Solar hat geschrieben:Hier behauptet ja auch niemand, dass er Windräder ganz toll findet. Ich empfinde sie zwar, anders als einige hier, nicht als Landschaftsverschandelung. Darüber kann man aber geteilter Meinung sein, das sehe ich ein. Ich sehe auch ein, dass sie eine Gefahr für einige Vögel darstellen. Zu behaupten, dass "durch den brachialen Ausbau der Windkraft bisweilen jahrhundertalten Kulturlandschaften der endgültige Todesstoß versetzt wird" ist aber einfach albern. Durch Kohle- und Ölabbau werden jahrhundertealte Kulturlandschaften nachhaltig zerstört. Ein Windrad und einen Strommasten kann man hingegen minimalinvasiv auf- und wieder abbauen. Mehr als einen Betonsockel benötigt man dafür nicht. Der Wald kann stehen bleiben, die Luft bleibt sauber. Einzig beeinträchtigt ist das ästhetische Gefühl einiger Menschen, vielleicht sogar der Mehrheit. Aber das ist ein in Kauf zu nehmendes Übel und sicherlich kein "Todesstoß". Insofern bleibe ich dabei, dass dies bloße Scheinargumente sind.
Nur einige Anmerkungen:
Weshalb du von Scheinargumenten und - an anderer Stelle - von vorgeschobenen Argumenten sprichst, erschließt sich mir nicht recht. Welche „wahren“ Motive sollen denn durch die angeblich vorgeschobenen Argumente verdeckt werden? Die Sorge um den Wert des Eigenheims im Schatten der Windkraftanlage? Sicherlich, das mag manchmal dahinterstecken. Mit gleicher Berechtigung könnte man allerdings auch behaupten, viele Windkraftbefürworter würden die Sorge um das Klima nur vorschieben, um in Wahrheit ganz andere, nämlich ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen zu verfolgen: Das reicht von den Herstellern der Anlagen über die lobbygestützten Landwirte, die als Pachtpreis für eine einzige Windkraftanlage bis zu 40.000 Euro im Jahr verlangen können, über die finanzierenden Banken bis hin zum Heer der Berater: Geografen, Biologen und nicht zuletzt Juristen. Schließlich zahlreiche NGO’s, deren Mitarbeiter selbstverständlich ebenfalls nicht immer nur altruistische Motive haben, sondern ein vitales Interesse an der Relevanz und damit am Fortbestand ihres Arbeitgebers.
Sich gegenseitig Scheinargumente vorzuwerfen, führt daher nicht weit. Und gerade die Befürworter von Windkraft und sonstigen erneuerbaren Energien tun gut daran, die Argumente der Gegner nicht leichthin vom Tisch zu fegen: Denn dauerhaft werden sie nur Erfolg haben, wenn sie für Akzeptanz werben. Das setzt aber voraus, ihre Kritiker ernst zu nehmen.
Dann zur Sache:
Wer meint, dass Landschaften durch Windräder nicht zerstört werden können, dem kann ich nur einen Ausflug in Regionen (vorwiegend in Norddeutschland) empfehlen, wo auf engem Raum eine Vielzahl von Windrädern steht. Vielen ist übrigens nicht bewusst, dass die Windräder, die aktuell errichtet werden, leicht Höhen von über 200 Metern erreichen und nicht vergleichbar sind mit den „kleinen“ Anlagen, die vor zehn oder zwanzig Jahren gebaut wurden.
Ein Windrad umfasst am Boden übrigens nicht nur den Betonsockel, sondern für die Bau- und Wartungsfahrzeuge sind Zuwegungen erforderlich. Das bedeutet u. a., dass für ein einziges Windrad im Wald zwischen 2.000 und 10.000 qm Fläche gerodet werden müssen (und dauerhaft ohne Bewuchs bleiben).
Auf einen geordneten Rückbau der Windräder nach Ende der Nutzungszeit würde ich mich nicht verlassen. Denn das Interesse der Betreiber daran dürfte eher gering sein. Natürlich gibt es oft zivilrechtliche und/oder öffentlich-rechtliche Rückbauverpflichtungen, die aber zunächst einmal nur auf dem Papier stehen, wenn sie nicht durch Bürgschaften o. ä. gesichert sind.
Schließlich: Die Landschaftsästhetik steht - nicht nur in deinem Posting - bei den meisten Menschen nicht gerade hoch im Kurs (obwohl sie bei der Aufstellung von Regionalplänen, Landschaftsplänen und FNPs natürlich von Gesetzes wegen eine Rolle spielt). Das beweisen nicht nur Windkraftanlagen, sondern Tausende anderer Bausünden: Vom Schweinestall mit Massentierhaltung bis zu überdimensionierten Umgehungsstraßen. Ganz zu schweigen vom immensen Landschaftsverbrauch durch immer neue Wohn- und Gewerbegebiete nebst Infrastruktur (bei gleichzeitigem Stagnieren der Bevölkerungszahl).
Ich meine demgegenüber: Dass es in Deutschland neben den großen Ballungsräumen noch die eine oder andere gewachsene Kulturlandschaft gibt, in der man sich gerne aufhält, die aber auch unsere Geschichte repräsentiert, erachte ich als Wert an sich – immerhin in einem der am dichtesten besiedelten Länder der Welt. Und diesen Wert sollte man nicht achtlos herschenken.