immer man den Quatsch bezeichnen soll) enthalten.

Das Zitat zum Abschluss ist jedenfalls repräsentativ für die geradezu erbärmlich schlechte Kritik für eine der nutzlosesten Bindungen der letzten Zeit; als wären nicht genug streitbare Vorlagen darin zu finden gewesen. Man mag ihm zugute halten, dass es sich nicht um einen hauptberuflichen Klickgenerator für FAZ Online, sondern offenbar um den emeritierten Prof. Jakobs handelt.
OJ1988
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Re: Fischer ./. Tolksdorf

Beitrag von OJ1988 »

[enigma] hat geschrieben:Und wie gesagt ging es mir nicht darum, Stauffenberg mit Fischer als Feigling zu bezeichnen oder ihn in die Nähe von Hitler und anderen Verbrechern zu rücken. Aber das Bild des Helden, der für das "gute Deutschland" gestorben ist, trifft eben auch nicht zu. Diesen "backlash" in der Wahrnehmung Stauffenbergs kann man auch nichtmal ihm vorwerfen, das ist eben eine Reaktion auf die Verklärung seiner Person in der Nachkriegsgeschichte. Ganz ähnlich übrigens wie bei Speer, der in den ersten Nachkriegsjahrzehnten ja auch als grundanständiger Mensch dargestellt wurde, der nur das Pech hatte, zur falschen Zeit zu leben.
Von einem "backlash" kann hier überhaupt nicht die Rede sein. In Umfragen galten die Verschwörer vom 20. Juli bis Anfang der 80er (!) einer Mehrheit der Deutschen als "Verräter". Die Wahrnehmung Stauffenbergs als Gewissenstäter, der in den Vorstellungen seiner Zeit verstrickt blieb (skandalöserweise also nicht in der Lage war, den Grünenparteitags-Mainstream zu antezipieren) ist im Vergleich dazu das modernere Bild. Die von dir perhorreszierte Vorstellung Stauffenbergs ist das andere Extrem.
hlubenow
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Re: Fischer ./. Tolksdorf

Beitrag von hlubenow »

Tobias__21 hat geschrieben:Ein Nazi war er wohl schon
Warum sollte ein Nazi ein Attentat auf Hitler (der ja den Nationalsozialismus verkörperte) verüben? Macht keinen Sinn.

https://de.wikipedia.org/wiki/Attentat_ ... geschichte
So war Stauffenbergs Idee zunächst: „Zuerst müssen wir den Krieg gewinnen. Aber dann, wenn wir nach Hause kommen, werden wir mit der braunen Pest aufräumen.“ Erst die Kenntnis der Massentötungen von Zivilisten hinter der Ostfront, der Ermordung von dreieinhalb Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen und vor allem der Erschießung Hunderttausender Juden ließ ihn einen Umsturz noch während des Krieges versuchen.
Zuletzt geändert von hlubenow am Montag 4. April 2016, 23:34, insgesamt 1-mal geändert.
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Tibor
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Re: Fischer ./. Tolksdorf

Beitrag von Tibor »

Bei dir ist ja die Welt ohnehin nur in Gut und Böse bzw Schwarz und Weiß unterteilt.
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hlubenow
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Re: Fischer ./. Tolksdorf

Beitrag von hlubenow »

Tibor hat geschrieben:Bei dir ist ja die Welt ohnehin nur in Gut und Böse bzw Schwarz und Weiß unterteilt.
Ad rem, bitte.
Vorkriegsjugend hat geschrieben:Und natürlich ist ein Offizier der Wehrmacht ein Nazi, wie kann man das anders beurteilen?
Das ist zu sehr Schwarz/Weiß. In die Wehrmacht wurde man schließlich unfreiwillig eingezogen.
Viele meldeten sich auch "freiwillig" zur Wehrmacht, um einer bevorstehenden Einberufung in die SS zuvorzukommen.
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Vorkriegsjugend
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Re: Fischer ./. Tolksdorf

Beitrag von Vorkriegsjugend »

Er aber nicht. Ließ doch bitte wenigstens ein paar Fakten bevor du hier rumpupst. OJ1488 ist wenigstens informiert, wenn auch durch eine Angst geprägt, dass irgendwann der weiße Mann nicht mehr das alleinige sagen haben könnte.

Staufenberg hatte bereits die SA militärisch ausgebildet und freiwillig am Angriff auf Polen teilgenommen.

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Tobias__21
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Re: Fischer ./. Tolksdorf

Beitrag von Tobias__21 »

hlubenow hat geschrieben:
Tobias__21 hat geschrieben:Ein Nazi war er wohl schon
Warum sollte ein Nazi ein Attentat auf Hitler (der ja den Nationalsozialismus verkörperte) verüben? Macht keinen Sinn.
Der Nationalsozialismus ist ja nicht mehr als ein bestimmter Gedanke. Und dass er diesem Gedanken wohl zugetan war, steht doch außer Zweifel - Belege wurden ja schon genug genannt. Und natürlich kann man ein Nazi sein und Hitler ablehnen, warum auch nicht? Genauso kann man ein Katholik sein und ein Attentat auf den Papst verüben, oder was weiss ich. Das eine schließt das andere doch nicht zwingend aus.
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famulus
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Re: Fischer ./. Tolksdorf

Beitrag von famulus »

Du sollst ihn doch nicht verwirren!
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OJ1988
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Re: Fischer ./. Tolksdorf

Beitrag von OJ1988 »

Vorkriegsjugend hat geschrieben: Staufenberg hatte bereits die SA militärisch ausgebildet und freiwillig am Angriff auf Polen...
Also wie Schmidt und Weizsäcker? Offiziere haben halt so eine Neigung, an einem Krieg auch teilzunehmen.
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Tibor
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Re: Fischer ./. Tolksdorf

Beitrag von Tibor »

OJ1988 am 08.05.1945: Keiner war Schuld, nur der Addi. Der hat sich umgebracht und alles ist wieder gut.
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Re: Fischer ./. Tolksdorf

Beitrag von OJ1988 »

::roll: Du hast hier auch schon mal Klügeres geschrieben.

Die Verschwörer des 20. Juli waren als Berufsoffiziere in das Herrschaftssystem eingebunden und deshalb natürlich auch an den Handlungen des NS-Staates wie etwa dem Polenfeldzug beteiligt. Gerade deshalb fühlten sie sich ja verantwortlich und litten unter - Zitat Moltke - "der Schuld an der Schuld der Verbrecher".

Wie war das nochmal mit schwarz/weiß?
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Re: Fischer ./. Tolksdorf

Beitrag von Survivor »

OJ1988 hat geschrieben:
Vorkriegsjugend hat geschrieben: Staufenberg hatte bereits die SA militärisch ausgebildet und freiwillig am Angriff auf Polen...
Also wie Schmidt und Weizsäcker? Offiziere haben halt so eine Neigung, an einem Krieg auch teilzunehmen.
Eben. Als ob sich beim Beginn eines Krieges für einen Berufsoffizier die Frage nach einer Nicht-Teilnahme ernsthaft stellen würde. Zumal Desertieren unter Todesstrafe stand. Aber rückblickend wären wir an deren Stelle natürlich sofort und unter lautem Protest desertiert, klar. ::roll:
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Re: Stauffenberg - Guter oder Böse?

Beitrag von Parabellum »

Ach Gott. Jetzt noch der Mythos von der "sauberen Wehrmacht"? ::roll:
"Ich sage nicht, dass man sich hier zu siezen hätte oder ähnlichen Quatsch. Bei einem Forum von Juristen für Juristen ist meine Erwartungshaltung aber trotzdem nochmal eine andere als bei der Kneipe um die Ecke." OJ1988
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Tibor
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Re: Stauffenberg - Guter oder Böse?

Beitrag von Tibor »

Wann waren die Reemtsma-Ausstellungen? 1995?
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