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Gehaltsvorstellung Einzelanwalt

Verfasst: Donnerstag 19. Januar 2017, 22:15
von TheRealTobias
Hallo,

zwecks Anonymisierung mit einem neuen Account.

Ich bin momentan Referendar und habe von einem Anwalt ein Jobangebot für die Zeit nach dem Referendariat bekommen. Dies bereits unabhängig vom Abschneiden im Examen. Modalitäten und Zahlen wurden keine vereinbart und wir wollen uns beide mal darüber Gedanken machen. Deswegen auch diese Thread. Ich habe nämlich keine Ahnung was so die Grenzen nach unten und oben sind. Vielleicht könnt ihr mir dabei helfen, zumindest eine grobe Richtung zu finden.

Ausgangslage bei mir: Zweistelliges erstes Examen und 5 jährige Mitarbeit in der Kanzlei als studentische Hilfskraft und wissenschaftlicher Mitarbeiter.

Ausgangslage Kanzlei: Bundesweit agierender Wirtschaftsstrafrechtler in einer Großstadt. Alleiniger Berufsträger mit vier Renos und einigen WisMits. Umsatz mir nicht bekannt. Honorar meist Pauschalpreise. Häufig einmalige Summe und zusätzlich 1000 Euro pro Verhandlungstag (alle Vor- und Nacharbeit jeweils drin). Ausreichend Mandanten.

Im Raum steht sowohl eine selbstständige Tätigkeit, als auch Angestelltenverhältnis. Er favorisiert natürlich die Selbstständigkeit. Ich habe aber schon durchklingen lassen, dass mir ein Angestelltenverhältnis angenehmer wäre. Dem wäre er wohl auch grundsätzlich nicht abgeneigt.

Auch der Umfang der Tätigkeit ist noch offen. Grundsätzlich käme neben einer Vollzeitbeschäftigung, auch eine Teilzeitbeschäftigung neben einer Promotion in Frage. Ich glaube wir tendieren beide momentan dazu, dass eine Teilzeitbeschäftigung favorisiert wird.

Ich neige daher dazu, dass ich eine Teilzeitbeschäftigung als angestellter Anwalt für die beste Option halte. Mir ist klar, dass wir hier nicht über Gehälter auf Großkanzleiniveau sprechen. Auch bin ich mir bewusst, dass die Ausbildung bei einem renommierten Strafverteidiger kaum mit Geld aufzuwiegen ist. Trotzdem muss man am Ende ja auch von etwas Leben und möchte sich nicht völlig "unter Wert" verkaufen.

Von daher würde ich mich freuen, wenn es Hinweise geben könnte, was für ein Gehaltsbereich hier realistisch erwartet werden kann und mit dem ich in das wohl bald anstehende Gespräch gehen kann. Gerne auch noch Gedanken hinsichtlich Selbstständigkeit/Angestelltenverhältnis.

Dankeschön,
TheRealTobias

Re: Gehaltsvorstellung Einzelanwalt

Verfasst: Donnerstag 19. Januar 2017, 23:49
von Pillendreher
Also jetzt reicht's dann aber mit den Accounts, Tobias! [-X

Re: Gehaltsvorstellung Einzelanwalt

Verfasst: Freitag 20. Januar 2017, 10:57
von Herr Schraeg
Puuh, sehr schwer einzuschätzen, wenn man nicht in einer vergleichbaren Kanzlei arbeitet.

Ich bilde mir ein, irgendwo gelesen zu haben, dass das durchschnittliche Einstiegsgehalt des Berufsanfängers zwischen 30.000 und 40.000 liegt. Das schliesst aber auch den FWW-Anwalt auf dem Dorf ein. Bei Dir geht es aber um einen erfolgreichen Wirtschaftssstrafrechtler in einer Großstadt mit einem VB-Anforderungsprofil an die Mitarbeiter, so dass ich den Durchschnitt locker verdoppeln würde und Du jedenfalls nicht mehr weit unter GK-Niveau liegst.. Also im Ergebnis irgendwo zwischen 60.000 und 80.000 p.a. Aber vielleicht meldet sich noch jemand mit mehr Marktüberblick.

Re: Gehaltsvorstellung Einzelanwalt

Verfasst: Freitag 20. Januar 2017, 11:07
von Tibor
"Einzupreisen" wäre allerdings auch, ob nach der Teilzeitphase (wegen Diss) ein späterer Übergang in Vollzeit (Angestellter/Partner) beabsichtigt/wahrscheinlich ist. Denn wenn man perspektivisch nach 3 Jahren Teilzeit als Angestellter weg ist, dann sollte man bedenken, dass die Mandate höchstwahrscheinlich nicht "mitgehen". In diesem Fall sollte das Gehalt also mit abdecken, dass man dann nach 3 Jahren bei Null neu beginnt. Geht man hingegen fest von weiterer Zusammenarbeit aus und nimmt man das bspw. als Absicht in den Vertrag auf, dann könnte das Gehalt auch kleiner sein. Das würde bspw. den Anreiz haben, nicht ewig auf Teilzeit "abzuhängen", sondern die Diss rasch anzufertigen.

Von den Zahlen kann ich nichts beitragen. Aber ggf. kannst du von den dir bekannten Honorargrößen (du sagst 1.000 je VT inkl Vor- und Nachbereitung) was retrograd ausrechnen. Du weißt, wie viel Stunden Arbeit der VT wirklich ausmacht, ggf. kannst du abschätzen (kleines Büro), wie teuer das Büro und die übrigen Personalkosten sind? Dann könntest du ggf. absehen, wie viel Umsatz du in den geplanten Stunden je Woche einbringen müsstest, um deine Gehaltsvorstellung realistisch aussehen zu lassen.

Re: Gehaltsvorstellung Einzelanwalt

Verfasst: Freitag 20. Januar 2017, 11:10
von Kezzlerinho
In Berlin zahlen (Wirtschafts-)Strafrechtsboutiquen ihren Berufseinsteigern - in der Regel mit GK-Anforderungsprofil - meinen Informationen nach so zwischen 50.000 und 60.000 p.a.
Ausreißer nach oben und unten nicht ausgeschlossen.
In München kann man wohl nochmal 10.000 p.a. draufpacken. Kann mir vorstellen, dass das in FFM oder HH ähnlich ist, aber da hab ich keinen Einblick.

Re: Gehaltsvorstellung Einzelanwalt

Verfasst: Freitag 20. Januar 2017, 11:17
von Kasimir
Ich würde auch für eine Vollleitstelle 65.000 fordern. Ist aber ein reines Bauchgefühl anhand deiner Zahlen.

Er scheint dich ja zu wollen und die Position musst du natürlich wollen.

Und ich würde auch darüber sprechen, wie dein "Track" aussieht. D.h. ist eine spätere Partnerschaft beabsichtigt. Am besten sollte man natürlich dafür grob die Konditionen (Einlage, "Rente" für den Senior, Wettbewerbsverbot) festlegen.

Re: Gehaltsvorstellung Einzelanwalt

Verfasst: Freitag 20. Januar 2017, 17:52
von TheRealTobias
Vielen Dank für das hilfreiche Feedback.

Ich ziehe daraus erstmal das Zwischenfazit, dass ca. 25 Euro Stundenlohn als angestellter Anwalt wohl ein realistisch Ziel ist, mit dem ich in ein Gespräch gehen kann. Möglicherweise bekommt man ja auch noch einen Wagen auf Kanzleikosten oder ähnliches ausgehandelt, was für beide Seiten attraktiv ist.

Auch werde ich im Gespräch noch einmal klären, wie langfristig die Perspektive aussieht.

Re: Gehaltsvorstellung Einzelanwalt

Verfasst: Freitag 20. Januar 2017, 18:38
von julée
Ich würde die Zahlen, die Du bereits kennst, nicht völlig außer Acht lassen, nämlich der Stundenlohn für Hiwis und WiMis. Dazu sollte Dein Stundenlohn als Anwalt schon in einem angemessenen Verhältnis stehen. Umgekehrt dürften sich anhand dessen jedenfalls für eine angestellte Tätigkeit in Teilzeit Obergrenzen des Machbaren ergeben.

Re: Gehaltsvorstellung Einzelanwalt

Verfasst: Freitag 20. Januar 2017, 19:05
von Tobias__21
Auch von mir herzlichen Dank für Eure Ausführungen ;)

Re: Gehaltsvorstellung Einzelanwalt

Verfasst: Freitag 20. Januar 2017, 22:29
von TheRealTobias
julée hat geschrieben:Ich würde die Zahlen, die Du bereits kennst, nicht völlig außer Acht lassen, nämlich der Stundenlohn für Hiwis und WiMis. Dazu sollte Dein Stundenlohn als Anwalt schon in einem angemessenen Verhältnis stehen. Umgekehrt dürften sich anhand dessen jedenfalls für eine angestellte Tätigkeit in Teilzeit Obergrenzen des Machbaren ergeben.
Das wären 10 bis 15 Euro die gezahlt werden.

Re: Gehaltsvorstellung Einzelanwalt

Verfasst: Freitag 20. Januar 2017, 23:00
von julée
TheRealTobias hat geschrieben:
julée hat geschrieben:Ich würde die Zahlen, die Du bereits kennst, nicht völlig außer Acht lassen, nämlich der Stundenlohn für Hiwis und WiMis. Dazu sollte Dein Stundenlohn als Anwalt schon in einem angemessenen Verhältnis stehen. Umgekehrt dürften sich anhand dessen jedenfalls für eine angestellte Tätigkeit in Teilzeit Obergrenzen des Machbaren ergeben.
Das wären 10 bis 15 Euro die gezahlt werden.
Dazu würden m. E. etwa 25-30 Euro als angestellter Teilzeitanwalt passen. Unter 20 Euro würde ich in dem Lohngefüge mit Anwaltszulassung (= eigenständiges Arbeiten nach außen möglich) nicht ohne Weiteres gehen. Aber natürlich sollte am Ende der Gesamtdeal samt Zukunftsperspektive passen.

Re: Gehaltsvorstellung Einzelanwalt

Verfasst: Donnerstag 16. März 2017, 17:33
von ew_h2002
Falls es noch aktuell ist: Auf einer A13 im ÖD würdest so viel mit nach Hause nehmen, wie du in der freien Wirtschaft kriegst, wenn du ca. 60-65k brutto bekommst. Das sollte ein Anhaltspunkt sein.

Ein weiterer Anhaltspunkt: Eine Kollegin durfte zur StA und zu einem Anwalt (Strafrecht, deutschlandweit bekannt, renommiert). Sie hat sich für ihn entschieden, nachdem er mit dem Gehalt nachgebessert und auf etwa obige Summe hochgegangen ist.

Will sagen: Mehr dürfte nicht drin sein, als 60-65k/Jahr am Anfang. Groß darunter würde ich aber auch nicht gehen.

Dann eben in Teilzeit angestellt anfangen, regelmäßige Gehaltssteigerungen vereinbaren und das Ziel setzen, nach Abschluss der Promotion (oder relativ bald danach) mit dem aufgebauten Mandantenstamm und Ruf auf die Selbstständigkeit in Bürogemeinschaft zu schielen.

Re: Gehaltsvorstellung Einzelanwalt

Verfasst: Montag 20. März 2017, 11:05
von Mr_Black
Bei diesen ganzen Rechenspielchen vielleicht auch mal so rangehen:

Was koste ich als Angestellter den Arbeitgeber? (Bruttolohn + Sozialabgaben + anteilige Kanzleikosten wie Miete, Lohn der ReNo etc.)
Was kann ich für die Kanzlei erwirtschaften als Berufsanfänger?
Was wäre unter Berücksichtigung dieser beiden Aspekte ein angemessenes Gehalt?

Natürlich ist das schwer, je weniger Daten man über die Kanzlei hat. Aber Kanzleien kalkulieren so, insbesondere wenn sie, anders als GK keine festen Einstiegsgehälter haben.

Re: Gehaltsvorstellung Einzelanwalt

Verfasst: Freitag 24. März 2017, 10:43
von ew_h2002
Der Ansatz ist betriebswirtschaftlich sinnvoll. Er orientiert sich am Arbeitgeber, was dem sicherlich entgegen kommt. Aber ich halte ihn dennoch für ungeeignet: Wie Koch ist die Miete, was bekommen die Angestellten, wie hoch sind die Nebenkosten, was für eine Arbeitslast habe ich in der Kanzlei, wie viele Mandate schaffe ich in der Zeit, wie werden die Mandate vergütet, ...? All das weiß ich nicht. Das sind aber entscheidende Faktoren für die Frage, was der Arbeitgeber mit mir verdienen kann. Bei so vielen Variablen gleicht das für mich eher einem munteren Raten.

Re: Gehaltsvorstellung Einzelanwalt

Verfasst: Freitag 24. März 2017, 11:13
von Tibor
Naja, die übrigen Lohn- und Raumkosten wird man wohl großzügig schätzen können. Also bspw. 15qm x 20 € x 12 für die Jahresmiete (je nach Lage) und dann für die Renos eben 2.500 x Anzahl Renos x 12 : Anzahl Mitarbeiter laut Homepage. Spannender sind die übrigen laufenden Kosten, die eher schwer zu schätzen sind, weil man keinen Einblick in IT-Verträge, Softwarelizenzen, Literaturbeschaffung und Bürobedarf hat. Hier wird man wohl eher grobe Schätzungen vornehmen müssen (bspw. 300 € IT, 200 € Lizenzen und 500 € Literatur/Büroaufwand). Und die Umsätze kann/sollte man anhand der Mandatsstruktur laut Kanzleihomepage "abschätzen" können. Spezielle Rechtsgebiete, viele Anwälte und größere Mandanten sprechen für Stunden- bzw. Pauschalabrechnung; Standard-Rechtsgebiete, gerichtslastige Fälle und Laufkundschaft für RVG Abrechnung mit wenig Stunden/Pauschalhonoraren dazu. Das ist natürlich nur ein ganz grober Näherungswert, aber er kann doch dazu führen, dass man erkennt ob man lieber 40T€ oder 70T€ aufrufen sollte.