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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Sonntag 5. Februar 2017, 13:00
von julée
@Tibor: natürlich, man könnte anders differenzieren und Abstand von der verdeckten Altersdiskriminierung nehmen, aber die Leistungsparameter müssen am Ende auch vergleichbar sein und in einem sinnvollen Verhältnis zueinander stehen. Und die Differenzierung danach, wer am Dezernatszustand welchen Anteil hat, lässt sich doch kaum treffen: mit etwas Glück sind 4 von 10 Eingängen bereits fast erledigt, bevor sie auf dem Richtertisch landen; mit etwas Pech sind im Folgemonat 3 Verfahren dabei, die einen über Jahre beschäftigen werden. Natürlich, das mag sich langfristig ausgleichen, aber wenn man ein Verfahren der Größenordnung BER im Dezernat hat, hat man sicherlich seine Freude daran.

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Sonntag 5. Februar 2017, 13:07
von Kasimir
Wobei sich die Familienfreundlichkeit der Justiz ja auch darin erschöpft, dass der Arbeitsplatz sicher ist und es - anders als in GKen - keinen Karrieretrack mit up or out gibt.

Beförderung in der Justiz mit Familie ist auch ein Märchen. Haben wir nicht beim letzten Stammtisch den Fall diskutiert, das einem werdenden Elternteil in der Justiz sinngemäß gesagt wurde, dass damit ja nun klar sein, dass er/sie in der Justiz "nichts mehr werden könne"?

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Sonntag 5. Februar 2017, 13:14
von Urs Blank
Kasimir hat geschrieben:Beförderung in der Justiz mit Familie ist auch ein Märchen.
Ein Märchen vielleicht nicht, aber im Prinzip stimme ich zu: Die Spitzenpositionen sind nach wie vor weitgehend von Männern besetzt. Und schon bei der obergerichtlichen Erprobung ist es (nach meiner örtlichen Beobachtung, die vielleicht nicht verallgemeinert werden kann) so, dass Frauen durchschnittlich erst mit höherem Dienstalter gehen...

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Montag 6. Februar 2017, 01:14
von thh
Tibor hat geschrieben:Das ist natürlich Humbug, wenn man das Alimentationsprinzip berücksichtigt, denn bei diesem ist es gerade klar und zwingend, dass es ja nach Wohnsitz auch unterschiedliche Lebenshaltungskosten und somit Alimentation geben muss.
Das ist allerdings nur sehr bedingt landesspezifisch - auch innerhalb eines Bundeslandes variieren die Lebenshaltungskosten nicht unerheblich.

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Montag 6. Februar 2017, 02:58
von Tibor
Ja, aber dann ist es Aufgabe des Dienstherrn besondere Verwerfungen zu verhindern. Das ist mE kein Argument für bundesweit einheitliche Besoldung.

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Dienstag 7. Februar 2017, 11:36
von sai
JulezLaw hat geschrieben:
Ara hat geschrieben:
Muirne hat geschrieben:
thh hat geschrieben:
Muirne hat geschrieben:Zur Werbung: Als ob man da keine Models finden oder mit etwas Überzeugungsarbeit bei den Mitarbeiter/innen auch etwas Diversity ins Shooting bringen könnte. Immerhin geht es ja um die Außendarstellung und nicht um einen Klassenausflug.
Die Frage ist eben - hier und anderswo -, warum man das tun sollte.
Das ist eigentlich nicht die Frage. Jedenfalls, wenn man behauptet, man sei darum bemüht gewesen.
Und davon abgesehen lässt sich die Frage, warum man sich für eine pluralistische und bunte Gesellschaft einsetzen sollte, in Zeiten der AfD und Trump auch kaum besser beantworten als dadurch, selbst zu zeigen, dass man darauf Wert legt. Das ist tatsächlich auch wirtschaftlich klug, aber die gesellschaftliche Verantwortung, die sich nicht selten auf die Fahnen geschrieben wird, die geht noch darüber hinaus.
Ich weiß jetzt nicht, ob es tatsächlich "ehrlicher" ist, wenn man irgendwelche Models vor die Kamera stellt...

Man muss dazu ja auch sagen, dass die Frauenquote in Großkanzleien, vor allem bei solchen sehr konservativen Kanzleien, tatsächlich sehr gering ist. Dabei nehmen sie doch aktuell tatsächlich fast jeden Bewerber der die entsprechenden Noten mitbringt. Ist ja nicht so, als würden die Kanzleien regelmäßig qualifizierte Frauen ablehnen.
Wobei mir tatsächlich schon von einem Anwalt einer GK (mit vergleichbarem Geschlechterverhältnis unter Partnern), der auch fürs Recruitment zuständig ist, unter der Hand gesagt wurde, dass man sich im Zweifel für den ggfs. etwas schlechter qualifizierten Mann entscheide, da jedenfalls die Wahrscheinlichkeit des Partnertracks mangels Schwangerschaft höher sei. Das kann auch ein Einzelfall sein, seitdem würde ich aber vor jeder Bewerbung erstmal prüfen, ob die überall gepriesene "Diversity" bisher tatsächlich auch zumindest versucht wird umzusetzen (wenn die GK denn mein Berufsziel wäre).
Wobei man bei solchen Äußerungen auch immer bedenken sollte, dass sie zwar sicherlich irgendwie sexistisch sein mögen, letztlich aber allein monetär bedingt sind. Wenn die schwangere Frau mehr Kohle in die Kasse bringt, würden sie die sofort nehmen.

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Dienstag 7. Februar 2017, 16:53
von Swann
Levi hat geschrieben: Ich bin mir sicher, dass die Zahl der Frauen, die sich für eine Tätigkeit in einer GK interessieren, sofort deutlich ansteigen würde, wenn dort geregelte Arbeitszeiten (9 to 5), flexible Teilzeit und Telearbeit Einzug halten würden. Die derzeitigen Arbeitsbedingungen halten Frauen dagegen bewusst fern. Das lässt sich sinnvoll nur dadurch erklären, dass Frauen von den entsprechenden Verdienstmöglichkeiten ferngehalten  werden sollen. Ein anderer Grund fällt mir nicht ein. 
Der Grund ist schlicht, dass das Geschäftsmodell der Großkanzleien (sofortige Erledigung von Mandatsaufträgen gegen hohe Vergütung) mit 9to5, Teilzeit und Telearbeit in weiten Teilen unvereinbar ist. Dieses Geschäftsmodell kann man sinnvoll finden oder auch nicht, mit bewusster Fernhaltung von Frauen hat das allerdings nichts zu tun.

Re: Diskriminierung in der juristenausbildung.tumblr.com

Verfasst: Dienstag 7. Februar 2017, 17:39
von Levi
@Swann
Das ist alles weithin nur eine Frage der Organisation. Es wäre z. B. schon viel Zeit gewonnen, wenn alle tatsächlich um spätestens 9 Uhr mit der Arbeit beginnen würden, die - in vielen Kanzleien übliche - lange Mittagspause entfiele und Meetings gestrafft werden. Das ist keine Frage des Könnens sondern des Wollens. 

Im Übrigen gibt es - auch in GK - nicht nur dringliche Rechtsangelegenheiten, die keinerlei Aufschub dulden, sondern auch Fälle mit längerer Bearbeitungsdauer. - Die dringlichen Sachen müssen nun nicht unbedingt von den Anwälten mit Familienpflichten erledigt werden, sondern man kann sie sachgerecht auf andere verteilen. 

Auch im öffentlichen Dienst hieß es früher, das sei alles nicht möglich. Heute ist es selbstverständlich. Man muss es nur wollen. Wenn man es nicht will, hat das allein ideologische und keine praktischen Gründe.

Diskriminierung in der juristenausbildung.tumblr.com

Verfasst: Dienstag 7. Februar 2017, 17:59
von Tibor
Aus anderer Sicht hatte ich hier schon einmal zum "System GK" Stellung bezogen:

http://forum.jurawelt.com/viewtopic.php ... us#p715849

Re: Diskriminierung in der juristenausbildung.tumblr.com

Verfasst: Dienstag 7. Februar 2017, 18:15
von Swann
Levi hat geschrieben:@Swann
Das ist alles weithin nur eine Frage der Organisation. Es wäre z. B. schon viel Zeit gewonnen, wenn alle tatsächlich um spätestens 9 Uhr mit der Arbeit beginnen würden, die - in vielen Kanzleien übliche - lange Mittagspause entfiele und Meetings gestrafft werden. Das ist keine Frage des Könnens sondern des Wollens. 
Nein, ist es nicht. Wenn 10-12 h Arbeit üblich sind, dann passt das nicht in 9-5, egal wie man organisiert.

Im Übrigen gibt es - auch in GK - nicht nur dringliche Rechtsangelegenheiten, die keinerlei Aufschub dulden, sondern auch Fälle mit längerer Bearbeitungsdauer. - Die dringlichen Sachen müssen nun nicht unbedingt von den Anwälten mit Familienpflichten erledigt werden, sondern man kann sie sachgerecht auf andere verteilen. 
Auch Anwälte ohne Familie empfinden es nicht als das größte Vergnügen, bis 11-12 Uhr eine dringliche Aufgabe zu erledigen. Wenn "Familienanwälte/innen" verlässliche Arbeitszeiten zwischen 9 und 5 bekämen, wieso sollten die anderen Anwälte denen den Rücken freihalten?
Auch im öffentlichen Dienst hieß es früher, das sei alles nicht möglich. Heute ist es selbstverständlich. Man muss es nur wollen. Wenn man es nicht will, hat das allein ideologische und keine praktischen Gründe.
Und das ist schlicht Quatsch.

Re: Diskriminierung in der juristenausbildung.tumblr.com

Verfasst: Dienstag 7. Februar 2017, 18:19
von OJ1988
Bezahlung schafft Motivation; die "Ackerer" kriegen dann eben mehr. Und wieder einmal bin ich wenig überzeugt von der bloßen Behauptung, es ginge einfach nicht. Bei meinem Arbeitgeber (magic circle) gibt es Teilzeitmodelle (60%; 80%) ohne dass der Laden zusammenbricht.

Re: Diskriminierung in der juristenausbildung.tumblr.com

Verfasst: Dienstag 7. Februar 2017, 18:22
von Kezzlerinho
+1:

Hatte heute ein Bewerbungsgespräch mit einer Partnerin, die in Teilzeit arbeitet. Montags den ganzen Tag, Di-Do halbtags und Freitag zuhause.

Mal wieder nur Nahbereichsempirie, aber unmöglich ist das sicher nicht.

Re: Diskriminierung in der juristenausbildung.tumblr.com

Verfasst: Dienstag 7. Februar 2017, 18:25
von Swann
OJ1988 hat geschrieben:Bezahlung schafft Motivation; die "Ackerer" kriegen dann eben mehr. Und wieder einmal bin ich wenig überzeugt von der bloßen Behauptung, es ginge einfach nicht. Bei meinem Arbeitgeber (magic circle) gibt es Teilzeitmodelle (60%; 80%) ohne dass der Laden zusammenbricht.
Sowas mag funktionieren, aber nicht in der Weise, dass die "Familienanwält_inn_en" dann genauso viel verdienen wie die Kolleg_inn_en ohne Familie bzw. dieselben Partnerchancen haben.

Re: Diskriminierung in der juristenausbildung.tumblr.com

Verfasst: Dienstag 7. Februar 2017, 18:28
von OJ1988
Wer hat das denn behauptet? Es ging um die (auch von dir insinuierte) Behauptung, Teilzeit wäre in einer GK praktisch nicht möglich. Natürlich bekommt man dann weniger Geld, das ist doch sselbsterklärend...

Re: Diskriminierung in der juristenausbildung.tumblr.com

Verfasst: Dienstag 7. Februar 2017, 18:40
von Kasimir
OJ1988 hat geschrieben:Bezahlung schafft Motivation; die "Ackerer" kriegen dann eben mehr. Und wieder einmal bin ich wenig überzeugt von der bloßen Behauptung, es ginge einfach nicht. Bei meinem Arbeitgeber (magic circle) gibt es Teilzeitmodelle (60%; 80%) ohne dass der Laden zusammenbricht.
Der Punkt ist, dass die Reibungsverluste aufgrund der Teilzeitmodelle durch die Vollzeitkräfte aufgefangen werden. Zudem kenne ich keine Kanzlei, in der Teilzeitanwälte mittelfristig eine ernsthafte Karrierechance haben. Und zwar schon deswegen, weil sie für bestimmte Aufgaben schlicht nicht einsetzbar sind; insbesondere wenn es im Zuge von steigender Seniorität um mehr Verantwortung gibt. Klar gibt es weibliche Counsel in irgendwelchen Nebengebieten und Teilzeitanwälte in den ersten Berufsjahren. Mittelfristig kann man damit aber keinen Blumentopf gewinnen; weder die Kanzlei noch der Anwalt bzw. die Anwältin.