Schnitte hat geschrieben:zumGG hat geschrieben:
Für diesen Glauben wird das Ignorieren von - bisher nicht widerlegter Fakten - hilfreich sein.
Erforderlich wären aber nachprüfbare Quellen. Wo gibt es diese?
Mein Argument ist wie folgt: Das GG verbietet nicht das Erheben von Schulgeld per se (wenn es das tun wollte, würde es das deutlicher sagen); es verbietet das Erheben von Schulgeld in einer Weise, die die Sonderung der Schüler nach den wirtschaftlichen Verhältnissen fördert. Jetzt kann man sich sicher trefflich den Kopf darüber zerbrechen, ab welcher Schuldeldhöhe dies der Fall ist; da würde ich einen doch recht erheblichen Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers annehmen (aber vielleicht bin ich da durch Praxis im Europarecht vorbelastet, wo derartige Einschätzungsspielräume sehr großzügig angenommen werden). Ein BVerfG-Urteil aus den 1990ern würde ich jedenfalls im Jahr 2018 nur noch sehr bedingt als tauglichen Präzedenzfall für diese quantitative Frage ansehen.
Das ist eine Meinung/Argument. Quellen, die diese Meinung/das "Argument" begründen und belegen könnten, fehlen leider.
Das Argument bekräftigt höchstens die Notwendigkeit einer aktuellen gerichtlichen Überprüfung der bisherigen Genehmigungspraxis.
Vor allem, da es offensichtlich keine Belege/Quellen gibt, die die Feststellungen der Kölner Richter oder die des WZB widerlegen!
Es gibt dagegen sehr viele Quellen, die die Rechtswidrigkeit der staatlichen Genehmigungspraxis und die finanzielle Besserstellung (mehr Geld als staatliche Schulen) der Privatschulen belegen!!
Wie schon gesagt, wären die Beweggründe derjenigen interessant, derenwegen es die zuständigen Dienstaufsichten, Parlamentarier, Fachaufsichten, Staatsanwälte, ....
unterlassen, eine gerichtliche Feststellung und Überprüfung zu veranlassen, obwohl es deutliche Anzeichen gibt, dass das GG missachtet wird.
Bisher hat kein Gericht festgestellt, dass die unterschiedliche (!) Genehmigungspraxis der Bundesländer rechtskonform wäre.
Kein Gericht hat bisher die geduldeten Schulgelder oder die an Privatschulen von Eltern erwartete Opferbereitschaft überprüft.
Es gibt allerdings Urteile, in denen die Schulgeldhöhen und verlangte Opferbereitschaft nicht abgefragt/untersucht wurde, aber andere
Fehler in Privatschulgesetzen festgestellt wurden. Für Baden-Württemberg wurde z.B. eine
Konkretisierung der Schülerkosten gefordert.
Eine
Erhöhung der staatlichen Finanzhilfen wurde dagegen mit keinem Urteil verlangt! Stattdessen wurde stets betont, dass der Gesetzgeber und die Allgemeinheit das Existenzminimum des Ersatzschulwesens gewährleisten muss und nicht nur den Eltern Eigenleistungen, sondern auch dem Schulträger Eigenleistungen zuzumuten sind!
Und mit
BVerfGE 75, 40 v. 8.4.87 stellte das Gericht fest, dass sich die damalige Hamburger Auffassung nicht mit dem GG vereinbaren ließe.
Würden die Richter heute prüfen, müssten sie zusätzlich feststellen, dass die Senatsvertreter die BVerfGE-Rechtsprechung
falsch auslegen. War das Rechtsbeugung und strafbar?
@Schnitte:
Richtig, das GG verbietet nicht, dass Schulgeld erhoben wird.
(Das hat bisher auch niemand behauptet.)
Es verbietet "nur", dass eine "Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern" gefördert wird.
Unabhängig davon, ob dies mit oder ohne Schulgeldforderungen geschieht!
Zur Frage, ab welcher Schulgeldhöhe eine Sonderung gefördert wird, verweise ich auf meinen Beitrag vom 16.12.2017.
Es wäre Aufgabe der Gerichte verlässlich festzustellen, von wem wann welche Opferbreitschaft erwartet werden kann.
Natürlich wird nicht jeder Bürger /Schulträger deren Einschätzung teilen, sondern subjektiv anders beurteilen.
Das
BVerfGe-Urteil von 1994 kann zur Schulgeldhöhe sicher nicht mehr herangezogen werden. Schließlich haben sich seitdem die Finanzhilfen stetig erhöht und die Deckungslücken entsprechend reduziert. Eine Staffelung der Schulgelder ist erlaubt. (War eine Staffelung überhaupt jemals verboten?)
Alle grundsätzlichen Aussagen des BVerfGE sind aber wohl nach wie vor gültig.
Zur Schulgeldhöhe weist der
VGH Baden-Württemberg am 11.4.2013 dazu auf folgendes hin:
Zitat
"(aa) Der bisherigen Rechtsprechung ist zu entnehmen, dass - bezogen auf das Jahr 1985 - ein Schulgeld von monatlich 170,-- bis 190,-- DM nicht von allen Eltern gezahlt werden könne (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.03.1994 - 1 BvR 682 und 712/88 -, a.a.O.,119). Dieses Verdikt betraf jedoch nicht ein gestaffeltes Schulgeld, das im Ergebnis zu einem durchschnittlichen Schulgeld in dieser Höhe führt, sondern ein für alle geltendes Schulgeld in dieser Höhe, das in der Tat im Jahr 1985 nicht von allen in dieser Höhe bezahlt werden konnte." Quelle Rn. 121,
9 S 233/12.
Mit neueren höchstrichterlichen Entscheidungen haben Urteile ebenfalls die - zur Deckung des normalen gleichwertigen Pflichtschulbetriebes (nicht besseren Luxusunterrichts) benötigte Schulgeld-Summe festgestellt, und diese mit Blick auf eine sondernde Wirkung bewertet. Und ausdrücklich festgestellt, dass eine Staffelung der Schulgelder zulässig ist. (Siehe Leitsatz 9 S 233/12). D.h. bei Deckungslücken von z.B. 200 Euro, könnten diese notwendigen Einnahmen so erreicht werden, dass reichere Eltern 400 Euro zahlen, während bei armen Familien auf Schulgeld verzichtet wird.
Siehe z.B. den letzten aktuellen Prozessverlauf in
Baden-Württemberg.
(In Baden-Württemberg wurde in 2017 ein
Gesetz zur Änderung des Privatschulgesetzes beschlossen UND zusätzlich eine Erhöhung der finanziellen Subventionen, die weit mehr als das verfassungrechtlich notwendige Existenzminimum abdeckt.(siehe Vorblatt D und S.18)
VG Stuttgart, 13.07.2009 - 11 K 867/05
VGH Baden-Württemberg, 14.07.2010 - 9 S 2207/09
BVerwG, 21.12.2011 - 6 C 18.10
VGH Baden-Württemberg, 11.04.2013 - 9 S 233/12
BVerwG, 30.10.2013 - 6 B 32.13
StGH Baden-Württemberg, 06.07.2015 - 1 VB 130/13
StGH Baden-Württemberg, 05.10.2015 - 1 VB 130/13
((Im Interesse der Schulträger, die höhere Finanzhilfen begehrten, wäre es gewesen, wenn der BVerwG und der VHG am 11.4.2013 nur ein monatliches Schulgeld von 70 Euro (ohne Schulgeld-Staffelung) für verfassungskonform gehalten hätte, da dann die Deckungslücke höher wäre. Letztlich haben Privatschulen eine Erhöhung der staatlichen Finanzhilfen erreicht und viele werden weiterhin - mangels staatlicher Kontrollen - höhere Schulgelder als 70 Euro, 90 Euro oder durchschnittlich 160 Euro verlangen.)
Mit den Urteilen 6 C 18/10 und anschließend 9 S 233/12 stellten Richter die Deckungslücke fest, die mit Schulgeld (!!) zu decken ist.
(Zur Erinnerung: Luxus-/Zusatzangebote etc. sind nicht mit Schulgeld zu decken. Und für Zusatzangbote geleistete
Eigenleistungen sind aus steuerlichen Gründen vom Schulgeld abzugrenzen.)
Die Deckungslücke bezifferte sich damals für den Privatschultyp Waldorfschule (Kläger war die Waldorfschule Nürtingen) auf monatliche Beträge zwischen 90 € - 95 Euro.
(
Zitat VGH 9 S 233/12, Rn. 124: "(bb) Auch bei einer Auswertung der vorgelegten Gutachten kommt man zu dem Ergebnis, dass ein hier zur Schließung der Deckungslücke notwendiges Schulgeld von 90,-- bis 95,-- EUR nicht zu einer Sonderung nach den Besitzverhältnissen führt.")
Das Gericht stellt weiter fest, Zitat:
"Weitere Aussagen dazu, wie hoch darüber hinaus ein Schulgeld im Jahr 2003 bzw. 2013 höchstens hätte sein dürfen bzw. sein darf, erübrigen sich damit.".
Das heißt doch: Selbst dann, wenn Eltern mehr Geld zahlen könnten, als zur Deckung der Kosten nötig wären, erübrigen sich Überlegungen entsprechend höheres Schulgeld zu erheben.
Diese Tatsache wird bisher gar nicht beachtet und ist sicherlich ein Grund, dass Schulträger Auskünfte verweigern (siehe Berlin) und die meisten Behörden (außer Hessen siehe Drs. 19/1632) gar nicht erst nachfragen.
Auch in Baden-Württemberg scheint dies bisher nicht geschehen zu sein, obwohl der Staatsgerichtshof davon ausgehen möchte.
Siehe Urteil 1 VB 130/13 Rn. 193
Der Gesetzgeber orientiert sich bei den anzuerkennenden Schülerkosten für Privatschulen an den Schülerkosten staatlicher Schulen und geht von gleichen Kosten aus.
(Ein Recht auf eine bessere Ausstattung haben Privatschulen nicht. Müsste der Gesetzgeber daher nicht zumindest die unterschiedlichen Personalkosten und die aktuellen sozialen Unterschiede (Sozialindex) in der Schülerschaft berücksichtigen?)
(Z.B. Für Hamburg war 2010 eine Berücksichtigung des Sozialindexes geplant!
Dadurch hätten sich die Finanzhilfen um 7,7 Mio Euro reduziert. (Siehe
HH Drs. 19/7690) Diese Absicht wurde bisher jedoch nicht umgesetzt! D.h. Allein dadurch erhalten Privatschulen Finanzhilfen, die ihnen eigentlich nicht zustehen. Vergleiche dazu auch Berlin.)
Die für Baden-Württembergs Privatschulen angenommenen Deckungslücken sind dem
Gesetzentwurf auf S. 18 zu entnehmen.
(Z.B. Für den Privatschultyp Grundschulen und Waldorfschulen Kl. 1-4 bestehen danach Deckungslücken (20 %) in Höhe von jährlich 1.013 €uro bzw. monatlich 84,45 €, die der Schulträger z.B. mit entsprechendem Schulgeld decken könnte.
Auch hier (siehe 9 S 233/12 Rn. 124) erübrigen sich Überlegungen, höhere durchschnittliche SCHULGELDER zu verlangen. Auch wenn den Eltern, lt. dem im Gesetzentwurf auf S. 15 erwähnten Gutachten des Instituts für angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) zur „Einkommenssituation von Schülerhaushalten in Baden-Württemberg und ihre Belastung durch Schulgeld“, durchschnittliche Schulgelder in Höhe von durchschnittlich 160 Euro möglich wären.)
(Diese 160 Euro-Obergrenze gilt nur für Baden-Württtemberg. Zu anderen - reicheren oder ärmeren - Bundesländern gibt es bisher keine vergleichbaren Untersuchungen.)
Wäre nicht folgende Kritik und Fragen an den Gesetzgeber berechtigt?
Z.B.:
Warum hat der Gesetzgeber bei der Berechnung der Finanzhilfen, d.h. den Eigenleistungen der Allgemeinheit, nicht die möglichen Eigenleistungen der Nutzer (160 Euro) und die dem Schulträger zuzumutenden anderen Eigenleistungen (Kredite, Spenden, eigene Schulgebäude, ...) berücksichtigt?
Tatsächlich stehen den Privatschulen so sehr viel höhere Beträge zur Finanzierung einen gleichwertigen Pflichtschulbetriebes zur Verfügung, als den staatlichen Schulen.
Haben Privatschüler, die sich z.B. religiös/weltanschaulich erziehen lassen, oder aus anderen (z.B. finanziellen) Gründen von Privatschulträgern ausgesucht und aufgenommen werden, ein Recht auf teurere Bildung/höhere Schülerkosten, oder verstößt das gegen GG Art. 3?
Viele Privatschulen werden nicht nur die notwendigen Schulgelder (z.B. 84 Euro) verlangen, und auch nicht nur die den Haushalten durchschnittlich möglichen Schulgelder von 160 Euro, sondern - solange Kontrollen fehlen - ihre Schüler auch nach den Besitzverhältnissen der Eltern sondern werden, um von diesen deutlich höhere Durchschnitts-Beiträge zu verlangen.
(Vergleiche auch [
https://www.spd.berlin/w/files/afb/inpu ... verbot.pdf]Seite 4 und 14 der WZB-Studie)[/url] oder
Drs. 19/1632 Hessen.
Eine bessere Ausstattung zur Finanzierung von Kosten, die über den anzubietenden gleichwertigen Pflichtschulbetrieb hinausgehen, können und müssten Privatschulträger mit Spenden u.ä. finanzieren.
Ist es gerechtfertigt, dass ein Schulträger, der (egal aus welchen Gründen) kaum Kinder aus armen Familien hat, die für diese Gruppe vorgesehenen Finanzhilfen, für andere Zwecke verwendet?
Z.B. zur Finanzierung von Zusatzangeboten, "Luxus"-Ausstattungen oder um vermögenden Eltern finanzielle Vorteile, z.B. Rabatte zu gewähren?
Widerspricht diese Art, staatliche Finanzhilfen zu verwenden und zu beanspruchen nicht den Interessen der Gesellschaft und dem
BVerfGE 90, 107 Rn. 102: Zitat "...steht die Förderungspflicht von vornherein unter dem Vorbehalt dessen, was vernünftigerweise von der Gesellschaft erwartet werden kann; darüber hat in erster Linie der Gesetzgeber in eigener Verantwortung unter Berücksichtigung auch anderer Gemeinschaftsbelange und der Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu befinden (vgl. BVerfGE 33, 303 [333])"
Es gibt zwar das Recht, Privatschulen zu gründen und zu besuchen, aber kein Gesetz, dass die Allgemeinheit deshalb verpflichtet, diesen Wunsch zu finanzieren.
Wieso werden staatliche Finanzhilfen in einer Höhe gezahlt, (die ohnehin über das verfassungsrechtliche Existenzminimum hinausgehen) wenn es dem Schulträger zuzumuten und möglich wäre, die Schülerkosten selbst zu tragen?
Was spricht dagegen, dass der Staat nur das verfassungsrechtlich notwendige Existenzminimum zahlt?
Will der Staat tatsächlich gewährleisten, dass allen Schülern unabhängig vom Einkommen (d.. auch Geringverdienern) ein Zugang zur Schule möglich ist, kann er auf Antrag und Nachweis der Notwendigkeit verlässliche Finanzhilfen gewähren.
Und zum Abschluss an @Schnitte zum Beitrag v. 1.2.2018:
Ich hatte Fragen gestellt und keine
Vorannahmen geäußert.
Wie nennt man also die rechtswidrige Genehmigungen der Behörden?
Wenn diese tatsächlich trotzdem gültig sind, so besteht aber dennoch die Möglichkeit, diese Genehmigungen zu entziehen, oder?
Z.B. wenn die Genehmigungs-Voraussetzungen nicht (oder nicht mehr) erfüllt werden?!
@Schnitte: zu Unterlassung und Beihilfe:
Besteht Einigkeit, dass Personen (die Privatschulen betreiben oder genehmigen) in
Versuchung geraten können, rechtswidrig zu handeln, weil sie sich darauf
"verlassen" können, dass weder Kontrollen noch sich daraus ergebenden Konsequenzen zu befürchten sind?