Ich stehe gerade vor dem Wechsel von der GK in die Justiz und hoffe, eine falsche Vorstellung von der GK relativieren zu können. Als Disclaimer: Ich habe meinen Job über mehrere Jahre sehr gern gemacht und kann ihn auch jedem zum Ausprobieren empfehlen. Wovon man sich lösen sollte ist die Vorstellung, dass in Großkanzleien Atomphysik am Hochreck in kreativen Kleingruppen betrieben wird. Tatsächlich habe ich in meinem ganzen Leben nicht so viele ängstliche und vom Formalismus getriebene (und getrieben meine ich im negativen Sinne) Menschen getroffen, wie in einer Großkanzlei. Ich denke, dass ich einen "Disclaimer" zum Einstieg gewählt habe, den ich durchaus ernst gemeint habe, spricht schon Bände...Huberta Munich hat geschrieben:Meine Ausbilder bei Gericht waren nicht gerade inspirierende Persönlichkeiten (eher steife Formaljuristen) und irgendwie hat mich auch der "Staatsmuff" etwas abgeschreckt. Geblieben ist der Eindruck, dass es sich zwar um eine inhaltlich anspruchsvolle Tätigkeit handelt, der Arbeitsalltag aber eher eintönig sein kann.
Letztlich verdienen wir unser Geld in der GK damit, formal bessere Arbeit zu machen, als unsere Konkurrenten, von denen es in meiner Stadt genügend gibt. Nur mit juristischer Brillanz wird man vom Markt aufgefressen. Was zählt ist stoische Genauigkeit und Aufopferung für den Mandanten und das Mandat. Für Persönlichkeitsentwicklung wird sehr sehr wenig Raum gelassen, da man seine Persönlichkeit dem jeweiligen Anliegen anpassen muss. Ich denke - und das ist meine Hoffnung - dass man als Richter viel eher mal "Fünf gerade sein lassen kann" und es teilweise auch notwendig ist, um am Ball zu bleiben. In der Großkanzlei würde der Schuss knallhart nach hinten losgehen...
Letztlich kommt es auf die Sicht des Einzelnen an, was man unter einem spannenden Arbeitsalltag versteht. Aktuell reizt mich die Vorstellung, Einzelkämpfer in verschiedensten Bereichen des Zivilrechts zu sein deutlich mehr, als das kleinste Rad in einer hochspezialisierten Einheit zu sein, wo der Arbeitsalltag nicht davon getrieben wird, gute juristische Arbeit zu leisten, sondern hohe Stundensätze zu rechtfertigen.