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Prüfung der Verfassungsmäßigkeit anhand einfacher Gesetze?

Verfasst: Dienstag 1. August 2017, 15:05
von Logisch_Win7
Hallo,

ich beschäftige mich im Repetitorium gerade mit Staatsorganisationsrecht. Schon in der ersten Einheit dazu meinte unser Dozent, dass einfachgesetzliche Regelungen (wie z.B. die GOBT) grds. keinen Einfluss auf die Verfassungsmäßigkeit einer bestimmten Maßnahme hätten, da es gemäß Art. 82 I GG dafür nur auf die Vorschriften des Grundgesetzes ankomme. Ausnahmsweise sei bei der Verfassungsmäßigkeit auch eine einfachgesetzliche Norm zu berücksichtigen, wenn diese einen Verfassungsinhalt konkretisiere.

Jetzt zu meiner Frage: Wie finde ich heraus, ob eine einfachgesetzliche Norm (z.B. § 76 GOBT) einen Verfassungsinhalt konkretisiert und damit bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit berücksichtigt werden muss? In meinen Rep-Unterlagen kommt mir das ziemlich willkürlich vor. Mal wird z.B. auf eine GOBT-Regelung kurz eingegangen, um dann festzustellen, dass das wurscht ist, weil es für die Verfassungsmäßigkeit nur auf die Vorschriften des GG ankomme. Mal wird eine Maßnahme (z.B. eine Gesetzesinitiative durch einen einzelnen Abgeordneten) anhand einfachgesetzlicher Normen (im konkreten Beispiel anhand von § 76 GOBT) geprüft.

Gibt es da irgendeine Zauber-Formel zur Abgrenzung?

Re: Prüfung der Verfassungsmäßigkeit anhand einfacher Gesetz

Verfasst: Dienstag 1. August 2017, 15:07
von Honigkuchenpferd
Nein.

In der Regel konkretisieren die Geschäftsordnungen verfassungsrechtliche Gehalte aber jedenfalls nicht so, dass die Regelung in der Geschäftsordnung zwingend wäre, sich aus der Nichtbeachtung also zugleich ein Verfassungsverstoß ergibt.

Re: Prüfung der Verfassungsmäßigkeit anhand einfacher Gesetz

Verfasst: Dienstag 1. August 2017, 15:09
von Logisch_Win7
Honigkuchenpferd hat geschrieben:Nein.

In der Regel konkretisieren die Geschäftsordnungen verfassungsrechtliche Gehalte aber jedenfalls nicht so, dass die Regelung in der Geschäftsordnung zwingend wäre, sich aus der Nichtbeachtung also zugleich ein Verfassungsverstoß ergibt.
Sorry, aber deine Antwort verwirrt mich nur noch mehr. Das klingt auch so, als wenn es mal so und mal so ist. Kannst du das bitte noch ein bisschen ausführen?

Re: Prüfung der Verfassungsmäßigkeit anhand einfacher Gesetz

Verfasst: Dienstag 1. August 2017, 15:14
von Honigkuchenpferd
Beispiel: Art. 38 I 2 GG gewährleistet unter anderem auch ein Rederecht der Abgeordneten. Gleiches gilt für die entsprechenden Vorschriften in den Landesverfassungen. Es mag nun dazu detaillierte Regelungen in der jeweiligen GO geben, die dazu dienen, dieses Recht auszugestalten, aber aus deren Nichtbeachtung kann nicht ohne weiteres auf einen Verfassungsverstoß geschlossen werden, weil die Verfassung selbst weite Spielräume lässt.

Speziell zu § 76 I GO BT gibt es übrigens einen ausgedehnten Streit, wie dieser sich zu Art. 76 I GG verhält.

Re: Prüfung der Verfassungsmäßigkeit anhand einfacher Gesetz

Verfasst: Dienstag 1. August 2017, 15:21
von Logisch_Win7
Honigkuchenpferd hat geschrieben: Speziell zu § 76 I GO BT gibt es übrigens einen ausgedehnten Streit, wie dieser sich zu Art. 76 I GG verhält.

Ja eben, den Streit zu § 76 I GOBT kenne ich. Ich frage mich nur, warum die h. M. ausgerechnet bei § 76 I GOBT denkt, dass dieser einen Verfassungsinhalt konkretisiert.

Re: Prüfung der Verfassungsmäßigkeit anhand einfacher Gesetz

Verfasst: Dienstag 1. August 2017, 15:25
von Honigkuchenpferd
Es gibt da keine höhere Logik. Vieles hat sich einfach aus historischen und Opportunitätsgründen so entwickelt.

Ich würde mir da jetzt aber auch nicht zu sehr den Kopf zerbrechen. Man fischt da einfach im Trüben.

Re: Prüfung der Verfassungsmäßigkeit anhand einfacher Gesetz

Verfasst: Dienstag 1. August 2017, 15:26
von Logisch_Win7
Das ist für den Examenskandidaten aber sehr unbefriedigend. Da kann man dann ja auch mal komplett am Thema vorbeischreiben, wenn man nicht weiß, dass § XY hier ausnahmsweise einen Verfassungsinhalt konkretisieren soll. ](*,)

Re: Prüfung der Verfassungsmäßigkeit anhand einfacher Gesetz

Verfasst: Dienstag 1. August 2017, 15:29
von Honigkuchenpferd
Zumindest da kann ich dich beruhigen. Erstens ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass so etwas überhaupt Thema ist (gut, die Geschichte zu Art. 76 I GG und § 76 I GO BT sollte man kennen). Zweitens dürfte es dann mit einiger Wahrscheinlichkeit darauf hinauslaufen, dass unterschiedliche Meinungen vertretbar sind. Du musst dir dann halt nur etwas aus den Fingern saugen, was sich halbwegs plausibel anhört.

Nutz deine Zeit lieber, um dich vertieft mit Art. 38 I 2 GG und Art. 20 GG zu beschäftigen. Je mehr man dazu liest, umso eher kriegt man auch ein Gespür dafür, wie man mit Regelungen in den Geschäftsordnungen umgeht.