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Begründungsmangel bei Ausübung v. Vorkaufsrecht heilbar?

Verfasst: Mittwoch 1. März 2017, 22:00
von mrmojo
Hallo,

ich recherchiere gerade zu Thema, ob ein Begründungsmangel bei der Ausübung eins Vorkaufsrechts einer Gemeinde heilbar ist.

Ich habe leider Kentnisse im Verwaltungsrecht, aber bisher habe ich folgende Gedanken:
Grundsätzlich ist eine Heilung von Verfahrens- oder Formfehlern möglich gemäß §45 VwVfG.
Für mich relevant wäre §45 Abs. 1 Nr. VwVfG: "...wenn die erforderliche Begründung nachträglich eingereicht wird."

Für die Ausübung eines Vorkaufsrechts gemäß §24 BauGB, wird gemäß Abs.2 S.2 die Angabe des Verwendungszwecks vorausgesetzt.

Der Verwendungszweck stellt somit die Begründung dar, richtig/falsch?

Das heisst, wenn kein Verwendungszweck, oder ein ungenüngender, gebeben ist, kann dieser Verwendungszweck nachgereicht werden, womit der Begründungsmangel geheilt werden kann, gemäß §45 VwVfG, richtig/falsch?

...weiter komm ich grad irgendwie nicht. Hat da jemand Vorschläge?

Lg

Re: Begründungsmangel bei Ausübung v. Vorkaufsrecht heilbar?

Verfasst: Mittwoch 1. März 2017, 22:20
von Honigkuchenpferd
Nach der Rechtsprechung keine Heilung nach § 45 I Nr. 2 LVwVfG (in der Literatur ist es umstritten, ob ein solcher Mangel überhaupt zur Rechtswidrigkeit führt).

Siehe VG Karlsruhe, Urteil v. 21.11.2007 - 4 K 1429/07.

Re: Begründungsmangel bei Ausübung v. Vorkaufsrecht heilbar?

Verfasst: Mittwoch 1. März 2017, 22:45
von mrmojo
Honigkuchenpferd hat geschrieben:Nach der Rechtsprechung keine Heilung nach § 45 I Nr. 2 LVwVfG (in der Literatur ist es umstritten, ob ein solcher Mangel überhaupt zur Rechtswidrigkeit führt).

Siehe VG Karlsruhe, Urteil v. 21.11.2007 - 4 K 1429/07.
Das selbe Urteil habe ich auch gefunden zu dem Thema.
Aber ich werd nicht schlau was die Begründung angeht für die Entscheidung, dass eine Heilung nach § 45 I Nr. 2 LVwVfG (Steht das große L in LVwVfG für LANDESVerwaltungsVer...?)

Eine Begründung ist, dass die Begründungspflicht des § 24 Abs. 3 S. 2 BauGB über das allgemeine Begründungserfordernis nach § 39 LVwVfG hinausgeht und deswegen ist § 45 Abs.1 Nr. 2 LVwVfG nicht anwendbar ist. Wieso ist es nicht anwendbar?

Hier in dem Urteil habe ich das Gefühl, dass es eher ein Fristprobleblem, dass die Heilung problematisiert.
Also die Frage ist dann eher, ob die Heilung innerhalb einer bestimmt Frist geschehen muss? :-s

Denn ein Vorkaufsrecht ist doch ein Verwaltungsakt, und es geht ja um die Heilung eines Verwaltungsakt im § 45 LVwVfG?

Re: Begründungsmangel bei Ausübung v. Vorkaufsrecht heilbar?

Verfasst: Mittwoch 1. März 2017, 22:56
von Honigkuchenpferd
mrmojo hat geschrieben:Das selbe Urteil habe ich auch gefunden zu dem Thema.
Warum stellst du dann deine Frage nicht gleich zu dem Urteil?
Aber ich werd nicht schlau was die Begründung angeht für die Entscheidung, dass eine Heilung nach § 45 I Nr. 2 LVwVfG (Steht das große L in LVwVfG für LANDESVerwaltungsVer...?)
Ja, natürlich. Es geht hier um die Handlung einer Gemeinde, daher kann es nur um das LVwVfG gehen (vgl. § 1 VwVfG).
Eine Begründung ist, dass die Begründungspflicht des § 24 Abs. 3 S. 2 BauGB über das allgemeine Begründungserfordernis nach § 39 LVwVfG hinausgeht und deswegen ist § 45 Abs.1 Nr. 2 LVwVfG nicht anwendbar ist. Wieso ist es nicht anwendbar?

Hier in dem Urteil habe ich das Gefühl, dass es eher ein Fristprobleblem, dass die Heilung problematisiert.
Also die Frage ist dann eher, ob die Heilung innerhalb einer bestimmt Frist geschehen muss? :-s

Denn ein Vorkaufsrecht ist doch ein Verwaltungsakt, und es geht ja um die Heilung eines Verwaltungsakt im § 45 LVwVfG?
Das VG sagt doch sehr deutlich, dass es der Ansicht ist, dass man § 45 I Nr. 2 LVwVfG generell nicht auf § 24 III 2 BauGB anwenden kann, weil es sich dabei nicht um eine herkömmliche Begründungsvorschrift wie insbesondere § 39 LVwVfG handelt (Rn. 27):
Schon aufgrund ihrer ausdrücklichen Normierung geht die Begründungspflicht des § 24 Abs. 3 S. 2 BauGB über das allgemeine Begründungserfordernis nach § 39 LVwVfG hinaus (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 28 RdNr. 23). Damit kommt bereits aus diesem Grund die Anwendung der Heilungsvorschrift nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG nicht in Betracht, weshalb der im Schreiben der Beklagten vom 01.12.2006 nachgeschobene Verwendungszweck - die Fläche werde zur Aufstockung der gemeindlichen Einwurfsfläche benötigt, um Minderzuteilungen zu verhindern - keine nachträgliche Begründung mit entsprechender Heilungswirkung darstellt. Dass § 45 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG hier nicht anwendbar ist, ergibt sich zudem aus der fristgebundenen Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 28 Abs. 2 S. 1 BauGB, wonach das Vorkaufsrecht nur binnen zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags ausgeübt werden kann.
Es geht nicht primär um ein Fristenproblem, sondern das VG verweist an dieser Stelle nur - ergänzend - darauf, dass § 45 I, II LVwVfG auch insoweit nicht passt. In § 45 II LVwVfG heißt es nämlich:
(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
Damit würde der Sinn und Zweck von § 28 II 1 BauGB unterlaufen. Das VG begründet diesen Aspekt im Folgenden näher.

Re: Begründungsmangel bei Ausübung v. Vorkaufsrecht heilbar?

Verfasst: Mittwoch 1. März 2017, 23:31
von Honigkuchenpferd
Der VGH Hessen hat § 45 I Nr. 2, II LVwVfG demgegenüber tatsächlich für anwendbar gehalten:

VGH Hessen, Beschluss vom 17.2.2011 - 4 A 2397/10.Z

Re: Begründungsmangel bei Ausübung v. Vorkaufsrecht heilbar?

Verfasst: Mittwoch 1. März 2017, 23:41
von mrmojo
Boah Wahnsinn... woher weisst du denn das alles ? :)
Und so gut strukturiert, das ist geil.

Danke für die Erklärungen!
Edit: JETZT hab ichs verstanden!! \:D/

Re: Begründungsmangel bei Ausübung v. Vorkaufsrecht heilbar?

Verfasst: Donnerstag 2. März 2017, 09:33
von Einwendungsduschgriff
mrmojo hat geschrieben:Boah Wahnsinn... woher weisst du denn das alles ? :)
Und so gut strukturiert, das ist geil.
/
Er ist Jurist, er kann das.