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§ 73 VwGO und Selbstverwaltungsangelegenheiten

Verfasst: Mittwoch 8. November 2017, 01:38
von Tobias__21
Hallo,

im Kopp/Schenke VwGO steht, dass § 73 I S. 2 Nr. 3 VwGO mit Selbstverwaltungsangelegenheiten nur Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises nicht auch Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises oder Aufgaben nach Weisung meint.

Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises sind doch in BW die "Pflichtaufgaben nach Weisung", oder nicht? Was meint dann aber "Aufgaben nach Weisung"? :-k Wenn ich in der baden-württembergischen (Aufgabenmonismus) Begrifflichkeit bleibe, sind doch von § 73 die freiwilligen Aufgaben und die weisungsfreien Pflichtaufgaben umfasst und lediglich die Pflichtaufgaben nach Weisung fallen raus, da keine Selbstverwaltungsaufgabe. Teilweise wird auch die Ansicht vertreten, dass im Aufgabenmonismus auch die Pflichtaufgaben nach Weisung als Selbstverwaltungsaufgaben anzusehen sind, was dann Auswirkungen auf die Klagebefugnis der Gemeinde bei Weisungen hat. Aber das ist ja geschenkt, daran wirds nicht liegen.

Wollen Kopp/Schenke hier mit dem "oder" zwischen Aufgabendualismus und Aufgabenmonismus differenzieren und meinen damit ein und dasselbe? Im Aufgabenmonismus würde es "Pflichtaufgabe nach Weisung" heissen, im dualistischen Modell eben "Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises"?

Das muss ja eigentlich so sein, denn die Widerspruchsbehörde stellt ja auch eine Zweckmäßigkeitskontrolle an. Das geht aber nur, wenn es sich um eine Pflichtaufgabe nach Weisung handelt, da besteht Fachaufsicht. Also müssen ja die weisungsfreien Aufgaben vom 73 VwGO umfasst sein, da hat man nur Rechtsaufsicht. Würde man die zur Widerspruchsbehörde schicken, wäre das ein Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht, da die dann eine Zweckmäßigkeitskontrolle anstellen dürften. Mich verwirrt die Formulierung im Kopp/Schenke trotzdem etwas..

§ 17 AGVwGO BW ist übrigens bekannt, denken wir uns weg :)

Re: § 73 VwGO und Selbstverwaltungsangelegenheiten

Verfasst: Mittwoch 8. November 2017, 17:34
von Honigkuchenpferd
Tobias__21 hat geschrieben:Teilweise wird auch die Ansicht vertreten, dass im Aufgabenmonismus auch die Pflichtaufgaben nach Weisung als Selbstverwaltungsaufgaben anzusehen sind, was dann Auswirkungen auf die Klagebefugnis der Gemeinde bei Weisungen hat. Aber das ist ja geschenkt, daran wirds nicht liegen.
Wieso? Ich habe den Eindruck, dass sie genau das meinen. Diese Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung sind ja in den Ländern, die sie kennen, so ein komisches Mittelding, bei dem man sich stets aufs Neue fragen muss, ob und inwieweit Vorschriften, die das kommunale Selbstverwaltungsrecht schützen sollen, darauf anzuwenden sind.

Re: § 73 VwGO und Selbstverwaltungsangelegenheiten

Verfasst: Mittwoch 8. November 2017, 18:26
von Honigkuchenpferd
Die meinen mit ziemlicher Sicherheit das, denn für die Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung wird mit Blick auf NRW - wo das ein solches Zwischending ist - auch eine Zuordnung zu den Selbstverwaltungsangelegenheiten iSd § 73 I 2 Nr 3 VwGO vertreten (so zB Riotte/Waldecker, NWVBl 1995, S 401 ff).

Re: § 73 VwGO und Selbstverwaltungsangelegenheiten

Verfasst: Mittwoch 8. November 2017, 19:22
von Tobias__21
Wusste ichs doch: Ihre Exzellenz wissen Rat :)

Also meine Kopp/Schenke mit dem "oder" ein und dasselbe. Also Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises = Aufgaben nach Weisung, bzw. Pflichtaufgaben nach Weisung? Muss ja so sein, sonst hätte man ja noch eine vierte Kategorie.

Ja, auch in BW wird teilweise vertreten, dass auch die Pflichtaufgaben nach Weisung § 73 VwGO unterfallen. Das möchte ich aber nicht vertreten :) Aufgabenmonismus ist schön und gut, aber einen Eingriff in die Selbsverwaltungsautonomie sehe ich da nicht.

Re: § 73 VwGO und Selbstverwaltungsangelegenheiten

Verfasst: Mittwoch 8. November 2017, 19:57
von Honigkuchenpferd
Ich glaube, die Verwirrung beruht maßgeblich darauf, dass es eben ganz unterschiedliche Begriffe gibt, die auch vom jeweiligen Landesrecht abhängen (und mit denen sich ggf auch unterschiedliche Vorstellungen verbinden, je nachdem, in welchem Land man juristisch sozialisiert wurde). Bei diesen Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung weiß man dann eben nicht so genau, ob sie nun zum übertragenen oder eigenen Wirkungskreis gehören, und deshalb nennt man sie gesondert. Es ist ja auch ein Zwitter. :)