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In welchem Bundesland ins Ref?

Verfasst: Dienstag 26. September 2017, 18:18
von Lawster_2016
Bin bald mit meinem ersten Examen in BaWü durch und überlege, wo es dann ins Ref geht.

Gibts Bundesländer die eindeutige Vorteile haben? Insbesondere würde mich interessieren, ob es Bundesländer gibt, in denen es besonders wenig Pflicht Veranstaltungen/AGs und Pflichtklausuren gibt.

Danke schonmal!

Re: In welchem Bundesland ins Ref?

Verfasst: Dienstag 26. September 2017, 20:38
von Theopa
Auch wenn Bayern wohl in den seltensten Fällen Ziel eines Wechsles zum Ref ist, kann ich meine Eindrücke punktuell einmal kurz anführen:

Relativ wenig "Anwesenheitsdruck" in den staatlichen Stationen. Ich kenne niemanden, der wirklich mehr als zwei Tage pro Woche tätig werden musste, auch wenn es natürlich bei entsprechendem Interesse freiwillig möglich war. Allgemein und gerade in den Verwaltungsstationen war auch (punktuell deutlich) weniger möglich.

AGs fanden dazu abseits der Einführungslehrgänge an 2-3 halben Tagen pro Woche statt, zum Ende hin seltener, bei ländlichen Landgerichten mit längeren Anreisezeiten oft entsprechend ganztätig. Leider mit einer ziemlich streng durchgesetzten Anwesenheitspflicht. Pflichtklausuren gab es im Schnitt über das gesamte Ref verteilt alle zwei Wochen.


Beim Examen selbst scheiden sich die Geister.
Ich fand die höhere Zahl der Klausuren (11) und den vergleichsweise etwas erhöhten Fokus auf das materielle Recht gut. Zudem werden eigentlich nur "künstlich" erstellte Klausuren mit im bundesweiten Vergleich extrem kurzen Sachverhalten gestellt, womit gewisse Muster entstehen und bestimmte Klausurtypen kaum erwartet werden können. Wenn etwas im Sachverhalt steht ist es - ähnlich wie im Ersten - fast immer auch relevant, da die Klausurersteller einfach zu schlecht bezahlt werden um drei überflüssige Schriftsätze über zehn Seiten einzufügen ;)
Zudem hat man (auch dank Formularsammlung) weniger Formalia auswendig zu lernen, was ich als Gegner sinnlosen Paukens als große Erleichterung empfand

Auch sind die gegrüften Gebiete verhältnismäßig ziemlich berechenbar, so weiß man etwa von Beginn an bei vier der Klausuren ziemlich (bei zweien sogar ganz) genau, womit man thematisch zu rechnen hat.

Es ist aber natürlich eine Typfrage. Manche stören sich an der nicht wirklich ernst genommenen praxistauglichkeit und dem künstlichen Zwang alle Probleme auch zwingend (und oft an genau vorgesehenen Stellen) irgendwie unterzubringen, welche teilweise zu haarsträubenden Konstruktionen im Aufbau führen. Man nehme etwa das hier oft geforderte Mandantenschreiben, in welchem man einem Handwerker mal eben nebenbei in juristischer Fachsprache erklärt, dass man eine seiner Forderungen nicht einklagt da kein Fall der Drittschadensliquidation vorliegt.

Edit: Als kleinen Bonus gibt es keine Wartezeiten, man wird sicher zum nächstmöglichen Termin eingestellt.

Re: In welchem Bundesland ins Ref?

Verfasst: Mittwoch 27. September 2017, 11:08
von Rachel
Ich habe auch nur mit Bayern persönliche Erfahrungen und kann Theopa grundsätzlich nur beipflichten. Das Examen an sich finde ich nicht unbedingt schlimm hier (auch wenn es viel Schreibarbeit ist). Wenn man AGs vermeiden möchte, ist Bayern aber definitiv nicht die beste Wahl. Ich habe unter der Anweswnheitspflicht sehr gelitten, schon allein weil ich die Qualität der Veranstaltungen für eher suboptimal befunden habe (um freundlich zu bleiben). Nach den Erzählungen von Kollegen ist dann eher Hamburg empfehlenswert: außerhalb der Einführungslehrgänge weniger AGs, und vor allem hat man die Möglichkeit, auch für Verwaltungs- und Anwaltsstation das Bundesland zu verlassen und von den AGs freigestellt zu werden. Gleich zwei Wahlstationen haben auch ihre Vorteile. In Bayern kommst du halt vor der Anwaltsstation aus dem OLG-Bezirk nur raus, wenn du nach Speyer gehst. Und soweit ich mich erinnere, musst du die Anwaltsstation auch in Bayern machen und ggf AGs in einem anderen OLG-Bezirk besuchen. Aus dem Bundesland raus und AGs verpassen darfst du dann erst nach den schriftlichen Prüfungen in der Wahlstation.

Re: In welchem Bundesland ins Ref?

Verfasst: Mittwoch 27. September 2017, 12:08
von Ara
Lawster_2016 hat geschrieben:Bin bald mit meinem ersten Examen in BaWü durch und überlege, wo es dann ins Ref geht.

Gibts Bundesländer die eindeutige Vorteile haben? Insbesondere würde mich interessieren, ob es Bundesländer gibt, in denen es besonders wenig Pflicht Veranstaltungen/AGs und Pflichtklausuren gibt.

Danke schonmal!
Hamburg hat wohl das "freieste" Referendariat. Sowohl was Pflichtprogramme betrifft, als auch bei der Flexibilität der Stationswahl. Geht natürlich auch mit Eigenverantwortung einher.

Pflichtverstanstaltungen: Jeweils 2 Wochen Blockveranstaltung am Anfang der Strafstation, Zivilstation und Anwaltsstation. Verwaltungsstation wird mit 1x Woche AG begleitet (glaub 10 Termine). Ansonsten muss eine weitere WahlAG besucht werden (müsste auch n Umfang von etwa 10 Termine haben a 2 Stunden). Sonst gibt es keine Pflicht. Es muss keine einzige Probeklausur geschrieben werden (was aber wenig sinnvoll erscheint).

Stationen: Man wird nur der ersten Strafstation für 3 Monate zugewiesen. Rest sucht man sich komplett selbst. Jeweils 3 Monate Zivilgericht und Verwaltungsstation. 9 Monate Anwaltsstation. 2 Wahlstationen von jeweils 3 Monate (Wovon die 1. Wahlstation aber bei Gericht oder einer Behörde absolviert werden muss).

Re: In welchem Bundesland ins Ref?

Verfasst: Mittwoch 27. September 2017, 13:48
von Vorkriegsjugend
Wie lange musstest du denn auf einen Refplatz warten?

Re: In welchem Bundesland ins Ref?

Verfasst: Mittwoch 27. September 2017, 19:58
von Ara
Vorkriegsjugend hat geschrieben:Wie lange musstest du denn auf einen Refplatz warten?
Die Anforderungen sind in Hamburg nicht mehr so hoch. Ist momentan bei 8,68 Punkte, um ohne Wartezeit eingestellt zu werden. Landeskinder bekommen ja noch einen Bonuspunkt.

Re: In welchem Bundesland ins Ref?

Verfasst: Freitag 29. September 2017, 11:57
von Praxiskommentar
Ich finde die Vorgaben in Bayern schon recht rigide.
Man hat bis zum Schluss 2-4 mal die Woche AG. Je nach Standort muss man in der Staatsanwaltschaft jede Woche in den Sitzungsdienst, die Termine erfährt man hierzu erst Ende der Vorwoche. In der Rechtsanwaltsstation muss man die ersten drei Monate zu einem Anwalt im eigenen OLG-Bezirk, auch danach gibt es Stress, wenn man so etwas exotisches vorhat, wie, als Münchener in Nürnberg zu arbeiten. RA-Stationen außerhalb Bayerns werden grundsätzlich nicht genehmigt (außer man wechselt die AG - wo sie sich auch wieder querstellen...).

Bei den 11 Klausuren darf man auch nicht vergessen, dass diese tendenziell alle hintereinander geschrieben werden (WEs ausgenommen). In vielen anderen Bundesländern sind hingegen längere Pausen zwischen den Klausuren zur Regeneration vorgesehen.

Auch ein Blick auf die durchschnittlichen Examenswerte der Bundesländer im Vergleich lohnt sich.

Andererseits verdient man dafür in Hamburg zB so gut wie nichts. Gleichzeitig darf man wohl auch nicht so viel nebenher verdienen. In Bayern bekommt man ca. 1000 € netto raus und darf noch einmal ca. 1200 brutto dazu verdienen (die dann allerdings stark von Steuerklasse VI aufgefressen werden. ;))

Re: In welchem Bundesland ins Ref?

Verfasst: Freitag 29. September 2017, 12:23
von Salisa
Vielleicht unterscheidet sich das ja auch ein bisschen von LG zu LG: Hier zu BW

2-4 Wochen je Station EInführungslehrgang mit Urlaubsverbot,

1-2x die Woche Unterricht. Richtige Klausurenpflicht gibt es nur beim Probeexamen (2x 4 Klausuren). Und es besteht Anwesenheitspflicht bei den Klausurbesprechungen der eigenen AG (müssen meines Wissens nach nicht geschrieben werden)

Egal, wo du landest, rate ich dir zu möglichst vielen Klausuren. Pflicht oder nicht.