Swann hat geschrieben:
Du hast behauptet, es gehe im Strafprozess nicht darum, die Verfahrensregeln einzuhalten, weil das Ziel nur ein Urteil sei, das der materiellen Wahrheit entspreche. Dem steht jedoch entgegen, dass Ziel des Strafprozesses nicht die Wahrheitsfindung um jeden Preis ist.
Du schließt von "Wahrheitsfindung nicht um jeden Preis" auf "Es geht darum die Verfahrensregeln einzuhalten". Da fehlt doch beträchtlicher Argumentationsaufwand?
Natürlich geht es nicht um "Wahrheitsfindung um jeden Preis". Es geht aber auch nicht um "StPO-Einhalten um jeden Preis". Das ist kein "Entweder-Oder". Beide Aussagen können unproblematisch nebeneinander stehen.
Meine Aussage von oben noch einmal: "Ziel des Strafprozesses ist es doch nicht die eigenen Regeln (StPO) möglichst genau einzuhalten. Das Ziel ist es materielles Recht (optional: "Gerechtigkeit") herbeizuführen."
Und oberstes Ziel ist nun einmal materielles Recht herbeizuführen. Es geht darum festzustellen, ob Person X die Straftat Y schuldhaft begangen hat. Als Mittel bedient man sich dem Strafprozess. Könnte man die Schuldfrage anders feststellen, zum Beispiel durch Gedankenlesen, könnte man sich die gesamte StPO sparen. Das war meine Aussage.
Ich habe nicht gesagt, dass ein Beweisverwertungsverbot stets zu einem "falschen Urteil" (dein Sprachgebrauch!) führe, sondern dass das regelmäßig der Fall sei. An dieser Aussage halte ich fest. Du kannst hingegen nicht erklären, warum es überhaupt Beweisverwertungsverbote gibt, die nicht darauf beruhen, dass die Qualität des Beweismittels beeinträchtigt ist, sondern nur darauf, dass Verfahrensrechte des Beschuldigten bei der Beweisgewinnung verletzt wurden.
Es ist auch nicht regelmäßig der Fall. In vielen Fällen werden schuldige Täter trotz Beweisverwertungsverbotes verurteilt. Es ist eher die Ausnahme, dass ein Beweisverwertungsverbot entscheidend für das Urteil ist. Dies trifft zum Beispiel auf alle Fälle zu, wo nur im Ermittlungsverfahren ein Verfahrensfehler begangen wurde (z.B. fehlende Belehrung), dessen Ergebnisse aber in der Hauptverhandlung gar nicht eingebracht wurden.
Erklären kann ich es, aber ich muss dem ja nicht folgen? Es gibt ja umfangreiche Ansätze zu erklären, warum es überhaupt Beweisverwertungsverbote gibt. Diese müssen mich aber ja nicht überzeugen oder? Ich halte z.B. weder etwas von "Der Staat darf kein Unrecht begehen" als Argument für Beweisverwertungsverbote, noch "Ermittlungsbehörden müssen Diszipliniert werden". Auch spezialpräventive Gesichtspunkte und generalpräventive Gesichtspunkte sind wenig überzeugend. Ich glaube nicht, dass ein schuldiger Täter ein Urteil weniger akzeptiert, nur weil der Staat einen Verstoß begangen hat. Genauso glaube ich nicht daran, dass es das Vertrauen der Gesellschaft in die Rechtsordnung erschüttert, wenn Beweise die entgegen Beweiserhebungsverbote erlangt wurden verwendet werden.
Aber wo soll es uns hinführen? Ja es ist dogmatisch sehr schwierig zu begründen, warum es überhaupt Beweisverwertungsverbote gibt.
Fakt bleibt aber ja, dass nicht jeder Verstoß gegen Beweiserhebungsverbote zur Aufhebung von Urteilen führt. Praktisch erfolgt die Aufhebung nur dann, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Urteil darauf beruht. Wenn sichergestellt ist, dass das Urteil materiell richtig ist, das heißt das Urteil wäre auch unter Beachtung des Beweisverwertungsverbots so ergangen, dann wird das Urteil aufrechterhalten.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11