Richterin werden oder doch lieber in die Großkanzlei

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Gelöschter Nutzer

Re: Richterin werden oder doch lieber in die Großkanzlei

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Huberta Munich hat geschrieben:Meine Ausbilder bei Gericht waren nicht gerade inspirierende Persönlichkeiten (eher steife Formaljuristen) und irgendwie hat mich auch der "Staatsmuff" etwas abgeschreckt. Geblieben ist der Eindruck, dass es sich zwar um eine inhaltlich anspruchsvolle Tätigkeit handelt, der Arbeitsalltag aber eher eintönig sein kann.
Ich stehe gerade vor dem Wechsel von der GK in die Justiz und hoffe, eine falsche Vorstellung von der GK relativieren zu können. Als Disclaimer: Ich habe meinen Job über mehrere Jahre sehr gern gemacht und kann ihn auch jedem zum Ausprobieren empfehlen. Wovon man sich lösen sollte ist die Vorstellung, dass in Großkanzleien Atomphysik am Hochreck in kreativen Kleingruppen betrieben wird. Tatsächlich habe ich in meinem ganzen Leben nicht so viele ängstliche und vom Formalismus getriebene (und getrieben meine ich im negativen Sinne) Menschen getroffen, wie in einer Großkanzlei. Ich denke, dass ich einen "Disclaimer" zum Einstieg gewählt habe, den ich durchaus ernst gemeint habe, spricht schon Bände...

Letztlich verdienen wir unser Geld in der GK damit, formal bessere Arbeit zu machen, als unsere Konkurrenten, von denen es in meiner Stadt genügend gibt. Nur mit juristischer Brillanz wird man vom Markt aufgefressen. Was zählt ist stoische Genauigkeit und Aufopferung für den Mandanten und das Mandat. Für Persönlichkeitsentwicklung wird sehr sehr wenig Raum gelassen, da man seine Persönlichkeit dem jeweiligen Anliegen anpassen muss. Ich denke - und das ist meine Hoffnung - dass man als Richter viel eher mal "Fünf gerade sein lassen kann" und es teilweise auch notwendig ist, um am Ball zu bleiben. In der Großkanzlei würde der Schuss knallhart nach hinten losgehen...

Letztlich kommt es auf die Sicht des Einzelnen an, was man unter einem spannenden Arbeitsalltag versteht. Aktuell reizt mich die Vorstellung, Einzelkämpfer in verschiedensten Bereichen des Zivilrechts zu sein deutlich mehr, als das kleinste Rad in einer hochspezialisierten Einheit zu sein, wo der Arbeitsalltag nicht davon getrieben wird, gute juristische Arbeit zu leisten, sondern hohe Stundensätze zu rechtfertigen.
paul321
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Re: Richterin werden oder doch lieber in die Großkanzlei

Beitrag von paul321 »

Edit: Dass die Pensionen nicht eingerechnet sind hast Du ja selbst schon geschrieben...
veeer
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Re: Richterin werden oder doch lieber in die Großkanzlei

Beitrag von veeer »

Ich stand vor einem halben Jahr unter ähnlichen familiären Rahmenbedingen vor der gleichen Frage und kann nur sagen: geh zur Justiz!

Was spricht für die Justiz?

1. Arbeitszeit: 60 Stunden plus sind in der Justiz wohl keine Regel, auch wenn immer wieder Wechsler jammern, sie würden für die Hälfte des Geldes arbeiten. Ob man durchgehend eine 40h Stunde-Woche hat, mag zu bezweifeln sein, aber 45-50h sind realistisch. Im Übrigen ist der eigene Arbeitsbeginn selbst in der Staatsanwaltschaft relativ flexibel. Die geht die Spanne von 6-9:30 als Arbeitsbeginn. Als den größten Vorteil empfinde ich die zeitliche Souveränität in der Justiz, die selbst schon in der StA vorhanden ist. Letztlich hängt es auch an einem selbst, wie gut man das Referat im Griff hat. Sobald man den Überblick hat, kann man auch einmal um 16 Uhr nach Hause gehen, weil man etwas vorhat. Einen ganz strikten Anwesenheitszwang oder gar eine "Facetime" gibt es selbst in der StA nicht.

2. Die Arbeit als solche zeichnet sich meiner Erkenntnis vielmehr durch Eigenständigkeit und Verantwortung aus. Während du bei der GK einem Partner zuarbeitest und selten Mandantenkontakt haben wirst, bist du bei der Justiz mitten im Geschehen. Sitzungsdienst, polizeiliche Ermittlungsarbeit oder Gespräche mit Rechtsanwälten. Ich für meinen Teil empfinde es als das größte Plus Entscheidungen zu treffen statt Unterpunkt "Doppel-Alpha" an einem Gutachten zu schreiben. Selbst in der Abzeichnungsphase oder bei sonstigen Gegenzeichnungspflichten hatte ich nicht das Gefühl von starren Strukturen oder Abhängigkeiten.

3. Familie und Karriere lassen sich wohl in der Justiz besser vereinen als in der GK. Auch wenn mir eine GK ihre Arbeitszeiten mit 9-20:30Uhr als familienfreundlich anpries, ist die Justiz die bessere Wahl. Kinder sind dort kein Karrierekiller, es gibt mittlerweile im mehr Teilzeit-Abteilungs/Gruppenleiter. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist nicht nur ein Werbeslogan sondern wir aktiv gelebt.
Kasimir
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Re: Richterin werden oder doch lieber in die Großkanzlei

Beitrag von Kasimir »

veeer hat geschrieben:Ich stand vor einem halben Jahr unter ähnlichen familiären Rahmenbedingen vor der gleichen Frage und kann nur sagen: geh zur Justiz!

Was spricht für die Justiz?

1. Arbeitszeit: 60 Stunden plus sind in der Justiz wohl keine Regel, auch wenn immer wieder Wechsler jammern, sie würden für die Hälfte des Geldes arbeiten. Ob man durchgehend eine 40h Stunde-Woche hat, mag zu bezweifeln sein, aber 45-50h sind realistisch. Im Übrigen ist der eigene Arbeitsbeginn selbst in der Staatsanwaltschaft relativ flexibel. Die geht die Spanne von 6-9:30 als Arbeitsbeginn. Als den größten Vorteil empfinde ich die zeitliche Souveränität in der Justiz, die selbst schon in der StA vorhanden ist. Letztlich hängt es auch an einem selbst, wie gut man das Referat im Griff hat. Sobald man den Überblick hat, kann man auch einmal um 16 Uhr nach Hause gehen, weil man etwas vorhat. Einen ganz strikten Anwesenheitszwang oder gar eine "Facetime" gibt es selbst in der StA nicht.

2. Die Arbeit als solche zeichnet sich meiner Erkenntnis vielmehr durch Eigenständigkeit und Verantwortung aus. Während du bei der GK einem Partner zuarbeitest und selten Mandantenkontakt haben wirst, bist du bei der Justiz mitten im Geschehen. Sitzungsdienst, polizeiliche Ermittlungsarbeit oder Gespräche mit Rechtsanwälten. Ich für meinen Teil empfinde es als das größte Plus Entscheidungen zu treffen statt Unterpunkt "Doppel-Alpha" an einem Gutachten zu schreiben. Selbst in der Abzeichnungsphase oder bei sonstigen Gegenzeichnungspflichten hatte ich nicht das Gefühl von starren Strukturen oder Abhängigkeiten.

3. Familie und Karriere lassen sich wohl in der Justiz besser vereinen als in der GK. Auch wenn mir eine GK ihre Arbeitszeiten mit 9-20:30Uhr als familienfreundlich anpries, ist die Justiz die bessere Wahl. Kinder sind dort kein Karrierekiller, es gibt mittlerweile im mehr Teilzeit-Abteilungs/Gruppenleiter. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist nicht nur ein Werbeslogan sondern wir aktiv gelebt.
Deine Antwort scheint mir doch sehr von der berühmten Nahbereichsempirie geprägt sein. Was du zu GKen schreibst, trifft in dieser Pauschalität sicher nicht zu. Ich habe z.B. schon während meines ersten Jahres als Anwalts alleine Gerichtstermine wahrgenommen oder Mandanten getroffen. Und auch was die Arbeitsbelastung in der Justiz angeht, solltest du nicht von deinem Einzelfall auf die Allgemeinheit schließen. Mir sind mehrere Fälle bekannt, in denen junge Richter und Staatsanwälte weit mehr als 60 Stunden pro Woche arbeiten.
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thh
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Re: Richterin werden oder doch lieber in die Großkanzlei

Beitrag von thh »

Kasimir hat geschrieben:Deine Antwort scheint mir doch sehr von der berühmten Nahbereichsempirie geprägt sein. Was du zu GKen schreibst, trifft in dieser Pauschalität sicher nicht zu.
Das ist ja meistens so - letztlich sind persönliche Eindrücke bestenfalls einmal verallgemeinerungsfähig, aber eben doch presönliche Eindrücke.
Kasimir hat geschrieben:Ich habe z.B. schon während meines ersten Jahres als Anwalts alleine Gerichtstermine wahrgenommen oder Mandanten getroffen.
Das ist dennoch ein Unterschied zur Justiz, bei der der Richter nun schon vom ersten Tag an seine Gerichtstermine alleine wahrnimmt, nicht nur ab und an, wie auch der Staatsanwalt, der selbstverständlich alleine vor Gericht auftritt und auch sonst im wesentlichen schaltet und waltet, wie er meint - auch in der Gegenzeichnungszeit, die oft sehr schnell beendet ist, wird zumeist doch eher selten nicht gegengezeichnet.
Kasimir hat geschrieben:Und auch was die Arbeitsbelastung in der Justiz angeht, solltest du nicht von deinem Einzelfall auf die Allgemeinheit schließen. Mir sind mehrere Fälle bekannt, in denen junge Richter und Staatsanwälte weit mehr als 60 Stunden pro Woche arbeiten.
Das erscheint mir dann doch eher ungewöhnlich.
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Vorkriegsjugend
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Re: Richterin werden oder doch lieber in die Großkanzlei

Beitrag von Vorkriegsjugend »

Und liegt manchmal auch in der Arbeitsweise des Richters begründet.

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Tibor
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Re: Richterin werden oder doch lieber in die Großkanzlei

Beitrag von Tibor »

Selbst ein abgesoffenes Dezernat sollte nach 6-12 Monaten einer 45h-Woche zuzuführen sein.
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veeer
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Re: Richterin werden oder doch lieber in die Großkanzlei

Beitrag von veeer »

Mein Nahbereich umfasst mehrere Behörden und Gerichte in Bayern. Wenn die Leute mehr arbeiten, liegt es zum Großteil nicht an der irren Fallzahl, sondern an Mangelender Entscheidungsfreude oder daran dass man lernen muss, wann Begründungstiefe erforderlich ist und wann nicht.

Auch ist es nicht bloße Nahbereichsempirie, dass man als Anwalt in der GK sicher keine Entscheidung ohne den Partner trifft. Und im Gericht wirst du sicher, nicht nur dem Gesetz und deinem Gewissen unterworfen sein. Man vertritt die Sichtweise des Mandanten, die im Zweifel der Parrtner vorgibt. Ob ich auf Verurteilung plädiere oder auf Freispruch habe ich zu entscheiden, nicht mein LOStA.

Man wird es dahingehend verallgemeinern können, dass der Anwalt in der GK eher 60+ und der Richter/Staatsanwalt mit intakten Referat 40+ arbeitet.
Gizmo
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Re: Richterin werden oder doch lieber in die Großkanzlei

Beitrag von Gizmo »

Kasimir hat geschrieben:Und auch was die Arbeitsbelastung in der Justiz angeht, solltest du nicht von deinem Einzelfall auf die Allgemeinheit schließen. Mir sind mehrere Fälle bekannt, in denen junge Richter und Staatsanwälte weit mehr als 60 Stunden pro Woche arbeiten.
Die berühmte 60+ Stunden-Woche wird doch allenfalls ganz zu Beginn anfallen. Da bei einer 5-Tage-Woche täglich 12 Stunden gearbeitet werden müsste, müsste es ja bedeuten, dass es um 19:00 Uhr im Gericht von jungen Kollegen noch so wimmeln müsste. Wenn ich mal so spät im Gericht bin, sehe ich dort aber nie jemanden.
Zudem darf man nicht vergessen, dass bei der Justiz selbst bei einer hohen Arbeitsbelastung eine Freundlichkeit dadurch gegeben ist, dass ich die Arbeit frei einteilen kann. Wie schon die Vorredner gesagt haben, kann ich eben sehr früh anfangen, im Zweifel dann auch früh aufhören und ggfs. am Abend nochmal etwas tun. Diese Flexibilität lässt sich eigentlich nicht in Geld aufwiegen.
veeer
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Re: Richterin werden oder doch lieber in die Großkanzlei

Beitrag von veeer »

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peppowitsch
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Re: Richterin werden oder doch lieber in die Großkanzlei

Beitrag von peppowitsch »

Gizmo hat geschrieben:
Kasimir hat geschrieben:Und auch was die Arbeitsbelastung in der Justiz angeht, solltest du nicht von deinem Einzelfall auf die Allgemeinheit schließen. Mir sind mehrere Fälle bekannt, in denen junge Richter und Staatsanwälte weit mehr als 60 Stunden pro Woche arbeiten.
Die berühmte 60+ Stunden-Woche wird doch allenfalls ganz zu Beginn anfallen. Da bei einer 5-Tage-Woche täglich 12 Stunden gearbeitet werden müsste, müsste es ja bedeuten, dass es um 19:00 Uhr im Gericht von jungen Kollegen noch so wimmeln müsste. Wenn ich mal so spät im Gericht bin, sehe ich dort aber nie jemanden.
Unabhängig von der Frage, ob die Zahlen nun realistisch sind oder nicht, mag das auch zum Teil mit deiner irrigen Annahme zusammen hängen, dass Arbeitsbelastung und Anwesenheit im Gerichtsgebäude für einen Richter das Gleiche sind.
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Einwendungsduschgriff
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Re: Richterin werden oder doch lieber in die Großkanzlei

Beitrag von Einwendungsduschgriff »

Kasimir hat geschrieben: Mir sind mehrere Fälle bekannt, in denen junge Richter und Staatsanwälte weit mehr als 60 Stunden pro Woche arbeiten.
Gibt es. Wenn es sich nicht um die berühmte Eingewöhnungsphase handelt oder man in der Leidensmühle Nordrhein-Westfalens gelandet ist: Die arbeiten dann aber in der Großkanzlei achtzig Stunden und kündigen dann, weil ihnen sechzig Stunden lieber sind. Es gibt einfach extrem entscheidungsschwache, ineffektive, unorganisierte, übergenaue und delegationsmüde Juristinnen und Juristen. Trotz hervorragender fachlicher Qualifikation. Das ist furchtbar bedauerlich und niemand weiß so richtig, wie man dem Herr oder Frau werden kann, aber dafür gibt es Arbeitszeitkonten und die Verwaltung. Deutliche Überspitzungen inbegriffen.
Hier gibt's nichts zu lachen, erst recht nichts zu feiern.
Kasimir
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Re: Richterin werden oder doch lieber in die Großkanzlei

Beitrag von Kasimir »

Mir geht es nicht darum, die eine oder andere Art der juristischen Tätigkeit zu glorifizieren. Man sollte es nur differenzierter sehen. Sowohl die Justiz als auch die Tätigkeit in eine GK haben Vor- und Nachteile. Die Vorstellung vom GK-Anwalt, der nächtelang DDs macht und dem Partner hörig ist, trifft allerdings in vielen Fällen einfach nicht zu. Als Anwalt treffe ich täglich eigene Entscheidungen und berate den Mandanten. Ich mag es, mich vertieft mit juristischen Problemen auseinandersetzen zu können, weil der Mandant bereit ist, mich dafür zu bezahlen, auch wenn es lange dauert. Ich stehe nicht unter dem Druck von Erledigungszahlen. Ich habe schon einige Urteile - vor allem von Landgerichten - gesehen, welche juristisch unterirdisch waren (unabhängig davon ob mein Mandant gewonnen hat oder nicht) und habe den Eindruck, dass Richter oft nicht die Zeit und sonstigen Ressourcen haben, um sich vertieft mit Rechtsfragen auseinanderzusetzen. Ich habe als Berufsanfänger mit vielen Partnern zusammengearbeitet, die hervorragende Juristen waren und von denen ich in Diskussionen viel gelernt habe. Ich war keineswegs nur Zuarbeiter.

Klar, auch der Anwaltsberuf hat Nachteile, insbesondere die ständige Erreichbarkeit und die Abhängigkeit der Arbeitszeiten von den Mandaten. Man sollte aber eben nicht den Fehler machen, zu denken, dass das Gras auf der eigenen Seite immer am grünsten ist, wie dies hier einige Richter und Staatsanwälte tun.
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Atropos
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Re: Richterin werden oder doch lieber in die Großkanzlei

Beitrag von Atropos »

Also dieser Punkt "selber Entscheidungen treffen" wird hier meines Erachtens doch ziemlich überbewertet. Wenn das der alles entscheidende Faktor wäre, wundert es mich, warum sich Richter finden lassen, die sich als wissenschaftlicher Mitarbeiter an BGH etc. abordnen lassen, oder später bereit sind, sich erstmal am OLG-Senat dem Vorsitzenden unterzuordnen.

Und die von Kasimir angesprochene Zusammenarbeit mit Partnern etc. wäre für mich gerade der große Vorteil gegenüber dem Staatsdienst: Die Ausbildung ist eben nicht nach dem 2. Staatsexamen zu Ende. Während es in Großkanzleien gefühlt sogar für das Bedienen des Kopierers ein 50-Seiten Best Practice Handbuch im Knowledge Management-System gibt, habe ich bei staatlichen Stellen oft den Eindruck, dass man sich von Anfang an irgendwie selbst durchwurschteln muss und sowas wie institutionalisierte Fortbildung etc. gibt es überhaupt nicht.
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Einwendungsduschgriff
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Re: Richterin werden oder doch lieber in die Großkanzlei

Beitrag von Einwendungsduschgriff »

Kasimir hat geschrieben:Ich habe schon einige Urteile - vor allem von Landgerichten - gesehen, welche juristisch unterirdisch waren (unabhängig davon ob mein Mandant gewonnen hat oder nicht) und habe den Eindruck, dass Richter oft nicht die Zeit und sonstigen Ressourcen haben, um sich vertieft mit Rechtsfragen auseinanderzusetzen.
Ich habe schon einige Schriftsätze - insbesondere von renommierten Partner von Großkanzleien - gesehen, welche juristisch unterirdisch waren und habe den Eindruck, dass Anwälte großer Sozietäten trotz ihrer Fähigkeiten entweder nicht die Zeit oder die sonstigen Ressourcen haben, um sich vertieft mit Rechtsfragen auseinanderzusetzen. Merkst Du etwas?
Hier gibt's nichts zu lachen, erst recht nichts zu feiern.
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