ew_h2002 hat geschrieben:Ehrlich gesagt lese ich da eine gewisse Verbitterung heraus.
Keineswegs. Wer sich das antut, weiß ja von vorneherein, was ihn erwartet. - Man sollte das nur berücksichtigen, wenn man die inhaltliche Qualität der Wikipedia beurteilt.
Fraglos sind insbesondere IT-nahe und naturwissenschaftliche Themen deutlich besser aufgestellt; insbesondere im juristischen Bereich (und überall da, wo Politik und Weltanschauung betroffen sind) ist die Wikipedia jedoch nur mit großer Vorsicht zu genießen.
ew_h2002 hat geschrieben:Ich habe auch schon versucht, in WP Artikel - aus meiner Sicht - zu verbessern, weil sie - ebenfalls aus meiner Sicht - fachlich nicht haltbar waren. Teilweise wurden diese Verbesserungen (die ein Jurastudent im zweiten Semester erkannt hätte) rückgängig gemacht. Das ist tatsächlich ein Problem an der WP, wo jeder mitmachen darf.
Prinzipbedingt und vorhersehbar, ja. Was mich nur überrascht hat, ist die in dieser Diskussion gezeigte enorme Beratungsresistenz von Akteuren, die durchaus (jedenfalls damals) sehr aktiv und teilweise tonangebend sind (oder waren).
ew_h2002 hat geschrieben:Aber gerade in Jura sind Bücher eine seriöse Quelle. Die Gruppe der Juristen in der WP ist groß. Viele schauen da in Bibliotheken nach und prüfen Quellen. Dass das nicht immer klappt und viele Unwissende etwas schnell rückgängig machen
können ist unbestritten. Oft funktioniert es aber trotzdem. Die pauschale Verteufelung von WP halte ich daher für falsch und ehrlich gesagt recht subjektiv. 2005 war die Wikipedia schon fast so gut, wie die rennomierte Encyclopaedia Britannica (Sekundärquelle:
Spiegel.de); mittlerweile wird sie als fehlerfrei
er angesehen (Quelle:
Untersuchung der Oxford University (Verwaister Link https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/29/EPIC_Oxford_report.pdf automatisch entfernt)).
Das halte ich aus meiner eigenen Erfahrung für - deutlich - falsch.
Das Ergebnis überrascht allerdings wenig, wenn man sich bspw. das Design der Oxford-Studie anschaut: dort wurden Artikel ausgewählt, die in der Wikipedia und auch in der Encyclopaedia Britannica vorhanden waren. Das ist ein nur sehr schmales Sample aus der Wikipedia und betrifft nur Lemmata von solcher Bedeutung, dass sie es auch in die (historisch platzmäßig beschränkten) klassischen Enzyklopädien geschafft haben. In concreto überrascht es mich nicht, dass bspw. Artikel zu Thomas von Aquin und Anselm von Canterbury bzw. zur Vor- und Grundschulerziehung in der Wikipedia (das deckt den gesamten Bereich "Humanities" und "Social Sciences" ab) qualitativ gut sind.
Es geht aber doch weniger um die Frage, ob der Bruchteil der (bedeutsamen) Artikel, die man auch in einer klassischen Enzyklopädie finden würde, in der Wikipedia vergleichbar gut ist - das bringt wenig Mehrwert, und - böse gesprochen - wäre es auch eine eher übersichtliche Aufgabe, den Artikelbestand der Brockhaus-Enzyklopädie zu nehmen und inhaltlich dann aufzupolieren. Viel interessanter ist doch, ob die Artikel im Schnitt (!) inhaltliche (und formale und stilistische) Mindestanforderungen erfüllen, insbesondere aber nicht falsch sind. Und da kommt man mit sage und schreibe acht Vergleichsartikeln nicht sehr weit.
ew_h2002 hat geschrieben:Selbstverständlich: Fehlerfrei ist sie nicht. Aber verteufeln muss man sie auch nicht, bloß weil sie - gefühlt - ein wenig unfair sein kann und dem Ego nicht immer schmeichelt.
Mein Ego ist da völlig unbetroffen. Ich halte hingegen das Wikipedia-Prinzip schon vom Prinzip her für untauglich für das angestrebte Ziel, und das schon seitdem ich der Wikipedia vor mehr als 10 Jahren das erste Mal begegnet bin. Insofern bin ich positiv überrascht, wieviel daraus geworden ist, gerade auch in anderen Fachgebieten, sehe aber die Qualität sehr viel kritischer als das allgemein en vogue ist. (Im Zweifelsfall erscheint mir übrigens die englische Wikipedia oft eine gute Alternative zur deutschen; auch das muss man im übrigen im Blick behalten: es gibt nicht "die" Wikipedia, sondern eine Vielzahl von Wikipedias, und was für die deutsche oder spanische Wikipedia gilt muss noch lange nicht für die englische gelten, und umgekehrt.)