MOD: Aus dem Thread „Hartz IV Sanktionen und die Verfassung“ hierher verschoben - mit dem dortigen Thema hat der Beitrag entgegen der Ansicht des Verfassers rein gar nichts zu tun. Die Ansage „ein Thread reicht“ beinhaltet auch: „keine alten Threads zuspammen“. Liz
Tibor hat geschrieben:Weil das Geld von Vater Staat nicht auf dem Baum wächst, sondern von anderen Steuerzahlern verdient wird. Wenn aber Leistungsfähigkeit beim Steuerzahler dazu führt, dass er abdrücken muss, darf mE Bedürftigkeit nur in geringem Maße selbstverschuldet sein. Insbesondere muss mE erwartet werden können, dass der Bedürftige mitwirkt, den Zustand der Bedürftigkeit zu überwinden, soweit es möglich ist. Man erwartet vom leistungsfähigen Steuerzahler ja auch, dass er immer weiter Leistung zeigt, obwohl er weiß, dass er immer wieder zahlen muss.
Zum o.g. Beitrag von Tibor, den er am 6.3.2017 schrieb.
@Tibor: Dieser Beitrag gehört nicht zum Thread "Sonderungsverbot und Privatschulen".
Nachfolgend geht es um die unterschiedliche Anerkennung von "notwendigen" Kosten, und der unterschiedlichen Förderbereitschaft einer Minderheit private Wünsche oder einer anderen Minderheit im Wunsch zu unterstützen, menschenwürdig zu Überleben!
Wie kommt es, dass Tibor , da wo der Staat verpflichtet ist, jedem (und nicht nur einem Bürger) das Existenzminimum zum Überleben zu sichern, so strenge Ansichten und Forderungen äußert, damit Vater Staat nicht ausgenutzt wird;
und dafür andere Kritik, an einem viel großzügigerem Fördersystem, so gar nicht teilen mag?
Obwohl Vater Staat dort sehr viel großzügigere Subventionen leistet, und zusätzlich komplett auf Kontrollen, Transparenz und Sanktionen verzichtet.
Bei Hartz-IV-Empfängern hat sich der anerkannte Regelbedarf seit 2005 bis 2018 um jährlich 1,4 % erhöht.
Bei staatlichen Schulen durften die Kosten für deren Schüler um jährlich 1,8 % steigen.
Bei Privatschulen wird dagegen angenommen, dass sich der notwendige Finanzierungsbedarf an Privatschulen um jährlich 18,7 % erhöht hat, und deswegen überwiegend mit Steuergeldern finanziert wird, obwohl er dazu laut Rechtsprechung nicht verpflichtet ist?
Wie sind diese unterschiedlichen Ansichten zu notwendigen oder unnötigen Finanzhilfen zu erklären?
Wie sind sie mit GG und Rechtsprechungen zu vereinbaren?
Der monatliche Hartz-IV-Regelsatz hat sich von 2005 bis 2018 von 357 Euro auf 409 Euro erhöht. D.h. jährliche Erhöhung v. 1,4 %. Quelle
Höhe des Hartz IV Regelsatzes von 2005 bis 2018,Statista:
An öffentlichen Schulen haben sich die jährlichen Schülerkosten seit 1995 von 4.500 Euro auf 6.500 Euro in 2013 erhöht. D.h. jährliche Erhöhung v. 1,8 %.
Quelle Destatis (Verwaister Link https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/BildungForschungKultur/AlteAusgaben/AusgabenSchuelerAlt.html;jsessionid=3B94313D4F88D42756576CD523775215.InternetLive1 automatisch entfernt).
Dafür nimmt der Staat an, dass sich die von Eltern an Privatschulen zu tragenden notwendigen Schülerkosten um jährlich mindestens 18,7 % erhöht haben?*
Ist diese unterschiedliche Berücksichtigung von "notwendigen" Kosten nachvollziehbar/gerecht oder mit GG und Rechtsprechung vereinbar??
*Quellen:
Lt. Urteil des
BVerfGE 90, 107 (9.3.1994) hätten Eltern für Schülerkosten monatliche Eigenleistungen von mindestens 170 - 190 DM leisten müssen, da der Schulträger vom Staat erst nach einer sehr langen Wartezeit staatliche Fördergelder erhalten hat. (siehe Randnr. 2, 44)
Wenn sich die damals (1994) vor dem BVerfGE genannten notwendigen Eigenleistungen (ca. 190 DM = 95 Euro) in den letzten 24 Jahren ebenfalls um jährlich 1,8 % erhöht hätten, dann müssten Eltern heute monatlich 145 Euro zahlen können, um sich den Wunsch von einer Privatschule zu erfüllen.
Bekannterweise zahlen viele Eltern sogar noch viel höhere Schulgelder als 145 Euro, z.B. in Hessen (siehe Drs. 19/1632)
Lt. dem IAW-Gutachten, dass im Prozess dem VGH Baden-Württemberg vorlag, sind den Baden-Württembergische Eltern mit Schulkindern monatlich durchschnittliche Schulgelder von 160 Euro zuzumuten.
Da eine Staffelung der Schulgelder mit dem Sonderungsverbot vereinbar ist, können Privatschulen für die benötigten Schulgeldeinnahmen von z.B. 145 Euro (bei jährlicher Kostensteigerung von 1,8 %) die ggf. benötigten Schulgelder so staffeln, dass sie von Eltern mit überdurchschnittlichem Einkommen deutlich mehr als die durchschnittlich zumutbaren 160 Euro verlangen könnten und von Geringverdienern deutlich weniger als 160 Euro monatlich.
Selbst wenn sich die Kosten der Privatschulen um jährlich 2 % erhöht hätten, könnten Eltern diese aus eigenen Mitteln tragen.
Es widerspricht also jeder Vernunft, unter der die staatliche Förderpflicht lt. BVerfGE zu erfolgen hat, dass Vater Staat und seine Steuerzahler den Privatschulen zusätzlich hohe Subventionen zahlen.
Ein fairer Wettbewerb ist so nicht möglich!
Warum sollten Privatschulen mit den Finanzhilfen über nicht benötigte Mehreinnahmen verfügen dürfen, die immer häufiger 80 %, 85 % oder auch 100 % der Schülerkosten staatlicher Schulen betragen.
(Abgesehen davon, dass an vielen Privatschulen viele Eltern deutliche höhere Beiträge leisten.
Jedenfalls ist der Staat lt. höchster Rechtsprechung erst dann zu Finanzhilfen verpflichtet, wenn das Existenzminimum der Instituion Privatschule gefährdet ist.
Das ist bekannterweise nicht der Fall. In jedem Bundesland gibt es mehr als eine Privatschule. Verfassungsrechtlich reicht das Überleben einer einzigen Privatschule aus. (VGH Baden-Württemberg 9 S 233/12, BVerwG 6 C 18/10, ...)
Hätte der Gründervater diese Entwicklung geahnt, hätte er wohl darauf verzichtet, den einen Satz dem GG hinzuzufügen.
Zitat, Dr. Th. Heuss
lt. BVerfGE 75, 40 Rn. 79:
"... Um der Sorge vorzubeugen, daß in irgendeinem Land das Staatsmonopol ausgesprochen werden soll, habe ich die Hinzufügung des Satzes beantragt: das Recht zur Errichtung der Privatschulen werde gewährleistet. Dabei möchte ich um Gottes willen nicht in Verlegenheit kommen, irgendwie mit dem Vorschlag, den der Kollege Dr. Seebohm seinerzeit gemacht hat, in Berührung gebracht zu werden, daß der Staat für diese Privatschulen so viel Kosten bezahlen muß, als ihm auf die einzelnen Schüler berechnet abgenommen wird. Denn das wäre geradezu eine Prämiierung für solche Schulen, würde ihnen ihren Leistungscharakter der Freiwilligkeit nehmen und den Staat gleichzeitig von seiner verdammten Pflicht, für das Bildungswesen der Deutschen nach bestem Gewissen zu sorgen, allzusehr entlasten. ..."
Aufgrund der starken Privatschulen-Lobby nehmen die Bundesländer bereits das Sonderungsverbot nicht ernst, und es wird wohl unmöglich sein, die staatlichen Finanzhilfen wieder auf das - mit GG und Rechtsprechung - zu vereinbarende Maß zu reduzieren.
Sollten sie stattdessen die Kostensätze für Schüler öffentlicher Schulen und für Hartz-IV-Empfänger ebenfalls rückwirkend um jährlich 18,7 % erhöhen?
Dann stünden staatlichen Schulen heute jährliche Kosten von 236.000 Euro pro Schüler zur Verfügung und Hartz-IV-Empfänger u.a. Empfänger von Grundsicherungsleistungen würden für ihren Lebensunterhalt monatlich 2.700 Euro erhalten.